BGH Beschluss v. - V ZB 6/08

Leitsatz

[1] Eine Vollstreckungsunterwerfungserklärung unterliegt nicht dem Zustimmungserfordernis des § 1365 BGB.

Gesetze: BGB § 1365

Instanzenzug: AG Hagen, 31 K 28/06 vom LG Hagen, 3 T 79/07 vom

Gründe

I.

Mit notarieller Erklärung vom räumte E. R. der während des Verfahrens verstorbenen Schuldnerin gegen Zahlung von 120.000 DM ein (Gesamt-) Erbbaurecht an mehreren Grundstücken ein. Am selben Tag bestellte er, bezeichnet als "Eigentümer/Besteller", mit einer weiteren notariell beurkundeten Erklärung der Gläubigerin an den Grundstücken und Erbbaurechten eine (Gesamt-) Grundschuld über 600.000 DM. Die Schuldnerin war an dieser Grundschuldbestellung als "zukünftige Erbbauberechtigte...und als persönlicher Schuldner", ihr Vater ebenfalls "als persönlicher Schuldner", beteiligt. Wegen des Grundschuldbetrages und der Zinsen unterwarf sich E. R. der Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz in der Weise, dass die Vollstreckung "gegen den jeweiligen Eigentümer/Erbbauberechtigten" zulässig sein sollte. Die Schuldnerin und ihr Vater übernahmen als Gesamtschuldner die persönliche Haftung für "einen Geldbetrag in Höhe des Grundschuldbetrages" und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen.

Auf Antrag der Gläubigerin hat das die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts angeordnet. Die Erinnerung der Schuldnerin hat es zurückgewiesen, nachdem der Urkundsnotar die Erklärung über die Vollstreckungsunterwerfung in den Grundbesitz im Wege der Berichtigung um den Zusatz "sowie der zukünftige Erbbauberechtigte" ergänzt hatte. Das Landgericht hat den Anordnungsbeschluss aufgehoben. Dagegen wendet sich die Gläubigerin mit ihrer von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Erben der Schuldnerin beantragen.

II.

Das Beschwerdegericht meint, das Zwangsversteigerungsverfahren sei nicht durch den Tod der Schuldnerin unterbrochen worden. Es werde vielmehr entsprechend § 779 ZPO in den Nachlass fortgesetzt. Die Anordnung der Zwangsversteigerung sei aber aufzuheben, weil es an einer wirksamen Vollstreckungsunterwerfung fehle. Nach dem Wortlaut der Urkunde habe sich nur "der Besteller" der Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz unterworfen. Das sei nach der Bezeichnung der Beteiligten im Rubrum der Urkunde nur E. R. , nicht aber auch die Schuldnerin. Zwar sei unstreitig, dass auch die Schuldnerin der Gläubigerin eine Grundschuld habe bestellen wollen. Daraus ergebe sich aber nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit, dass diese sich auch der sofortigen Zwangsvollstreckung habe unterwerfen wollen. Daran ändere die vorgenommene Berichtigung der Urkunde nichts. Denn diese sei unzulässig.

III.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis nicht stand.

1. Zu Recht ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass das Zwangsversteigerungsverfahren durch den Tod der Schuldnerin nicht unterbrochen worden ist. Eine Zwangsvollstreckung, die zur Zeit des Todes des Schuldners bereits begonnen hat, wird nämlich nach § 779 Abs. 1 ZPO in dessen Nachlass fortgesetzt. Diese Regelung gilt für jede Zwangsvollstreckung (MünchKomm-ZPO/Schmidt, 3. Aufl., § 779 Rdn. 2; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 779 Rdn. 2; Hintzen/Wolf, Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Rdn. 3.45) und damit nach § 869 ZPO auch für das Zwangsversteigerungsverfahren (Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 15 Anm. 30.4; Zöller/Stöber, aaO, § 779 Rdn. 2). Die Voraussetzungen lagen vor, weil die Zwangsversteigerung durch den Beschluss des Amtsgerichts Hagen vom angeordnet worden war und damit vor dem Todesfall begonnen hatte. Die Erinnerung der früheren Schuldnerin gegen die Anordnung ändert daran nichts. Begonnen hat die Zwangsvollstreckung nämlich mit der ersten Vollstreckungshandlung (Musielak/Lackmann, ZPO, 6. Aufl., § 779 Rdn. 2).

2. Zu Unrecht nimmt das Beschwerdegericht aber an, es fehle an einer wirksamen Unterwerfung der Schuldnerin unter die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht.

a) Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist "der Besteller", der sich in der Grundschuldbestellungs- und Unterwerfungsurkunde vom der Vollstreckung unter anderem in das Erbbaurecht unterworfen hat, nur der als solcher bezeichnete Eigentümer des Erbbaugrundstücks, nicht aber auch die Schuldnerin als Erbbauberechtigte. Eine solche Auslegung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren zwar nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich dahin, ob der Tatrichter die gesetzlichen Auslegungsregeln, die anerkannten Auslegungsgrundsätze, die Denkgesetze und die Erfahrungssätze beachtet und die der Auslegung zugrunde liegenden Tatsachen ohne Verfahrensfehler festgestellt hat (st. Rspr., vgl. BGHZ 131, 136, 138; 135, 269, 273; 137, 69, 72; 150, 32, 37; , NJW 2000, 2508, 2509). In diesem Rahmen ist sie aber zu beanstanden. Das Beschwerdegericht hat zwar erkannt, dass eine Unterwerfungserklärung, wenn auch in Grenzen, auslegungsfähig ist (Senat, Urt. v. , V ZR 123/76, NJW 1980, 1050, 1051; Beschl. v. , V ZB 4/05, DNotZ 2005, 845, 846; MünchKomm-ZPO/Wolfsteiner, 3. Aufl., § 794 Rdn. 182; Zöller/Stöber aaO, § 794 Rdn. 29; Wolfsteiner, Die Vollstreckbare Urkunde, 2. Aufl., Rdn. 11.37). Es hat aber die anerkannte Auslegungsregel nicht beachtet, dass der Tatrichter bei der Auslegung jedenfalls den aus der Urkunde hervorgehenden Zweck (BGHZ 109, 19, 22), die daraus ersichtliche Interessenlage der Parteien (, NJW 2003, 2235, 2236; Senat, Urt. v. , V ZR 240/02, NJW-RR 2003, 1053, 1054) und ihre sprachlichen Gepflogenheiten zu berücksichtigen hat (Senat, Urt. v. , V ZR 34/06, juris).

b) Der Zweck des Rechtsgeschäfts und die Interessenlage der Parteien ergeben sich aus der Vorbemerkung der Urkunde. Danach sollte der Gläubigerin eine Gesamtgrundschuld an dem Erbbaugrundstück und an dem Erbbaurecht bestellt werden, das der Eigentümer des Erbbaugrundstücks der Schuldnerin mit einer am selben Tage beurkundeten Erklärung bestellt hatte. Da das Erbbaurecht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG an erster Rangstelle zu begründen war, konnte nur so eine ausreichende Absicherung der Gläubigerin erreicht werden. Diese Form der dinglichen Absicherung konnte nicht allein E. R. als Eigentümer des Erbbaugrundstücks herbeiführen. Sie setzte vielmehr eine Mitwirkung der Schuldnerin als künftiger Erbbauberechtigter voraus. Denn nur sie war formell- wie materiellrechtlich in der Lage, das im Entstehen begriffene Erbbaurecht in der nach der Vorbemerkung der Urkunde vorgesehenen Weise mitzubelasten. Dass die Schuldnerin nicht nur wegen der ebenfalls vorgesehenen Übernahme der persönlichen Haftung, sondern auch als künftige Erbbauberechtigte an dem Rechtsgeschäft beteiligt werden sollte, weist das Rubrum der Urkunde ausdrücklich aus.

c) Allerdings wird, das ist dem Beschwerdegericht und der Rechtsbeschwerdeerwiderung zuzugeben, allein der Eigentümer des Erbbaugrundstücks E. R. als "Besteller" bezeichnet. Diese Bezeichnung lässt auf den ersten Blick erwarten, dass im Text der Urkunde mit "Besteller" allein E. R. angesprochen wird. Dem entspricht aber der weitere Text der Urkunde nicht. In deren - einem Formularmuster der Gläubigerin - folgenden Abschnitten I. bis IV. werden sämtliche Erklärungen ausschließlich von dem "Besteller" abgegeben. Das gilt auch für sämtliche Erklärungen, die sich auf die Belastungen des Erbbaurechts und die Durchführung der Urkunde insoweit beziehen. Solche Erklärungen konnte E. R. nicht abgeben. Er sollte das nach der Urkunde auch nicht. Vielmehr sollten diese Erklärungen von der Schuldnerin in ihrer Eigenschaft als künftiger Erbbauberechtigter abgegeben werden. Nur so ließ sich der in der Vorbemerkung beschriebene Zweck erreichen. Das ist offensichtlich und wird auch von dem Beschwerdegericht nicht in Zweifel gezogen.

d) Die Beteiligten haben damit den nach Rubrum und Vorbemerkung, die dem Formular der Gläubiger als selbständig formulierter Text vorgeheftet sind, zu erwartenden Sprachgebrauch aufgegeben und sind in dem anschließenden Teil der Urkunde, der dem Formular der Gläubigerin entspricht, wieder in den Sprachgebrauch des Formulars zurückgefallen. Danach ist Besteller nicht allein E. R. als Eigentümer des Erbbaugrundstücks, sondern jeder, der eine Belastung bestellen soll. Das war hier auch die Schuldnerin. Denn sie sollte eine Grundschuld auf ihrem seinerzeit entstehenden Erbbaurecht einräumen. Dieser vom Rubrum abweichende Sprachgebrauch betrifft nicht nur die eigentliche Grundschuldbestellung, sondern sämtliche Erklärungen, die in diesem Zusammenhang abgegeben wurden. Der Sprachgebrauch des verwandten Formulars ist insoweit einheitlich und konsequent. Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligten ihm gerade in dem letzten Absatz des Abschnitts über die Bestellung der Grundschuld, der sich mit der dinglichen Vollstreckungsunterwerfung befasst, nicht folgen wollten, sind nicht ersichtlich. Die daran anschließenden Abschnitte der Urkunde erfassen im Gegenteil ebenso offensichtlich sowohl den Eigentümer des Grundstücks als auch die Schuldnerin. Das gilt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung auch für die Erklärung in Abschnitt II der Urkunde, die Grundschuld solle erst auf dem Erbbaugrundstück eingetragen werden. Auch dieser Abschnitt spricht inhaltlich nicht nur den Eigentümer des Grundstücks, sondern auch die Schuldnerin an. Er befasst sich nämlich mit der Frage, wie angesichts der vorgesehenen Gesamtgrundschuld an Erbbaugrundstück und Erbbaurecht verfahren werden soll, wenn die Eintragungsvoraussetzungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten eintreten. Diese Frage konnten der Eigentümer und die Schuldnerin als künftige Erbbauberechtigte nur gemeinsam mit der Gläubigerin vereinbaren. Damit liegt eine wirksame Unterwerfung auch der Schuldnerin unter die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht vor.

e) Auf die von dem Urkundsnotar vorgenommene Berichtigung der Urkunde und die Frage, ob sie zulässig war, kommt es nicht an.

3. Der Anordnung der Zwangsversteigerung steht, anders als die Rechtsbeschwererwiderung meint, auch nicht entgegen, dass das zu belastende Erbbaurecht seinerzeit mangels Eintragung in das Grundbuch, die am nachfolgte, noch nicht entstanden war. Für die Wirksamkeit einer dinglichen Unterwerfungserklärung reicht es nach unbestrittener Ansicht aus, wenn der sich Unterwerfende bei Eintragung des Grundpfandrechts Eigentümer des Grundstücks, bei der Belastung eines Erbbaurechts dessen Inhaber, ist (Senat, BGHZ 108, 372, 376; RGZ 132, 6, 8; BayObLG DNotZ 1987, 216; OLG Saarbrücken, NJW 1977, 1202, 1203; KG NJW-RR 1987, 1229; OLG Naumburg NotBZ 2001, 114; LG Erfurt NotBZ 2003, 478, 479; Musielak/Lackmann, aaO, § 800 Rdn. 4, 6; Zöller/Stöber, aaO, § 800 Rdn. 5; Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, aaO, Rdn. 28.37). So liegt es hier.

4. Unbegründet ist schließlich auch der Einwand der Schuldnerin, die Verpfändung des Erbbaurechts und die Vollstreckungsunterwerfung hätten als Verfügung über das Vermögen der Schuldnerin als Ganzes nach § 1365 BGB der Zustimmung ihres Ehemanns bedurft. Eine Vollstreckungsunterwerfungserklärung unterliegt nach unbestrittener Ansicht dem Zustimmungserfordernis des § 1365 BGB nicht, weil sie eine prozessuale Willenserklärung ist und eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen oder Teile davon nicht enthält (LG Lübeck, SchlAnz 1959, 79; ebenso BayObLGE (NF) XIV (1914), 499, 503 für Gesamtgut; Bamberger/Roth/Mayer, BGB, 2. Aufl., § 1365 Rdn. 19 a. E.; Erman/Gamillscheg, BGB, 12. Aufl., § 1365 Rdn. 20; MünchKomm-BGB/Koch, 4. Aufl., § 1365 Rdn. 50, Staudinger/Thiele, BGB [2007], § 1365 Rdn. 55). Dass die Vollstreckungsunterwerfung die Zwangsvollstreckung in ein Erbbaurecht auch eröffnet, wenn es das gesamte Vermögen des Ehegatten darstellt, ändert daran nichts. Das Zustimmungserfordernis des § 1365 BGB schützt den Ehegatten nicht umfassend und hindert den anderen Ehegatten insbesondere nicht an der Eingehung von Verbindlichkeiten, die ihn zwar nicht zu einer Verfügung über sein ganzes oder nahezu ganzes Vermögen verpflichten, die dessen Bestand aber gleichwohl nachhaltig gefährden und es einem Zugriff seiner Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung aussetzen (BGHZ 143, 356, 361, , NJW 2006, 849, 850; OLG Rostock, FamRZ 1995, 1583, 1584).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, der im Streit um die Anordnung der Zwangsversteigerung anwendbar ist, weil sich die Beteiligten hier wie in einem kontradiktorischen Verfahren gegenüberstehen (Senat, BGHZ 170, 378, 381).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
DNotZ 2008 S. 937 Nr. 12
NJW 2008 S. 3363 Nr. 46
WM 2008 S. 1507 Nr. 32
JAAAC-84440

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja