Anspruch auf rechtliches Gehör; schlüssige Darlegung einer Divergenz; kein Revisionszulassungsgrund bei Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung
Gesetze: FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, GG Art. 103
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) setzte aufgrund der Ergebnisse einer Außenprüfung gegen die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), die Eheleute sind, Vermögensteuer auf den (für 1991 und 1992) und auf den fest. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage unter Bezugnahme auf die gleichzeitig ergangenen Urteile vom 9 K 1270/04 E (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2008, 361) und 9 K 1274/04 E wegen Einkommensteuer der Kläger für 1990 bis 1998 ab und führte ergänzend aus, in formeller Hinsicht begegneten die angefochtenen Bescheide keinen durchgreifenden Bedenken; insbesondere seien die Bescheide durch die Bezugnahmen auf den „Betriebsprüfungsbericht” vom hinreichend begründet. Das FA habe die Vermögensteuerveranlagungen auf den 1. Januar der Jahre 1991 und 1996 auch in materieller Hinsicht zu Recht durchgeführt. Die Kläger hätten insoweit keine konkreten Einwendungen gegen die Grundlage und die Höhe der Veranlagungen erhoben. Nach Aktenlage ergäben sich auch keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide.
Die Kläger stützen ihre Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör, Divergenz und Unrichtigkeit der Vorentscheidung.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Soweit ihre Begründung den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht, rechtfertigen die vorgebrachten Gründe nicht die Zulassung der Revision.
1. Das FG hat nicht gegen den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verstoßen.
a) Dieser Anspruch verpflichtet das Gericht nur dazu, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht aber auch dazu, sich diesen anzuschließen (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom II B 11/05, BFH/NV 2006, 254; vom VIII B 121/07, BFH/NV 2008, 397, und vom V B 98/06, BFHE 217, 94, BStBl II 2008, 35).
b) Das FG hat diese ihm obliegenden Verpflichtungen aus dem Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör erfüllt. Es hat sich mit den Einwendungen der Kläger gegen die Bewertung der in den angefochtenen Vermögensteuerbescheiden angesetzten Anteile an Kapitalgesellschaften zwar nicht in der Vorentscheidung, aber in den in Bezug genommenen, zugleich zwischen den Beteiligten ergangenen Urteilen vom 9 K 1270/04 E (EFG 2008, 361) und 9 K 1274/04 E eingehend auseinandergesetzt. Die Verweisung auf diese Urteile war zulässig (vgl. , BFHE 141, 113, BStBl II 1984, 591, und vom VIII R 41/01, BFH/NV 2003, 604).
2. Die Kläger haben nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargelegt, dass die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen einer Abweichung von einer anderen Entscheidung erforderlich sei.
a) Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenz gehören u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidung sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung erkennbar zu machen. Des Weiteren ist auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und eine identische Rechtsfrage handele (BFH-Beschlüsse vom VIII B 36/06, BFH/NV 2007, 2293; vom VIII B 83/07, BFH/NV 2008, 978, und vom VIII B 103/07, BFH/NV 2008, 980).
b) Diesen Begründungsanforderungen wird die Divergenzrüge der Kläger nicht gerecht. Sie haben keinen abstrakten, die Vorentscheidung in Verbindung mit den darin in Bezug genommenen Urteilen tragenden Rechtssatz einem abstrakten Rechtssatz gegenübergestellt, der das von ihnen angeführte (BFHE 173, 561, BStBl II 1994, 394) trägt. Dieses Urteil betraf die Frage, wie der gemeine Wert von nicht an der Börse notierten Stammaktien zu ermitteln ist. In der vorliegenden Streitsache ging es demgegenüber darum, ob der Wert der in den angefochtenen Vermögensteuerbescheiden angesetzten Inhaberaktien, die selbst nicht gehandelt werden können, weil sie aufgrund von Börsenvorschriften in den USA verwahrt werden müssen, anhand der Werte der zugehörigen, an US-Börsen gehandelten American Deposite Receipts (ADR) ermittelt werden kann. Das FG ist bei der Beurteilung dieser Frage ausdrücklich von den im BFH-Urteil in BFHE 173, 561, BStBl II 1994, 394 entwickelten Grundsätzen ausgegangen. Mit dem Vortrag, das FG habe nach diesen Grundsätzen unter Berücksichtigung der für die Verwahrung der Aktien in den USA und die ADR maßgebenden Vorschriften und Vereinbarungen zu einer anderen Bewertung kommen müssen, legen die Kläger keinen Grund für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO dar. Eine Divergenz im Sinne dieser Vorschrift liegt nicht vor, wenn das FG erkennbar oder —wie im Streitfall— ausdrücklich von den in der Rechtsprechung des BFH entwickelten und auch den (mutmaßlichen) Divergenzentscheidungen zugrundeliegenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, diese aber (möglicherweise) fehlerhaft auf die Besonderheiten des Streitfalls angewendet hat (BFH-Beschlüsse vom X B 34/07, BFH/NV 2008, 597, und vom X B 185/07, BFH/NV 2008, 603).
3. Mit Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung wird grundsätzlich kein Zulassungsgrund geltend gemacht. Das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (BFH-Beschlüsse vom VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799, und in BFH/NV 2008, 980).
Die Kläger machen nicht geltend, dass ein sog. qualifizierter, zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO führender Rechtsanwendungsfehler vorliege. Ein solcher Rechtsanwendungsfehler ist gegeben, wenn er von erheblichem Gewicht und deshalb geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen. Dies ist nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Rechtsanwendungsfehlern des FG im Sinne einer willkürlichen oder zumindest greifbar gesetzwidrigen Entscheidung der Fall. Eine bloß fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles genügt nicht (BFH-Beschlüsse vom IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; vom VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896; vom II B 3/07, BFH/NV 2007, 2348, und vom VIII B 129/07, BFH/NV 2008, 973). Die Annahme einer greifbar gesetzwidrigen Entscheidung muss auf ganz ungewöhnliche Fallgestaltungen beschränkt bleiben (, BFH/NV 2008, 1116).
Fundstelle(n):
LAAAC-86765