Rügeverzicht bei Antrag auf Zeugenvernehmung
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Streitpunkt ist, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) auf der Grundlage eines Benennungsverlangens nach § 160 der Abgabenordnung (AO) bestimmte Darlehenszinsen und Verluste aus Währungskursschwankungen als Betriebsausgaben der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) unberücksichtigt lassen durfte.
Die Klägerin, eine AG, leistete in den Streitjahren 1997 und 1998 aufgrund von Darlehensverträgen Zinszahlungen an ihre alleinige Gesellschafterin, die P-AG, und erlitt im Hinblick auf die in Schweizer Franken valutierenden Darlehen in diesem Zeitraum Verluste wegen Währungskursschwankungen.
Auf eine Aufforderung gemäß § 160 AO, die Anteilseigner der P-AG zu benennen, erklärte die Klägerin gegenüber dem FA, hinter der P-AG stehe der in ./Liechtenstein ansässige W-Trust. Dessen „Gesellschafter” sei der in ./Russland wohnhafte X. Das FA sah durch die Angaben der Klägerin die tatsächlichen Empfänger der Betriebsausgaben als nicht ausreichend benannt an und setzte die Körperschaftsteuer für die Streitjahre ohne Berücksichtigung der Darlehenszinsen und der Währungskursverluste fest.
Die dagegen gerichtete Klage hat das zurückgewiesen.
Die Klägerin beantragt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision gegen das FG-Urteil und begründet ihr Begehren damit, dass das FG ihren Antrag auf Zeugenvernehmung des X übergangen habe.
Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Die Klägerin kann mit ihrer Rüge, das FG habe verfahrensfehlerhaft (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) X nicht als Zeuge vernommen, nicht gehört werden.
1. Allerdings verstößt das Gericht gegen die Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 FGO und gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß § 96 Abs. 2 FGO, wenn es einen Beweisantrag eines Beteiligten verfahrenswidrig übergeht.
2. Im Streitfall bedarf es indes keiner Entscheidung, ob das FG gehalten war, X als Zeugen zu hören und ob insbesondere der in der Klagebegründungsschrift enthaltene Beweisantrag der Klägerin hinreichend substantiiert war. Denn jedenfalls hat die Klägerin ihr Recht, die unterlassene Beweisaufnahme zu rügen, infolge eines Rügeverzichts verloren.
a) Ein Verfahrensmangel kann nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn er eine Verfahrensvorschrift betrifft, auf deren Beachtung die Prozessbeteiligten verzichten können und verzichtet haben (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung). Zu diesen verzichtbaren Mängeln gehört nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch das Übergehen eines Beweisantrags (vgl. z.B. , BFH/NV 2005, 1843, m.w.N.). Das Rügerecht geht insoweit nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge; ein Verzichtswille ist dafür nicht erforderlich (Senatsbeschluss vom I B 138/07, juris, m.w.N.). Geht das FG einem schriftsätzlich gestellten Beweisantrag nicht nach, dann muss deshalb jedenfalls ein rechtskundig vertretener Beteiligter dies in der (nächsten) mündlichen Verhandlung, an welcher er teilnimmt, rügen, weil sonst das Rügerecht endgültig verloren geht (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1843).
b) Danach liegt im Streitfall ein Rügeverzicht vor. Die Klägerin hat den in der Klagebegründung gestellten Antrag auf Vernehmung des X in den mündlichen Verhandlungen vor dem FG weder wiederholt noch hat sie dort das Unterlassen der Zeugenvernehmung gerügt.
Der Annahme eines Rügeverzichts steht nicht entgegen, dass der Berichterstatter des erkennenden FG-Senats vor Zurückübertragung der Zuständigkeit auf den Senat in der seinerzeitigen Funktion als Einzelrichter in einer Verfügung vom geäußert hat, der Rechtsstreit befinde sich nach derzeitiger Aktenlage nicht mehr auf der Ebene einer etwaig fehlenden Empfängerbenennung, sondern auf der Ebene eines etwaig fehlenden Nachweises für betrieblich bedingte Darlehen. Denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des FA sind in der letzten mündlichen Verhandlung vom sowohl die Berechtigung des Benennungsverlangens als auch eine mögliche verdeckte Gewinnausschüttung Gegenstand der rechtlichen Erörterung mit den Beteiligten gewesen und hat der Senatsvorsitzende dabei in keiner Weise zu erkennen gegeben, dass der Senat sich in bestimmten Punkten bereits in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht festgelegt habe. Bei dieser Sachlage hat die fachkundig vertretene Klägerin nicht darauf vertrauen dürfen, dass das FG eine Klageabweisung nicht auf ein unzureichend beantwortetes Benennungsverlangen nach § 160 AO stützen würde.
3. Soweit sich die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung mit einzelnen Punkten der Beweiswürdigung des FG befasst, ist nicht ersichtlich, dass sie insoweit einen Revisionszulassungsgrund geltend macht oder ein solcher vorliegt. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Fundstelle(n):
ZAAAC-81873