BGH Beschluss v. - V ZA 5/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO §§ 233 ff.; ZPO § 234 Abs. 1; ZPO § 319 Abs. 1; ZPO § 575 Abs. 1 Satz 1

Instanzenzug: AG Deggendorf, K 178/03 vom LG Deggendorf, 1 T 234/07 vom

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 3 (Gläubigerin) betreibt die Zwangsversteigerung in das im Eingang des Beschlusses bezeichnete Grundstück der Beteiligten zu 1 und zu 2 (Schuldner).

Meistbietender im Versteigerungstermin vom war der Beteiligte zu 7, dem das Vollstreckungsgericht den Zuschlag erteilte.

Gegen den Zuschlagsbeschluss hat der Beteiligte zu 1 mit einem am bei dem Vollstreckungsgericht eingegangenen Schreiben sofortige Beschwerde eingelegt, die die Beteiligten zu 1 und zu 2 mit Schreiben vom näher begründet haben. Die Kammer des Beschwerdegerichts hat das Rechtsmittel zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Dieser Beschluss ist zunächst auf den datiert worden. Die Beteiligten zu 1 und zu 2 haben mit Schreiben an das Beschwerdegericht vom beantragt, den Beschluss vom aufzuheben und neu zu entscheiden, weil die Kammer ein Jahr vor der Übertragung der Sache durch den Einzelrichter entschieden habe. Das Beschwerdegericht hat mit Beschluss vom das Datum des die Zuschlagsbeschwerde zurückweisenden Beschlusses wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 Abs. 1 ZPO auf den berichtigt.

Mit am bei dem Bundesgerichtshof eingegangenem Schreiben hat der Beteiligte zu 1 beantragt, ihm Prozesskostenhilfe für ein Rechtsbeschwerdeverfahren zu bewilligen. Mit Schreiben vom haben die Beteiligten zu 1 und zu 2 beantragt, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für den Fall zu gewähren, dass das Prozesskostenhilfegesuch nicht rechtzeitig bei dem Rechtsbeschwerdegericht eingegangen sein sollte.

II.

Das Prozesskostenhilfegesuch ist mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg zurückzuweisen. Den Schuldnern kann nicht wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist die von ihnen beantragte Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach §§ 233 ff. ZPO gewährt werden.

1. Die Schuldner wären nur dann unverschuldet an der Einhaltung der Rechtsbeschwerdefrist gehindert gewesen, wenn sie bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist einen Antrag auf Prozesskostenhilfe eingereicht und die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan hätten (, NJW 1994, 2097, 2098; Beschl. v. , VI ZB 48/97, NJW 1998, 1230, 1231 - std. Rspr.).

Daran fehlt es. Der Antrag des Beteiligten zu 1 auf Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist erst am bei dem Bundesgerichtshof eingegangen, zu einem Zeitpunkt, als die Rechtsmittelfrist nach § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO bereits verstrichen war.

Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde von einem Monat beginnt mit der Zustellung des anzufechtenden Beschlusses, die hier am erfolgt ist. Das gilt nach ständiger Rechtsprechung auch dann, wenn die angefochtene Entscheidung entspr. dem auch auf Beschlüsse anwendbaren § 319 Abs. 1 ZPO (vgl. BVerfGE 29, 45, 50) in einem späteren Zeitpunkt wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigt wird (BGHZ 89, 184, 186; Beschl. v. , XII ZB 157/99, NJW-RR 2001, 211; Beschl. v. , VI ZB 10/03, NJW 2003, 2991, 2992). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann geboten, wenn die Entscheidung vor ihrer Berichtigung insgesamt nicht klar genug war, um Grundlage für die Entschließungen und das weitere Handeln des beschwerten Verfahrensbeteiligten zu bilden (BGHZ 113, 228, 231; , NJW 1995, 1033).

Davon kann hier nicht die Rede sein. Der Fehler betraf allein die Zeitangabe in dem anzufechtenden Beschluss, der unrichtigerweise auf den Tag des Vorjahres datiert worden war. Die Rechtsmittelmöglichkeiten der Schuldner waren hiervon nicht betroffen.

2. Auch der Antrag der Schuldner auf Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Frist für die Einreichung eines Antrages auf Prozesskostenhilfe ist nicht begründet. Allerdings ist bei einem verspätet eingereichten Prozesskostenhilfegesuch der bedürftigen Partei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn diese ohne ihr Verschulden an der Einreichung des Antrags auf Prozesskostenhilfe innerhalb der Rechtsmittelfrist verhindert gewesen ist und der Antrag auf Prozesskostenhilfe innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO gestellt wird (, NJW 2002, 2180; Beschl. v. , XII ZB 116/05, NJW-RR 2006, 140, 141).

Daran fehlt es ebenfalls. Die Schuldner waren nicht ohne ihr Verschulden gehindert, das Prozesskostenhilfegesuch schon vor dem Ablauf der Rechtsbeschwerdefrist beim Bundesgerichtshof einzureichen. Da die gesetzlichen Rechtsmittelfristen der Rechtssicherheit dienen und einer Disposition der Verfahrensbeteiligten entzogen sind, trifft auch eine juristisch nicht geschulte Partei die Verantwortung für die rechtzeitige Einlegung eines Rechtsmittels oder einen rechtzeitigen Eingang des Antrags auf Prozesskostenhilfe bei dem zuständigen Gericht, um die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung zu wahren (, NJW 1987, 440, 441; Beschl. v. , XII ZB 139/96, NJW 1997, 1989; Beschl. v. , IXa ZB 84/03, Rdn. 4 - veröffentlicht in juris).

Hierzu muss sich die Partei über Form und Frist des zulässigen Rechtsmittels erkundigen (, aaO; Beschl. v. , XII ZB 139/96, aaO; Beschl. v. , IXa ZB 84/03, Rdn. 4). Das gilt auch für den für den Beginn des Laufes einer Rechtsmittelfrist maßgebenden Zeitpunkt bei einem später zu berichtigenden Beschluss, wenn die betroffene Partei den Umfang ihrer Beschwer unschwer erkennen kann und die Entscheidung eine ausreichende Grundlage für ihr weiteres Handeln bildet (vgl. , NJW-RR 2001, 211; OLG Düsseldorf OLGR 2002, 375).

Gemessen daran war die Versäumung der Frist verschuldet. Die Schuldner konnten ihre Beschwer aus dem Beschluss bereits vor dessen Berichtigung erkennen, da aus diesem zweifelsfrei hervorging, dass das Beschwerdegericht das Rechtsmittel gegen den Zuschlagsbeschluss zurückgewiesen hatte (siehe oben 1). Bei einem verständigen Lesen des Beschlusses war auch offensichtlich, dass der Beschluss nicht schon am ergangen sein konnte, sondern allein versehentlich unrichtig auf das Vorjahr datiert worden war. Es war evident, dass das Beschwerdegericht nicht schon nahezu ein Jahr vor dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts über die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde entschieden haben konnte, was den Schluss auf ein bloßes Schreibversehen bei der Jahreszahl geradezu aufdrängte.

Fundstelle(n):
BAAAC-83919

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein