BVerwG Urteil v. - 6 C 13.07

Leitsatz

Enthält ein Verfassungsschutzbericht zur Begründung eines Werturteils Tatsachenbehauptungen, müssen diese der Wahrheit entsprechen. Die materielle Beweislast für die Richtigkeit der streitigen Tatsachenbehauptungen liegt bei der Verfassungsschutzbehörde.

Wurde in einem Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO endgültig festgestellt, dass die Verweigerung einer Aktenvorlage rechtmäßig ist, hat das Gericht der Hauptsache die ihm verbleibenden Möglichkeiten der Sachaufklärung vollständig auszuschöpfen. Dabei hat es einen durch die Sperrerklärung verursachten Beweisnotstand unter Berücksichtigung der gesetzlichen Verteilung der materiellen Beweislast angemessen zu würdigen.

Gesetze: VwGO § 86; VwGO § 99; VwGO § 108; VSG BW § 3; VSG BW § 12

Instanzenzug: VG Stuttgart, VG 18 K 1474/04 vom VGH Mannheim, VGH 1 S 2321/05 vom Fachpresse: ja BVerwGE: ja

Gründe

I

Der Kläger ist eine Vereinigung von Muslimen hauptsächlich aus der Türkei. Er wendet sich gegen verschiedene Aussagen im Verfassungsschutzbericht 2001 des Landesamtes für Verfassungsschutz des Landes Baden-Württemberg. Der Kläger wird bereits seit den 1990er Jahren vom Landesamt für Verfassungsschutz des Landes Baden-Württemberg mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet. In dem im Juli 2002 in Buchform sowie im Internet veröffentlichten Verfassungsschutzbericht 2001 wird der Kläger in Kapitel E ("Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern"; S. 132 ff.) erwähnt und als türkische islamistische Vereinigung bezeichnet. In diesem Zusammenhang werden u.a. Tatsachenbehauptungen aufgestellt, deren Wahrheitsgehalt vom Kläger bestritten wird.

Mit Schreiben vom wandte sich der Kläger an das Innenministerium Baden-Württemberg und wies darauf hin, dass der Verfassungsschutzbericht 2001, soweit er darin Erwähnung finde, neben einer Vielzahl unangreifbarer Meinungsäußerungen auch - im Einzelnen von ihm aufgeführte - Unwahrheiten enthalte, die so nicht hingenommen werden könnten. Er habe einen Anspruch darauf, dass die dargelegten Unwahrheiten nicht verbreitet würden bzw. im Verfassungsschutzbericht 2001 unter der ihn betreffenden Rubrik nicht Äußerungen Dritter, die ihm nicht zuzurechnen seien, angeführt würden. Hierauf teilte das Innenministerium Baden-Württemberg dem Kläger unter dem mit, dass die von ihm vorgebrachten Vorwürfe überprüft worden seien, eine sachliche Unrichtigkeit der Aussagen aber nicht habe festgestellt werden können. Daher werde keine Veranlassung gesehen, die kritisierten Passagen im Verfassungsschutzbericht des Landes nicht zu veröffentlichen.

Daraufhin hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart Klage mit dem Ziel erhoben, den Beklagten zur Unterlassung bestimmter Tatsachenbehauptungen zu zwingen.

Nachdem sich der Beklagte darauf berufen hatte, dass die vom Kläger gerügten Passagen im Verfassungsschutzbericht 2001 im Wesentlichen auf entsprechenden Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz beruhten, hat das Bayerische Staatsministerium des Innern dem Verwaltungsgericht unter dem mitgeteilt, es sehe sich nicht in der Lage, dem Wunsch nach Vorlage der Akten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, die Daten des Klägers enthielten, zu entsprechen, denn das Bekanntwerden des Inhalts jener Akten würde dem Wohl des Bundes und der Länder Nachteile bereiten; ferner seien sie gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch ihrem Wesen nach geheim zu halten. Hierauf hat der Kläger gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur Frage der Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Vorlage der Akten durch das Bayerische Staatsministerium des Innern beantragt. Mit Beschluss vom hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Verweigerung der Vorlage der den Kläger betreffenden Akten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz durch das Bayerische Staatsministerium des Innern für rechtmäßig erklärt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof Beweis erhoben durch die Vernehmung von 10 Zeugen. Sodann hat er das erstinstanzliche Urteil geändert und dem Beklagten antragsgemäß untersagt, zu behaupten oder zu verbreiten:

1. Ein ehemaliger Minister habe auf einer Veranstaltung der IGMG anlässlich des Opferfestes Anfang März 2001 in Ulm gesagt, man solle vorerst kein Geld mehr in die Türkei schicken. "Bei einem Verbot würde nämlich das Vermögen der FP vom türkischen Staat beschlagnahmt. Die Gelder, die bisher aus Sicherheitsgründen durch mehrere Personen überbracht worden seien, würden derzeit bei Privatpersonen sicher verwahrt."

2. Ein IGMG-Funktionär habe bei einer Veranstaltung in Neu-Ulm am gesagt, wenn man 3 Millionen Erwachsene für die IGMG gewinnen könne, sei es kein Problem, eine Partei zu gründen und ins Parlament in Berlin einzuziehen. Man werde bereits "von vielen Linksparteien" und deutschen Politikern unterstützt. Es werde noch 5 bis 10 Jahre dauern, aber dann würde man auch das erreichen, was man "wirklich wolle". In Europa führe man die Auseinandersetzung mit anderen Mitteln. Hier sei Wissen und Bildung Macht, aber man könne auch anders kämpfen, sollte man nichts erreichen. Daran denke man aber im Moment nicht. Die Bedenken, dass man mit Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft die türkische verliere, zerstreute der Redner mit dem Hinweis, man könne sich jederzeit nach Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft auch die türkische wieder ausstellen lassen, es müsse aber schnell gehandelt werden.

3. Bei einer IGMG-Veranstaltung habe die Menge Sprechchöre wie "Hoca, wenn du sagst, wir sollen kämpfen, dann kämpfen wir. Wenn du sagst, wir sollen töten, dann töten wir!", gerufen.

Zur Begründung des Urteils hat der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt, mit der Erwähnung einer als verfassungsfeindlich und extremistisch eingestuften Organisation im Verfassungsschutzbericht werde deren sozialer Geltungsanspruch in Frage gestellt. Die Tatsachenbehauptungen, die zur Begründung des abschließenden Werturteils über die - bzw. den Verdacht der - Verfassungsfeindlichkeit herangezogen würden, müssten der Wahrheit entsprechen. Die materielle Beweislast für die Richtigkeit der im Verfassungsschutzbericht enthaltenen Tatsachenbehauptungen liege bei der Verfassungsschutzbehörde. Das Regelbeweismaß der vollen richterlichen Überzeugung gelte auch dann, wenn solche Tatsachenbehauptungen im Streit stünden; der Beweisnot der Verfassungsschutzbehörde infolge einer rechtmäßigen Verweigerung der Aktenvorlage sei im Rahmen der Beweiswürdigung Rechnung zu tragen. Dem Gericht sei es in dieser Situation nicht von vornherein verwehrt, seine richterliche Überzeugung maßgeblich auch auf mittelbare Beweismittel zu stützen. Er habe jedoch aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme auch unter Berücksichtigung des vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz vorgelegten Behördenzeugnisses nicht die Überzeugung zu gewinnen vermocht, dass die vom Kläger angegriffenen Tatsachenbehauptungen der Wahrheit entsprächen.

Der Beklagte hat gegen das Berufungsurteil die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt, mit der er Verstöße gegen formelles und materielles Recht geltend macht. Er rügt eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes, weil das Berufungsgericht Beweisanforderungen gestellt habe, die mit der im Verfahren nach § 99 VwGO rechtskräftig festgestellten Befugnis, die Vorlage der Akten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz zu verweigern, nicht vereinbar seien. Hilfsweise macht er geltend, das Berufungsgericht habe seine Pflicht zur Amtsaufklärung verletzt, indem es eine weitergehende Beweisaufnahme unterlassen habe. Jedenfalls hätte der Verwaltungsgerichtshof darauf hinweisen müssen, dass und inwieweit er das Vorbringen des Beklagten für unvollständig gehalten habe. Mit der Aussage, ein Behördenzeugnis könne nur so gut sein wie seine Quelle, von deren Verlässlichkeit das Gericht sich überzeugen müsse, habe der Verwaltungsgerichtshof eine in Wahrheit nicht existierende Beweisregel aufgestellt, an die er sich gebunden geglaubt habe. In der Sache selbst macht der Beklagte geltend, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers werde entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durch die umstrittenen Aussagen des Verfassungsschutzberichts nicht verletzt. Denn unabhängig von der Erweislichkeit oder Nichterweislichkeit der betreffenden Tatsachen sei der soziale Geltungsanspruch des Klägers nicht beeinträchtigt. Im Rahmen des klageweise geltend gemachten Unterlassungsanspruchs trage der Kläger die Beweislast für die Unrichtigkeit der im Verfassungsschutzbericht enthaltenen Feststellungen, die sorgfältig recherchiert worden seien. Jedenfalls aber müsse der typischen Beweisnot der Verfassungsschutzbehörde, die ihr Vorgehen nicht offenlegen könne, durch eine angemessene Verringerung des Beweismaßes Rechnung getragen werden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

II

Die Revision des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt weder formelles noch materielles Bundesrecht. Der Verwaltungsgerichtshof hat der Klage zu Recht stattgegeben, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten zu.

In Ermangelung einer spezialgesetzlichen Grundlage leitet sich der Unterlassungsanspruch aus einer grundrechtlich geschützten Position des Klägers ab, die sich, wenn nicht aus der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG), so doch jedenfalls aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) ergibt. Die Grundrechte schützen den Grundrechtsträger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln. Infolgedessen kann der Bürger, wenn ihm - wie dies hier vom Kläger geltend gemacht wird - eine derartige Rechtsverletzung droht, gestützt auf das jeweils berührte Grundrecht Unterlassung verlangen ( BVerwG 7 C 2.87 - BVerwGE 82, 76 <77 f.> = Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 45 S. 9 f. m.w.N.). Diese Voraussetzungen hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht als gegeben angesehen.

1. Der Beklagte greift mit den umstrittenen Tatsachenbedingungen in die grundrechtlich geschützte Freiheitssphäre des Klägers ein.

a) Nicht jedes staatliche Informationshandeln und nicht jede Teilhabe des Staates am Prozess öffentlicher Meinungsbildung ist als ein Grundrechtseingriff zu bewerten. Maßgeblich ist, ob der Schutzbereich eines Grundrechts berührt wird und ob die Beeinträchtigung einen Eingriff oder eine eingriffsgleiche Maßnahme darstellt (vgl. - BVerfGE 113, 63 <76>). Das ist hier im Hinblick auf die Besonderheiten des Verfassungsschutzberichts und dessen Auswirkungen auf den Kläger zu bejahen. Der Verfassungsschutzbericht ist kein beliebiges Erzeugnis staatlicher Öffentlichkeitsarbeit. Er zielt auf die Abwehr besonderer Gefahren und stammt von einer darauf spezialisierten und mit besonderen Befugnissen, darunter der Rechtsmacht zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel, arbeitenden Stelle. Insofern geht eine Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht über die bloße Teilhabe staatlicher Funktionsträger an öffentlichen Auseinandersetzungen oder an der Schaffung einer hinreichenden Informationsgrundlage für eine eigenständige Entscheidungsbildung der Bürger, etwa als Marktteilnehmer, hinaus. Aus diesen Gründen hat das Bundesverfassungsgericht die Erwähnung einer Organisation als Beobachtungsobjekt im Verfassungsschutzbericht als eine "negative Sanktion" des Staates gegen diese gekennzeichnet und ihr infolgedessen die Qualität eines Grundrechtseingriffs beigemessen (Beschluss vom a.a.O. S. 77 f.).

b) Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass dem Kläger als juristischer Person nach Art. 19 Abs. 3 GG die im allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) wurzelnden Schutzansprüche zustehen, derer auch ein Personenverband im Rahmen seines Aufgabenbereichs bedarf (vgl. Urteil vom a.a.O. S. 79 bzw. S. 11; Dreier in: ders. <Hg.>, GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1 Rn. 82 m.w.N.; vgl. auch u.a. - BVerfGE 106, 28 <42 f.>). Hierzu zählen das Verfügungsrecht und das Selbstbestimmungsrecht über die eigene Außendarstellung des Verbands sowie, damit verbunden, der Schutz des sozialen Geltungsanspruchs, der sogenannten "äußeren Ehre" als des Ansehens in den Augen anderer. Der Kläger sieht in den streitgegenständlichen Tatsachenbehauptungen, deren Wahrheit er bestreitet, zutreffend einen Eingriff in sein Recht auf Ehre. Er wird in dem Verfassungsschutzbericht im Zusammenhang mit sicherheitsgefährdenden Bestrebungen von Ausländern als islamistische Vereinigung bezeichnet. Wie der Verwaltungsgerichtshof überzeugend dargelegt hat, ist davon auszugehen, dass grundsätzlich alle Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht, die sich auf die Tätigkeit und die programmatische Ausrichtung einer beobachteten Organisation beziehen, dazu dienen, das abschließende Werturteil über die Organisation im Wege einer Gesamtschau zu tragen. Den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs ist zu entnehmen, dass auch den hier in Rede stehenden Tatsachenbehauptungen eine derartige Bedeutung zukommt. An die darin liegende Feststellung ist der Senat gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die umstrittenen Tatsachenbehauptungen nehmen daher an der Eingriffsqualität des negativen Werturteils über den Kläger teil.

Dem kann der Beklagte nicht entgegenhalten, das allgemeine Persönlichkeitsrecht und als Teil davon das Recht auf persönliche Ehre einer juristischen Person werde im Vergleich zu betroffenen natürlichen Personen nur mit einem abgesenkten Schutzniveau gewährleistet, weil der soziale Geltungsanspruch einer Organisation nicht in deren ausschließlicher Konkretisierungs- und Verfügungsmacht stehe. Der Umstand, dass das tatsächliche Erscheinungsbild des Klägers in der Öffentlichkeit dadurch bestimmt sein mag, dass seine Bestrebungen schon in der Vergangenheit als verfassungsfeindlich bewertet worden sind, kann nicht dazu führen, dass er neuerlich erhobene Tatsachenbehauptungen, die diese Bewertung untermauern können, ohne Rücksicht auf den Wahrheitsgehalt hinzunehmen hätte.

c) Dahinstehen kann, ob der Kläger Träger des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 GG ist und ob die Anwendung dieses Grundrechts diejenige des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verdrängen würde. Darauf kommt es für die Entscheidung nicht an, denn das Grundrecht auf Religionsfreiheit würde in dem hier vorliegenden Zusammenhang jedenfalls keinen geringeren Schutz gewähren als das allgemeine Persönlichkeitsrecht, welches bereits für sich genommen der Klage zum Erfolg verhilft.

2. Die Rechtsbeeinträchtigung des Klägers ist bereits eingetreten und dauert mit der Gefahr ständiger Wiederholung an. Denn der Beklagte hat den Verfassungsschutzbericht nicht nur in gedruckter Form veröffentlicht, sondern verbreitet ihn in voller Länge im Internet weiter. Der Kläger ist daher auch zukünftig den Sachverhaltsdarstellungen ausgesetzt, die er zum Gegenstand seines Unterlassungsanspruchs gemacht hat.

3. Der Eingriff in die grundrechtlich geschützte Position des Klägers ist rechtswidrig.

Der Staat ist zwar grundsätzlich nicht gehindert, das tatsächliche Verhalten von Gruppen oder deren Mitgliedern wertend zu beurteilen. Die Verteidigung von Grundsätzen und Wertvorgaben der Verfassung durch Organe und Funktionsträger des Staates kann auch mit Hilfe von Informationen an die Öffentlichkeit und der Teilhabe an öffentlichen Auseinandersetzungen erfolgen. Führt das staatliche Informationshandeln aber zu Beeinträchtigungen, die einen Grundrechtseingriff darstellen oder ihm gleichkommen, bedürfen sie der Rechtfertigung durch eine gesetzliche Ermächtigung ( a.a.O. S. 78). Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die mögliche Eingriffsnorm im baden-württembergischen Landesrecht gesehen (a), hat ohne Verstoß gegen materielles und formelles Bundesrecht die Nichterweislichkeit derjenigen Tatsachen festgestellt, auf welchen der Eingriff in die Rechte des Klägers beruht und deren Wahrheit somit rechtserheblich ist (b) und hat schließlich zutreffend die Nichterweislichkeit ihrer Wahrheit zum Nachteil des Beklagten gewertet (c).

a) Nach den Ausführungen im Berufungsurteil beruht der Verfassungsschutzbericht auf § 12 Satz 1, § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Baden-Württemberg - VSG BW - in der hier noch anwendbaren Fassung vom (GBl. BW 1991, 639). Er zielt auf die Abwehr besonderer Gefahren und soll die Öffentlichkeit u.a. über Bestrebungen unterrichten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Das Landesamt für Verfassungsschutz sammelt gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VSG BW Informationen, insbesondere sach- und personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen von Organisationen und Personen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben, und wertet sie aus. Nach § 12 Satz 1 VSG BW unterrichten das Landesinnenministerium und das Landesamt für Verfassungsschutz die Öffentlichkeit periodisch oder aus gegebenem Anlass im Einzelfall über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 3 Abs. 2 VSG BW. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 VSG BW setzen Sammlung und Auswertung von Informationen im Einzelfall voraus, dass für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 3 Abs. 2 Satz 1 VSG BW tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Das Berufungsgericht leitet daraus her, dass die Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht, die zur Begründung des abschließenden Werturteils über die - bzw. den Verdacht der - Verfassungsfeindlichkeit herangezogen werden, der Wahrheit entsprechen müssen. Hierbei handelt es sich um gesetzliche Vorgaben des baden-württembergischen Landesrechts, deren Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof das Revisionsgericht bindet (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die landesgesetzlichen Vorgaben stimmen aber auch mit den Wertungen des Bundesverfassungsrechts überein. Denn für die Verbreitung unwahrer grundrechtsrelevanter Tatsachenbehauptungen gibt es in der Regel keinen - einen Grundrechtseingriff - rechtfertigenden Grund (vgl. - BVerfGE 99, 185 <196>).

b) Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen revisibles Recht die Nichterweislichkeit derjenigen Tatsachen festgestellt, auf welchen der Eingriff in die Rechte des Klägers beruht und deren Wahrheit somit rechtserheblich ist.

aa) Der Verwaltungsgerichtshof hat sich von einem zutreffenden Verständnis des anzuwendenden Beweismaßes leiten lassen.

Die freie Entscheidung, ob das Verfahren dem Richter die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vom Vorliegen bestimmter Tatsachen nötige Überzeugung verschaffen kann, ist von der Frage zu unterscheiden, welche Überzeugung nötig ist. Insoweit ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass sich das Berufungsgericht auch im vorliegenden Fall an das Regelbeweismaß der vollen richterlichen Überzeugung gehalten hat. Zwar befindet sich der Beklagte, der um des Schutzes seiner Erkenntnisquellen und Arbeitsweisen sowie der Einhaltung von Vertraulichkeitszusagen an Informanten willen nach Maßgabe des § 99 VwGO befugt ist, die Vorlage der Akten zu verweigern, in einem sachtypischen Beweisnotstand. Eine Verringerung des Beweismaßes auf eine überwiegende Wahrscheinlichkeit oder gar auf eine bloße Glaubhaftmachung kann damit aber nicht gerechtfertigt werden; denn bestehende Beweisschwierigkeiten - einschließlich solcher, die auf der Anwendung des § 99 VwGO beruhen - besagen für die Frage nach der vom Gericht zu gewinnenden Überzeugungsgewissheit nichts (vgl. BVerwG 9 C 109.84 - BVerwGE 71, 180 <181 f.> = Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 32 S. 93 f. und vom - BVerwG 6 A 10.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 S. 78). Soweit das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen ist, dass sich auch aus den einschlägigen Vorschriften des materiellen Rechts, nämlich des Verfassungsschutzgesetzes Baden-Württemberg, keine einschränkenden Maßgaben für das zu berücksichtigende Beweismaß ergeben, ist dies von Bundesrechts wegen hinzunehmen.

bb) Auch die weiteren, vom Beklagten in diesem Zusammenhang erhobenen (Verfahrens-)Rügen bleiben ohne Erfolg.

(1) Zu Unrecht sieht der Beklagte einen Verstoß gegen § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO darin, dass das Berufungsgericht die Vorlage des Behördenzeugnisses des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz nicht als ausreichend dafür angesehen habe, um sich von der Wahrheit der streitgegenständlichen Tatsachenbehauptungen zu überzeugen. Das Bayerische Staatsministerium des Innern sei aufgrund der gerichtlichen Entscheidung nach § 99 Abs. 2 VwGO berechtigt gewesen, die Vorlage der geheimhaltungsbedürftigen Akten zu verweigern. Unter diesen Umständen habe der Verwaltungsgerichtshof zur Vermeidung unerfüllbarer Beweisanforderungen das Behördenzeugnis als hinreichend verlässliches Beweismittel bewerten müssen.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO enthält keine generellen Maßstäbe für den Aussage- und Beweiswert einzelner zum Prozessstoff gehörender Beweismittel, Erklärungen und Indizien. Insbesondere besteht keine Rangordnung der Beweismittel; diese sind grundsätzlich gleichwertig. Die Verwaltungsgerichte müssen den Aussage- und Beweiswert der verschiedenen Bestandteile des Prozessstoffes nach der inneren Überzeugungskraft der Gesamtheit der in Betracht kommenden Erwägungen bestimmen. Dabei sind sie lediglich an Logik (Denkgesetze) und Naturgesetze gebunden und müssen gedankliche Brüche und Widersprüche vermeiden (vgl. BVerwG 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 Nr. 50 Rn. 16 m.w.N.).

Werden vom Gericht der Hauptsache für entscheidungserheblich gehaltene Unterlagen von der Behörde nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO aus Gründen der Geheimhaltungsbedürftigkeit nicht vorgelegt und unterbleibt die Vorlage auch als Ergebnis des gerichtlichen Zwischenverfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO, ist die Möglichkeit der nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu bildenden Überzeugung nach dem Gesamtergebnis aus gesetzlichen Gründen eingeschränkt, ohne dass dies der Behörde im Sinne einer Beweisvereitelung zum Nachteil gereichen darf. Die Nichtvorlage der Akten darf somit nicht zum Nachteil der Behörde gewertet werden, weil die dadurch entstandene Beweislage durch § 99 VwGO ausdrücklich gedeckt ist. Andererseits wird auch nicht umgekehrt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung durch eine gesetzliche Beweisregel zu Gunsten des Beklagten eingeschränkt. Eine solche Beweisregel ist weder in § 99 VwGO noch an anderer Stelle der Verwaltungsgerichtsordnung vorgesehen.

Vielmehr ist einem durch die Anwendung des § 99 Abs. 2 VwGO etwa verursachten Beweisnotstand auf der Ebene der konkreten Beweiswürdigung Rechnung zu tragen. Steht - wie hier - nach Abschluss des gerichtlichen Zwischenverfahrens fest, dass die Aktenvorlage nicht möglich ist, hat das Gericht der Hauptsache die ihm verbleibenden Möglichkeiten der Sachaufklärung vollständig auszuschöpfen und die ihm zugänglichen Tatsachen sämtlich in seine Sachwürdigung einzubeziehen. Führt die Sperrerklärung dazu, dass bestimmte Umstände unaufklärbar bleiben oder die Aussagekraft festgestellter Tatsachen vermindert ist, so hat das Gericht auch dies unter Berücksichtigung der gesetzlichen Verteilung der materiellen Beweislast angemessen zu würdigen ( BVerwG 1 B 37.95 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 24 S. 8 f.; BVerwG 3 C 34.05 - BVerwGE 126, 365 Rn. 30 = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 43).

Nichts Abweichendes ergibt sich aus dem Urteil des erkennenden Senats vom - BVerwG 6 A 10.02 - (Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 S. 77). Dort ist - bezogen auf ein Vereinsverbot - ausgeführt, substantiiert bestrittene Tatsachenbehauptungen der Behörde, die auf nachrichtendienstlichen Erkenntnissen und Einschätzungen beruhten und gerichtlicher Beweiserhebung wegen der Verweigerung der Vorlage der entsprechenden Vorgänge nicht zugänglich seien, könnten lediglich die durch andere Erkenntnisse gestützte Überzeugung des Gerichts im Sinne einer Abrundung des Gesamtbilds bestätigen. Sie könnten jedoch für die gerichtliche Überzeugungsbildung über das Vorliegen eines Verbotsgrundes selbst dann nicht ausschlaggebend sein, wenn sie plausibel seien. Dies gelte auch, wenn die Verbotsbehörde statt ihrer Akten sogenannte Behördenzeugnisse überreiche, in denen nicht näher belegte Tatsachen behauptet würden (a.a.O. S. 78 f.). Damit sollte ausgedrückt werden, dass die Vorlage "schlichter" Behördenzeugnisse, die sich in pauschalen Behauptungen erschöpfen und nicht durch Angabe konkreter, eine Einschätzung der Verlässlichkeit ermöglichender Tatsachen untermauert werden, dem Tatrichter regelmäßig nicht die volle Überzeugung von der Wahrheit substantiiert bestrittener Tatsachenbehauptungen vermitteln können. Unter solchen Umständen wird es vielmehr in der Regel des ergänzenden Rückgriffs auf andere Erkenntnisquellen bedürfen, die das Tatsachengericht zusammen mit dem Inhalt des Behördenzeugnisses im Rahmen seiner Überzeugungsbildung umfassend zu würdigen hat.

Von diesen Erwägungen, an denen der Senat festhält, hat sich der Verwaltungsgerichtshof erkennbar leiten lassen. Er hat - anders als der Beklagte vorträgt - nicht darauf bestanden, dass für die umstrittenen Tatsachen Beweis nur durch Vorlage der in rechtmäßiger Weise verweigerten Akten bzw. durch konkrete Auskünfte aus diesen Akten erbracht werden kann. Vielmehr hat er sich im Interesse der Wahrheitsfindung für verpflichtet gehalten, "alle ungeachtet der Verweigerung der Aktenvorlage verbleibenden Möglichkeiten der Sachaufklärung vollständig auszuschöpfen und sämtliche dem Gericht ... zugänglichen Tatsachen bei der Würdigung des Sachverhalts zu verwerten" (S. 18 UA). Dementsprechend hat er eine große Zahl von Zeugen vernommen und das vom Beklagten vorgelegte Behördenzeugnis in seine Tatsachen- und Beweiswürdigung einbezogen. Dabei hat er nicht etwa die Verweigerung der Aktenvorlage durch das Bayerische Staatsministerium des Innern sowie das Fehlen von näheren Angaben über die in den zurückgehaltenen Akten dokumentierte nachrichtendienstliche Informationserhebung als Indizien für die Unrichtigkeit der umstrittenen Tatsachenbehauptungen des Beklagten bewertet; vielmehr hat er sich lediglich außerstande gesehen, auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden und pflichtgemäß eingehend gewürdigten Beweismittel die nötige Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptungen zu gewinnen. Seine Würdigung wird daher auch in Anbetracht der berechtigten Verweigerung der Aktenvorlage dem Überzeugungsgrundsatz gerecht.

(2) Das Berufungsgericht hat seine Pflicht zur Amtsaufklärung (§ 86 Abs. 1 i.V.m. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nicht dadurch verletzt, dass es eine weitere Beweisaufnahme durch Anforderung von Auszügen aus den Verfassungsschutzakten und/oder die Vernehmung bestimmter Bediensteter des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz (V-Mann-Führer und/oder Auswerter) unterlassen hat. Eine derartige (weitere) Beweisaufnahme, die der Beklagte nicht angeboten hatte, musste sich dem Berufungsgericht nicht von Amts wegen aufdrängen, nachdem die Verweigerung der Vorlage der den Kläger betreffenden Akten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz im Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO für rechtmäßig erklärt worden war. Dass das Bayerische Staatsministerium des Innern sich bereitfinden würde, Bediensteten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz Aussagegenehmigungen zu Vorgängen zu erteilen, die auch Gegenstand der von ihm zurückgehaltenen Akten waren, war nicht zu erwarten. Der Anforderung von Aktenauszügen stand bereits die im Zwischenverfahren gemäß § 99 Abs. 2 VwGO uneingeschränkt - also auch im Hinblick auf die Möglichkeit einer teilweisen Aktenvorlage - als rechtmäßig bestätigte Sperrerklärung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO entgegen.

(3) Der Verwaltungsgerichtshof musste nicht gemäß § 86 Abs. 3 VwGO zur Vermeidung einer den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzenden Überraschungsentscheidung darauf hinweisen, dass er den Vortrag des Beklagten im Hinblick auf den erforderlichen Abgleich von mindestens zwei Quellen für unvollständig hielt.

Es gehört zwar zu den Pflichten des Vorsitzenden nach § 86 Abs. 3 VwGO, den Kläger oder Beklagten - selbst wenn er anwaltlich vertreten ist - auf ein offenkundiges Versehen hinzuweisen (vgl. Beschluss vom - 7 B 57.75 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 18). Inhalt der Hinweispflicht des § 86 Abs. 3 VwGO ist es aber nicht, einen anwaltlich vertretenen Kläger in allen möglichen oder denkbaren Richtungen zu beraten (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 7 B 18.07 - juris Rn. 5 und vom - BVerwG 3 B 111.81 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 34). Danach war der von dem Beklagten vermisste Hinweis nicht erforderlich. Der Umstand, dass in den Verfassungsschutzbericht aufgenommene Tatsachen nach den eigenen Vorgaben der Verfassungsschutzbehörde regelmäßig der Bestätigung durch mindestens zwei Quellen bedürfen, war ausweislich der Sitzungsniederschrift vom ebenso Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts wie die Weigerung des Zeugen K., hierzu im Einzelfall nähere Angaben zu machen. Der Verwaltungsgerichtshof war nicht verpflichtet, die Beteiligten vorab über das mögliche Ergebnis seiner Beweiswürdigung zu unterrichten.

(4) Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang weiter rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe es unterlassen, in der Berufungsverhandlung den Inhalt des vom Kläger zu den Gerichtsakten gereichten und einem anderen Streitverfahren entstammenden Schriftsatzes des Bayerischen Landesanwalts vom näher zu erörtern, aus dessen Wortlaut er gefolgert habe, dass nur ein einziger V-Mann zur Ermittlung der umstrittenen Tatsachen angesetzt worden sei, ist die geltend gemachte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 139 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Hierzu ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> Nr. 26) erforderlich, dass der Beteiligte darlegt, was er vorgetragen hätte, wenn ihm das erforderliche rechtliche Gehör gewährt worden wäre, und dass dieser Vortrag geeignet gewesen wäre, das Gericht zu einer anderen Entscheidung zu führen. Der Beklagte gibt nicht zu erkennen, was er noch vorgetragen hätte, wenn ihm der vermisste Hinweis auf den im Urteil für maßgeblich gehaltenen Wortlaut des überreichten Schriftsatzes gegeben worden wäre. Der Beklagte kann dieser Darlegungspflicht nicht entgegenhalten, dass ihm der betreffende Schriftsatz in der Verhandlung nicht überreicht worden sei und dass er ihn noch immer nicht kenne, denn er hätte sich innerhalb der Revisionsbegründungsfrist durch Akteneinsicht über seinen Inhalt Gewissheit verschaffen können.

(5) Der Verwaltungsgerichtshof musste den Beklagten ferner nicht auf eine etwa noch bestehende Möglichkeit der Verwertung weiterer Erkenntnisquellen, nämlich der auszugsweisen Anforderung von Verfassungsschutzunterlagen oder der Vernehmung von Bediensteten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, hinweisen. Tragend für das Berufungsurteil ist die Wertung des Verwaltungsgerichtshofs, dass mit den für ihn im Rahmen der Amtsaufklärungspflicht erreichbaren Beweismitteln der Beweis der umstrittenen Tatsachen nicht erbracht werden konnte. Dieses Beweisergebnis lag im Bereich des Vorhersehbaren und bedurfte keines vorherigen Hinweises. Der Beklagte hätte daher von sich aus beim Bayerischen Staatsministerium des Innern und beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz auf die Eröffnung weiterer Erkenntnisquellen sowie beim Verwaltungsgerichtshof auf eine entsprechende ergänzende Beweisaufnahme hinwirken können, soweit solche Bemühungen nicht ohnehin wegen der Verweigerung der Aktenvorlage als aussichtslos erscheinen mussten.

(6) Ebenfalls ohne Erfolg rügt der Beklagte schließlich einen Verstoß des Berufungsurteils gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der sich daraus ergebe, dass der Verwaltungsgerichtshof ein Behördenzeugnis als "nur so gut" bezeichnet habe, wie die unmittelbare Quelle, auf die es sich letztlich stütze. Damit habe der Verwaltungsgerichtshof sich an eine in Wahrheit nicht existierende Beweisregel gebunden und gegen den in § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO enthaltenen Grundsatz verstoßen, wonach das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheide.

Eine Sachverhaltsfeststellung, bei der sich das Gericht durch eine in Wahrheit nicht existierende Beweisregel gebunden glaubt, verstößt zwar gegen das Gebot freier Beweiswürdigung ( BVerwG 9 C 54.88 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 213). Eine derartige Verletzung von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist dem Verwaltungsgerichtshof im Berufungsurteil aber nicht unterlaufen. Dort ist ausgeführt: "Der vom Zeugen G. letztlich zugestandene Einwand gegen die Richtigkeit eines Behördenzeugnisses vom über eine Veranstaltung des Klägers am in H. verweist indessen auf die unabweisbare Erkenntnis, dass ein Behördenzeugnis ungeachtet der behördeninternen Sorgfalt nur so gut sein kann wie die unmittelbare Quelle, auf die es sich letztlich stützt. Von deren Qualität und Verlässlichkeit muss sich folglich auch das Gericht überzeugen können. An den für die richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Anhaltspunkten fehlt es hier." (UA S. 19). Demnach hat der Verwaltungsgerichtshof das Behördenzeugnis des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom , das der Beklagte zum Nachweis der vom Kläger bekämpften Tatsachenbehauptungen vorgelegt hatte, wegen der von ihm im Verlauf der Beweisaufnahme festgestellten Unrichtigkeit eines anderen Zeugnisses derselben Behörde nicht als ein ausreichendes Beweismittel angesehen und es infolgedessen für erforderlich gehalten, die Verlässlichkeit der dem Zeugnis zugrundeliegenden Quelle zu überprüfen. In der vom Beklagten gerügten Formulierung liegt mithin nicht die Aufstellung und Befolgung einer nicht existierenden Beweisregel, sondern ein Teil der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtshofs, die vom Überzeugungsgrundsatz gedeckt ist.

c) Das Berufungsurteil hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Unerweislichkeit der Wahrheit der drei streitgegenständlichen Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht 2001 des Landes Baden-Württemberg zum Nachteil des Beklagten gewertet und deshalb die Unterlassungsklage im noch rechtshängigen Umfang für begründet erkannt.

aa) Die Beantwortung der Frage, wer das Risiko eines "non liquet" trägt, gehört zum materiellen Recht und ist daher nicht etwa von der zulässigen Klageart abhängig. Im Grundsatz trägt danach jeder Beteiligte den Rechtsnachteil für die Nichterweislichkeit der ihm günstigen Tatbestandsmerkmale (sog. Günstigkeitsprinzip oder Normbegünstigungsprinzip; vgl. BVerwG 5 C 35.85 - BVerwGE 80, 290 <296 f.> = Buchholz 436.36 § 15 BAföG Nr. 28 S. 9 f.; ferner Höfling/Rixen, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 108 Rn. 115 f.). Durch Auslegung der materiell-rechtlichen Norm ist zu ermitteln, welche Verteilungsanordnung die in ihr enthaltene ungeschriebene Beweislastnorm trifft. Ein absolut geltendes materielles Prinzip der Beweislastverteilung gibt es im Verwaltungsrecht ebenso wenig wie im Zivilrecht (Dawin, in: Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO, Stand 2007, § 108 Rn. 100). Beansprucht der Staat das Recht, in einen durch ein negatorisches Grundrecht geschützten Freiheitsbereich einzugreifen, trägt er die Beweislast für die gesetzlichen Voraussetzungen dieses Eingriffs nach Maßgabe der Grundsätze über die Beweislast im Anfechtungsrechtsstreit (Dawin, a.a.O. Rn. 105). Denn in der freiheitlichen Demokratie des Grundgesetzes bedarf der hoheitliche Eingriff in ein Grundrecht der Rechtfertigung; nicht ist umgekehrt die Ausübung von Grundrechten rechtfertigungsbedürftig (vgl. - NJW 2007, 2167 <2169>). Der Unterlassungsanspruch des Klägers stützt sich auf sein grundrechtlich geschütztes allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG). Der Beklagte trägt demnach die Beweislast für die gesetzlichen Voraussetzungen des Eingriffs in das klägerische Recht.

bb) Demgegenüber kann sich der Beklagte nicht auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze zum Verhältnis von Persönlichkeitsschutz und Meinungsäußerungsfreiheit berufen. Diese Rechtsprechung kann nicht auf den streitgegenständlichen Fall übertragen werden, weil das beklagte Land nicht Träger von Grundrechten ist (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG) und sich somit nicht auf die Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG stützen kann. Davon abgesehen entspricht das Ergebnis, dass der Beklagte die Beweislast für die von ihm im Verfassungsschutzbericht aufgestellten Tatsachenbehauptungen trägt, der zivilrechtlich anerkannten und verfassungsgerichtlich bestätigten Beweislastverteilung im privatrechtlichen Ehrenschutzprozess, in dem der Behauptende nach dem Rechtsgedanken des § 186 StGB grundsätzlich beweisbelastet für die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung ist ( - BGHZ 132, 13 <23>; s. auch - BVerfGE 114, 339 <352>).

cc) Die aus der berechtigten Verweigerung der Aktenvorlage durch das Bayerische Staatsministerium des Innern folgende Beweissperre führt nicht zum Vorteil des Beklagten zu einer Umkehr der Beweislast.

Wird die Vorlage von Urkunden oder Akten oder die Erteilung einer Auskunft nach § 99 Abs. 1 VwGO verweigert und die Rechtmäßigkeit der Verweigerung in dem Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO gerichtlich bestätigt, findet keine Umkehr der materiellen Beweislast zum Vorteil der zur Geheimhaltung verpflichteten Behörde in dem gerichtlichen Hauptsacheverfahren statt. Vielmehr ist, wie oben bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt, ein dadurch etwa verursachter Beweisnotstand des beweisbelasteten Verfahrensbeteiligten unter Berücksichtigung der gesetzlichen Verteilung der materiellen Beweislast bei der Beweiswürdigung angemessen zu berücksichtigen. Dass in den Fällen der gerichtlich als rechtmäßig bestätigten Verweigerung der Aktenvorlage keine Veränderung der Beweislast eintritt, hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem BVerwG 3 C 34.05 - (BVerwGE 126, 365 <373 f.> = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 43 S. 21 f.) hervorgehoben. Auch sonst geht das Bundesverwaltungsgericht bei bestehenden Beweisschwierigkeiten nicht von einer Umkehr der Beweislast aus (vgl. z.B. BVerwG 5 C 3.05 - BVerwGE 126, 283 <295> = Buchholz 132.0 § 1 1. StARegG Nr. 11 S. 9), und zwar selbst dann nicht, wenn hieran die Verwirklichung eines Grundrechts (Art. 16 GG) zu scheitern droht (vgl. - BVerwGE 71, 180 <181 f.> = Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 32 S. 93 f.).

4. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5 000 € festgesetzt.

Fundstelle(n):
EAAAC-88814