Ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels; Anspruch auf rechtliches Gehör
Gesetze: FGO § 76, FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug: FG des Landes Sachsen-Anhalt Urteil vom 1 K 41/03
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen. Sie genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung eines der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Gründe für die Zulassung der Revision (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Nach der Beschwerdebegründung sollen Verfahrensmängel
(§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend gemacht werden. Die ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels verlangt, dass die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen —ihre Richtigkeit unterstellt— einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ergeben (, BFH/NV 2006, 2297, m.w.N.). Hieran fehlt es im Streitfall.
a) Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) rügt als Verletzung ihres Rechts auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—, § 96 Abs. 2 FGO), das Finanzgericht (FG) habe von ihr geltend gemachte Tatsachen im Urteil nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Prozessstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie ihre Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (ständige Rechtsprechung; z.B. , Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2005, 81, und , BFH/NV 2008, 242). Dazu gehört auch, dass das Gericht die wesentlichen, der Rechtsverfolgung dienenden Tatsachenbehauptungen und Rechtsausführungen in den Entscheidungsgründen verarbeitet, sofern sie nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts nicht unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert sind (BVerfG-Beschlüsse vom 1 BvR 1365/78, BVerfGE 54, 43, und vom 1 BvR 986/91, BVerfGE 86, 133; , BFH/NV 2002, 493; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 10a, jeweils m.w.N.).
Das Recht auf Gehör verlangt jedoch nicht, dass sich das Gericht in der Begründung seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich befassen müsste (, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1996, 153, m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom III B 5/03, BFH/NV 2004, 164, und vom I B 166/94, BFHE 177, 451, BStBl II 1995, 532, m.w.N.). Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das entgegengenommene Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Deshalb sind zur Darlegung eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO im Einzelfall besondere Umstände deutlich zu machen, die die Annahme rechtfertigen, das Gericht habe ein Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung nicht erwogen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 86, 133).
An einer solchen Darlegung fehlt es im Streitfall. Die Klägerin hat in ihren Rügen zumeist schon nicht —wie es erforderlich gewesen wäre— genau angegeben, welchen (nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des FG) entscheidungserheblichen Vortrag die Vorinstanz angeblich verfahrensfehlerhaft übergangen habe. Soweit sie dann (doch) geltend macht, das FG habe ihren Vortrag in dem Schriftsatz vom , dort Seite 2, unberücksichtigt gelassen, wonach in der Geldverkehrsrechnung für 1996 zu Unrecht kein Anfangsbestand festgestellt worden sei, fehlt es mangels jeglicher Angabe über die Höhe eines solchen Anfangsbestandes jedenfalls an der für die schlüssige Rüge einer Gehörsverletzung erforderlichen Darlegung, dass die Entscheidung der Vorinstanz bei Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin anders hätte ausfallen können.
Selbst wenn das FG nicht beachtet haben sollte, dass eine rechtmäßige Geldverkehrsrechnung die Feststellung der Anfangs- und Endbestände voraussetzt (, BFHE 112, 213, BStBl II 1974, 591), könnte dieser (materiell-rechtliche) Fehler als solcher nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl. , BFH/NV 2005, 1014).
b) Die Klägerin hat auch die von ihr geltend gemachten Verstöße gegen die Sachaufklärungspflicht nicht ordnungsgemäß dargelegt.
Eine schlüssige Rüge, das FG habe gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), erfordert die Darlegung, zu welchen konkreten Tatsachen weitere Ermittlungen geboten waren, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG hätte erheben müssen, wo Tatsachen vorgetragen waren, aus denen sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die zusätzliche Ermittlungsmaßnahme oder Beweiserhebung aller Voraussicht nach gehabt hätte und inwieweit die unterlassene Ermittlungsmaßnahme oder Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können. Außerdem muss vorgetragen werden, dass der Verstoß in der Vorinstanz gerügt wurde oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. aus neuerer Zeit , BFH/NV 2008, 233; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 69, 70, jeweils m.w.N.).
Das Vorbringen der Klägerin wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie hat schon keine konkreten Tatsachen bezeichnet, zu denen —nach dem insoweit maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkt des FG— weitere Ermittlungen erforderlich gewesen wären. Im Übrigen hat die Klägerin nicht dargelegt, welcher konkreten Beweismittel sich das Gericht hätte bedienen sollen, welches Ergebnis die angeblich erforderlichen zusätzlichen Ermittlungsmaßnahmen voraussichtlich gehabt hätten und inwiefern sie zu einer anderen Entscheidung des FG hätten führen können.
2. Ein Verfahrensmangel ergibt sich demnach aus den Darlegungen der Klägerin nicht. Die Klägerin beanstandet im Grunde die Rechtmäßigkeit der Vorentscheidung. Die Rüge, die Vorentscheidung sei rechtswidrig, eröffnet nach ständiger Rechtsprechung des BFH aber nicht die Revision, wenn —wie im Streitfall— eine willkürliche oder greifbar gesetzwidrige Beurteilung nicht ersichtlich ist (, BFH/NV 2007, 2241, m.w.N.).
Fundstelle(n):
QAAAC-81422