Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BGB § 419 a.F.; ZPO § 321 a; ZPO § 555 Abs. 1 Satz 1
Instanzenzug: LG Baden-Baden, 2 O 374/03 vom OLG Karlsruhe, 10 U 43/04 vom
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich mit der Anhörungsrüge gegen das Senatsurteil vom (FamRZ 2007, 1800). Sie macht geltend, der Senat habe zu Unrecht festgestellt, sie habe die Voraussetzungen des § 419 BGB a.F. nicht hinreichend dargetan. Bereits in der Klageschrift habe sie den Aktivnachlass des Schuldners (Erblassers) mit 60.000 DM und die vom Erblasser auf die Beklagte übertragenen Vermögensgegenstände mit 2,7 Mio. DM beziffert; in demselben Schriftsatz seien diese Vermögensübertragungen mit einem genauen Wert von 2.661.163 DM näher dargestellt. Aus der Gegenüberstellung von Aktivnachlass und nachgewiesenen Übertragungen ergebe sich, dass beim Erblasser nur noch 2,2 % seines Vermögens verblieben seien.
II.
Es kann dahinstehen, ob die nach § 321 a i.V.m. § 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthafte Gehörsrüge rechtzeitig erhoben ist; sie ist jedenfalls nicht begründet.
Eine Haftung der Beklagten nach § 419 BGB a.F. setzt voraus, dass diese das Vermögen des Schuldners - hier: des Erblassers - übernommen hat. Das ist nur dann der Fall, wenn die von der Klägerin behaupteten einzelnen Übertragsakte in ihrer Zusammenfassung praktisch das gesamte Vermögen des Schuldners erschöpfen. Vermögen im Sinne des § 419 BGB a.F. ist dabei nur das Aktivvermögen. Deshalb ist der Wert des ohne die Übertragungsakte vorhandenen Aktivvermögens mit dem Wert des beim Schuldner nach Durchführung der Übertragungsgeschäfte verbliebenen Aktivvermögens zu vergleichen; das verbliebene Aktivvermögen darf im Verhältnis zu dem ursprünglich vorhandenen Vermögen nicht ins Gewicht fallen. Das ist hier nicht festgestellt; das Fehlen entsprechender Feststellungen ist auch nicht gerügt. Zudem fehlt es, worauf das Senatsurteil zutreffend hinweist, an einem die Tatbestandsvoraussetzungen des § 419 BGB a.F. ausfüllenden Sachvortrag:
1. Erfolgt die Vermögensübernahme durch mehrere Übertragungsakte und erstrecken diese sich über einen längeren Zeitraum, so müssen für den nach § 419 BGB a.F. notwendigen Vermögensvergleich die vor den Übertragungsakten vorhandenen oder zwischenzeitlich hinzu erworbenen Vermögenswerte des Schuldners auch dann in dessen fiktives - also ohne Abzug der übertragenen Werte ermitteltes - Vermögen eingerechnet werden, wenn sie sich aufgrund anderweitiger Vermögensabflüsse im Endvermögen nicht mehr niederschlagen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zwar den Wert der Vermögensgegenstände, die der Erblasser - nach ihrer Behauptung - der Beklagten in der Zeit von 1987 bis zu seinem Tod (1997) zugewandt hat, mit 2.661.060,33 DM (richtig = 1.360.578,54 €) beziffert und den Wert des Nachlasses u.a. mit 60.000 DM (vgl. dazu unter 2) angegeben. Aus diesen Angaben lässt sich aber nicht schließen, dass sich der Wert des fiktiven, also die Übertragungsakte an die Beklagte außer Betracht lassenden Aktivvermögens des Erblassers lediglich auf (2.661.060,33 DM + 60.000 DM =) 2.721.060,33 DM beläuft. Denn damit bliebe die Möglichkeit unberücksichtigt, dass das Vermögen des Erblassers diesen Betrag 1987 bereits überstieg oder zwischenzeitlich Vermögen hinzu erworben worden ist, ein 1987 etwa vorhandener Mehrbetrag oder ein etwaiger zwischenzeitlicher Hinzuerwerb aber im Endvermögen des Erblassers - aufgrund anderweitiger Ausgaben oder Verluste - in dessen Nachlass nicht mehr vorhanden ist. Diese Möglichkeit auszuschließen ist Sache der Klägerin, wenn sie geltend machen will, dass die mehreren über rund zehn Jahre erfolgten Zuwendungen des Erblassers an die Beklagte nahezu dessen ganzes Vermögen erschöpft haben.
2. Auch sonst sind die Voraussetzungen des § 419 BGB a.F. von der Klägerin nicht dargetan: Nach den - die eigenen Angaben der Klägerin in Bezug nehmenden - Feststellungen des Berufungsgerichts beträgt der Wert des "realen" Nachlasses 338.184,24 DM (= 172.910,86 € "Ist-Bestand"); in diesen Betrag einbezogen ist ein von der Beklagten zunächst nicht offen gelegtes Konto bei einer Bank in Luxemburg mit einem Guthaben von 330.000 DM. In dem vom Landgericht mit 60.000 DM angenommenen Wert des Nachlasses, der - nach den Angaben der Klägerin - aus zwei Bankguthaben bestand, ist das Luxemburger Kontoguthaben nicht berücksichtigt. Geht man - zugunsten der Klägerin - davon aus, dass der (allein maßgebende) Aktivnachlass des Erblassers den von der Klägerin mit 172.910,86 € bezifferten und auch vom Oberlandesgericht zugrunde gelegten "realen" Nachlasswert nicht übersteigt und die Summe aus Aktivnachlass und Zuwendungen (172.910,86 € + 1.360.578,54 € = 1.533.489,40 €) das ursprüngliche (vor den Zuwendungen vorhandene) Vermögen des Erblassers darstellt, macht der Wert des dem Erblasser nach Abzug der Zuwendungen verbliebenen Aktivvermögens 11,28 % seines ungeschmälerten Aktivvermögens aus. Dessen Zuwendungen an die Beklagte stellen sich damit nicht als eine Übernahme nahezu seines gesamten Vermögens dar. Denn diese Voraussetzung wird nach der zu § 419 BGB a.F. ergangenen Rechtsprechung bei größeren Vermögen nur angenommen, wenn dem bisherigen Vermögensinhaber weniger als 10 % verbleiben (BGH NJW 1991, 1740). Das ist hier nicht der Fall. Die Anhörungsrüge gelangt nur deshalb zu einem anderen Ergebnis, weil sie bei der Ermittlung des Nachlasses das Luxemburger Konto des Erblassers außer Betracht lässt. Dafür gibt es jedoch keinen überzeugenden Grund; insbesondere rechtfertigt der "geheime" Charakter dieses Kontos es nicht, das Konto bei der Frage, ob die Beklagte das ganze Vermögen des Erblassers übernommen hat, unberücksichtigt zu lassen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
YAAAC-85981
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein