BFH Beschluss v. - III B 168/06

Aufwendungen für Arzneimittel als außergewöhnliche Belastung

Gesetze: EStG § 33

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2003 fügten sie eine Aufstellung über die außergewöhnlichen Belastungen des Klägers bei in Form einer Zusammenstellung der Arztrechnungen etc. Diese Aufwendungen wurden nicht durch die Krankenkasse ersetzt und beliefen sich auf 2 386,69 €. Hiervon erkannte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) im Einkommensteuerbescheid 2003  677,44 € für ohne ärztliche Verordnung gekaufte Medikamente und 58,33 € für Teemischungen nicht an. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Aufwendungen des Klägers für Arzneimittel, Stärkungsmittel o.ä. Präparate könnten als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Regel nur anerkannt werden, wenn ihre durch Krankheit bedingte Zwangsläufigkeit und Notwendigkeit durch eine schriftliche ärztliche Verordnung nachgewiesen werde. Insoweit obliege dem Kläger die Beweislast. Sofern ein Steuerpflichtiger Arzneimittel ohne derartige schriftliche Verordnungen kaufe, könnten die Aufwendungen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hierfür ausnahmsweise dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn es sich um eine länger dauernde Krankheit handelt, deren Vorliegen schon früher nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden sei und die einen laufenden Verbrauch bestimmter Medikamente erfordere. Im Streitfall habe der Kläger viele Einzelbelege über die getätigten Aufwendungen vorgelegt, auf denen er vermerkt habe, welche Beschwerden damit gelindert werden sollten. Bei den Artikeln handelte es sich u.a. um verschiedene Teesorten, Bepanthenwund- und Heilsalbe, Hansaplast, Filmtabletten gegen Schlafstörungen, Magnesium, Kalt-Warm-Kompressoren, Latschenkieferlotion, Hustentabletten, Soventol-Gel, Umckaloabo, Kochsalz, Nasentropfen, Hustenstiller und dergleichen. Diese nicht rezeptpflichtigen Medikamente und Stärkungsmittel seien nur dann abzugsfähig, wenn sie nach Gegenstand und Menge spezifiziert ärztlich verordnet würden, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine akute Erkrankung oder eine Dauererkrankung handele. Da im Streitfall für keinen Artikel eine ärztliche Verordnung vorliege, sei ein Abzug als außergewöhnliche Belastung nicht möglich.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Beschwerde, mit der sie die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—) begehren. Nach der Rechtsprechung des BFH seien Aufwendungen für Arzneimittel auch ohne schriftliche Verordnung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige eine länger andauernde Krankheit habe, deren Vorliegen schon früher nachgewiesen und glaubhaft gemacht worden sei und die einen laufenden Verbrauch bestimmter Medikamente erfordere. Durch eine dem Gericht überlassene Kurzübersicht des Krankheitsverlaufs von Jugend an bis zum aktuellen Gesundheitszustand des Klägers sei ausreichend dargelegt worden, dass eine länger andauernde Erkrankung vorliege.

Die vom FG zugrunde gelegte Rechtsprechung des BFH sei hinsichtlich ihres Reglungsinhalts objektiv gesehen nicht mehr zeitgemäß. Die von der Rechtsprechung des BFH erzwungene Notwendigkeit, vor Durchführung eines Medikamentenkaufs eine ärztliche Verordnung zu erlangen, führe —wie auch das FG Düsseldorf in seinem Urteil vom   11 K 2589/05 E (Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 744) festgestellt habe— dazu, dass der Anwendungsbereich des § 33 EStG zu Lasten des Steuerpflichtigen ohne zwingenden Grund eingeschränkt werde.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg und ist deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 132 FGO). Im Streitfall liegt weder der von den Klägern geltend gemachte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vor noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH.

1. Der Senat hat inzwischen über die Revision gegen das von den Klägern in Bezug genommene Urteil des FG Düsseldorf entschieden. In seinem Urteil vom III R 28/06 (BFH/NV 2007, 1841) hat der Senat bestätigt, dass Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Erforderlichkeit deshalb schwer zu beurteilen ist, grundsätzlich die medizinische Notwendigkeit durch ein vorher ausgestelltes amtsärztliches Attest nachzuweisen ist. In jenem Streitfall ging es um die Berücksichtigung von Aufwendungen für das Fällen von Birken im Garten des Wohnhauses wegen einer Birkenpollenallergie des Kindes. Der BFH sah hier ein nachträgliches amtsärztliches Attest ausnahmsweise als ausreichend an, da der Amtsarzt den früheren Gesundheitszustand des Kindes aufgrund von apparatemedizinischen Befunden, die vor der Beseitigung der Birken erhoben wurden, zuverlässig beurteilen konnte.

Dieser Fall ist mit dem vorliegenden Fall, in dem es um die Berücksichtigung von Kosten u.a. für Arzneimittel geht, nicht vergleichbar, so dass schon aus diesem Grund keine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative FGO vorliegen kann. Vielmehr ist für diesen Fall die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung zur Berücksichtigung von unmittelbaren Krankheitskosten maßgebend.

2. Der Zulassungsgrund der gebotenen Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative FGO) ist ebenfalls nicht gegeben, da der Streitfall keine Entscheidung des BFH erfordert. Die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrundes liegen —ebenso wie bei dem Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO— nur dann vor, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (vgl. , BFH/NV 2008, 396). Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob das Erfordernis einer vorherigen ärztlichen Verordnung noch aufrechterhalten werden kann, ist nicht klärungsbedürftig, da sich die Antwort ohne weiteres aus dem Gesetz und der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt.

Nach ständiger Rechtsprechung können Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für Arzneimittel als außergewöhnliche Belastung in der Regel nur anerkannt werden, wenn ihre durch Krankheit bedingte Zwangsläufigkeit und Notwendigkeit durch eine ärztliche Verordnung nachgewiesen ist (, BFHE 161, 432, BStBl II 1990, 958). Werden Arzneimittel ohne derartige schriftliche Verordnungen gekauft, können die Aufwendungen hierfür ausnahmsweise dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn es sich um eine länger dauernde Krankheit handelt, deren Vorliegen schon früher nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wurde und die einen laufenden Verbrauch bestimmter Medikamente erfordert (BFH in BFHE 161, 432, BStBl II 1990, 958). An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.

Die Auffassung des FG, dass die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen für nicht rezeptpflichtige Medikamente und Stärkungsmittel nur dann abzugsfähig sind, wenn sie nach Gegenstand und Menge spezifiziert verordnet werden, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine akute Erkrankung oder eine Dauererkrankung handelt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats erscheint gerade bei Arzneimitteln, die auch ohne schriftliche ärztliche Verordnung erhältlich sind, der Nachweis der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen im Interesse der Trennung zwischen „echten” Arzneimitteln und anderen Aufwendungen in besonderem Maße geboten (BFH in BFHE 161, 432, BStBl II 1990, 958).

Letztlich rügen die Kläger die fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG, damit kann jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht erreicht werden (, BFH/NV 2008, 238).

Fundstelle(n):
XAAAC-81411