Gründe für die Richterablehnung; Gegenvorstellung nur in Ausnahmefällen; Beiladung setzt anhängiges finanzgerichtliches Verfahren voraus
Gesetze: FGO § 51, FGO § 60, ZPO § 42
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Antragsteller, der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners P, begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für eine außerordentliche Beschwerde und Gegenvorstellung gegen den (BFH/NV 2006, 1314). Auf die Sachverhaltsdarstellung in diesem Beschluss wird Bezug genommen.
Der BFH lehnte den PKH-Antrag durch Beschluss vom V S 13/06 (PKH) ab. Mit Beschluss gleichen Datums V S 12/06 (BFH/NV 2007, 1148) verwarf der BFH die Beschwerde sowie die Gegenvorstellung des Antragstellers gegen den Beschluss in BFH/NV 2006, 1314 als unzulässig.
Mit der Gegenvorstellung wendet sich der Antragsteller gegen den Beschluss vom V S 13/06 (PKH) und bringt vor, die an dem Beschluss mitwirkenden Richter würden wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. In dem Verfahren V S 12/06 habe keine Entscheidung ergehen dürfen, da das Verfahren wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen gewesen und anders als das auf Gewährung von PKH gerichtete Verfahren nicht wieder aufgenommen worden sei. Außerdem sei der in diesem Verfahren ergangene Beschluss inhaltlich fehlerhaft. Die Befangenheit der abgelehnten Richter ergebe sich auch daraus, dass sie in ihrer Bezahlung und in ihrem beruflichen Fortkommen vom Finanzminister abhängig seien.
II. Die Gegenvorstellung ist unzulässig.
1. Der Senat entscheidet in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung ohne Einholung von dienstlichen Stellungnahmen, da der gegen sämtliche Richter, die den Beschluss vom V S 13/06 (PKH) gefasst haben, gerichtete Befangenheitsantrag rechtsmissbräuchlich und daher offensichtlich unzulässig ist. Der Antragsteller hat keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen, die auf eine Befangenheit aller Mitglieder des Spruchkörpers i.S. von § 51 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung hindeuten würden. Mit der Rüge, die Senatsmitglieder hätten fehlerhaft entschieden, macht er keinen für die Befangenheit sprechenden Grund geltend. Eine (vermeintlich) unrichtige Entscheidung führt noch nicht zu dem Schluss, dass der Senat gegenüber den Verfahrensbeteiligten unsachlich oder parteilich eingestellt ist (BFH-Beschlüsse vom V B 53/97, V S 13/99, BFH/NV 2000, 244; vom VII B 231/99, BFH/NV 2000, 331; vom VII S 40/02, BFH/NV 2003, 930; vom V S 26/07, juris). Gründe, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung der Senatsmitglieder gegenüber dem Antragsteller oder auf Willkür beruhen könnte, hat der Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen (vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 4/88, BFH/NV 1989, 587; vom X B 99/88, BFH/NV 1989, 708; vom I B 117/96, BFH/NV 1997, 684).
Die aus der Stellung der Richter abgeleiteten Ablehnungsgründe sind von derart allgemeiner Natur, dass sie ihre Besonderheit und Eigenart für den einzelnen Richter verloren haben und nicht mehr individuell begrenzbar sind. Diese Ablehnungsgründe können schon deshalb nicht berücksichtigt werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 244). Davon abgesehen besteht die vom Antragsteller angenommene Abhängigkeit der Richter am BFH vom Bundesminister der Finanzen (BMF) nicht. Die Richter sind nach Art. 97 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Die Richterbesoldung wird durch Gesetz geregelt (Art. 73 Nr. 8 GG, § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 1 und § 37 Abs. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes). Der BFH ressortiert auch nicht zum BMF, sondern zur Bundesministerin der Justiz (Organisationserlass des Bundeskanzlers vom , Bundesanzeiger Nr. 214 vom , S. 4). Für die Personal- und Haushaltsangelegenheiten des BFH ist deshalb das Bundesministerium der Justiz zuständig (Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 1 FGO Rz 48).
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Gegenvorstellung statthaft ist (verneinend , BStBl II 2008, 60).
Jedenfalls ist die Gegenvorstellung nur in Ausnahmefällen eröffnet, insbesondere bei schwerwiegenden Grundrechtsverstößen oder wenn die angegriffene Entscheidung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar erscheint und jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom IX S 14/06, BFH/NV 2007, 474; vom V S 26/06, BFH/NV 2007, 953; vom IX S 4/07, BFH/NV 2007, 1535).
Dass dem (PKH) derart schwerwiegende Verstöße anhaften sollen, hat der Antragsteller nicht substantiiert dargelegt. Er hat nicht hinreichend deutlich gemacht, warum es unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar sein soll, dass der Senat im Beschluss vom V S 13/06 (PKH) die hinreichende Aussicht auf Erfolg im Verfahren V S 12/06 im Hinblick darauf verneint hat, dass er in diesem Verfahren die Beschwerde sowie die Gegenvorstellung des Antragstellers als unzulässig beurteilt und deshalb verworfen hat.
Der BFH hat im Übrigen mit dem Beschluss vom V B 84/05 (BFH/NV 2006, 76) eingehend begründet, dass P das begehrte Akteneinsichtsrecht nach § 78 Abs. 1 FGO nicht zusteht. Warum diese Ansicht unvertretbar sein solle, lässt sich dem Vorbringen des Antragstellers nicht entnehmen. Wenn der Antragsteller annehmen sollte, eine Beiladung (§ 60 FGO) sei auch noch nach der wirksamen Rücknahme einer Klage möglich, geht auch diese Annahme fehl. Jede Beiladung setzt ein noch anhängiges finanzgerichtliches Verfahren voraus (, BFH/NV 1993, 672; Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 60 FGO Rz 25, 102; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 60 FGO Rz 9, 99).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NAAAC-84002