BGH Beschluss v. - IX ZA 11/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 114; InsO § 134 Abs. 1; InsO § 138 Abs. 1; InsO § 143 Abs. 2 Satz 2

Instanzenzug: LG Oldenburg, 8 O 3347/05 vom 23.05.2006 OLG Oldenburg, 8 U 133/06 vom 15.03.2007

Gründe

Prozesskostenhilfe kann der in den Vorinstanzen unterlegenen Beklagten nach § 114 ZPO nicht gewährt werden, weil die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Einen gesetzlichen Grund zur Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) lässt das Berufungsurteil nicht erkennen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

1. Die von der Beklagten dem Grunde nach anerkannte anfechtungsrechtliche Pflicht zur Rückgewähr der ihr zugeflossenen Versicherungssummen war - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nach § 134 Abs. 1 InsO begründet. Die Auszahlung der Versicherungen beruhte auf einer unentgeltlichen Leistung des Schuldners, nämlich der Einsetzung der Beklagten als Bezugsberechtigte für die abgeschlossenen Lebensversicherungen. Im Einklang mit den Grundsätzen des Senatsurteils vom 23. Oktober 2003 (BGHZ 156, 350, 354) hat das Berufungsgericht geprüft, ob die Beklagte für diese Einsetzung eine Gegenleistung erbracht hat und hat dies in tatrichterlicher Verantwortung verneint. Hierbei sprach insbesondere die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der notariellen Urkunde zur Übertragung der ideellen Grundstückshälfte der Beklagten an ihren verstorbenen Ehemann vom 20. Juli 2004 gegen ihre Rechtsbehauptung einer entgeltlichen Einsetzung als Bezugsberechtigte.

Das Berufungsgericht hat den Anfang der Vierjahresfrist des § 134 Abs. 1 InsO ferner mit dem schon genannten Senatsurteil vom 23. Oktober 2003 (aaO S. 357) für den Zeitpunkt angenommen, an dem der Ehemann der Beklagten verstarb und dadurch den Versicherungsfall auslöste. Vorher konnte die Bezugsberechtigung der Beklagten nach den hier gegebenen Umständen frei widerrufen werden. Von dieser Rechtsprechung abzugehen besteht entgegen der Ansicht der Antragstellerin kein Anlass. Die Antragstellerin und ihr verstorbener Ehemann haben die auch hier gegebene Möglichkeit, die Bezugsberechtigung unwiderruflich auszugestalten und damit der Begünstigten in der Insolvenz des Versicherungsnehmers ein Aussonderungsrecht zu verschaffen, nicht genutzt.

2. Der Streitgegenstand betraf im Kern danach nur noch die Frage, ob die Beklagte nach § 143 Abs. 2 Satz 2 InsO mit dem Einwand der Entreicherung wegen der von ihr verbrauchten Teile der Versicherungssummen ausgeschlossen ist. Zur Auslegung dieser Vorschrift kommen zwar Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung in Betracht. Das Berufungsgericht hat sie jedoch nicht entschieden. Sie sind auch nicht entscheidungserheblich.

Die Beklagte gehörte zu dem in § 138 Abs. 1 InsO bezeichneten nahe stehenden Personenkreis des Urhebers der angefochtenen Rechtshandlung. Höchstrichterlich bisher nicht geklärt ist, ob Angehörige dieses Personenkreises ihre Unredlichkeit im Sinne des § 143 Abs. 2 Satz 2 InsO ausräumen müssen (so OLG Düsseldorf NZI 2001, 477, 478 zu § 11 Abs. 2 AnfG; gegen die Umkehr der Beweislast OLG Rostock ZIP 2008, 568, 569). Das Berufungsgericht hat diese Rechtsfrage ausdrücklich offen gelassen.

Der Bundesgerichtshof hat auch noch nicht entschieden, ob dem Anfechtungsgegner nach § 143 Abs. 2 Satz 2 InsO bereits leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt oder die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung hier nur bei grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist. Im Schrifttum wird diese Frage unterschiedlich beurteilt. Das Berufungsgericht spricht sie nur indirekt an. Es zitiert die in diesem Punkt kontroversen Kommentierungen von Kirchhof (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 143 Rn. 107), der einfache Fahrlässigkeit genügen lässt, und von Kreft (HK-InsO/Kreft, 4. Aufl. § 143 Rn. 28-30), welcher die Bestimmung im Sinne grober Fahrlässigkeit deutet. Hieraus und aus der Subsumtion des Berufungsurteils kann nur geschlossen werden, dass das Berufungsgericht auch diese Grundsatzfrage nicht für entscheidungserheblich erachtet hat, sondern der Beklagten aufgrund ihres Einblicks in die wirtschaftlichen Verhältnisse ihres verstorbenen Ehemannes vorwirft, sich in besonders schwerwiegender Weise der sich aufdringenden Erkenntnis verschlossen zu haben, das hinterlassene Vermögen könne nicht ausreichen, um die Erblasserschulden zu befriedigen, wenn die Beklagte hiervon nicht sogar Kenntnis hatte. Ob diese tatrichterliche Beurteilung zutrifft, ist eine Frage des Einzelfalls.

Entscheidungserheblich ist auch diese Beweiswürdigung nicht. Das Berufungsurteil wird bereits von der Erwägung getragen, dass die Beklagte für die geltend gemachte und von dem Kläger bestrittene Entreicherung beweisfällig geblieben ist. Das Berufungsgericht hat danach zu Recht von einer Zulassung der Revision gegen seine Entscheidung abgesehen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
AAAAC-84430

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein