Leitsatz
[1] a) Die Versorgung von Letztverbrauchern mit Erdgas bildet sachlich einen eigenen Markt; ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie besteht nicht (Bestätigung von BGHZ 151, 274, 282 - Fernwärme für Börnsen).
b) Um die Billigkeit einer Erhöhung des Gaspreises darzulegen, muss der Gasversorger nicht dartun, dass er mit der Erhöhung eine bestehende marktbeherrschende Stellung nicht missbraucht.
c) Auch im Individualprozess ist eine mehrdeutige Allgemeine Geschäftsbedingung im "kundenfeindlichsten" Sinne auszulegen, wenn diese Auslegung zur Unwirksamkeit der Klausel führt und dies dem Kunden günstiger ist.
d) Eine Klausel in einem Gassondervertrag, die den Gasversorger berechtigt, die Gaspreise zu ändern, wenn eine Preisänderung durch seinen Vorlieferanten erfolgt, benachteiligt den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist unwirksam.
Gesetze: GWB § 19 Abs. 1; BGB § 305 c Abs. 2; BGB § 307 Abs. 1 Cb; BGB § 315 Abs. 1
Instanzenzug: LG Dresden, 10 O 3613/05 vom OLG Dresden, U 1426/06 Kart vom
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Gaspreiserhöhungen, die die Beklagte, die Ostsachsen mit Erdgas beliefert, gegenüber den Klägern als Sondervertragskunden vorgenommen hat. Die Verträge mit den Klägern, die die Beklagte noch unter ihrer früheren Firma G. GmbH abgeschlossen hat, bestimmen u.a.:
§ 2 Gaspreise
1. Der Gaspreis setzt sich zusammen aus:
Grundpreis/Monat Arbeitspreis/kWh
...
2. Die G. ist berechtigt, die Gaspreise zu ändern, wenn eine Preisänderung durch den Vorlieferanten der G. erfolgt.
§ 6 Bestandteile des Vertrages
1. Soweit in diesem Sondervertrag nichts anderes vereinbart wird, gilt die "AVBGasV" und die hierzu veröffentlichten Anlagen, die wesentliche Bestandteile dieses Vertrages sind.
...
Die Beklagte erhöhte den Arbeitspreis zum , was die Kläger hinnahmen. Die nachfolgenden Erhöhungen des Arbeitspreises zum 1. Juni und sowie zum 1. Januar und wurden hingegen von den Klägern beanstandet.
Sie haben beantragt festzustellen, dass die jeweils zwischen den Klägern und der Beklagten bestehenden Gasversorgungsverträge über den hinaus unverändert zu den seit dem geltenden Preisen bis zur nächsten auf die letzte mündliche Verhandlung folgenden Preiserhöhung fortbestehen.
Das Landgericht hat antragsgemäß erkannt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Dresden RdE 2007, 58).
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter.
Die Kläger zu 1 bis 15, 17 bis 51, 53 bis 61, 66 bis 89, 93 bis 111, 113 bis 116, 118 bis 120, 123 bis 133, 135 bis 143, 146, 147 und 149 bis 161 treten dem Rechtsmittel entgegen. Der Kläger zu 148 ist während des Revisionsverfahrens verstorben.
Gründe
Die zulässige Revision, über die durch Teilurteil nur insoweit zu entscheiden ist, als das Verfahren nicht hinsichtlich des verstorbenen Klägers zu 148 unterbrochen ist, bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Entgegen der Auffassung des Landgerichts halte die Preisanpassungsklausel in § 2 der Gasversorgungsverträge zwischen den Parteien der Klauselkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB stand. Zwar enthalte die Klausel keine Regelung über die Art und Weise der Preisberechnung. Dies führe jedoch nicht zur Intransparenz der Klausel, weil genauere Angaben zum Umfang und der Berechnung künftiger Preisänderungen nicht möglich seien. Dies ergebe sich aus der marktbeherrschenden Stellung der Beklagten, deren Gestaltungsspielraum durch § 19 Abs. 4 GWB und nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch durch § 315 BGB begrenzt sei. Die danach für Preiserhöhungen maßgeblichen Gesichtspunkte könnten aber im Voraus nicht in einer sowohl inhaltlich richtigen als auch für den Verbraucher verständlichen Weise dargelegt werden. Das landgerichtliche Urteil sei gleichwohl im Ergebnis richtig, weil den Preisanpassungsschreiben der Beklagten nicht - wie geboten - zu entnehmen sei, weshalb die vorgenommenen Veränderungen bei einem marktbeherrschenden Energieversorger nach § 19 Abs. 4 GWB unbedenklich seien. Eine entsprechende Begründungslast sei das notwendige Korrektiv für die Beschränkung der Anforderungen an die Transparenz der Preisanpassungsklausel und auch bei anderen Dauerschuldverträgen wie Miet- und Heimverträgen vorgeschrieben. Eine wirksame Preiserhöhung erfordere eine knappe und nachvollziehbare Gesamtdarstellung. Den Erhöhungsverlangen der Beklagten fehle hingegen der erforderliche Bezug zu den materiell-rechtlichen Kriterien der Preiserhöhung.
II. Diese Beurteilung hält nur im Ergebnis der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Wie das Landgericht richtig entschieden hat, ist die Preisänderungsklausel in § 2 Abs. 2 des Vertrages nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie die Vertragspartner der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Ein Recht zur einseitigen Änderung des Vertragspreises steht der Beklagten daher nicht zu.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die beanstandete Klausel der Inhaltskontrolle unterliegt. Soweit die Revision geltend macht, die Bezugskosten der Beklagten, an deren Änderung die Preisanpassungsklausel anknüpft, seien kein bloßes Kostenelement des Arbeitspreises, sondern die einzigen bei der Preisfindung zu berücksichtigenden (variablen) Kosten, während alle anderen (fixen) Kosten durch den Grundpreis abgedeckt seien, ist dies zum einen vom Berufungsgericht nicht festgestellt. Zum anderen berechtigt die Klausel die Beklagte nicht zu einer Änderung des Arbeitspreises, sondern zu einer Änderung des Gaspreises, der sich nach § 2 Abs. 1 des Vertrages aus Grundpreis und Arbeitspreis zusammensetzt.
2. Hingegen kann dem Berufungsgericht nicht darin beigetreten werden, dass eine Konkretisierung eines Preisänderungsrechts der Beklagten notwendigerweise entweder mit den Schranken kollidieren müsste, die dem Preiserhöhungsverlangen eines marktbeherrschenden Versorgers wie der Beklagten durch § 19 GWB gesetzt seien, oder für den Verbraucher unverständlich bleiben müsse.
a) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist es allerdings, dass das Berufungsgericht die Beklagte, von der es festgestellt hat, dass sie mangels eines funktionierenden Durchleitungssystems wirksamem Wettbewerb anderer Gasanbieter nicht ausgesetzt ist, für marktbeherrschend erachtet hat. Dem steht nicht entgegen, dass der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom (BGHZ 172, 315 Tz. 34) den dort beklagten Gasversorger im Sinne der "Monopolrechtsprechung" zu § 315 BGB nicht als Inhaber einer Monopolstellung angesehen hat, weil er zwar der einzige örtliche Anbieter leitungsgebundener Versorgung mit Gas sei, aber wie alle Gasversorgungsunternehmen auf dem Wärmemarkt in einem (Substitutions-)Wettbewerb mit Anbietern konkurrierender Heizenergieträger wie Heizöl, Strom, Kohle und Fernwärme stehe. Der für die kartellrechtliche Beurteilung sachlich relevante Markt ist gleichwohl der Gasversorgungsmarkt, da ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie nicht besteht (BGHZ 151, 274, 282 - Fernwärme für Börnsen). Das Berufungsgericht hat dies zutreffend damit begründet, dass ein Wechsel von einem zu einem anderen Energieträger mit erheblichen, als Marktzutrittsschranken wirkenden Umstellungskosten verbunden ist und für viele Letztverbraucher wie Mieter und einzelne Wohnungseigentümer schon mangels rechtlicher Befugnis zu einem solchen Wechsel ausgeschlossen ist. Dass die Preisentwicklung auf anderen Märkten für Wärmeenergie die Preisbildung auf dem Gasversorgungsmarkt wesentlich mitbestimmt, wie schon die auch im Streitfall mit dem Vorlieferanten der Beklagten vereinbarte Kopplung des Gaspreises an den Marktpreis für leichtes Heizöl zeigt, ändert nichts daran, dass die Gasversorgung aus der Sicht der Erdgas als Heizenergie verwendenden Letztverbraucher als Marktgegenseite grundsätzlich nur in Ausnahmefällen, in denen die Grundentscheidung über die für die Beheizung eines Gebäudes verwendete Energie erstmals oder erneut getroffen wird, durch andere Heizenergieträger substituierbar ist (vgl. auch , Tz. 15 f. - Soda-Club II [für BGHZ vorgesehen]).
b) Daraus folgt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts jedoch nicht, dass sich der Inhalt einer Preisanpassungsklausel an kartellrechtlichen Kriterien ausrichten müsste.
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklauseln sind, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht grundsätzlich unwirksam. Sie sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (BGHZ 172, 315 Tz. 22; , NJW 2007, 1054 Tz. 20; Urt. v. - III ZR 63/07, WRP 2008, 112 Tz. 19, jeweils m.w.N.).
Zwar nimmt das Berufungsgericht zu Recht an, dass eine Preiserhöhung, mit der die Beklagte ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen würde, auch vertragsrechtlich nicht angemessen wäre und nicht der Billigkeit im Sinne des § 315 BGB entspräche. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, die Beklagte müsse, um die Angemessenheit des von ihr verlangten Preises darzutun, auch darlegen, dass ihre Preisforderung kein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne des § 19 Abs. 1 GWB ist. Denn der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung wird nicht vermutet und muss grundsätzlich von demjenigen dargelegt werden, der sich auf einen solchen Missbrauch beruft. Diese gesetzliche Wertung ist unbeschadet dessen zu beachten, dass ein festgestellter Missbrauch sich auch auf das Billigkeitsurteil im Sinne des § 315 BGB auswirken muss (vgl. auch BGHZ 172, 315 Tz. 18).
3. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts hat das Landgericht die Klausel nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, sondern nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB für unwirksam gehalten und dazu ausgeführt: Die Preisbestimmung sei von einem überprüfbaren Preisindex abgekoppelt und schließe nicht aus, dass die Beklagte schlecht ausgehandelte Vorlieferantenpreise auf die Kläger abwälze. Sie lasse eine Preiserhöhung zudem nicht nur entsprechend dem Zulieferpreis zu. Mögliche Einsparungen bei anderen Kostenfaktoren müssten nicht berücksichtigt werden. Nach dem Wortlaut der Klausel sei es sogar möglich, den Preis bei einer Senkung des Zulieferpreises zu erhöhen. Auch die Berücksichtigung von Einstandspreiserhöhungen, die bereits vor Vertragsschluss vorgenommen worden oder zumindest absehbar gewesen seien, sei nicht ausgeschlossen. Schließlich sei eine Pflicht der Beklagten zur Senkung des Bezugspreises bei einer Preissenkung durch den Vorlieferanten nicht vorgesehen. Ob es der Klausel auch an der notwendigen Transparenz fehle, bedürfe hiernach keiner Erörterung.
4. Diese Beurteilung erweist sich im Ergebnis als zutreffend. Die Preisänderungsklausel benachteiligt die Kunden der Beklagten schon deshalb entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil sie nur das Recht der Beklagten enthält, Erhöhungen ihres Gaseinstandspreises an ihre Kunden weiterzugeben, nicht aber die Verpflichtung, bei gesunkenen Gestehungskosten den Preis zu senken. Hierdurch wird es der Beklagten ermöglicht, eine erhöhte Kostenbelastung durch eine Preiserhöhung aufzufangen, hingegen den Vertragspreis bei einer Kostensenkung durch einen geringeren Einstandspreis unverändert zu lassen. Risiken und Chancen einer Veränderung des Einstandspreises werden damit zwischen den Parteien ungleich verteilt; eine solche unausgewogene Regelung rechtfertigt kein einseitiges Recht der Beklagten zur Änderung des sich aus der vertraglichen Vereinbarung der Parteien ergebenden Preises.
a) Eine Preisanpassungsklausel muss das vertragliche Äquivalenzverhältnis wahren (BGHZ 82, 21, 25; 158, 149, 158) und darf dem Verwender nicht die Möglichkeit geben, nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern auch einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (vgl. BGHZ 94, 335, 339 f.; , NJW 1990, 115; Urt. v. - VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717; BGH NJW 2007, 1054 Tz. 21; WRP 2008, 112 Tz. 19). Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung der Beklagten enthält die Klausel - jedenfalls in der gebotenen "kundenfeindlichsten" Auslegung - jedoch keine Verpflichtung der Beklagten, einem gefallenen Gaseinkaufspreis nach gleichen Maßstäben wie einem gestiegenen Preis Rechnung zu tragen, und damit die Möglichkeit einer ungerechtfertigten Erhöhung ihrer Gewinnspanne.
aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr.; s. nur BGHZ 102, 384, 389 f.). Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Nach ständiger Rechtsprechung führt diese Auslegungsregel im Verbandsprozess dazu, dass bei einer mehrdeutigen Klausel von den möglichen Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt (s. nur BGHZ 139, 190, 199; 158, 149, 155). Denn damit ist die scheinbar "kundenfeindlichste" Auslegung im Ergebnis regelmäßig die dem Kunden günstigste. Diese Regel gilt aber nicht nur im Verbandsprozess, sondern kann auch im Individualprozess anwendbar sein (Basedow in MünchKomm. BGB, 5. Aufl., § 305c Rdn. 20, 35; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 305c Rdn. 20; jeweils m.w.N.; beachtliche Argumente hierfür sieht bereits , NJW 1992, 1097, 1099; Urt. v. - XI ZR 65/93, NJW 1994, 1798, 1799; auf die kundenfeindlichste Auslegung stellt ohne weiteres im Individualprozess ab , NJW 2008, 987 Tz. 9; für eine "kundenfeindliche" Anwendung der Unklarheitenregel wohl auch , NJW 2005, 425, 426). Führt die kundenfeindlichste Auslegung zur Unwirksamkeit der Klausel und begünstigt dadurch den Kunden, ist diese Auslegung zugrunde zu legen. Erst wenn sich die Klausel nach jeder in Betracht kommenden Auslegung als wirksam erweist, ist bei der Anwendung der Klausel die dem Kunden günstigste Auslegung maßgeblich. Hierdurch wird vermieden, dass die Entscheidung im Individualprozess auf eine Klausel gegründet wird, die im Verbandsprozess für unwirksam zu erklären wäre.
bb) Die Klausel berechtigt die Beklagte zu einer Preisanpassung bei einer Preisänderung durch ihren Vorlieferanten. Ein solches Preisanpassungsrecht ist im Allgemeinen dahin auszulegen, dass dem Versorger das Recht eingeräumt wird, den Umfang der Preisanpassung im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu bestimmen (vgl. BGHZ 97, 212, 217 zu Zinsanpassungsklauseln). Dies schließt es entgegen der Auffassung des Landgerichts jedenfalls aus, eine Senkung des Einstandspreises zum Anlass für eine Preiserhöhung zu nehmen. Die Bindung der Preisanpassung an den Maßstab billigen Ermessens mag es ferner ausschließen, bei einer Preisanpassung nur Erhöhungen des Einstandspreises zu berücksichtigen, jedoch ein vorübergehendes Absinken des Einstandspreises außer Betracht zu lassen. Jedoch lässt die Klausel eine Auslegung zu, nach der die Beklagte zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, nach gleichmäßigen Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung unabhängig davon vorzunehmen, in welche Richtung sich der Einstandspreis seit Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt hat.
Die Möglichkeit zur Preisanpassung ist als Recht, nicht als Pflicht der Beklagten ausgestaltet. Dies ist nicht grundsätzlich zu beanstanden, da es nicht im Interesse der Kunden der Beklagten sein kann, diese zu verpflichten, jede Erhöhung der Gaskosten unverzüglich weiterzugeben. Die Ausgestaltung der Preisanpassungsklausel als Recht der Beklagten für den Fall einer Preisänderung durch ihren Vorlieferanten lässt indessen erkennen, dass die Klausel jedenfalls primär auf die Weitergabe von Preissteigerungen zugeschnitten ist. Ihr ist damit jedenfalls nicht mit der ein anderes Verständnis ausschließenden Eindeutigkeit zu entnehmen, nach welchen Kriterien die Beklagte den Preisänderungszeitpunkt zu bestimmen hat. Der Einstandspreis des Versorgers ändert sich typischerweise häufiger als sein Abgabepreis. So ändert sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch der von der Beklagten zu zahlende - an den Preis für leichtes Heizöl in einer bestimmten Referenzperiode gekoppelte - Arbeitspreis quartalsweise jeweils zum ersten Tag des ersten Monats, während die Beklagte den Vertragspreis in den Jahren 2005 und 2006 jeweils zweimal, jedoch zu unterschiedlichen Terminen, angepasst hat. Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die in der Preisanpassungsklausel nicht vorgegebene Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Einstandskosten umgehend, niedrigeren Einstandskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen.
cc) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil der und in Folgeentscheidungen eine hinsichtlich der Maßstäbe und Zeitpunkte einer Zinsänderung offene Zinsanpassungsklausel für wirksam erachtet hat (BGHZ 97, 212, 217 ff.; 118, 126, 130 f.; , NJW 1993, 3257, 3258).
Zum einen hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem Urteil vom (BGHZ 158, 149, 156) ausdrücklich offengelassen, ob an dieser Beurteilung im Hinblick auf die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung zu Preisanpassungsklauseln festzuhalten ist. Zum anderen ist das Urteil vom , das auch nicht den Grundsatz der "kundenfeindlichsten" Auslegung zugrunde legt, ausdrücklich darauf gestützt, dass die Wirksamkeit eines Preisänderungsrechts nicht ohne Berücksichtigung der Art des konkreten Vertrages, der typischen Interessen der Vertragschließenden und der die jeweilige Klausel begleitenden Regelung entschieden werden kann (BGHZ 93, 252, 257) und für die Beurteilung von Kreditverträgen insoweit - auch aus der Sicht der Kunden - andere Kriterien gelten als für Kauf- und Werkverträge, da die Festlegung der - gleichermaßen in beide Richtungen schwankenden - Zinsen anderen Regeln folgt als die Bestimmung der (Haupt-)Gegenleistung bei Kauf- und Werkverträgen (BGHZ 97, 212, 218).
b) Entgegen der Auffassung der Revision steht der Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel schließlich auch nicht entgegen, dass sie dem gesetzlichen Leitbild des (bis zum geltenden) § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV entspräche.
Allerdings kann den Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden ebenso wie den Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden, obwohl sie für Sonderverträge nicht gelten, "Leitbildfunktion im weiteren Sinne" zukommen (BGHZ 138, 118, 126 ff.). Indessen ist eine solche Funktion den Vorschriften der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden nicht pauschal beizumessen, sondern jeweils für die einzelne in Rede stehende Bestimmung zu prüfen. Damit wird auch dem Umstand angemessen Rechnung getragen, dass nach § 310 Abs. 2 BGB zwar die §§ 308, 309 keine Anwendung auf Verträge über die Versorgung von Sonderabnehmern mit Gas finden, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden abweichen, die allgemeine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB jedoch nicht ausgeschlossen ist.
Hiernach kommt § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV Leitbildfunktion für die streitige Preisänderungsklausel nicht zu. Die Vorschrift bestimmt, dass das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung stellt und dass Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. Zwar ergibt sich auch aus dem Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht entgegen der Auffassung der Kläger ein (gesetzliches) Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB (BGHZ 172, 315 Tz. 17). Dass die Norm keine Vorgaben zu Zeitpunkt und Inhalt von Preisänderungen nennt, ist jedoch eine unmittelbare Folge des Umstandes, dass Tarifkunden zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen beliefert werden und beliefert werden müssen. Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.) ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist, und enthält damit gerade dasjenige zu einer ausgewogenen Regelung notwendige Element, das der von der Beklagten vorgegebenen vertraglichen Anpassungsklausel fehlt.
c) Dass ein Kündigungsrecht der Abnehmer - unabhängig davon, ob allein das vertraglich vorgesehene Recht besteht, den Vertrag nach zweijähriger Laufzeit mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen, oder ob über § 6 Abs. 1 ein Sonderkündigungsrecht nach § 32 Abs. 2 AVBGasV in Betracht kommt - angesichts der marktbeherrschenden Stellung der Beklagten die Benachteiligung der Abnehmer nicht ausgleichen kann, hat das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang rechtsfehlerfrei ausgeführt.
d) Hiernach kann dahinstehen, ob es der Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel auch entgegensteht, dass die Beklagte das Gewicht des Gaseinkaufspreises bei der Kalkulation des Gesamtpreises nicht offengelegt hat (s. dazu BGH NJW-RR 2005, 1717; NJW 2007, 1054 Tz. 23 ff.; WRP 2008, 112 Tz. 19).
5. An Stelle der unwirksamen Preisanpassungsklausel tritt entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung auch kein Preisänderungsrecht entsprechend § 4 AVBGasV. Die Verordnung gibt dem Versorger kein allgemeines Preisanpassungsrecht, sondern das Recht zur Bestimmung (und Änderung) derjenigen allgemeinen Tarife und Bedingungen, zu denen der Versorger nach § 6 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes (1998) jedermann an sein Versorgungsnetz anzuschließen und zu versorgen hat (§ 1 Abs. 1 AVBGasV). Die Kläger sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch keine Tarif-, sondern Sondervertragskunden. Der Preis, den sie zu zahlen haben, ergibt sich nicht aus dem allgemeinen, für jedermann geltenden Tarif der Beklagten, sondern aus der vertraglichen Vereinbarung in § 2 Abs. 1 des Gasbezugsvertrages. Auf einen solchen vereinbarten Preis findet das Tarifbestimmungsrecht des Versorgers weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung.
6. Der Beklagten ist auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Preisänderungsrecht zuzubilligen.
Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag nach § 306 Abs. 1 BGB im Übrigen wirksam und richtet sich sein Inhalt gemäß § 306 Abs. 2 nach den gesetzlichen Vorschriften. Anders als nach § 139 BGB ist der Vertrag nach § 306 Abs. 3 BGB nur dann insgesamt unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung derjenigen Inhaltsvorgaben, die sich aus der Geltung der gesetzlichen Vorschriften nach Absatz 2 ergeben, eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.
Diese gesetzliche Regelung schließt nach ständiger Rechtsprechung eine ergänzende Vertragsauslegung nicht aus, weil es sich auch bei den Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB, in denen die ergänzende Vertragsauslegung ihre Grundlage hat, um gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 306 Abs. 2 BGB handelt (BGHZ 90, 69, 75). Jedoch muss auch bei einer ergänzenden Vertragsauslegung die Grundentscheidung des Gesetzgebers beachtet werden, den Vertrag grundsätzlich mit dem sich aus den Normen des dispositiven Gesetzesrechtes, welche der ergänzenden Vertragsauslegung vorgehen, ergebenden Inhalt aufrechtzuerhalten (vgl. BGHZ 117, 92, 99). Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt daher nur in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zu Gunsten des Kunden verschiebt (BGHZ 90, 69, 75 ff.; 137, 153, 157; 143, 103, 120).
Im Streitfall steht der Beklagten das Recht zu, sich nach zweijähriger Vertragsdauer mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist vom Vertrag zu lösen. Wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt an den vertraglich vereinbarten Preis gebunden bleibt, so führt dies nicht ohne weiteres zu einem unzumutbaren Ergebnis.
Dass die Beklagte in den Tatsacheninstanzen Umstände dargetan hätte, die eine andere Beurteilung geböten, zeigt die Revision nicht auf.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2008 S. 1360 Nr. 26
NJW 2008 S. 2172 Nr. 30
WM 2008 S. 1465 Nr. 31
ZIP 2009 S. 329 Nr. 7
CAAAC-81363
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja