BSG Urteil v. - B 1 KR 22/07 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SGB V § 60 Abs 1 Satz 3; SGB V § 60 Abs 5; Krankentransport-RL § 8; SGB IX § 53; SGB IX § 44 Abs 1 Nr 3; Rahmenvereinbarung Nr 17.3

Instanzenzug: LSG Niedersachsen-Bremen, L 1 KR 161/06 vom SG Oldenburg, S 61 KR 155/05 vom

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über Kosten für Fahrten zum Rehabilitationssport.

Die 1972 geborene Klägerin (Schwerbehinderte mit GdB 100 sowie den Merkzeichen "B", "aG" und "H") ist bei der beklagten Krankenkasse (KK) versichert. Sie nahm zweimal wöchentlich an Rehabilitationssport-Gruppenveranstaltungen teil, die von der Beklagten bezuschusst wurden. Ein Familienmitglied fuhr sie in einem rollstuhlgerecht umgerüsteten privaten Kraftfahrzeug von ihrer Wohnung dorthin und zurück.

Im Dezember 2004 beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für die seit dem durchgeführten Fahrten zum Rehabilitationssport. Die Beklagte lehnte dies ab (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ). Es handele sich dabei weder um "Reisekosten" (§ 53 SGB IX) noch um Kosten für "Krankentransporte" (§ 60 Abs 2 Nr 3 SGB V) oder Kosten für "Fahrten zu einer ambulanten Behandlung" (§ 60 Abs 1 Satz 3 SGB V).

Die dagegen erhobene Klage ist beim Sozialgericht (SG) erfolglos geblieben, weil § 60 Abs 5 SGB V iVm § 53 Abs 1 SGB IX eng ausgelegt werden müsse; Rehabilitationssport sei selbst keine "Leistung zur medizinischen Rehabilitation", sondern nur "ergänzende Leistung" (Urteil vom ).

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Die Voraussetzungen für eine Gewährung von Fahrkosten nach § 60 SGB V und nach den in Betracht kommenden Regelungen des SGB IX seien nicht erfüllt. Seit seien Fahrkosten in der ambulanten Versorgung grundsätzlich nicht mehr erstattungsfähig, Ausnahmen davon nur nach vorheriger Genehmigung durch die KK möglich und Härtefälle aus rein finanziellen Gründen nicht mehr vorgesehen. Die zwischen Rehabilitationsträgern und Behindertenverbänden geschlossene "Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining" begründe keine weitergehenden Ansprüche (Urteil vom ).

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm § 8 der Richtlinien über die Verordnung von Krankenfahrten (Krankentransport-RL), von § 60 Abs 5 SGB V iVm § 53 SGB IX, des § 44 Abs 1 Nr 3 SGB IX sowie von Nr 17.3 "Rahmenvereinbarung", welche auch ab für den Inhalt der Leistungsansprüche behinderter Menschen bedeutsam sei. Sämtliche Regelungen stützen ihr Begehren. Spezieller Rehabilitationssport müsse nach seiner Zielrichtung entgegen der Auffassung der Beklagten und der Vorinstanzen - ähnlich wie Heilgymnastik, medizinische Bewegungsbäder und physikalische Therapie - als "ambulante Behandlung" gewertet werden; aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) lasse sich Gegenteiliges nicht herleiten. § 60 Abs 5 SGB V iVm § 53 Abs 1 bis 3 SGB IX seien am unverändert geblieben und bewirkten daher keine Leistungsbegrenzungen für Behinderte. Eine Zusammenschau des § 44 Abs 1 Nr 3 SGB IX mit § 4 Abs 2 SGB IX belege zudem, dass Leistungen (auch für Fahrkosten) anderer Rehabilitationsträger möglichst vermieden werden sollten.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom und des Sozialgerichts Oldenburg vom aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom zu verurteilen, die ab angefallenen Kosten bzw anfallenden Kosten für Fahrten zum Rehabilitationssport zu übernehmen

hilfsweise,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

II

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

LSG und SG haben zutreffend entschieden, dass die angefochtenen Bescheide der beklagten KK nicht zu beanstanden sind, weil die Klägerin keinen krankenversicherungsrechtlichen Anspruch auf Erstattung der ab bereits angefallenen bzw auf Übernahme der danach anfallenden Kosten für Fahrten zum Rehabilitationssport und zurück hat. Die speziell gegen das Begehren der Klägerin auf Kostenerstattung bestehenden rechtlichen Bedenken (dazu 1.) können dahinstehen, weil sich hinsichtlich der Fahrkosten ein Erstattungs- bzw Übernahmeanspruch weder aus § 60 SGB V ergibt (dazu unter 2.), noch aus § 44 Abs 1 Nr 5 SGB IX (dazu unter 3.) und auch nicht aus der Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining vom herzuleiten ist (dazu unter 4.).

1. Der Senat braucht nicht näher darauf einzugehen, dass der vom Klagebegehren mit umfasste Anspruch auf Erstattung bereits bei der Klägerin angefallener Fahrkosten nicht beziffert worden ist und die Vorinstanzen insoweit nicht auf die prozessrechtlich gebotene Antragskonkretisierung hingewirkt haben (vgl dazu zuletzt allgemein BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, jeweils RdNr 6; , RdNr 12, - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Ebenso muss nicht vertieft werden, was daraus folgt, dass bei der Klägerin bereits Fahrkosten ab angefallen waren, als sie deren Erstattung bei der Beklagten im Dezember 2004 beantragte; sie hat nicht zunächst gemäß § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V (hier anzuwenden in der ab geltenden Fassung von Art 1 Nr 37 des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom <GMG>, BGBl I 2190) insgesamt eine "vorherige Genehmigung" der KK eingeholt und vor Tätigung eigener Aufwendungen nicht erst den Bescheid der Beklagten vom abgewartet. Schließlich ist es ohne Belang, dass auch Leistungen nach § 60 SGB V grundsätzlich Naturalleistungen sind und insoweit für den Anspruch auf Kostenerstattung bei bereits durchgeführten Fahrten die Voraussetzungen des § 13 Abs 3 SGB V erfüllt sein müssen (vgl zuletzt für Krankentransporte: , RdNr 10 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen und B 1 KR 4/07 R, RdNr 10 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; zum Erfordernis einer vorherigen Antragstellung zuletzt näher: Urteil vom - B 1 KR 15/07 R, RdNr 12 ff mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Ein Kostenerstattungsanspruch scheitert jedenfalls aus anderen Gründen. Ein solcher Kostenerstattungsanspruch reicht nämlich nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Die ohne Einschaltung der KK bereits selbst beschaffte Leistung muss daher zu den Leistungen gehören, welche die KKn allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (zuletzt zB: , RdNr 12 mwN, Urteil vom , aaO, RdNr 19 mwN). Das ist in Bezug auf Fahrkosten, die im Zusammenhang mit der Teilnahme eines Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) am Rehabilitationssport entstanden sind, nicht der Fall.

2. Die speziell "Fahrkosten" als Leistung der GKV betreffenden Regelungen des § 60 SGB V (in der Fassung des GMG, aaO) begründen keinen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Fahrkosten zum Rehabilitationssport.

a) Gemäß § 60 Abs 1 SGB V übernimmt die KK nach Abs 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 SGB V (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der KK aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind (Satz 1). Die KK übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung - in näher geregeltem Umfang -nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB V festgelegt hat (Satz 3). Das ist in den am in Kraft getretenen Krankentransport-RL (idF vom , BAnz Nr 18 S 1342; zuletzt geändert am , BAnz 2005 Nr 41 S 2937) geschehen.

Gemäß § 60 Abs 2 SGB V übernimmt die KK die Fahrkosten nur in folgenden Fällen:

1. bei Leistungen, die stationär erbracht werden (...),

2. bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus (...),

3. bei anderen Fahrten von Versicherten, die während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtung eines Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen dies aufgrund ihres Zustandes zu erwarten ist (Krankentransport),

4. bei Fahrten von Versicherten zu einer ambulanten Krankenbehandlung sowie zu einer Behandlung nach § 115a oder 115 b, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§ 39) vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht ausführbar ist, wie bei einer stationären Krankenhausbehandlung.

Nach § 60 Abs 5 SGB V werden von den KKn Fahr- und andere Reisekosten "im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 53 Abs 1 bis 3 SGB IX" übernommen. Hierzu gehören neben den mit der Ausführung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation erforderlichen Fahrkosten ua auch die Kosten für besondere Beförderungsmittel, deren Inanspruchnahme wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich ist (§ 53 Abs 1 Halbsatz 1 und 2 SGB IX). Nach § 53 Abs 3 SGB IX werden Reisekosten nach Abs 2 auch im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation übernommen, wenn die Leistungen länger als acht Wochen erbracht werden.

Weder die in Betracht kommenden Voraussetzungen des § 60 Abs 2 Nr 3 SGB V (dazu im Folgenden unter b) noch diejenigen seines Abs 1 Satz 3 (dazu unter c) noch die des Abs 5 (dazu unter d) liegen bei der Klägerin vor.

b) Ein Anspruch der Klägerin aus § 60 Abs 2 Nr 3 SGB V scheidet aus. Sie bedarf während der Fahrten zum Rehabilitationssport und zurück keiner fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen eines Krankenkraftwagens. Vielmehr wird sie insoweit von Familienangehörigen in einem Privatfahrzeug gefahren. Das entspricht den unangegriffenen Feststellungen des LSG. Die Klägerin hat sich auf § 60 Abs 2 Nr 3 SGB V im Revisionsverfahren auch nicht mehr berufen.

c) Die Voraussetzungen nach § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm den seit geltenden Krankentransport-RL sind ebenfalls nicht erfüllt. Um Kosten für Fahrten "zu einer ambulanten Behandlung" geht es bei den Fahrten zum Rehabilitationssport weder unter dem Blickwinkel des Gesetzes noch bei ergänzender Heranziehung der "besonderen Ausnahmefälle", die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Krankentransport-RL geregelt hat.

aa) In Übereinstimmung mit § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V ("Fahrtkosten zu einer ambulanten Behandlung") fordert der ihn konkretisierende § 8 Abs 3 Satz 1 Krankentransport-RL für die Übernahme von Fahrkosten, dass die Fahrten zum Rehabilitationssport als "Fahrten zu einer ambulanten ärztlichen Behandlung" zu qualifizieren sind. Diese Voraussetzung ist im Falle der Klägerin zu verneinen.

Der Begriff der ambulanten (ärztlichen) Behandlung ergibt sich für das Leistungsrecht der GKV, aus dem die Klägerin ihren Anspruch gegen die Beklagte herleitet, aus § 28 Abs 1 Satz 1 und § 15 Abs 1 SGB V. Danach umfasst ärztliche Behandlung nur die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Ärztliche Behandlung wird von Ärzten erbracht; sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt (bzw Psychotherapeuten oder Zahnarzt) angeordnet und von ihm verantwortet werden (§ 15 Abs 1 Satz 2, § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 2, § 28 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Satz 10 SGB V). Eine solche Behandlung hat das LSG im Falle der Klägerin - für den Senat bindend (§ 163 SGG) - nicht festgestellt; Revisionsrügen sind dagegen nicht erhoben worden.

Zur Krankenbehandlung iS von §§ 27 Abs 1, 28 Abs 1 Satz 1 SGB V gehören regelmäßig nur Maßnahmen mit Behandlungs- und Therapiecharakter, die einen eindeutigen Krankheitsbezug aufweisen (BSGE 85, 132, 138 = SozR 3-2500 § 27 Nr 12 S 65 - medizinische Fußpflege). Bloße allgemeine Maßnahmen der Erhaltung und Förderung der Gesundheit genügen diesen Anforderungen demgegenüber nicht, selbst wenn sie von qualifizierten Fachkräften unter ärztlicher Betreuung und Überwachung (§ 44 Abs 1 Nr 3 SGB IX) durchgeführt werden. Darum geht es aber beim Rehabilitationssport als Maßnahme, die über die spezifische Zielrichtung von § 1 Satz 1 und § 2 SGB V hinausgeht und der Aufgabenstellung des § 1 SGB IX entspricht, die Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe von Behinderten am Leben in der Gesellschaft zu fördern.

Anders als Krankengymnastik oder physikalische Therapie fällt Sport, der in der beschriebenen allgemeinen Weise den körperlichen und psychischen Zustand positiv beeinflussen soll und bei dem der medizinische Zweck nicht überwiegt, nicht unter den krankenversicherungsrechtlichen Behandlungsbegriff (vgl schon BSG SozR 3-2500 § 138 Nr 2 S 23 - Hippotherapie; BSGE 42, 16, 18 = SozR 2200 § 182 Nr 14 - Beschäftigungs- und Bewegungstherapie; Höfler in: Kasseler Kommentar, Stand , § 27 SGB V RdNr 56 mwN; zur - auch im Rahmen der Fahrkostenregelungen zu beachtenden - begrenzten Aufgabenstellung der GKV vgl zuletzt: , RdNr 17 ff mwN - Adaptionsmaßnahme, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; , RdNr 13 ff - Krankenhausverlegung, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Unabhängig von der Art der Behinderung weisen behinderte oder chronisch kranke Menschen nämlich eine ausgeprägte körperliche Inaktivität mit einer Vielzahl negativer Folgen auf, die mit dem Behindertensport angegangen werden sollen (vgl Schmid/Huber/Marschner/Zimmer, Medizinische Aspekte im Behindertensport, DÄBl 2004, A-2177). Dementsprechend dient ärztlich verordneter Behindertensport in Gruppen nicht unmittelbar der Therapie einer Krankheit, sondern soll wesentlich dazu beitragen, die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern, Restfunktionen zu mobilisieren, die Ausdauer und Belastungsfähigkeit zu erhöhen und den Betroffenen bei der psychischen Bewältigung ihrer Krankheit und Behinderung sowie den Folgewirkungen zu helfen (so Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe, BT-Drucks 15/4575 S 59 unter 3.27). In Einklang mit dieser Sichtweise steht nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung bei der Klägerin, dass ihr die Beklagte neben dem Rehabilitationssport zusätzlich krankengymnastische Behandlung gewährt.

bb) Dass ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation - unbeschadet der Frage, ob solche hier vorliegen - hinsichtlich der Übernahme von Fahrkosten nicht umfassend der "ambulanten (ärztlichen) Behandlung" gleichzustellen sind, ergibt sich zudem aus rechtssystematischen Gesichtspunkten. So wäre § 60 Abs 5 SGB V, der Fahrkosten im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation speziell anspricht, nicht erforderlich gewesen, wenn Rehabilitationsleistungen im Sinne der Regelungen über die Gewährung von Fahrkosten ohnehin den Behandlungsleistungen zuzuordnen wären (zum Charakter als Spezialvorschrift zB: Höfler, aaO, § 60 SGB V RdNr 24a; Hasfeld in: jurisPK-SGB V, Stand , § 60 RdNr 108). Demgegenüber differenziert bereits § 11 SGB V bei den Leistungsarten der GKV zwischen "Leistungen zur Behandlung einer Krankheit" (Abs 1 Nr 4) einerseits und "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" (Abs 2) andererseits. Schon durch diese durch das Gesetz zur Reform der GKV ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom , BGBl I, 2626) vorgenommene Differenzierung sollte allgemein klargestellt werden, dass es sich bei den Rehabilitationsleistungen um gegenüber der Krankenbehandlung eigenständige Leistungen und nicht nur einen Unterfall der Krankenbehandlung handelt (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 14/1245 S 61 zu Nr 6; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 14/1977 S 160 zu Art 1 Nr 6 Buchst b; vgl auch Höfler, aaO, § 11 SGB V RdNr 13).

cc) Dass die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilnahme am Arbeitsleben ergänzt werden durch ärztlich verordneten Rehabilitationssport in Gruppen "unter ärztlicher Betreuung und Überwachung durch ärztliche Eingangs- und Kontrolluntersuchungen", macht diese Sportmaßnahmen entgegen der Auffassung der Klägerin ebenfalls nicht schwerpunktmäßig zu Krankenbehandlung. Vielmehr lässt § 44 Abs 1 Nr 3 SGB IX die grundsätzliche Zuordnung des ärztlich verordneten Rehabilitationssports zum Bereich der Rehabilitation unberührt. Durch diese Untersuchungen wird lediglich die für die Durchführung des Rehabilitationssports erforderliche Eignung und Belastbarkeit des in seiner Gesundheit in besonderer Weise beeinträchtigten, behinderten Versicherten festgestellt; dadurch ändert sich aber nicht zugleich der Charakter derjenigen Maßnahme, für deren Zweck die Untersuchungen stattfinden. Denn gerade bei der Auswahl einer Sportart für behinderte Menschen müssen die Funktionseinschränkungen unter körperlicher Belastung und das Belastungsprofil der jeweiligen Sportart berücksichtigt werden (Schmid/Huber/Marschner/Zimmer, DÄBl 2004, A-2177).

dd) § 60 Abs 1 SGB V ist auch keiner erweiterten Auslegung im Sinne einer entsprechenden Heranziehung der Fahrkostenregelung für den Rehabilitationssport aufgrund ranghöheren Rechts zugänglich; er benennt vielmehr abschließend die Hauptleistungen, für die eine Beförderung des Versicherten aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sein muss (, RdNr 13, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Wie der Senat entschieden hat, sollte die Regelung die Möglichkeit für KKn ausschließen, Fahrkosten zur ambulanten Behandlung generell in Härtefällen zu übernehmen; dies ist von Gesetzes und von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, weil die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes zur Verfügung stellt (so BSG SozR 4-2500 § 60 Nr 1 RdNr 12 ff; vgl auch BverfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 26).

Dafür, dass speziell der Bereich der Rehabilitationsleistungen für behinderte Menschen von den vom Gesetzgeber beabsichtigten Einsparungen bei den Fahrkosten ausgenommen werden sollte - wie die Klägerin geltend macht -, fehlen hinreichende Anhaltspunkte. Auch wenn das zum in Kraft getretene GMG zu keinen unmittelbaren Änderungen im Gesetzestext der zum durch das SGB IX eingeführten Regelungen geführt hat, bieten die Gesetzesmaterialien dennoch keine Hinweise darauf, dass behinderte Versicherte von den getroffenen Regelungen ausgeklammert bleiben sollten. Der Gesetzgeber hatte bei Schaffung des GMG vielmehr die Absicht, eine von ihm befürchtete Finanzierungslücke in der GKV durch ein Bündel von Maßnahmen zu schließen, um auch in Zukunft ein hohes Versorgungsniveau bei angemessenen Beitragssätzen zu gewährleisten. Dies sollte ua durch ausgewogene Sparbeiträge aller Beteiligten im Gesundheitswesen - unter Einschluss der Versicherten und Patienten - geschehen, auch durch eine Neuordnung der Finanzierung, die sozialen Belangen Rechnung trug (so: Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Entwurf des GMG, BT-Drucks 15/1525 S 1, 76 f). In diesem Rahmen wurden bestimmte Leistungen in die Eigenverantwortung der Versicherten übertragen und Fahrkosten in der ambulanten Versorgung - auch in Härtefällen - grundsätzlich nicht mehr erstattet; davon waren nun nur ganz besondere Ausnahmen nach vorheriger Genehmigung durch die KKn möglich (so Gesetzentwurf, aaO, S 77 unter 8. und S 94 zu Nr 37 zu Buchst a Doppelbuchst aa und bb und S 95 zu Buchst b Doppelbuchst cc).

d) Ein Anspruch der Klägerin auf Fahrkostenübernahme ergibt sich auch nicht aus § 60 Abs 5 SGB V. Danach werden von den KKn "im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Fahr- und andere Reisekosten nach § 53 Abs 1 bis 3 SGB IX" übernommen. Wie das LSG zu Recht entschieden hat, folgt aus der Gesetzessystematik, dass Rehabilitationssport im Rechtssinne nicht als solche Leistung zur medizinischen Rehabilitation iS von § 60 Abs 5 SGB V zu qualifizieren ist, sondern nur als "ergänzende Leistung". Für die Inanspruchnahme ergänzender Rehabilitationsleistungen sieht das Gesetz die Gewährung von Fahr- und anderen Reisekosten indessen nicht vor.

Im Krankenversicherungsrecht unterscheidet schon § 11 Abs 2 Satz 1 SGB V einerseits zwischen dem Anspruch Versicherter in der GKV auf "Leistungen zur medizinische Rehabilitation" sowie andererseits auf "andere ergänzende Leistungen", die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Diese Differenzierung nehmen die Detailregelungen des Leistungsrechts wieder auf: § 40 SGB V enthält die von einer KK zu erbringenden "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation", während § 43 SGB V in näher umschriebener Weise "ergänzende Leistungen zur Rehabilitation" regelt. Als solche ergänzende Leistungen bezeichnet § 43 Abs 1 SGB V dann neben den Leistungen, "die nach § 44 Abs 1 Nr 2 bis 6 SGB IX sowie nach §§ 53, 54 SGB IX als ergänzende Leistungen zu erbringen sind", ua solche (fakultativ erbringbare Leistungen), die unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung erforderlich sind, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern (vgl § 43 Abs 1 Nr 1 SGB V). Da der Rehabilitationssport gesetzlich in § 43 Abs 1 SGB V iVm § 44 Abs 1 Nr 3 SGB IX verankert ist, gehört er krankenversicherungsrechtlich nicht zu den medizinischen Rehabilitationsleistungen iS von § 40 SGB V, sondern zu den ergänzenden Leistungen des § 43 SGB V. Nach der Rechtsprechung des Senats ist allein auf diese Regelungen des SGB V mit ihren Verweisungen auf das SGB IX abzustellen (vgl entsprechend , RdNr 18 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; siehe auch § 11 Abs 2 Satz 3 SGB V).

Eine Übernahme von Fahrkosten im Zusammenhang mit der Ausführung einer derartigen "ergänzenden Leistung", die nicht selbst Leistung zur medizinischen Rehabilitation ist, sieht § 60 Abs 5 SGB V nicht vor. Den dargestellten Regelungen ist vielmehr zu entnehmen, dass es sich bei den "medizinischen Leistungen zur Rehabilitation" einerseits und den "ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation" andererseits um gesetzessystematisch voneinander zu unterscheidende rechtliche Kategorien handelt und dass die ergänzenden Leistungen nicht etwa nur ein Unterfall der medizinischen Rehabilitationsleistungen sind. Die akzessorische "ergänzende" Leistung der Fahrkosten setzt ihrerseits eine überhaupt "ergänzbare Hauptleistung" voraus (zur Notwendigkeit einer bestimmten Hauptleistung: vgl , RdNr 12; ähnlich zB Schütze in: Hauck/Noftz, SGB IX, Stand Februar 2008, § 44 RdNr 6 und § 53 RdNr 7; W. Schellhorn/Stähler in: Lachwitz/Schellhorn/Welti, SGB IX, 2. Aufl 2006, § 44 RdNr 1). An einer solchen ergänzbaren Hauptleistung fehlt es hier, weil die Fahrkosten - selbst nur "ergänzende" Leistung (§ 44 Abs 1 Nr 5, § 53 SGB IX) - auf eine andere ergänzende Leistung bezogen wären, nämlich den Rehabilitationssport iS von § 43 SGB V; § 44 Abs 1 Nr 3 SGB IX. Diesen sieht § 60 Abs 5 SGB V nicht als ausreichende Hauptleistung an.

3. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Gewährung von Fahrkosten ergibt sich des Weiteren nicht aus § 44 Abs 1 Nr 5 SGB IX. Denn die abschließende Regelung des § 60 SGB V (vgl RdNr 12) verweist nicht auf diese Norm.

4. Schließlich ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung bzw Übernahme von Fahrkosten zum Rehabilitationssport auch nicht aus Nr 17.3 der Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining vom , die zum - auch hinsichtlich der Kostenregelungen - überarbeitet und geändert worden ist (Synopse der alten und neuen Fassung im Internet unter www.kbv.de/themen/2610.html, recherchiert im April 2008).

Dieses im Wesentlichen zwischen Leistungsträgern und Behindertenverbänden vereinbarte Regelwerk dient schon nach seiner Präambel nur der Sicherstellung, dass Rehabilitationssport als ergänzende Leistungen nach § 44 Abs 1 Nr 3 SGB IX "im Rahmen der für die einzelnen Rehabilitationsträger geltenden Vorschriften" nach einheitlichen Grundsätzen erbracht bzw gefördert werden. In gleicher Weise heißt es in Nr 17.3 der bis geltenden Fassung, "Fahrkosten und etwaige weitere im Zusammenhang mit der Durchführung des Rehabilitationssports ... stehende Leistungen werden nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen erbracht." Die Rahmenvereinbarung konkretisiert damit nur den Anspruch aus § 44 Abs 1 Nr 3 SGB IX, ist aber nicht geeignet, originär Ansprüche von Versicherten gegen einen Leistungsträger über die spezialgesetzlichen Regelungen hinaus zu schaffen. Dies steht in Einklang damit, dass sich schon nach § 7 Satz 2 SGB IX die Voraussetzungen für die Leistungen der Teilhabe "nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen" richten. Der Senat hat dementsprechend wiederholt ausgeführt, dass der Anspruch der Versicherten der GKV durch die Regelungen des SGB IX nicht erweitert wird (vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, jeweils RdNr 13; - RdNr 18, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; zuletzt ; ähnlich 3. Senat des BSG, BSGE 91, 60 RdNr 11 ff = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 12 ff). Ein Anspruch auf Gewährung von Fahrkosten über die seit für die GKV maßgebenden gesetzlichen Detailregelungen hinaus besteht damit auch unter dem Blickwinkel der Rahmenvereinbarung nicht.

5. Der Senat hat nicht darüber zu entscheiden, ob im Falle der Klägerin ein anderer Sozialleistungsträgers zuständig und leistungspflichtig ist. Ebenso muss mangels entsprechender Hinweise aus den Akten und angesichts fehlender Verfahrensrügen der Klägerin nicht darüber befunden werden, ob die beklagte KK als angegangener Leistungsträger, die den Leistungsantrag nicht an einen anderen für die Leistungsgewährung in Betracht kommenden Träger weiterleitete, verpflichtet gewesen wäre, den Rehabilitationsbedarf der Klägerin nach § 14 Abs 2 Satz 1 bis 4 SGB IX unverzüglich festzustellen, auch soweit er nicht in ihre originäre krankenversicherungsrechtliche Zuständigkeit fiel (vgl dazu im Einzelnen Urteil vom -B 1 KR 34/06 R, RdNr 12 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; vgl auch BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, jeweils RdNr 15 ff). Weder hat die Klägerin im Verfahren insoweit auf eine konkrete, sich hier aufdrängende Leistungszuständigkeit eines anderen Trägers aus einem anderen Sozialleistungsbereich und insoweit in Betracht kommende Anspruchsgrundlagen hingewiesen noch hat sie in den Vorinstanzen die - im Revisionsverfahren untunliche (§ 168 SGG) - Beiladung eines anderen Leistungsträgers zum Verfahren beantragt, um dessen Verurteilung zu ermöglichen (§ 75 Abs 5 SGG).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Fundstelle(n):
MAAAC-85907