VO EG Nr. 1346/2000 Anhang
III:
Verwalter nach Artikel 2 Buchstabe b
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION
–
gestützt auf den
Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 61 Buchstabe c) und
Artikel 67 Absatz 1,
auf Initiative der
Bundesrepublik Deutschland und der Republik Finnland,
nach Stellungnahme des
Europäischen Parlaments
,
nach Stellungnahme des
Wirtschafts- und Sozialausschusses
,
in Erwägung nachstehender
Gründe:
(1) Die Europäische Union hat
sich die Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zum
Ziel gesetzt.
(2) Für ein reibungsloses
Funktionieren des Binnenmarktes sind effiziente und wirksame
grenzüberschreitende Insolvenzverfahren erforderlich; die Annahme dieser
Verordnung ist zur Verwirklichung dieses Ziels erforderlich, das in den Bereich
der justitiellen Zusammenarbeit in Zivilsachen im Sinne des Artikels 65 des
Vertrags fällt.
(3) Die Geschäftstätigkeit von
Unternehmen greift mehr und mehr über die einzelstaatlichen Grenzen hinaus und
unterliegt damit in zunehmendem Maß den Vorschriften des Gemeinschaftsrechts.
Da die Insolvenz solcher Unternehmen auch nachteilige Auswirkungen auf das
ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes hat, bedarf es eines
gemeinschaftlichen Rechtsakts, der eine Koordinierung der Maßnahmen in Bezug
auf das Vermögen eines zahlungsunfähigen Schuldners vorschreibt.
(4) Im Interesse eines
ordnungsgemäßen Funktionierens des Binnenmarktes muß verhindert werden, daß es
für die Parteien vorteilhafter ist, Vermögensgegenstände oder
Rechtsstreitigkeiten von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu verlagern, um
auf diese Weise eine verbesserte Rechtsstellung anzustreben (sog. „forum
shopping“).
(5) Diese Ziele können auf
einzelstaatlicher Ebene nicht in hinreichendem Maß verwirklicht werden, so daß
eine Maßnahme auf Gemeinschaftsebene gerechtfertigt ist.
(6) Gemäß dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sollte sich diese Verordnung auf Vorschriften
beschränken, die die Zuständigkeit für die Eröffnung von Insolvenzverfahren und
für Entscheidungen regeln, die unmittelbar aufgrund des Insolvenzverfahrens
ergehen und in engem Zusammenhang damit stehen. Darüber hinaus sollte diese
Verordnung Vorschriften hinsichtlich der Anerkennung solcher Entscheidungen und
hinsichtlich des anwendbaren Rechts, die ebenfalls diesem Grundsatz genügen,
enthalten.
(7) Konkurse, Vergleiche und
ähnliche Verfahren sind vom Anwendungsbereich des Brüsseler Übereinkommens von
1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
in der durch die
Beitrittsübereinkommen zu diesem Übereinkommen
geänderten Fassung
ausgenommen.
(8) Zur Verwirklichung des
Ziels einer Verbesserung der Effizienz und Wirksamkeit der Insolvenzverfahren
mit grenzüberschreitender Wirkung ist es notwendig und angemessen, die
Bestimmungen über den Gerichtsstand, die Anerkennung und das anwendbare Recht
in diesem Bereich in einem gemeinschaftlichen Rechtsakt zu bündeln, der in den
Mitgliedstaaten verbindlich ist und unmittelbar gilt.
(9) Diese Verordnung sollte für
alle Insolvenzverfahren gelten, unabhängig davon, ob es sich beim Schuldner um
eine natürliche oder juristische Person, einen Kaufmann oder eine Privatperson
handelt. Die Insolvenzverfahren, auf die diese Verordnung Anwendung findet,
sind in den Anhängen aufgeführt. Insolvenzverfahren über das Vermögen von
Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, die Gelder
oder Wertpapiere Dritter halten, sowie von Organismen für gemeinsame Anlagen
sollten vom Geltungsbereich dieser Verordnung ausgenommen sein. Diese
Unternehmen sollten von dieser Verordnung nicht erfaßt werden, da für sie
besondere Vorschriften gelten und die nationalen Aufsichtsbehörden teilweise
sehr weitgehende Eingriffsbefugnisse haben.
(10) Insolvenzverfahren sind
nicht zwingend mit dem Eingreifen eines Gerichts verbunden. Der Ausdruck
„Gericht“ in dieser Verordnung sollte daher weit ausgelegt werden
und jede Person oder Stelle bezeichnen, die nach einzelstaatlichem Recht befugt
ist, ein Insolvenzverfahren zu eröffnen. Damit diese Verordnung Anwendung
findet, muß es sich aber um ein Verfahren (mit den entsprechenden
Rechtshandlungen und Formalitäten) handeln, das nicht nur im Einklang mit
dieser Verordnung steht, sondern auch in dem Mitgliedstaat der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens offiziell anerkannt und rechtsgültig ist, wobei es sich
ferner um ein Gesamtverfahren handeln muß, das den vollständigen oder
teilweisen Vermögensbeschlag gegen den Schuldner sowie die Bestellung eines
Verwalters zur Folge hat.
(11) Diese Verordnung geht von
der Tatsache aus, daß aufgrund der großen Unterschiede im materiellen Recht ein
einziges Insolvenzverfahren mit universaler Geltung für die gesamte
Gemeinschaft nicht realisierbar ist. Die ausnahmslose Anwendung des Rechts des
Staates der Verfahrenseröffnung würde vor diesem Hintergrund häufig zu
Schwierigkeiten führen. Dies gilt etwa für die in der Gemeinschaft sehr
unterschiedlich ausgeprägten Sicherungsrechte. Aber auch die Vorrechte
einzelner Gläubiger im Insolvenzverfahren sind teilweise völlig verschieden
ausgestaltet. Diese Verordnung sollte dem auf zweierlei Weise Rechnung tragen:
Zum einen sollten Sonderanknüpfungen für besonders bedeutsame Rechte und
Rechtsverhältnisse vorgesehen werden (z. B. dingliche Rechte und
Arbeitsverträge). Zum anderen sollten neben einem Hauptinsolvenzverfahren mit
universaler Geltung auch innerstaatliche Verfahren zugelassen werden, die
lediglich das im Eröffnungsstaat belegene Vermögen erfassen.
(12) Diese Verordnung gestattet
die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens in dem Mitgliedstaat, in dem der
Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Dieses
Verfahren hat universale Geltung mit dem Ziel, das gesamte Vermögen des
Schuldners zu erfassen. Zum Schutz der unterschiedlichen Interessen gestattet
diese Verordnung die Eröffnung von Sekundärinsolvenzverfahren parallel zum
Hauptinsolvenzverfahren. Ein Sekundärinsolvenzverfahren kann in dem
Mitgliedstaat eröffnet werden, in dem der Schuldner eine Niederlassung hat.
Seine Wirkungen sind auf das in dem betreffenden Mitgliedstaat belegene
Vermögen des Schuldners beschränkt. Zwingende Vorschriften für die
Koordinierung mit dem Hauptinsolvenzverfahren tragen dem Gebot der
Einheitlichkeit des Verfahrens in der Gemeinschaft Rechnung.
(13) Als Mittelpunkt der
hauptsächlichen Interessen sollte der Ort gelten, an dem der Schuldner
gewöhnlich der Verwaltung seiner Interessen nachgeht und damit für Dritte
feststellbar ist.
(14) Diese Verordnung gilt nur
für Verfahren, bei denen der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des
Schuldners in der Gemeinschaft liegt.
(15) Die
Zuständigkeitsvorschriften dieser Verordnung legen nur die internationale
Zuständigkeit fest, das heißt, sie geben den Mitgliedstaat an, dessen Gerichte
Insolvenzverfahren eröffnen dürfen. Die innerstaatliche Zuständigkeit des
betreffenden Mitgliedstaats muß nach dem Recht des betreffenden Staates
bestimmt werden.
(16) Das für die Eröffnung des
Hauptinsolvenzverfahrens zuständige Gericht sollte zur Anordnung einstweiliger
Sicherungsmaßnahmen ab dem Zeitpunkt des Antrags auf Verfahrenseröffnung befugt
sein. Sicherungsmaßnahmen sowohl vor als auch nach Beginn des
Insolvenzverfahrens sind zur Gewährleistung der Wirksamkeit des
Insolvenzverfahrens von großer Bedeutung. Diese Verordnung sollte hierfür
verschiedene Möglichkeiten vorsehen. Zum einen sollte das für das
Hauptinsolvenzverfahren zuständige Gericht vorläufige Sicherungsmaßnahmen auch
über Vermögensgegenstände anordnen können, die im Hoheitsgebiet anderer
Mitgliedstaaten belegen sind. Zum anderen sollte ein vor Eröffnung des
Hauptinsolvenzverfahrens bestellter vorläufiger Insolvenzverwalter in den
Mitgliedstaaten, in denen sich eine Niederlassung des Schuldners befindet, die
nach dem Recht dieser Mitgliedstaaten möglichen Sicherungsmaßnahmen beantragen
können.
(17) Das Recht, vor der
Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens
in dem Mitgliedstaat, in dem der Schuldner eine Niederlassung hat, zu
beantragen, sollte nur einheimischen Gläubigern oder Gläubigern der
einheimischen Niederlassung zustehen beziehungsweise auf Fälle beschränkt sein,
in denen das Recht des Mitgliedstaats, in dem der Schuldner den Mittelpunkt
seiner hauptsächlichen Interessen hat, die Eröffnung eines
Hauptinsolvenzverfahrens nicht zuläßt. Der Grund für diese Beschränkung ist,
daß die Fälle, in denen die Eröffnung eines Partikularverfahrens vor dem
Hauptinsolvenzverfahren beantragt wird, auf das unumgängliche Maß beschränkt
werden sollen. Nach der Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens wird das
Partikularverfahren zum Sekundärverfahren.
(18) Das Recht, nach der
Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens
in dem Mitgliedstaat, in dem der Schuldner eine Niederlassung hat, zu
beantragen, wird durch diese Verordnung nicht beschränkt. Der Verwalter des
Hauptverfahrens oder jede andere, nach dem Recht des betreffenden
Mitgliedstaats dazu befugte Person sollte die Eröffnung eines
Sekundärverfahrens beantragen können.
(19) Ein
Sekundärinsolvenzverfahren kann neben dem Schutz der inländischen Interessen
auch anderen Zwecken dienen. Dies kann der Fall sein, wenn das Vermögen des
Schuldners zu verschachtelt ist, um als ganzes verwaltet zu werden, oder weil
die Unterschiede in den betroffenen Rechtssystemen so groß sind, daß sich
Schwierigkeiten ergeben können, wenn das Recht des Staates der
Verfahrenseröffnung seine Wirkung in den anderen Staaten, in denen
Vermögensgegenstande belegen sind, entfaltet. Aus diesem Grund kann der
Verwalter des Hauptverfahrens die Eröffnung eines Sekundärverfahrens
beantragen, wenn dies für die effiziente Verwaltung der Masse erforderlich
ist.
(20) Hauptinsolvenzverfahren
und Sekundärinsolvenzverfahren können jedoch nur dann zu einer effizienten
Verwertung der Insolvenzmasse beitragen, wenn die parallel anhängigen Verfahren
koordiniert werden. Wesentliche Voraussetzung ist hierzu eine enge
Zusammenarbeit der verschiedenen Verwalter, die insbesondere einen
hinreichenden Informationsaustausch beinhalten muß. Um die dominierende Rolle
des Hauptinsolvenzverfahrens sicherzustellen, sollten dem Verwalter dieses
Verfahrens mehrere Einwirkungsmöglichkeiten auf gleichzeitig anhängige
Sekundärinsolvenzverfahren gegeben werden. Er sollte etwa einen Sanierungsplan
oder Vergleich vorschlagen oder die Aussetzung der Verwertung der Masse im
Sekundärinsolvenzverfahren beantragen können.
(21) Jeder Gläubiger, der
seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in der Gemeinschaft hat,
sollte das Recht haben, seine Forderungen in jedem in der Gemeinschaft
anhängigen Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners anzumelden. Dies
sollte auch für Steuerbehörden und Sozialversicherungsträger gelten. Im
Interesse der Gläubigergleichbehandlung muß jedoch die Verteilung des Erlöses
koordiniert werden. Jeder Gläubiger sollte zwar behalten dürfen, was er im
Rahmen eines Insolvenzverfahrens erhalten hat, sollte aber an der Verteilung
der Masse in einem anderen Verfahren erst dann teilnehmen können, wenn die
Gläubiger gleichen Rangs die gleiche Quote auf ihre Forderung erlangt
haben.
(22) In dieser Verordnung
sollte die unmittelbare Anerkennung von Entscheidungen über die Eröffnung, die
Abwicklung und die Beendigung der in ihren Geltungsbereich fallenden
Insolvenzverfahren sowie von Entscheidungen, die in unmittelbarem Zusammenhang
mit diesen Insolvenzverfahren ergehen, vorgesehen werden. Die automatische
Anerkennung sollte somit zur Folge haben, daß die Wirkungen, die das Recht des
Staates der Verfahrenseröffnung dem Verfahren beilegt, auf alle übrigen
Mitgliedstaaten ausgedehnt werden. Die Anerkennung der Entscheidungen der
Gerichte der Mitgliedstaaten sollte sich auf den Grundsatz des gegenseitigen
Vertrauens stützen. Die zulässigen Gründe für eine Nichtanerkennung sollten
daher auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt sein. Nach diesem Grundsatz
sollte auch der Konflikt gelöst werden, wenn sich die Gerichte zweier
Mitgliedstaaten für zuständig halten, ein Hauptinsolvenzverfahren zu eröffnen.
Die Entscheidung des zuerst eröffnenden Gerichts sollte in den anderen
Mitgliedstaaten anerkannt werden; diese sollten die Entscheidung dieses
Gerichts keiner Überprüfung unterziehen dürfen.
(23) Diese Verordnung sollte
für den Insolvenzbereich einheitliche Kollisionsnormen formulieren, die die
Vorschriften des internationalen Privatrechts der einzelnen Staaten ersetzen.
Soweit nichts anderes bestimmt ist, sollte das Recht des Staates der
Verfahrenseröffnung (lex concursus) Anwendung finden. Diese Kollisionsnorm
sollte für Hauptinsolvenzverfahren und Partikularverfahren gleichermaßen
gelten. Die lex concursus regelt alle verfahrensrechtlichen wie materiellen
Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die davon betroffenen Personen und
Rechtsverhältnisse; nach ihr bestimmen sich alle Voraussetzungen für die
Eröffnung, Abwicklung und Beendigung des Insolvenzverfahrens.
(24) Die automatische
Anerkennung eines Insolvenzverfahrens, auf das regelmäßig das Recht des
Eröffnungsstaats Anwendung findet, kann mit den Vorschriften anderer
Mitgliedstaaten für die Vornahme von Rechtshandlungen kollidieren. Um in den
anderen Mitgliedstaaten als dem Staat der Verfahrenseröffnung Vertrauensschutz
und Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollten eine Reihe von Ausnahmen von der
allgemeinen Vorschrift vorgesehen werden.
(25) Ein besonderes Bedürfnis
für eine vom Recht des Eröffnungsstaats abweichende Sonderanknüpfung besteht
bei dinglichen Rechten, da diese für die Gewährung von Krediten von erheblicher
Bedeutung sind. Die Begründung, Gültigkeit und Tragweite eines solchen
dinglichen Rechts sollten sich deshalb regelmäßig nach dem Recht des
Belegenheitsorts bestimmen und von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht
berührt werden. Der Inhaber des dinglichen Rechts sollte somit sein Recht zur
Aus- bzw. Absonderung an dem Sicherungsgegenstand weiter geltend machen können.
Falls an Vermögensgegenständen in einem Mitgliedstaat dingliche Rechte nach dem
Recht des Belegenheitsstaats bestehen, das Hauptinsolvenzverfahren aber in
einem anderen Mitgliedstaat stattfindet, sollte der Verwalter des
Hauptinsolvenzverfahrens die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens in dem
Zuständigkeitsgebiet, in dem die dinglichen Rechte bestehen, beantragen können,
sofern der Schuldner dort eine Niederlassung hat. Wird kein
Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet, so ist der überschießende Erlös aus der
Veräußerung der Vermögensgegenstände, an denen dingliche Rechte bestanden, an
den Verwalter des Hauptverfahrens abzuführen.
(26) Ist nach dem Recht des
Eröffnungsstaats eine Aufrechnung nicht zulässig, so sollte ein Gläubiger
gleichwohl zur Aufrechnung berechtigt sein, wenn diese nach dem für die
Forderung des insolventen Schuldners maßgeblichen Recht möglich ist. Auf diese
Weise würde die Aufrechnung eine Art Garantiefunktion aufgrund von
Rechtsvorschriften erhalten, auf die sich der betreffende Gläubiger zum
Zeitpunkt der Entstehung der Forderung verlassen kann.
(27) Ein besonderes
Schutzbedürfnis besteht auch bei Zahlungssystemen und Finanzmärkten. Dies gilt
etwa für die in diesen Systemen anzutreffenden Glattstellungsverträge und
Nettingvereinbarungen sowie für die Veräußerung von Wertpapieren und die zur
Absicherung dieser Transaktionen gestellten Sicherheiten, wie dies insbesondere
in der Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.
Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie
Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen
geregelt ist. Für diese Transaktionen
soll deshalb allein das Recht maßgebend sein, das auf das betreffende System
bzw. den betreffenden Markt anwendbar ist. Mit dieser Vorschrift soll
verhindert werden, daß im Fall der Insolvenz eines Geschäftspartners die in
Zahlungs- oder Aufrechnungssystemen oder auf den geregelten Finanzmärkten der
Mitgliedstaaten vorgesehenen Mechanismen zur Zahlung und Abwicklung von
Transaktionen geändert werden können. Die Richtlinie 98/26/EG enthält
Sondervorschriften, die den allgemeinen Regelungen dieser Verordnung vorgehen
sollten.
(28) Zum Schutz der
Arbeitnehmer und der Arbeitsverhältnisse müssen die Wirkungen der
Insolvenzverfahren auf die Fortsetzung oder Beendigung von Arbeitsverhältnissen
sowie auf die Rechte und Pflichten aller an einem solchen Arbeitsverhältnis
beteiligten Parteien durch das gemäß den allgemeinen Kollisionsnormen für den
Vertrag maßgebliche Recht bestimmt werden. Sonstige insolvenzrechtliche Fragen,
wie etwa, ob die Forderungen der Arbeitnehmer durch ein Vorrecht geschützt sind
und welchen Rang dieses Vorrecht gegebenenfalls erhalten soll, sollten sich
nach dem Recht des Eröffnungsstaats bestimmen.
(29) Im Interesse des
Geschäftsverkehrs sollte auf Antrag des Verwalters der wesentliche Inhalt der
Entscheidung über die Verfahrenseröffnung in den anderen Mitgliedstaaten
bekannt gemacht werden. Befindet sich in dem betreffenden Mitgliedstaat eine
Niederlassung, so kann eine obligatorische Bekanntmachung vorgeschrieben
werden. In beiden Fällen sollte die Bekanntmachung jedoch nicht Voraussetzung
für die Anerkennung des ausländischen Verfahrens sein.
(30) Es kann der Fall
eintreten, daß einige der betroffenen Personen tatsächlich keine Kenntnis von
der Verfahrenseröffnung haben und gutgläubig im Widerspruch zu der neuen
Sachlage handeln. Zum Schutz solcher Personen, die in Unkenntnis der
ausländischen Verfahrenseröffnung eine Zahlung an den Schuldner leisten, obwohl
diese an sich an den ausländischen Verwalter hätte geleistet werden müssen,
sollte eine schuldbefreiende Wirkung der Leistung bzw. Zahlung vorgesehen
werden.
(31) Diese Verordnung sollte
Anhänge enthalten, die sich auf die Organisation der Insolvenzverfahren
beziehen. Da diese Anhänge sich ausschließlich auf das Recht der
Mitgliedstaaten beziehen, sprechen spezifische und begründete Umstände dafür,
daß der Rat sich das Recht vorbehält, diese Anhänge zu ändern, um etwaigen
Änderungen des innerstaatlichen Rechts der Mitgliedstaaten Rechnung tragen zu
können.
(32) Entsprechend Artikel 3 des
Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands, das dem
Vertrag über die Europäische
Union und dem
Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft beigefügt ist, haben das Vereinigte
Königreich und Irland mitgeteilt, daß sie sich an der Annahme und Anwendung
dieser Verordnung beteiligen möchten.
(33) Gemäß den Artikeln 1 und 2
des Protokolls über die Position Dänemarks, das dem
Vertrag über die Europäische
Union und dem
Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft beigefügt ist, beteiligt sich Dänemark nicht
an der Annahme dieser Verordnung, die diesen Mitgliedstaat somit nicht bindet
und auf ihn keine Anwendung findet –
HAT FOLGENDE VERORDNUNG
ERLASSEN:
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