BFH Beschluss v. - VII B 223/07

Rückforderung von Ausfuhrerstattung: Festsetzung von Aufschubzinsen

Gesetze: VO (EWG) 565/80

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war 1995 für die Ausfuhr von Weichweizen Ausfuhrerstattung im Wege der Vorfinanzierung gewährt worden. Mit der Begründung, dass der Nachweis der Einfuhr der Erzeugnisse im Bestimmungsland nicht erbracht worden sei, forderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt —HZA—) mit Bescheiden vom über die Festsetzung der Ausfuhrerstattung und Freigabe der Sicherheit die gewährte vorfinanzierte Ausfuhrerstattung zuzüglich eines Zuschlags von 20 % zurück, forderte die Klägerin auf, die Rückforderungsbeträge innerhalb von 30 Tagen zu zahlen, und wies darauf hin, dass bei ausbleibender Zahlung die Sicherheit gemäß Art. 29 der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 (VO Nr. 2220/85) der Kommission vom mit gemeinsamen Durchführungsbestimmungen zur Regelung der Sicherheiten für landwirtschaftliche Erzeugnisse (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 205/5) in Anspruch genommen werde. Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV) die das HZA gewährte. Nachdem das HZA mit Berichtigungsbescheid den Rückforderungsbetrag reduziert hatte, nahm die Klägerin ihren Einspruch gegen die Bescheide vom zurück.

Unter Hinweis auf die im Einspruchsverfahren gegen die Bescheide vom gewährte AdV setzte das HZA mit Bescheid vom Aufschubzinsen gemäß Art. 29 Abs. 3 VO Nr. 2220/85 für den Zeitraum der Vollziehungsaussetzung fest. Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch und beantragte zugleich AdV, die das HZA ablehnte. Auf den daraufhin beim Finanzgericht (FG) gestellten Antrag auf AdV setzte dieses mit Beschluss vom IV 136/04 (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2005, 95) die Vollziehung des Bescheids vom aus. Auf die hiergegen erhobene Beschwerde des HZA hob der beschließende Senat diese Entscheidung mit Beschluss vom VII B 278/04 (BFH/NV 2005, 1401) auf und lehnte den Antrag auf AdV ab.

Im Hauptsacheverfahren schloss sich das FG der mit Beschluss in BFH/NV 2005, 1401 vertretenen Rechtsauffassung des beschließenden Senats an und wies die Klage ab. Das FG urteilte, dass der in Art. 29 Abs. 3 VO Nr. 2220/85 für die Erhebung von Aufschubzinsen vorausgesetzte Verfall der Sicherheit mit den Rückforderungsbescheiden vom angeordnet worden sei.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) stützt. Sie ist der Ansicht, dass die Auslegung der maßgebenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zweifelhaft sei, weshalb in einem Revisionsverfahren die Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in Betracht komme.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg; der geltend gemachte Zulassungsgrund liegt nicht vor.

Der beschließende Senat hat bereits mit seinem AdV-Beschluss in BFH/NV 2005, 1401, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, eingehend begründet, dass keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Erhebung von Aufschubzinsen im Streitfall bestehen. Im Hauptsacheverfahren, in dem sich das FG dieser Auffassung angeschlossen hat, sind keine neuen Gesichtspunkte erkennbar geworden, die eine Überprüfung der Rechtsauffassung des Senats in einem Revisionsverfahren erfordern.

Dass für die Erhebung von Aufschubzinsen die behördliche Anordnung des Verfalls der Sicherheit, die anschließend auf einen Rechtsbehelf nach innerstaatlichem Recht aufgeschoben wird, erforderlich ist, bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sich diese Voraussetzung zweifelsfrei aus Art. 29 Abs. 3 VO Nr. 2220/85 ergibt. Der beschließende Senat hat insoweit mit seinem Beschluss in BFH/NV 2005, 1401 keine andere Auffassung vertreten, ebenso wenig das FG im Hauptsacheverfahren, das sich in dem angefochtenen Urteil dem vorgenannten Senatsbeschluss angeschlossen hat.

Das FG ist der Ansicht, dass in den Rückforderungsbescheiden des HZA vom die Anordnung des Verfalls der Sicherheit zu sehen sei. Dies entspricht der vom beschließenden Senat mit Beschluss in BFH/NV 2005, 1401 vertretenen Ansicht. Die insoweit von Seiten der Beschwerde bezeichnete Rechtsfrage, ob die Verfallsanordnung im Rückforderungsbescheid enthalten sein kann, ist zweifelsfrei zu bejahen und somit ebenfalls nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

Soweit die Beschwerde meint, dass mit Blick auf den Zweck der Sicherheit der Rückforderungsbescheid nicht zugleich die Verfallsanordnung beinhalten könne, da die Inanspruchnahme der Sicherheit subsidiär sei, weil ein Zugriff auf die Sicherheit erst erfolgen dürfe, wenn der zurückgeforderte Betrag nicht gezahlt werde, trifft sie nicht die erforderliche Unterscheidung zwischen dem Verfall der Sicherheit und der Inanspruchnahme der Sicherheit. Der Verfall der Sicherheit ist der Eintritt der Voraussetzungen, unter denen auf die Sicherheit grundsätzlich zugegriffen werden kann. Ob und in welcher Weise dieser Zugriff erfolgt, betrifft dagegen die Frage der Inanspruchnahme der Sicherheit.

Wie der Senat bereits mit Beschluss in BFH/NV 2005, 1401 ausgeführt hat, verfällt die bei der Inanspruchnahme vorfinanzierter Ausfuhrerstattung geleistete Sicherheit nach Art. 6 Satz 2 Anstrich 2 der (mit Wirkung vom aufgehobenen) Verordnung (EWG) Nr. 565/80 des Rates vom über die Vorauszahlung von Ausfuhrerstattungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABlEG Nr. L 62/5) ganz oder teilweise, wenn —wie im Streitfall— kein Erstattungsanspruch besteht oder nur ein Anspruch auf eine niedrigere Erstattung bestand. Unter diesen Voraussetzungen muss die zuständige Behörde gemäß Art. 33 Abs. 1 Unterabs. 2 der (mit Wirkung vom ebenfalls aufgehobenen) Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABlEG Nr. L 351/1) i.d.F. der Verordnung (EWG) Nr. 1615/90 der Kommission vom (ABlEG Nr. L 152/33) das Verfahren nach Art. 29 VO Nr. 2220/85 einleiten, was bedeutet, dass der Beteiligte aufzufordern ist, den vorfinanzierten Differenzbetrag erhöht um 20 % binnen 30 Tagen zurückzuzahlen. Für die Rückforderung der gewährten vorfinanzierten Ausfuhrerstattung und für den Verfall der Sicherheit gelten somit dieselben Voraussetzungen, nämlich dass kein Anspruch auf Ausfuhrerstattung oder nur Anspruch auf einen niedrigeren als den vorfinanzierten Betrag besteht. Aus den maßgebenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften lässt sich nichts für die Ansicht der Beschwerde herleiten, dass die zuständige Behörde die Feststellung, dass diese Voraussetzungen im jeweiligen Fall vorliegen, zweimal zu treffen hätte, das erste Mal in einem Rückforderungsbescheid und das zweite Mal in einem gesonderten Bescheid, welcher den Verfall der Sicherheit anordnet. Ein solches —wie die Beschwerde meint— „zweistufiges Verfahren” ergibt —wie bereits mit Beschluss in BFH/NV 2005, 1401 ausgeführt— keinen Sinn und die Vorschriften fordern dementsprechend ein solches zweistufiges Vorgehen auch nicht. Vielmehr ist in dem behördlichen Bescheid, in dem festgestellt wird, dass die Voraussetzungen für die bereits vorfinanzierte Ausfuhrerstattung ganz oder zum Teil nicht vorliegen, und in dem der Beteiligte zur Rückzahlung des Differenzbetrags binnen 30 Tagen aufgefordert wird, zugleich die Feststellung, dass ansonsten die geleistete Sicherheit in Anspruch genommen werden kann, also die Anordnung des Verfalls der Sicherheit, zu sehen.

Der Senat hält all dies für zweifelsfrei; in einem künftigen Revisionsverfahren bestünde daher keine Verpflichtung, die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorzulegen (vgl.  283/81 —C.I.L.F.I.T.—, EuGHE 1982, 3415, 3430).

Soweit sich die Beschwerde gegen die Ansicht des FG wendet, dass die Bescheide vom über die Festsetzung der Ausfuhrerstattung und Freigabe der Sicherheit erkennbar auch den Verfall der Sicherheit anordnen, und meint, dass im Streitfall die Verbindung von Rückforderung und Verfallsanordnung für den Bescheidempfänger nicht eindeutig erkennbar gewesen sei, ergeben sich keine in einem Revisionsverfahren zu klärenden Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung; auch um die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften geht es hierbei nicht. Im Übrigen hält der Senat —wie sich aus seinem Beschluss in BFH/NV 2005, 1401 ergibt— diese Ansicht des FG für zutreffend.

Fundstelle(n):
VAAAC-87991