Verzicht auf die Rüge bei Nichtausführung eines Beweisbeschlusses; schlüssige Rüge einer Divergenz; Grundsatz "in dubio pro reo"
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Verfahrensrüge greift nicht durch. Dem Beweisbeschluss vom (Akte des Finanzgerichts —FG— Bl. 129 f.) ist kein entsprechender Antrag des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) vorausgegangen. Das FG hat zwar insoweit verfahrensfehlerhaft gehandelt, als es trotz des Nichterscheinens der Zeugin im Verhandlungs- und Beweistermin vom durchentschieden hat, ohne den Beweisbeschluss aufgehoben zu haben (s. Niederschrift in FG-Akte Bl. 157 ff.). Jedoch hat der Kläger hinsichtlich des insoweit denkbaren Mangels einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht Rügeverzicht geleistet, indem er in der mündlichen Verhandlung zur Sache verhandelt hat, ohne den Mangel zu rügen, obwohl er ihn kannte oder hätte erkennen müssen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 101, 103).
2. Im Übrigen lässt es die Beschwerdebegründung an einer hinreichend substantiierten, den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Darlegung eines Zulassungsgrundes fehlen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Keiner der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO ist ausdrücklich benannt. Hiervon abgesehen ist in den Ausführungen des Klägers weder eine grundsätzliche Bedeutung der Sache dargetan noch, dass die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordern würde. Von vornherein unbeachtlich sind Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die nur im Rahmen einer Revisionsbegründung erheblich sein können; das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (, BFH/NV 2007, 1335, m.w.N.).
b) Die unzureichende Darlegung gilt auch für den Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO. Der Kläger rekurriert nicht ausdrücklich auf diese Vorschrift, will aber in der Sache anscheinend einen Widerspruch des angefochtenen Urteils zu dem (BFHE 215, 66, BStBl II 2007, 364) geltend machen.
Neben der hinreichend genauen Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidung gehört zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge aber auch die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits, um eine Abweichung deutlich erkennbar zu machen. Daran fehlt es hier. Die Abweichung soll darin bestehen, dass nach dem BFH-Urteil in BFHE 215, 66, BStBl II 2007, 364 —die Entscheidungserheblichkeit vorausgesetzt— die subjektiven und objektiven Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung auch bei Verletzung von Mitwirkungspflichten vom Gericht immer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen seien, während im angefochtenen Urteil lediglich auf anonyme Depotaufstellungen zurückgegriffen worden sei, was zu nicht behebbaren Zweifeln im Tatsächlichen geführt habe. Ein klassischerer Fall von Beweisnot und damit für die Anwendung des „in dubio pro reo"-Grundsatzes sei nicht denkbar. Die Feststellung einer Steuerhinterziehung mittels reduzierten Beweismaßes (Schätzung) sei nicht zulässig.
Damit ist dem Erfordernis der Gegenüberstellung abstrakter Rechtssätze nicht genüge getan. Vielmehr hat auch das FG darauf abgestellt, dass bei nicht behebbaren Zweifeln hinsichtlich einer Tatfrage die Feststellung eines Sachverhalts mittels reduzierten Beweismaßes nicht zulässig ist. Hänge die Rechtmäßigkeit eines Bescheides vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung ab, könne das Gericht diese nur feststellen, wenn es von ihrem Vorliegen überzeugt sei (vgl. 1.c der Gründe des angefochtenen Urteils, Bl. 10, 2. Abs.). Im angefochtenen Urteil ist auch ausgeführt, dass im FG-Verfahren die Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung unter Beachtung des strafverfahrensrechtlichen Grundsatzes in dubio pro reo zu prüfen sind. Zu einer die Entscheidung bestimmenden Anwendung dieses Grundsatzes ist es im konkreten Streitfall nicht gekommen, weil sich das FG aus den im angefochtenen Urteil näher dargelegten Gründen eine Überzeugung von dem entscheidungsrelevanten tatsächlichen Geschehen bilden konnte. Eine Divergenz zur BFH-Entscheidung in BFHE 215, 66, BStBl II 2007, 364 besteht deshalb nicht.
Den Ausführungen des Klägers ist im Übrigen zu entnehmen, dass er die konkrete Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze und die Überzeugungsbildung des FG im angefochtenen Urteil für unzutreffend hält. Indes reichen weder eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen noch die angeblich fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls, noch schlichte Subsumtionsfehler des FG für die Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO aus. Erforderlich für eine Divergenz ist vielmehr die Darlegung der Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen (vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 160/05, BFH/NV 2006, 1477, m.w.N.; vom VIII B 37/07, nicht veröffentlicht —n.v.—; vom VIII B 123/07, n.v.).
Fundstelle(n):
MAAAC-87365