OFD Frankfurt/M. - S 7104 A - 81 - St 11

Unternehmereigenschaft bei Bestellung eines angestellten Rechtsanwaltes zum Insolvenzverwalter

Bezug:

1 Sachverhalt:

Ein Rechtsanwalt ist in einer Rechtsanwaltskanzlei angestellt. Der Arbeitsvertrag gestattet ihm auch die Ausübung der Tätigkeit eines Insolvenzverwalters. Sofern er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit persönlich zum Insolvenzverwalter bestellt wird und dieses Amt auch im Rahmen der Tätigkeit für den Arbeitgeber wahrnimmt, ist im Arbeitsvertrag geregelt, dass der Rechtsanwalt die hieraus resultierende Verwaltervergütung (§ 63 InsO) an den Arbeitgeber abzuführen hat. Dies geschieht in Form der Abtretung der Vergütungsansprüche.

Im Außenverhältnis wird der Rechtsanwalt gegenüber dem Gemeinschuldner im eigenen Namen tätig; er rechnet über die Insolvenzverwaltervergütung im eigenen Namen, allerdings unter Angabe der Steuernummer, Bankverbindungen und Geschäftsadresse des Arbeitgebers gegenüber dem Gemeinschuldner ab.

2 Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung:

2.1 Unternehmereigenschaft

Der Rechtsanwalt wird als Insolvenzverwalter im Verhältnis zum Insolvenzschuldner unternehmerisch tätig i. S. v. § 2 Abs. 1 UStG.

Mit seiner Geschäftsführung erbringt er eine sonstige Leistung zu Gunsten der Masse und damit für das Unternehmen des Insolvenzschuldners.

Als leistender Unternehmer ist der von dem zuständigen Insolvenzgericht zum Insolvenzverwalter bestellte Rechtsanwalt (als natürliche Person) anzusehen (vgl. § 56 InsO). Er tritt im Außenverhältnis allen Beteiligten gegenüber im eigenen Namen auf, wobei der Insolvenzschuldner regelmäßig davon ausgehen kann, dass der Insolvenzverwalter ihm gegenüber eine Leistung erbringt. Von dem Arbeitgeber wird er im Zweifel keine Kenntnis haben. Selbst wenn eine Anwaltssozietät die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt und über diese mit dem Insolvenzschuldner abrechnet, ist dennoch der bestellte Insolvenzverwalter als Leistender anzusehen, weil er sich dieser Leistungspflicht im Außenverhältnis nicht entziehen kann.

Aus der Stellung des Insolvenzverwalters als höchstpersönlichem Amtsinhaber folgt keinerlei Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber, dem Gemeinschuldner oder dem Gläubiger. Er unterliegt lediglich der Aufsicht des Insolvenzgerichtes (§ 58 InsO).

Eine Beurteilung der Tätigkeit des Rechtsanwaltes als nicht selbstständig nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG scheidet daher aus.

Sämtliche Umsätze, die der Rechtsanwalt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter erbringt, sind ihm persönlich zuzurechnen und damit bei ihm zu versteuern (vgl. auch , NV).

Im Verhältnis zum Arbeitgeber ist der Insolvenzverwalter dagegen als angestellter Rechtsanwalt nichtselbstständig tätig, da er insofern dem Direktionsrecht seines Arbeitgebers unterliegt.

2.2 Rechnungserteilung

Über die von ihm im Rahmen von Insolvenzverwaltungen erbrachten Leistungen kann der Rechtsanwalt insoweit auch Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis erteilen. Die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer kann der Insolvenzschuldner unter den Voraussetzungen des § 15 UStG als Vorsteuer abziehen (vgl. nachfolgende Ausführungen unter Punkt 2.4).

2.3 Vorsteuerabzug des Rechtsanwaltes

Leistungen der Anwaltssozietät an den Rechtsanwalt, die dieser im Rahmen seiner Insolvenzverwaltungen verwendet (z. B. Büroserviceleistungen), können Gegenstand eines eigenständigen Leistungsaustausches sein und berechtigen ihn bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug.

2.4 Vorsteuerabzug des Insolvenzschuldners

Der Insolvenzschuldner kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG die in dem vom Insolvenzverwalter als leistenden Unternehmer ausgestellten Rechnungen gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen.

Dabei ist es unschädlich, wenn auf der vom Insolvenzverwalter ausgestellten Rechnung die Kontoverbindung der Anwaltssozietät aufgeführt ist. Die Angabe der Kontoverbindung stellt nur die Umsetzung der im Innenverhältnis zwischen dem angestellten Rechtsanwalt und seinem Arbeitgeber vereinbarten Abtretung der Insolvenzverwaltervergütung, also eine Abkürzung des Zahlungsweges, dar. In einem solchen Fall ist bei der Entscheidung über den Vorsteuerabzug Abschnitt 192 Abs. 3 Sätze 3 und 4 UStR zu beachten.

Sofern die Anwaltssozietät gegenüber dem Insolvenzschuldner abrechnet, kann der Insolvenzschuldner die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer geltend machen, da leistender Unternehmer nicht die Anwaltssozietät, sondern der Insolvenzverwalter ist.

In diesem Fall würde die Anwaltssozietät die unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Satz 2 UStG schulden.

OFD Frankfurt/M. v. - S 7104 A - 81 - St 11

Fundstelle(n):
WAAAC-85289