Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: RBerG § 1 a.F.; StPO § 475; BRAO § 209; BRAO § 209 Abs. 1 Satz 1; BVerfGG § 31 Abs. 1
Instanzenzug: AGH Schleswig, 1 AGH 7/06 vom
Gründe
I.
Der im Jahre 1940 geborene Antragsteller absolvierte nach einer dreijährigen Ausbildung zum Elektroinstallateur und einer zwölfjährigen Dienstzeit bei der Bundeswehr eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann. Anschließend war er bei einer Versicherung als Schadenssachbearbeiter tätig. Am wurde ihm seinem Antrag entsprechend gemäß Art. 1 § 1 RBerG a.F. die Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten mit der Beschränkung "auf die Bearbeitung von Schadensersatzansprüchen im Bereich des Kraftfahrzeugverkehrs" erteilt. Damit verbunden war die Genehmigung der Berufsbezeichnung "Rechtsbeistand". Diese Erlaubnis wurde am auf Antrag des Antragstellers erweitert "auf die außergerichtliche Einziehung von Forderungen (Inkassobüro)".
Seit seiner Zulassung als Rechtsbeistand bearbeitet der Antragsteller überwiegend Akteneinsichtsgesuche für Versicherungen. Unter Vorlage entsprechender Vollmachten fordert er bei den Ermittlungsbehörden die Akten zur Übersendung in sein Büro an, fertigt Kopien der wesentlichen Aktenbestandteile und übersendet diese an die auftraggebenden Versicherungen. In mindestens zwei Fällen sind in der Vergangenheit Akteneinsichtsgesuche des Antragstellers mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass nur Rechtsanwälten oder "verkammerten" Rechtsbeiständen, d.h. solchen, die Mitglieder in einer Rechtsanwaltskammer sind, gemäß § 475 StPO Akteneinsicht gewährt werden könne. In einem Fall (Amtsgericht B. ) hat der Antragsteller gegen die versagende Entscheidung Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erhoben. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde mit Kammerbeschluss vom - 1 BvR 2119/01 (NJW 2002, 2307) nicht angenommen und zur Begründung ausgeführt, dass die Verweigerung von Akteneinsicht an nicht verkammerte Rechtsbeistände keinen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 oder Art. 3 Abs. 1 GG darstellt. Allerdings findet sich im Tatbestand dieser Entscheidung die sachlich unrichtige Bemerkung: "Der Beschwerdeführer verfügt seit 1974 über eine Vollerlaubnis (Hervorhebung durch den Senat) als Rechtsbeistand im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Rechtsberatungsgesetz (RBerG) a.F. ...". Weiterhin heißt es zum Ende der Entscheidungsgründe: "... Es bleibt dem Beschwerdeführer unbenommen, gemäß § 209 BRAO Mitglied einer Rechtsanwaltskammer zu werden und sich den erwünschten Tätigkeitsbereich zu eröffnen ...".
Mit Schreiben vom hat der Antragsteller beantragt, ihn gemäß § 209 BRAO in die S. Rechtsanwaltskammer aufzunehmen. Diesen Antrag hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom mit der Begründung abgelehnt, dass der Antragsteller nicht über die für eine Zulassung nach § 209 BRAO erforderliche Vollerlaubnis als Rechtsbeistand im Sinne des Art. 1 § 1 RBerG a.F. verfüge. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte keinen Erfolg. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 209 Abs. 1 Satz 3, 42 Abs. 1 Nr. 1 BRAO), in der Sache jedoch nicht gerechtfertigt.
1. Personen, die im Besitz einer uneingeschränkten oder unter Ausnahme lediglich des Sozial- oder Sozialversicherungsrechts erteilten Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Rechtsbesorgung sind, sind auf Antrag in die zuständige Rechtsanwaltskammer aufzunehmen (§ 209 Abs. 1 Satz 1 BRAO). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt der Beschwerdeführer nicht.
a) Der Beschwerdeführer hat keine Vollerlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erhalten. Die ihm erteilte Erlaubnis ist auf das Gebiet der Bearbeitung von Schadensersatzansprüchen im Bereich des Kraftfahrzeugverkehrs und auf die Wahrnehmung von Inkassotätigkeiten beschränkt. Damit handelt es sich um eine - zudem auf einen eng begrenzten Aufgabenbereich beschränkte - (Teil-) Erlaubnis nach altem Recht, die nicht zur Aufnahme nach § 209 Abs. 1 Satz 1 BRAO berechtigt (vgl. Senat, Beschl. vom - AnwZ (B) 53/98, NJW 1999, 1116).
b) Die Erlaubnisurkunde ist - wie bereits der Anwaltsgerichtshof zutreffend ausgeführt hat - auch nicht etwa in sich widersprüchlich, weil sie dem Antragsteller zugleich die Befugnis erteilt hat, die Berufsbezeichnung "Rechtsbeistand" zu führen. Auch derjenige, dem nach altem Recht nur eine Teilerlaubnis erteilt wurde, durfte und darf sich "Rechtsbeistand" nennen (vgl. Senat aaO).
c) Der Beschwerdeführer kann sich auch nicht auf eine Bindungswirkung der Entscheidung des berufen. Grundsätzlich entfalten Nichtannahmebeschlüsse der Kammern des Bundesverfassungsgerichts schon keine Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG, da es sich nicht um Sachentscheidungen, sondern lediglich um Entscheidungen über die Annahmevoraussetzungen handelt (BVerfGE 92, 91, 107; Heusch in Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. § 31 Rn. 55). Im Übrigen werden von der Bindungswirkung nur die Entscheidungsformel und die tragenden Entscheidungsgründe erfasst (BVerfGE 40, 88, 93 f.; 96, 375, 404). Hierzu zählen jedoch nicht Feststellungen tatsächlicher Art, auf denen die rechtliche Bewertung des Bundesverfassungsgerichts beruht. Schließlich scheidet eine Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG auch deshalb aus, weil diese grundsätzlich nur die gerichtliche Auslegung der Verfassung, nicht aber die einfachrechtlicher Normen (hier: des § 209 BRAO) erfasst (Heusch aaO Rn. 60). Deren verbindliche Auslegung und Anwendung ist Sache der hierzu berufenen Fachgerichte (BVerfGE 40, 88, 94). Eine Aussage darüber, dass eine bestimmte Auslegung des § 209 BRAO der Verfassung widerspricht, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom nicht getroffen.
2. Die Regelung in § 209 Abs. 1 Satz 1 BRAO ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom (aaO S. 1117) im Einzelnen ausgeführt hat.
Fundstelle(n):
BAAAC-81333
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein