BGH Beschluss v. - 4 StR 230/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 265; StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4

Instanzenzug: LG Münster, vom 07.03.2008

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten Y. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und die Einziehung seines Handys angeordnet. Den Angeklagten B. hat es zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und die Einziehung seines Handys sowie den erweiterten Verfall eines Betrages von 6.720 Euro angeordnet.

Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel führen zur Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Der Generalbundesanwalt hat in seinen Antragsschriften hinsichtlich der Angeklagten Y. und B. u.a. ausgeführt:

"Die Annahme täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach neuerer Rechtsprechung (vgl. BGHSt 51, 219f.) ist für eine zutreffende Einordnung der Beteiligung des Kuriers der jeweils konkrete Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt und nicht allein für den Teilbereich des Transports zu bewerten. Für die Annahme täterschaftlicher Verwirklichung des Tatbestandes kommt es jedenfalls nicht allein oder entscheidend darauf an, welches Maß an Selbstständigkeit und Tatherrschaft der Beteiligte hinsichtlich eines isolierten Teilaktes des Umsatzgeschäftes inne hatte. Abzustellen ist vielmehr darauf, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt.

Eine Gehilfenstellung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Tathandlung sich auf den (Teil-)Transport von Rauschgift zwischen selbstständig handelnden Lieferanten und Abnehmern oder innerhalb der Sphäre von Lieferanten oder Abnehmer-Organisationen beschränkt und der Beteiligte nicht in der Lage ist, das Geschäft insgesamt maßgeblich mitzugestalten. Einer Tätigkeit als Kurier, die sich im bloßen Transport von Rauschgift erschöpft, kommt daher eine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit in der Regel nicht zu. Auch ein möglicher faktischer Handlungsspielraum während des Transports der Drogen kann in der Regel schon aufgrund finanzieller und meist auch persönlicher Abhängigkeit von den Hintermännern nicht zu eigener täterschaftlicher Einflussnahme ausgenutzt werden.

Eine Bewertung von Transporttätigkeit als mittäterschaftliches Handeltreiben kommt allerdings dann in Betracht, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltete, etwa am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll. Auch eine Einbindung des Transporteurs in eine gleichberechtigt verabredete arbeitsteilige Durchführung des Umsatzgeschäfts spricht für die Annahme von Mittäterschaft, auch wenn seine konkrete Tätigkeit in diesem Rahmen auf die Beförderung der Drogen, von Kaufgeld oder Verkaufserlös beschränkt ist. Im Einzelfall kann eine weitgehende Einflussmöglichkeit des Transporteurs auf Art und Menge der zu transportierenden Drogen sowie auf die Gestaltung des Transports für eine über das übliche Maß reiner Kuriertätigkeit hinausgehende Beteiligung am Gesamtgeschäft sprechen."

Wie der Generalbundesanwalt weiter zutreffend ausgeführt hat, reichen die getroffenen Feststellungen unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien nicht aus, um ein täterschaftliches Handeltreiben der Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu belegen. Die Angeklagten waren weder am An- noch am Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt. Sie sollten keinen Anteil am Umsatz oder am erzielten Gewinn erhalten, sondern lediglich einen Kurierlohn. Zudem hatten sie keinen Einfluss auf Art und Menge der zu transportierenden Drogen. Der Angeklagte B. hielt letztendlich nur Kontakt zu den Hintermännern bzw. zu dem Abnehmer der Drogen. Der Angeklagte Y. hatte zu den Hintermännern bzw. zu dem Abnehmer der Drogen nur über den Angeklagten B. Kontakt. Beide erhielten hierbei lediglich die notwendigen Informationen für die Weitergabe an den feststehenden Abnehmer.

Der Schuldspruch ist daher, wie vom Generalbundesanwalt beantragt, dahin zu ändern, dass die Angeklagten jeweils der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig sind. § 265 StPO hindert eine Schuldspruchberichtigung nicht, da auszuschließen ist, dass sich die Angeklagten anders als geschehen hätten verteidigen können. Die Aussprüche über die gegen die Angeklagten verhängten Strafen bleiben von der Änderung des Schuldspruchs unberührt. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei einer zutreffenden rechtlichen Würdigung auf geringere als die verhängten Strafen erkannt hätte. Der wesentliche Schuldgehalt der Tat liegt sowohl vom äußeren Erscheinungsbild und dem Vorsatz der Angeklagten als auch vom Gewicht der Straftat her, wie sie in der gesetzlichen Strafandrohung zum Ausdruck kommt, in der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
KAAAC-85186

1Nachschlagewerk: nein