Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts nur bei Klärungsbedarf
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Streitig ist die steuerrechtliche Anerkennung eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, entstand zum 1. Januar des Streitjahres 2006 durch Formwechsel aus einer OHG. Die Klägerin schloss am einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit ihrem wesentlich (zu 78 %) beteiligten Gesellschafter, einem eingetragenen Verein (der auch schon Gesellschafter der OHG gewesen war). Die am beantragte Eintragung im Handelsregister erfolgte erst am ; die Klägerin musste zuvor ihren Eintragungsanspruch gegen das Registergericht gerichtlich erstreiten. Dem Antrag, die Eintragung in das Streitjahr zurückzudatieren, wurde allerdings nicht entsprochen.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) erkannte bei der Veranlagung der Klägerin eine durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag veranlasste Minderung des Jahresergebnisses nicht an. Die Klage blieb erfolglos ().
Die Klägerin meint, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe; darüber hinaus sei eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Sie beantragt, die Revision gegen das Urteil des FG zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) bzw. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.
1. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (z.B. Senatsbeschluss vom I B 151/01, BFH/NV 2003, 60; , BFH/NV 2007, 889). Dabei ist auf die Bedeutung der Klärung der Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (z.B. BFH-Beschlüsse vom IX B 3/05, BFH/NV 2005, 1829; vom IV B 13/05, BFH/NV 2007, 27).
Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach diesem Maßstab nicht dargelegt. Denn sie hat nur ausgeführt, dass das Auslegungsergebnis des FG, dass der Zeitpunkt der Eintragung der Vereinbarung im Handelsregister maßgebend sei, in der Praxis Rechtsunsicherheit zur Folge habe. Darüber hinaus könne die gesetzliche Regelung zu unbilligen Ergebnissen führen. Damit ist eine Darlegung einer (abstrakten) Rechtsfrage, die Gegenstand eines Revisionsverfahrens sein könnte, nicht erbracht. Darüber hinaus fehlt es an einer konkreten Auseinandersetzung mit den bisherigen Äußerungen im Schrifttum bzw. der Verwaltungsmeinung zur Rechtslage nach der Änderung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 durch Art. 2 des Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergünstigungsabbaugesetz —StVergAbG—) vom (BGBl I 2003, 660, BStBl I 2003, 321). Damit ist nicht dargelegt, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die von der Klägerin voraussichtlich als entscheidungserheblich angesehene Rechtsfrage (Rechtsfolge bei einer vom Steuerpflichtigen nicht zu vertretenden Verzögerung der Eintragung in das Handelsregister) umstritten und deshalb für die Allgemeinheit eine höchstrichterliche Klärung bedeutsam ist.
2. Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO insbesondere in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Erforderlich ist eine Entscheidung des BFH aber nur dann, wenn die Rechtsfortbildung über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegt und wenn die Frage nach dem „Ob” und ggf. „Wie” der Rechtsfortbildung klärungsbedürftig ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom IV B 89/01, BFH/NV 2003, 177; vom III B 107/03, BFH/NV 2004, 1220).
Ein besonderer Klärungsbedarf besteht allerdings nicht, wenn die von der Klägerin voraussichtlich als entscheidungserheblich angesehene Rechtsfrage —angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts und des im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich angeführten Regelungshintergrunds einer Einschränkung des rückwirkenden Organschaftsbeginns— offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat. Allein der Umstand, dass der BFH zu dieser Rechtsfrage bisher keine Entscheidung getroffen hat, begründet keinen entsprechenden Klärungsbedarf (z.B. , BFH/NV 2006, 2122). Dass der Neuregelung eine übermäßig belastende Tendenz attestiert wird (z.B. Wischmann in Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG/KStG, Jahresband 2004, § 14 KStG Rz J 03-15) oder dass im Einzelfall die Möglichkeit bestehen könnte, die steuerliche Belastung der Klägerin in einem gesonderten Billigkeitsverfahren (s. insoweit allgemein z.B. Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 14 KStG Rz 281, m.w.N.) oder durch einen Amtshaftungsanspruch auszugleichen, ist keine Frage der Rechtsfortbildung im Allgemeininteresse.
3. Eine Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Abweichung setzt u.a. voraus, dass dargelegt wird, dass das FG in einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, im Urteil des FG dieselbe Rechtsfrage wie in der Divergenzentscheidung entschieden wurde und die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind (z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 60/06, BFH/NV 2007, 1341; vom VIII B 42/07, BFH/NV 2008, 802). Eine solche Divergenz hat die Klägerin nicht dargelegt. Das von ihr angeführte Urteil des Hessischen betrifft die Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrags, wobei für den Beginn der Laufzeit die Rechtslage vor der Änderung des § 14 KStG durch das StVergAbG heranzuziehen ist; die von der Klägerin voraussichtlich als entscheidungserheblich angesehene Rechtsfrage ist damit auch nicht Gegenstand des beim BFH gegen das Urteil des Hessischen FG anhängigen Revisionsverfahrens IV R 38/07.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
VAAAC-85298