BAG Beschluss v. - 7 ABR 2/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BetrVG § 37 Abs. 6; BetrVG § 40 Abs. 1

Instanzenzug: ArbG Iserlohn, 6 BV 23/05 vom LAG Hamm, 10 TaBV 201/05 vom

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Erstattung von Kosten, die anlässlich der Teilnahme der Antragstellerin an einer Schulungsveranstaltung entstanden sind.

Die Antragstellerin ist seit dem Jahr 2002 Mitglied des in dem Betrieb der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin gebildeten, aus sieben Mitgliedern bestehenden Betriebsrats (Beteiligter zu 3). Seit 1994 ist die Antragstellerin Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen.

Seit Oktober 1994 nahm die Antragstellerin an zehn Schulungsveranstaltungen teil, ua. im Jahr 1994 an den jeweils dreitägigen Schulungen "Grundkurs als Vertrauensfrau, Schwerbehindertenvertretung" und "Aufbaukurs Schwerbehindertenvertretung". Nach ihrer Wahl zum Betriebsrat besuchte sie folgende Schulungen:

- - Einführung Seminar "Betriebsverfassungsgesetz Teil 1" in E

- - Seminar "Betriebsverfassungsgesetz Teil 2" in E

- Seminar "Agenda 2010 und Kündigungsschutz" in S

- Seminar "Mitbestimmungsrecht bei IT-Systemen" in B

- - Seminar "BAG-Urteile zum Schwerbehindertenrecht" in Er

- - Seminar "Betriebsverfassungsgesetz Teil 3" in E

- Betriebsrätekonferenz Neues Tarifrecht in H.

Der Betriebsrat beschloss am die Teilnahme der Antragstellerin an der Schulungsveranstaltung "Arbeitsrecht, Teil 1" in der Zeit vom 11. Juli bis zum in E. Die Schulung wurde von dem jetzigen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin und des zu 3) beteiligten Betriebsrats durchgeführt. Die Schulung vermittelte nach der Ausschreibung ua. Kenntnisse über die Anbahnung von Arbeitsverhältnissen, über Vorstellungsgespräche, über Form und Inhalt von Arbeitsverträgen (Standard-/ Formulararbeitsverträge), über das Nachweisgesetz, über Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei den vorgenannten Themen, über formelle Regelungen für das Arbeitsverhältnis und deren Rangfolge, über Gesetze, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, individualrechtliche Regelungen, über Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, über unbefristete und befristete Arbeitsverträge sowie über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Außerdem stand die Teilnahme an einer Sitzung des Arbeitsgerichts oder des Landesarbeitsgerichts auf dem Programm.

Mit Schreiben vom unterrichtete der Betriebsrat die Arbeitgeberin über die Teilnahme der Antragstellerin an der Schulungsveranstaltung. Die Arbeitgeberin widersprach der Seminarteilnahme aus Kostengründen. Gleichwohl besuchte die Antragstellerin die Schulung.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin stellte dieser mit Schreiben vom die Kosten für die Seminarteilnahme iHv. 1.334,00 Euro einschließlich Mehrwertsteuer in Rechnung. Für die Unterbringung im Tagungshotel und die Fahrt hatte die Antragstellerin insgesamt Kosten iHv. 857,90 Euro einschließlich der Vollpensionspauschale in dem Tagungshotel iHv. 540,00 Euro aufgewandt.

Die Antragstellerin hat mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift die Freistellung von der Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Seminarveranstalter, ihrem jetzigen Verfahrensbevollmächtigten, und die Erstattung der Unterbringungs-, Verpflegungs- und Fahrtkosten geltend gemacht. Sie hat - ebenso wie der Betriebsrat - behauptet, sie habe vor der Schulungsveranstaltung nicht über die bei der Schulung vermittelten Grundkenntnisse im allgemeinen Arbeitsrecht verfügt. Die Seminarkosten bewegten sich - ebenso wie die Hotel- und Fahrtkosten - im Rahmen des Üblichen. Der Betriebsrat habe bei der Auswahl des Seminars von dem ihm zustehenden Beurteilungsspielraum Gebrauch gemacht und sich für das von seinem jetzigen Verfahrensbevollmächtigten durchgeführte Seminar entschieden, da er Wert auf einen qualifizierten und ihm bekannten Referenten gelegt habe.

Die Antragstellerin und der Betriebsrat haben zuletzt beantragt,

1. der Arbeitgeberin aufzugeben, die Antragstellerin von der Zahlungsverpflichtung iHv. 1.334,00 Euro gegenüber dem Seminarveranstalter B, Kirchender Dorfweg 29, 58313 Herdecke freizustellen, und zwar durch Zahlung des genannten Betrages von 1.334,00 Euro an B,

2. der Arbeitgeberin aufzugeben, an die Antragstellerin 857,90 Euro zu erstatten.

Die Arbeitgeberin hat die Zurückweisung der Anträge beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Antragstellerin und des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht den Beschluss abgeändert und den Anträgen entsprochen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Antragstellerin und der Betriebsrat beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann den Anträgen nicht stattgegeben werden. Das Bestehen der geltend gemachten Freistellungs- und Kostenerstattungsansprüche hängt nach § 40 Abs. 1 BetrVG davon ab, ob der Betriebsrat die Teilnahme der Antragstellerin an der Schulung "Arbeitsrecht, Teil 1" bei seiner Beschlussfassung am für erforderlich halten durfte. Dies lässt sich auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend beurteilen. Das Verfahren war daher zur weiteren Sachaufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

I.1. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Dazu gehören auch die Kosten, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist (st. Rspr., vgl. - Rn. 10, AE 2008, 49; - 7 ABR 42/02 - BAGE 106, 233 = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 136 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 4, zu B I der Gründe; - 7 ABR 11/98 -BAGE 94, 42 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 68 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 90, zu B I der Gründe). Zu den vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten gehören neben den eigentlichen Seminargebühren auch die notwendigen Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten des Betriebsratsmitglieds ( - Rn. 10, aaO; - 7 ABR 42/02 - aaO, zu B I der Gründe).

2. Nach § 37 Abs. 6 BetrVG ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb und im Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann. Dazu bedarf es der Darlegung eines aktuellen oder absehbaren betrieblichen oder betriebsratsbezogenen Anlasses, aus dem sich der Schulungsbedarf ergibt (st. Rspr., vgl. - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 113 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 130, zu B 2 a der Gründe; - 7 ABR 49/94 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 110 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 126, zu B 2 b der Gründe). Lediglich bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern ist auf eine nähere Darlegung der Schulungsbedürftigkeit zu verzichten, wenn es sich um die Vermittlung von Grundkenntnissen im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung handelt ( -BAGE 106, 233 = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 136 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 4, zu B I der Gründe; - 7 ABR 49/94 - aaO, zu B 2 b der Gründe; - 6 ABR 74/83 - BAGE 52, 78 = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 54 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 85, zu II 2 b der Gründe).

Daraus folgt allerdings nicht ohne weiteres die Erforderlichkeit des Besuchs einer Veranstaltung im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit oder Unfallverhütung für jedes Betriebsratsmitglied. Die Vermittlung derartiger Grundkenntnisse ist nur möglich und damit erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 BetrVG, wenn das betreffende Betriebsratsmitglied über diese Kenntnisse nicht verfügt. Die Entsendung zu einer Veranstaltung im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung im Rahmen des § 37 Abs. 6 BetrVG scheidet dann aus, wenn das ausgewählte Betriebsratsmitglied die erforderlichen Kenntnisse bereits besitzt. Dabei muss es sich allerdings um persönliche Kenntnisse des Betriebsratsmitglieds handeln, nicht um Kenntnisse des Gremiums "Betriebsrat" oder anderer Betriebsratsmitglieder ( - BAGE 53, 186 = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 87, zu II 2 c bb der Gründe). Der Betriebsrat kann nicht auf Dauer darauf verwiesen werden, ein Betriebsratsmitglied könne sich die erforderlichen Kenntnisse auf andere Weise, zB durch Selbststudium oder durch Befragung der übrigen, besser informierten Betriebsratsmitglieder verschaffen ( - BAGE 99, 103 = AP BetrVG 1972 § 25 Nr. 9 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 142, zu B I 1 der Gründe; - 6 ABR 14/84 - aaO, zu II 2 c bb der Gründe). Hat das vom Betriebsrat ausgewählte Betriebsratsmitglied selbst Vorkenntnisse, zB durch den Besuch anderer Veranstaltungen nach § 37 Abs. 6 BetrVG, durch die Teilnahme an einer Veranstaltung nach § 37 Abs. 7 BetrVG oder einer sonstigen Veranstaltung, durch Eigenstudium oder eine frühere Tätigkeit bei einer Gewerkschaft, im Betriebsrat oder in anderen Gremien, kann es an der Erforderlichkeit einer (weiteren) Information über die Grundbegriffe des Arbeitsrechts fehlen. Zu den persönlichen Vorkenntnissen gehört auch das durch langjährige Tätigkeit im Betriebsrat erworbene Erfahrungswissen. Es ist davon auszugehen, dass ein Betriebsratsmitglied, das im Laufe der Jahre zB in einer Vielzahl von Fällen mit Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG befasst worden ist, durch die ständige Beschäftigung mit den materiellen Kündigungsgründen so viel an Kenntnissen auf dem Gebiet des Kündigungsschutzrechts erlangt hat, dass von einem für die zukünftige tägliche Arbeit erforderlichen Wissensstand ausgegangen werden kann. Entsprechendes gilt für Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Begründung von Arbeitsverhältnissen, dem Inhalt und der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen sowie Rechten und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien. Daher wird im Regelfall die Entsendung eines Betriebsratsmitglieds, das dem Betriebsrat bereits längere Zeit angehört hat, zu einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG, die Grundkenntnisse im allgemeinen Arbeitsrecht vermittelt, nicht erforderlich sein. Dies kann in Einzelfällen anders zu beurteilen sein, etwa dann, wenn in einem kleineren Betrieb jahrelang nur in geringem Umfang Betriebsratstätigkeiten angefallen sind, so dass die Betriebsratsmitglieder keine Erfahrungen sammeln konnten, oder wenn ein Betriebsratsmitglied durch längere Krankheit oder Urlaub gehindert war, Erfahrungswissen zu erwerben. Dann kann auch der Besuch einer die Grundkenntnisse des Arbeitsrechts vermittelnden Schulung erforderlich sein. Dies bedarf jedoch einer konkreten Darlegung der die Erforderlichkeit begründenden Umstände ( - aaO, zu II 2 c bb der Gründe).

3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat der Betriebsrat zu entscheiden, ob ein Betriebsratsmitglied zu einer Schulungsveranstaltung entsandt werden soll. Dabei hat er unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu prüfen, ob die Teilnahme erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 BetrVG ist oder nicht ( - BAGE 94, 42 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 68 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 90, zu B 2 der Gründe). Der Betriebsrat hat im Rahmen seines Beurteilungsspielraums auch zu prüfen, ob die zu erwartenden Schulungskosten mit der Größe und Leistungsfähigkeit des Betriebs zu vereinbaren sind. Außerdem hat er darauf zu achten, dass der Schulungszweck in einem angemessenen Verhältnis zu den hierfür aufzuwendenden Mitteln steht ( - BAGE 80, 236 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 48 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 74, zu B II 1 der Gründe; - 1 ABR 71/73 - BAGE 26, 269 = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 18 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 33, zu III 4 der Gründe). Der Betriebsrat ist allerdings nicht gehalten, anhand einer umfassenden Marktanalyse den günstigsten Anbieter zu ermitteln und ohne Rücksicht auf andere Erwägungen auszuwählen. Seine Auswahlentscheidung kann er bei vergleichbaren Seminarinhalten auch von dem Veranstalter selbst abhängig machen ( - aaO, zu B II 1 der Gründe).

II. Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob der Betriebsrat die Teilnahme der Antragstellerin an der Schulungsveranstaltung für erforderlich halten durfte.

1. Bei dem Begriff der Erforderlichkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung sowohl dem Betriebsrat als auch dem Landesarbeitsgericht ein Beurteilungsspielraum zusteht (st. Rspr., vgl. - BAGE 62, 74 = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 98, zu B I 1 a der Gründe; - 6 ABR 14/84 - BAGE 53, 186 = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 87, zu II 2 a der Gründe). Die Würdigung des Beschwerdegerichts, ob der Betriebsrat die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung iSd. § 37 Abs. 6 BetrVG für erforderlich halten durfte, kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt wurde und ob die Besonderheiten des Einzelfalls vollständig und frei von Verstößen gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze abgewogen worden sind (vgl. -AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 110 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 126, zu B 2 a der Gründe; - 7 ABR 14/93 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 91 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 115, zu II 2 a der Gründe; - 6 ABR 14/84 - aaO, zu II 2 a der Gründe).

2. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat wesentliche Umstände nicht berücksichtigt und den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Das Landesarbeitsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass eine Schulung im allgemeinen Arbeitsrecht bei einem erstmals gewählten Betriebsratsmitglied grundsätzlich als erforderlich anzusehen ist, es sei denn, dass das Betriebsratsmitglied bereits auf Grund anderweitiger Tätigkeiten über ausreichendes Erfahrungswissen oder auf Grund der Teilnahme an anderen Schulungsveranstaltungen über die erforderlichen Kenntnisse verfügt. Das Landesarbeitsgericht ist jedoch auf Grund unzureichender tatsächlicher Feststellungen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Antragstellerin nicht über langjähriges Erfahrungswissen oder auf Grund des Besuchs anderer Schulungsveranstaltungen über die erforderlichen Kenntnisse im allgemeinen Arbeitsrecht verfügte und deshalb ihre Teilnahme an der Schulung nicht erforderlich gewesen sein könnte.

a) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass vom Vorhandensein ausreichender Kenntnisse im allgemeinen Arbeitsrecht bei der Antragstellerin nicht schon auf Grund der Dauer ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat ausgegangen werden konnte. Die Antragstellerin war im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Betriebsrats über ihre Teilnahme an der Schulung nicht langjähriges Betriebsratsmitglied, sondern befand sich erst im vierten Jahr ihrer Amtszeit. Diese Zeitspanne reicht für sich genommen nicht aus, um aus der während dieser Zeit ausgeübten Betriebsratstätigkeit auf den Erwerb des erforderlichen Grundwissens auf dem Gebiet des allgemeinen Arbeitsrechts schließen zu können.

b) Das Landesarbeitsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Erforderlichkeit der Teilnahme der Antragstellerin an der Schulungsveranstaltung nicht deshalb verneint werden kann, weil die Schulung erst im vierten Jahr ihrer Amtszeit als Betriebsratsmitglied erfolgt ist. Die Amtszeit der Antragstellerin dauerte nach der Schulung noch mindestens acht bis zehn Monate an, so dass der Betriebsrat bei seiner Beschlussfassung davon ausgehen konnte, dass die Antragstellerin die bei der Schulung erworbenen Kenntnisse bei ihrer Betriebsratstätigkeit noch würde verwerten können.

c) Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Entscheidung aber nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Antragstellerin bereits seit dem Jahr 1994 und damit im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Betriebsrats seit über zehn Jahren Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen war. In dieser Zeit hatte sie nach § 95 Abs. 4 Satz 1 SGB IX (bis : § 25 Abs. 4 Satz 1 SchwbG) das Recht, an allen Sitzungen des Betriebsrats beratend teilzunehmen. Sie hatte daher über Jahre hinweg die Möglichkeit, die Tätigkeit des Betriebsrats - nicht nur in Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen - zu verfolgen und hierbei Erfahrungswissen - auch im allgemeinen Arbeitsrecht - zu erwerben. Feststellungen dazu, ob die Antragstellerin als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen an Betriebsratssitzungen überhaupt teilgenommen hat, und wenn ja, wie oft dies der Fall war und welche Themen behandelt wurden, hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen. Das Landesarbeitsgericht hat auch nicht festgestellt, mit welchen Angelegenheiten und Rechtsfragen die Antragstellerin während ihrer langjährigen Amtszeit als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen befasst war und welches Wissen sie hierbei erworben hat. Die Beteiligten haben hierzu zwar lediglich unsubstantiiert vorgetragen. Das Landesarbeitsgericht war jedoch gehalten, den Sachverhalt im Rahmen der nach § 83 Abs. 1 Satz 1 ArbGG durchzuführenden Amtsermittlung weiter aufzuklären und hierbei den Beteiligten aufzugeben, ihr Vorbringen näher zu konkretisieren, zumal es wenig plausibel erscheint, dass die Antragstellerin während ihrer gesamten Amtszeit als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen offenbar keine Tätigkeiten entfaltet haben will, die sie in Berührung mit allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen gebracht und den Erwerb von Grundkenntnissen im Arbeitsrecht ermöglicht haben. Die Wahrnehmung der Interessen schwerbehinderter Arbeitnehmer erscheint losgelöst von allgemeinem Arbeitsrecht kaum denkbar. Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Entscheidung außerdem nicht berücksichtigt, dass die Antragstellerin anlässlich ihrer früheren Teilnahme an insgesamt neun Schulungsveranstaltungen bereits ausreichende Kenntnisse im allgemeinen Arbeitsrecht erworben haben könnte, zB bei dem Grundkurs als Vertrauensfrau der Schwerbehinderten und dem Aufbaukurs Schwerbehindertenvertretung im Jahr 1994, aber auch im Rahmen der drei Schulungsveranstaltungen zum Betriebsverfassungsrecht in den Jahren 2002 bis 2004. Bislang hat das Landesarbeitsgericht keine tatsächlichen Feststellungen zu den Inhalten dieser Veranstaltungen und den dort vermittelten Kenntnissen getroffen.

III. Da der Senat auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht beurteilen kann, ob die Teilnahme der Antragstellerin an der Schulungsveranstaltung deshalb nicht erforderlich war, weil sie bereits auf Grund ihrer über 10-jährigen Tätigkeit als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und ihrer Teilnahme an zahlreichen anderen Schulungsveranstaltungen über das erforderliche Grundwissen im allgemeinen Arbeitsrecht verfügte, war das Verfahren zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

1. Bei der neuen Anhörung der Beteiligten wird das Landesarbeitsgericht im Rahmen der ihm obliegenden Amtsermittlung aufzuklären haben, welche Tätigkeiten die Antragstellerin während ihrer langjährigen Amtszeit als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen entfaltet hat, in welchen Angelegenheiten sie von der Arbeitgeberin beteiligt wurde, ob und in welchem Umfang sie während dieser Zeit an Betriebsratssitzungen teilgenommen hat, welche Angelegenheiten in diesen Sitzungen behandelt wurden, welches weitere Erfahrungswissen sie auf Grund ihrer Tätigkeit im Betriebsrat in den Jahren 2002 bis 2004 erworben hat und welche Kenntnisse bei den von ihr in der Vergangenheit besuchten Schulungsveranstaltungen vermittelt wurden.

2. Sollte die neue Anhörung der Beteiligten ergeben, dass die Antragstellerin vor der Schulungsveranstaltung im Juli 2005 nicht über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung des Betriebsratsamts erforderlichen Grundkenntnisse im allgemeinen Arbeitsrecht verfügt hat, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob der Betriebsrat bei der Beschlussfassung über die Entsendung der Antragstellerin zu der Schulung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausreichend Rechnung getragen hat. Das Landesarbeitsgericht hat zwar ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Betriebsrat die Dauer der Schulung von einer Woche und auch den Schulungsort E trotz der damit verbundenen Fahrtkosten für angemessen halten durfte. Das Landesarbeitsgericht hat aber bei seiner Würdigung bislang nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Schulungskosten mit 1.334,00 Euro für das Seminar zuzüglich weiterer 540,00 Euro für Unterbringung und Verpflegung, insgesamt also 1.874,00 Euro, nahezu 50 % höher lagen als die Kosten der von der Arbeitgeberin genannten vergleichbaren Veranstaltungen, die sich in der Größenordnung von ca. 1.300,00 Euro bewegen. Der Betriebsrat ist zwar, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht gehalten, die kostengünstigste Schulungsveranstaltung auszuwählen, wenn er eine andere Schulung für qualitativ besser hält. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob eine so erhebliche Preisdifferenz wie im Streitfall allein damit begründet werden kann, dass dem Betriebsrat der Referent bereits auf Grund der früheren Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Schulungsveranstaltungen bekannt ist und in den Ausschreibungen anderer Veranstaltungen die Referenten nicht namentlich benannt sind. Auch hierzu wird das Landesarbeitsgericht den Beteiligten Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag geben müssen.

Fundstelle(n):
OAAAC-88799

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein