Wiedereinsetzung wegen Versäumnis einer gesetzlichen Frist; Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist
Gesetze: FGO § 56, FGO § 116 Abs. 3
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die Beschwerde zwar fristgerecht erhoben, aber nicht innerhalb der Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) begründet. Eine Verlängerung der Begründungsfrist kommt im Streitfall nicht in Betracht. Den Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Satz 4 FGO) haben die Kläger erst nach deren Ablauf gestellt. Wiedereinsetzung (§ 56 FGO) kann weder für den versäumten Fristverlängerungsantrag noch für die versäumte Beschwerdebegründungsfrist gewährt werden.
1. Nach § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO muss die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils begründet werden. Diese Voraussetzung haben die Kläger nicht erfüllt.
a) Das Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde den Klägern nach dem vom Prozessbevollmächtigten unterzeichneten Empfangsbekenntnis am (Bl. 216 der FG-Akte) zugestellt. Die zweimonatige Frist zur Begründung der Revision lief mit Ablauf des —einem Montag— ab (§ 54 FGO, § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung —ZPO—, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).
b) Die Kläger haben zwar am (beim Bundesfinanzhof —BFH— eingegangen am ) beantragt, die Beschwerdebegründungsfrist zu verlängern. Diesem Antrag kann jedoch nicht entsprochen werden, da ein solcher Antrag vor dem regulären Ablauf der Begründungsfrist beim BFH gestellt werden muss (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 21). Der am beim BFH eingegangene Schriftsatz zur Begründung der Beschwerde ist demnach verspätet.
2. Die Versäumung der Frist ist im Streitfall auch nicht wegen einer den Klägern zu gewährenden Wiedereinsetzung unbeachtlich. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt im Streitfall weder wegen des versäumten Antrags auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist noch wegen der versäumten Beschwerdebegründungsfrist in Betracht.
a) Die Kläger beantragen mit dem am beim BFH eingegangenen Schriftsatz die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und eine Verlängerung der Begründungsfrist. Der Senat versteht diesen Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten dahingehend, dass die Kläger hiermit zunächst eine Wiedereinsetzung in die versäumte Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist nach § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO begehren. Diese kann ihnen nicht gewährt werden.
Der Senat kann offenlassen, ob bei Versäumung des Antrags auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist eine Wiedereinsetzung bereits dem Grunde nach ausscheidet (so , BFH/NV 2006, 2106, unter Bezugnahme auf den Beschluss des Großen Senats des , BFHE 148, 414, BStBl II 1987, 264, zur Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist), da die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorliegen.
Die Kläger hätten gemäß § 56 Abs. 1 FGO hierfür darlegen müssen, dass ihr Prozessbevollmächtigter —dessen Verhalten sie sich gemäß § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müssen— ohne Verschulden daran gehindert war, rechtzeitig einen Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist zu stellen. Hieran fehlt es.
Der Prozessbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom , per Fax beim BFH am gleichen Tag eingegangen, rechtzeitig Beschwerde erhoben. Ab diesem Zeitpunkt hätte er eine Fristverlängerung für die Beschwerdebegründungsfrist beantragen können, hat dies aber nicht getan.
Unverschuldete Hinderungsgründe dafür, warum vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist ein Fristverlängerungsantrag nicht rechtzeitig gestellt werden konnte, haben die Kläger nicht schlüssig erläutert. Sie führen nur aus, dass am im Büro des Prozessbevollmächtigten das Zustellungsdatum des FG-Urteils falsch notiert und die Beschwerdebegründungsfrist falsch berechnet worden sei. Dieser Vortrag lässt offen, wann konkret die Akte des Streitfalles dem Prozessbevollmächtigten im Rahmen der nach seinen Angaben in seiner Kanzlei üblichen zweiwöchigen Vorfrist vor Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerdebegründung vorgelegt worden ist, ob der Prozessbevollmächtigte einen Fristverlängerungsantrag noch hätte rechtzeitig stellen können und falls ja, was ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hat.
b) Auch eine Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist kommt nicht in Betracht. Die Kläger haben die behaupteten Hinderungsgründe nicht glaubhaft gemacht (§ 56 Abs. 2 Satz 2 FGO).
aa) Der Senat legt den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom zu Gunsten der Kläger dahingehend aus, dass die Kläger neben der Wiedereinsetzung in die versäumte Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist nach § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO (s. oben unter 2. a) auch die Wiedereinsetzung in die versäumte Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) beantragen.
bb) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis einer gesetzlichen Frist setzt nach § 56 Abs. 1 und 2 FGO u.a. voraus, dass der Betreffende ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, dass er die Tatsachen, aus denen sich dies ergibt, innerhalb der in § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO bezeichneten Frist vorträgt und spätestens im Verfahren über den Antrag glaubhaft macht und dass er innerhalb der eben erwähnten Frist die versäumte Rechtshandlung nachholt (§ 56 Abs. 2 Satz 3 FGO). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Die Kläger haben zwar mit Schreiben vom die Wiedereinsetzung beantragt und die versäumte Handlung fristgerecht mit Einreichung ihrer Begründungsschrift am nachgeholt. Sie machen aber weder die Hinderungsgründe noch die Umstände, aus denen sich das fehlende Verschulden des Prozessbevollmächtigten oder dessen Mitarbeiterin ergeben soll, glaubhaft. Der Senat kann aus dem Sachvortrag nicht erkennen, ob und welche den Klägern zuzurechnenden Hinderungsgründe (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO) im Büro des Prozessbevollmächtigten beachtlich und unverschuldet sein sollen. Es ist nicht schlüssig erläutert worden, in welcher Person im Büro des Prozessbevollmächtigten der Hinderungsgrund vorlag, der für die Fristversäumung ursächlich war. Nach dem vom Prozessbevollmächtigten zur Büroorganisation geschilderten Verfahren des Arbeitens mit einer zweiwöchigen Vorfrist ist insbesondere unklar, ob dem Prozessbevollmächtigten als zuständigem Sachbearbeiter die Akte des Streitfalles im Rahmen der Vorfrist noch rechtzeitig vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorlag und daher das Versäumnis, den Fristablauf nicht noch einmal selbst kontrolliert zu haben, den entscheidenden Hinderungsgrund darstellte oder ob dieser darin lag, dass die mit der Fristenberechnung und -kontrolle betraute Rechtsanwaltsgehilfin dem Prozessbevollmächtigten die Akte unter Beachtung der Vorfrist erst nach Fristablauf vorlegte und die Fristüberschreitung somit auf dem Fehler der Mitarbeiterin beruhte. Dies kann im Ergebnis offenbleiben. Angesichts der Tatsache, dass die Kläger zur Glaubhaftmachung des Sachverhalts innerhalb der Frist und selbst bis zur Senatsentscheidung kein präsentes Beweismittel (§§ 56, 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO), wie z.B. die eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten zur Richtigkeit der Sachverhaltsschilderung vorgelegt haben, ist die Wiedereinsetzung schon aus diesem Grund zu versagen.
Fundstelle(n):
HAAAC-81853