Anhörungsrüge auf die Geltendmachung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör beschränkt; Statthaftigkeit einer Gegenvorstellung
Gesetze: FGO § 133a
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger, Revisionskläger und Rügeführer (Kläger) hatte vor dem Finanzgericht (FG) Klage mit dem Begehren erhoben, Fahrtaufwendungen für Besuche der bei seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau wohnenden gemeinsamen Kinder sowie Kosten für Beratungs- und Vermittlungsgespräche zur Regelung des Sorge- und Umgangsrechts als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die Klage und die Revision blieben ohne Erfolg. Der Senat führte in seinem Urteil im Wesentlichen aus: Die Aufwendungen des nicht sorgeberechtigten Elternteils für den Umgang mit seinem Kind seien typische Aufwendungen für die Lebensführung, die entsprechend dem gesetzgeberischen Regelungsspielraum ab 1996 durch den Familienleistungsausgleich abgegolten seien. Das an die Ehefrau (Mutter) ausgezahlte Kindergeld sei dem Kläger durch Anrechnung auf seine zivilrechtliche Unterhaltspflicht zur Hälfte zugute gekommen. Die Aufwendungen zur Erreichung einer gütlichen Einigung über das Sorge- und Umgangsrecht seien, da die Beratungs- und Vermittlungsgespräche auf dem freien Willensentschluss des Klägers beruhten, nicht zu berücksichtigen.
Mit der Anhörungsrüge trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Er sei von der Revisionsentscheidung überrascht worden. Der Senat habe in seinem Beschluss über die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) hinreichende Erfolgsaussicht für die Nichtzulassungsbeschwerde bejaht. Im Rahmen des Revisionsverfahrens habe es der Senat jedoch unterlassen, ihn, den Kläger, auf die geänderte Rechtsauffassung hinzuweisen. Auch sei die Abziehbarkeit der Mediationskosten nicht erörtert worden. Auf einen entsprechenden Hinweis hätte er vorgetragen, dass er weder Kindergeld noch Kinderfreibeträge erhalten habe und nicht in der Lage gewesen sei, Kindesunterhalt zu leisten, sodass ihm das hälftige Kindergeld nicht zugute gekommen sei. Die typisierende Betrachtung zur Abgeltung der Umgangskosten stehe in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der die Umgangskosten nicht durch die sozialhilferechtlichen Regelsätze abgedeckt seien. Auch die Mediationsaufwendungen seien zwangsläufig entstanden, da die Lösung familienrechtlicher Fragen nach dem Willen des Gesetzgebers nach Möglichkeit in den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe verlagert werden sollten.
Hilfsweise erhebt der Kläger Gegenvorstellung, soweit neben der Verletzung des rechtlichen Gehörs weitere Grundrechte verletzt worden seien.
II. Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Das gerichtliche Verfahren ist gemäß § 133a Abs. 1 Satz 1 FGO fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Verfahrensstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (z.B. Senatsbeschluss vom III S 27/07, BFH/NV 2007, 2327, m.w.N.).
Der Kläger wendet zu Unrecht ein, der Senat habe mit dem Urteil über die Revision eine Überraschungsentscheidung getroffen. Der Senat hat in dem Beschluss über die Gewährung von PKH ausgeführt, der Frage der Abziehbarkeit von Fahrtaufwendungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechts könnte grundsätzliche Bedeutung zukommen, und wegen der zwingenden vorherigen Inanspruchnahme des Mediationsangebots des Jugendamts bei Streitigkeiten über das Umgangsrecht könnte die Auffassung vertreten werden, es handele sich um zwangsläufige Aufwendungen i.S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Entgegen der Meinung des Klägers hat der Senat damit keine bereits gefasste Rechtsauffassung zu der Problematik kundgetan, zumal in dem Beschluss ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Entscheidung —wie stets im Verfahren wegen Gewährung von PKH— bei summarischer Prüfung ergangen ist.
Der Kläger hatte im Übrigen, insbesondere auch im Hinblick auf die bereits in dem Beschluss über die Gewährung von PKH als grundsätzlich bedeutsam herausgestellten Rechtsfragen, uneingeschränkt Gelegenheit, in dem Revisionsverfahren zu diesen Fragen Stellung zu nehmen, und er hat davon auch Gebrauch gemacht. Das gilt nicht nur für die Problematik hinsichtlich der Umgangskosten, sondern auch für die Frage der Abziehbarkeit der Mediationskosten. Im Grunde wendet sich der Kläger dagegen, dass der Senat in dem angefochtenen Urteil seiner, des Klägers, Rechtsauffassung nicht gefolgt ist, und macht damit geltend, der Senat habe in der Sache fehlerhaft entschieden. Mit diesem Vorbringen kann der Kläger im Rahmen der Anhörungsrüge nach § 133a FGO, die auf die Geltendmachung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör beschränkt ist, nicht gehört werden (z.B. Senatsbeschluss vom III S 33/06, BFH/NV 2007, 953, m.w.N.).
2. Der Senat kann im Streitfall offen lassen, ob eine Gegenvorstellung als außerordentlicher Rechtsbehelf neben der gesetzlich geregelten Anhörungsrüge nach § 133a FGO überhaupt statthaft ist und ob die vom Kläger „hilfsweise” erhobene Gegenvorstellung außerdem bereits deshalb unzulässig ist, weil sie unter einer Bedingung erhoben wurde. Denn eine Gegenvorstellung ist jedenfalls nur in Ausnahmefällen eröffnet, insbesondere bei schwerwiegenden Grundrechtsverstößen oder wenn die angegriffene Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. z.B. , BFH/NV 2006, 2304, m.w.N.). Dass dem angefochtenen Beschluss des Senats ein derart schwerwiegender Verstoß anhafte, hat der Kläger nicht vorgetragen und ist auch aus den Akten nicht ersichtlich.
3. Die Kostenpflicht ergibt sich hinsichtlich der Anhörungsrüge aus Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz —GKG— (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG), eingefügt durch das Anhörungsrügengesetz vom (BGBl I 2004, 3220, BStBl I 2005, 370). Hinsichtlich der Gegenvorstellung ergeht die Entscheidung gerichtsgebührenfrei.
Fundstelle(n):
DAAAC-83992