BFH Beschluss v. - V B 28/07

Wechsel der örtlichen Zuständigkeit; Fehler bei der Heranziehung ehrenamtlicher Richter

Gesetze: AO § 26, FGO § 73, FGO § 116 Abs. 3, EStG § 48

Instanzenzug:

Gründe

Der in der Beschwerdebegründung erfolgten Anregung, das vorliegende Verfahren mit anderen beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Verfahren zu verbinden, wird nicht entsprochen. Soweit die anderen Verfahren nicht bereits durch Verwerfung oder Zurückweisung der Beschwerden erledigt und beim V. Senat anhängig sind, wäre eine Verbindung zwar in entsprechender Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässig, aber im Hinblick auf den Umfang der Beschwerdebegründungen nicht sachgerecht.

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Soweit das Vorbringen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) den gesetzlichen Begründungsanforderungen genügt, liegen die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht vor. Auf die Ausführungen in dem zwischen den Verfahrensbeteiligten ergangenen Senatsbeschluss vom zu V B 29/07 Abschn. II. A. 1. bis 4., 6., 7. und 9. bis 12. wird verwiesen. Die Besonderheiten des vorliegenden Falles geben zu folgenden Ergänzungen Anlass:

a) Unerheblich sind die Ausführungen der Klägerin zur Heranziehung der ehrenamtlichen Richter zu früheren Sitzungen des erkennenden Senats des Finanzgerichts —FG— (vgl. , BFH/NV 1994, 879). Fehler bei der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter in einer Sache führen nicht im Wege des sog. Domino-Effekts dazu, dass in den Folgeterminen in (allen) anderen Sachen der gesetzliche Richter nicht gewahrt ist (, BAGE 88, 344, Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 1998, 1301).

b) Hinsichtlich der Frage des Übergangs der Passivlegitimation des Beklagten und Beschwerdegegners (des für G zuständigen Finanzamts —FA—) auf das Finanzamt X während des finanzgerichtlichen Verfahrens weicht der vorliegende Sachverhalt vom Verfahren V B 29/07 insofern ab, als das von der Klägerin angeführte Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe vom (BGBl I 2001, 2267) und das von ihr ebenfalls zitierte Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom IV A 4 -S 0123- 31/01 (BStBl I 2001, 764) erst nach Klageerhebung erlassen wurden.

Die Passivlegitimation des FA bezüglich der Umsatzsteuer wurde durch diese Organisationsakte dennoch nicht verändert. Zwar wurde durch Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes vom der Einleitungssatz des § 1 Abs. 1 der Verordnung über die örtliche Zuständigkeit für die Umsatzsteuer im Ausland ansässiger Unternehmer (USt-ZuständigkeitsV) vom (BGBl I 1995, 225) geändert. Dass diese Änderung zu einem Übergang der Zuständigkeit für die Umsatzsteuer für 1992 und 1993 vom FA auf das Finanzamt X geführt habe, bringt die Klägerin nicht vor und ist auch nicht erkennbar. Die Klägerin meint vielmehr, dass das Finanzamt X bereits aufgrund der USt-ZuständigkeitsV, die nach ihrem § 2 am in Kraft getreten ist, für ihre Umsatzbesteuerung zuständig geworden sei.

Durch das Gesetz vom neu eingefügt wurde § 20a der Abgabenordung (AO). Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist abweichend von den §§ 19 und 20 AO für die Besteuerung von Unternehmen, die Bauleistungen i.S. von § 48 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes erbringen, das Finanzamt zuständig, das für die Besteuerung der entsprechenden Umsätze nach § 21 Abs. 1 AO zuständig ist, wenn der Unternehmer seinen Wohnsitz oder das Unternehmen seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz außerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes hat.

Aus § 26 Satz 1 AO ist indes zu entnehmen, dass bei Änderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände die Zuständigkeit in dem Zeitpunkt wechselt, in dem eine der betroffenen Finanzbehörden hiervon tatsächlich erfährt. Ein Kennenkönnen oder Kennenmüssen genügt für einen Zuständigkeitswechsel nach § 26 Abs. 1 Satz 1 AO nicht. Die Vorschrift verlangt aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität überschaubare, eindeutige Verhältnisse, damit Unsicherheiten vermieden werden, die zu Kompetenzstreitigkeiten führen. Die die Zuständigkeit ändernden Umstände müssen daher aus der Sicht der betroffenen Finanzämter zweifelsfrei feststehen (, BFH/NV 2008, 343).

An einer solchen klaren Sachlage fehlt es im Streitfall (vgl. bereits den zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangenen BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 343). Nach den Ausführungen des FG bedürfte es vielmehr für die Klärung der Zuständigkeit einer umfangreichen Beweisaufnahme. Dies steht im Einklang damit, dass die Klägerin zahlreiche Beweisanträge zur Zuständigkeitsfrage gestellt hat.

Die in der Beschwerdebegründung (S. .) vorgetragene Verlegung des gesellschaftsvertraglichen Sitzes der Klägerin nach . (Ausland) im Jahr 2002 hat die Passivlegitimation des FA schon deshalb nicht berührt, weil es sich dabei um einen Vorgang im Bereich der Klägerin handelt, der ohne Einfluss auf die Passivlegitimation bleibt (, BFHE 96, 89, BStBl II 1969, 593; , BFH/NV 1987, 281).

Das Beschwerdeverfahren richtet sich danach entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht (Schriftsatz vom ) zu Recht gegen das FA.

c) Der BFH hat im Übrigen bereits durch den Beschluss in BFH/NV 2008, 343 entschieden, dass das FG nicht verpflichtet war, das von der Klägerin beantragte selbständige Beweisverfahren durchzuführen. Das FG musste daher das Klageverfahren auch nicht bis zum Abschluss eines selbständigen Beweisverfahrens aussetzen.

2. Die Beschwerdebegründung entspricht hinsichtlich der übrigen Zulassungsgründe nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Auf die Ausführungen im Beschluss zu V B 29/07, Abschn. II. B. und C. wird verwiesen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1451 Nr. 9
AAAAC-86773