Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: KSchG § 23
Instanzenzug: ArbG Köln, 12 Ca 13313/04 vom LAG Köln, 7 Sa 844/05 vom
Tatbestand
Die Klägerin macht die Unwirksamkeit einer vom Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung geltend. Dabei streiten die Parteien im Wesentlichen um die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes.
Die Klägerin war seit 1995 in der Praxis des Beklagten als Arzthelferin beschäftigt. Am kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich zum .
Am hatte der Beklagte mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung waren in der Praxis des Beklagten neben der Klägerin die ebenfalls vollbeschäftigten Mitarbeiterinnen S, W, F, Fr, Si und R und die teilzeitbeschäftigte Mitarbeiterin Fre als Arbeitnehmerinnen tätig. Ferner bestanden ruhende Arbeitsverhältnisse mit den in Erziehungsurlaub/Elternzeit befindlichen Arbeitnehmerinnen L und H. Eine Frau B verrichtete Schreibarbeiten (Arztbriefe, OP-Berichte, Gutachten uä.) in ihrem eigenen Büro gegen Rechnung für die Praxis des Beklagten. Auch die Ehefrau des Beklagten, Frau A, die als stille Gesellschafterin an der Praxis beteiligt ist, betätigte sich in den Praxisräumen.
Die Arbeitnehmerinnen F, Fr, Si und R waren erst im Laufe des Jahres 2004 eingestellt worden. Andererseits hatten die auch schon am bei dem Beklagten vollzeitbeschäftigten Mitarbeiterinnen G, P und K mit Ablauf ihrer befristeten Arbeitsverträge am , bzw. die Praxis verlassen. Schließlich hatte ein in der Praxis beschäftigter Arzt Dr. Bö sein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten zum beendet.
Das Arbeitsverhältnis der Mitarbeiterin S ist zur Vertretung der in Elternzeit befindlichen Mitarbeiterin L bis zum zweckbefristet. Nach Darstellung der Beklagten ist ferner auch das Arbeitsverhältnis der Mitarbeiterin W zweckbefristet für die Dauer des Erziehungsurlaubs der Arbeitnehmerin H.
Die Klägerin hält die Kündigung für sozialwidrig und hat die Auffassung vertreten, das Kündigungsschutzgesetz sei auf ihren Fall anwendbar. Die Übergangsregelung in § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG sei unter Vertrauensschutzgesichtspunkten bestandserhaltend auszulegen. Arbeitnehmer wie die Klägerin, die am bereits Kündigungsschutz nach dem alten Rechtszustand erworben hätten, behielten diesen nach Maßgabe des bisherigen Rechts. Sowohl am als auch im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am habe der Beklagte unstreitig mehr als 5 Arbeitnehmerinnen beschäftigt. Richtigerweise seien dabei auch Frau B und die Ehefrau des Beklagten als Arbeitnehmerinnen mitzuzählen.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom nicht mit dem sein Ende gefunden hat.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat sich darauf berufen, dass auf die streitige Kündigung die Regeln des Kündigungsschutzgesetzes nicht anwendbar seien. Im Zeitpunkt der Kündigung seien weniger als 10 Arbeitnehmer/-innen beschäftigt gewesen. Von den im Zeitpunkt der Kündigung Beschäftigten seien einschließlich der Klägerin nur 3,5 Arbeitskräfte auch bereits am Arbeitnehmer/-innen des Betriebs gewesen. Frau B und Frau A hätten zu keinem Zeitpunkt in einem Arbeitsverhältnis zur Praxis gestanden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Gründe
Die Revision ist unbegründet.
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung habe das Arbeitsverhältnis beendet. Die Schutzvorschriften des Kündigungsschutzgesetzes seien nicht anwendbar, weil der Betrieb des Beklagten die Schwellenwerte nach § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG nicht erreiche. Der Beklagte beschäftige nicht mehr als zehn Arbeitnehmer. Die ruhenden Arbeitsverhältnisse der durch befristet eingestellte Kräfte vertretenen Arbeitnehmerinnen seien nach § 21 Abs. 7 BErzGG nicht mitzuzählen. Zwar beschäftige der Beklagte mehr als 5 Arbeitnehmer und habe auch am mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt. Indes seien von den derzeit Beschäftigten weniger als 6, nämlich allenfalls 4,5 Arbeitnehmer bereits am im Betrieb gewesen. Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG könnten aber nur solche Arbeitnehmer berücksichtigt werden, deren Arbeitsverhältnis bereits vor dem begründet worden sei. Der Vortrag der Klägerin reiche nicht aus, um Frau B und Frau A als Arbeitnehmerinnen einzuordnen und bei der Beschäftigtenzahl zu berücksichtigen. Selbst wenn man aber annehme, insoweit liege die Darlegungslast beim Arbeitgeber, reiche angesichts der vom Beklagten hierzu gemachten Angaben das nur allgemein bestreitende Vorbringen der Klägerin nicht aus. Letztlich habe der Beklagte die verfassungsrechtlich unbedenkliche Vorschrift des § 23 KSchG auch nicht missbräuchlich zu einer "Flucht aus dem Kündigungsschutz" genutzt.
B. Dem stimmt der Senat zu. Die Kündigung vom hat das Arbeitsverhältnis beendet. Sie ist insbesondere nicht sozialwidrig. § 1 KSchG findet auf die Kündigung keine Anwendung, weil keiner der nach § 23 KSchG in Betracht kommenden Schwellenwerte erreicht ist.
I. Der Beklagte beschäftigte nicht mehr als zehn Arbeitnehmer (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG). Die entsprechenden Würdigungen des Landesarbeitsgerichts lassen keinerlei Rechtsfehler erkennen und werden auch von der Revision nicht angegriffen.
II. Auch der Schwellenwert nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist unterschritten. Die Zahl der berücksichtigungsfähigen Beschäftigten beträgt allenfalls 4,5, wie das Landesarbeitsgericht ohne revisiblen Rechtsfehler festgestellt hat.
1. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht bei Anwendung des abgesenkten Schwellenwertes nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG nur diejenigen jetzt noch beim Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer berücksichtigt, die bereits vor dem beschäftigt waren. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass Ersatzeinstellungen für ausgeschiedene (Alt-)Arbeitnehmer bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden, trifft zu, wie der Senat bereits am (- 2 AZR 840/05 - AP KSchG 1969 § 23 Nr. 37 = EzA KSchG § 23 Nr. 29) mit erschöpfender Begründung entschieden hat. Dem ist nichts hinzuzufügen (vgl. Insamm/Zöll DB 2007, 694; Hergenröder EWiR 2007, 345; Röbke FA 2007, 369; Brors jurisPR-ArbR 19/2007 Anm. 1).
2. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, Frau B und Frau A seien nicht als Arbeitnehmerinnen anzusehen.
a) Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen sind unzulässig.
aa) Bei einer auf § 286 ZPO gestützten Rüge wegen übergangenen Beweisantritts genügt es nicht, nur vorzutragen, das Landesarbeitsgericht habe angetretene Beweise nicht berücksichtigt. Es muss vielmehr nach Beweisthema und Beweismittel angegeben werden, zu welchem Punkt das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft eine an sich gebotene Beweisaufnahme unterlassen haben soll und welches Ergebnis diese Beweisaufnahme hätte zeitigen müssen. Eine nicht näher bestimmte Bezugnahme auf einen übergangenen Beweisantritt reicht dazu nicht aus. Erforderlich ist die Angabe der genauen vorinstanzlichen Fundstelle der übergangenen Beweisanträge nach Schriftsatz und - jedenfalls bei umfangreichen Schriftsätzen - nach Seitenzahl. Ferner muss dargelegt werden, dass die Unterlassung der Beweiserhebung kausal für die Entscheidung gewesen ist ( - EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 5; - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145).
bb) Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. Der Beklagte hatte zu den von Frau B und Frau A verrichteten Tätigkeiten mehrfach vorgetragen, Unterlagen vorgelegt und Beweis angetreten. Zu Frau A hatte der Beklagte ausgeführt, es handele sich um seine an der Praxis als stille Teilhaberin beteiligte Ehefrau, die temporär anwesend, aber weder in den Betrieb eingegliedert noch weisungsabhängig tätig sei. Frau B arbeite in einem eigenen Schreibbüro und nicht nur für den Beklagten; sie schreibe Korrespondenz für den Beklagten und erteile monatlich Rechnung, und zwar in Höhe von 100,00 bis 150,00 Euro. Die Revision bezieht sich demgegenüber ohne Angabe von Seitenzahlen auf Vorbringen in den Vorinstanzen und meint, das Landesarbeitsgericht habe das dem Vortrag der Klägerin "entgegenstehende Vorbringen des Beklagten überprüfen und im Rahmen einer Beweisaufnahme im Einzelnen aufklären müssen". Sie trägt nicht vor, welchen Beweisantritten das Landesarbeitsgericht hätte nachgehen müssen. Ebensowenig legt sie dar, was die Zeugen, deren Vernehmung das Landesarbeitsgericht unterlassen hat, ausgesagt hätten und dass die Unterlassung der Beweiserhebung für die Entscheidung des Berufungsgerichts kausal war.
cc) Soweit die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe einen Hinweis erteilen müssen, legt sie nicht dar, welchen genauen Inhalt der Hinweis hätte haben sollen. Erst recht zeigt sie nicht auf, was sie auf diesen Hinweis vorgetragen hätte.
b) Die Verfahrensrügen sind auch unbegründet.
aa) Geht man davon aus, dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für die Erreichung der Schwellenwerte trägt (vgl. zur abgestuften Darlegungslast in diesen Fällen: - AP KSchG 1969 § 23 Nr. 34 = EzA KSchG § 23 Nr. 28), so ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe nicht ausreichend zur Arbeitnehmereigenschaft vorgetragen, nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat die genannte Entscheidung des Senats zwar nicht ausdrücklich erwähnt, der Sache nach aber angewandt. Die Klägerin hat sich insoweit auf allgemeine Ausführungen beschränkt, indem sie vorgetragen hat, Frau A sei mit der vollständigen Organisation und kaufmännischen Leitung befasst und außerhalb medizinischer Fragen die erste Ansprechpartnerin gewesen; Frau B habe umfassend Korrespondenzen und Schreibarbeiten erledigt. Lässt man dies als Vortrag der "ersten Stufe" ausreichen, so ist dann jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte sowohl zu Frau A als auch zu Frau B nähere Angaben gemacht hat, ohne dass die Klägerin dem substantiell entgegengetreten wäre. Damit hat die Klägerin weder für Frau A noch für Frau B deren Tätigkeit nach Ort und Zeit und Art der Erbringung so beschrieben, dass daraus Rückschlüsse auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und den zeitlichen Umfang der Beschäftigung hätten gezogen werden können. Solcher Vortrag muss der Klägerin jedoch möglich gewesen sein, weil die Verhältnisse im maßgeblichen Zeitraum für sie angesichts der überschaubaren Größe des Beschäftigungsbetriebs gut einsehbar zu Tage lagen. Zumindest ist es nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht das Vorbringen der Klägerin als nicht ausreichend wertete. Die Klägerin zeigt denn auch mit der Revision nicht auf, über welche ihrer Behauptungen das Landesarbeitsgericht hinweggegangen sein soll oder hätte Beweis erheben müssen.
bb) Geht man, wie es das Landesarbeitsgericht hilfsweise getan hat, davon aus, dass im Bereich des § 23 Abs. 1 KSchG der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast trägt, so enthält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte sei seiner prozessualen Obliegenheit nachgekommen und die Klägerin habe es an erheblichem Bestreiten fehlen lassen, ebenfalls keinen revisiblen Rechtsfehler. Der Beklagte hatte zur Art der Beschäftigung von Frau B detaillierte Angaben gemacht. Er hatte dargestellt, in welchem zeitlichen Umfang Frau B tätig wird, wie die Arbeit organisiert ist und wo sie geleistet wird. Zu keiner dieser Einzelheiten hat sich die Klägerin geäußert und tut es auch in der Revisionsbegründung nicht. Sie kann dem Vorhalt, ihre Ausführungen ermangelten der Tatsachensubstanz, auch nicht durch den Hinweis darauf entgehen, sie habe keine Möglichkeit gehabt, die entsprechenden Tatsachen wahrzunehmen. Die Klägerin war in den maßgeblichen Zeiträumen in dem vergleichsweise kleinen Betrieb des Beklagten beschäftigt und war in der Lage zu sehen, wer wann welche Arbeiten verrichtete. Gleiches gilt für Frau A. Auch deren Tätigkeit war für die Klägerin ohne weiteres erkennbar. Die Klägerin wäre daher in der Lage gewesen, zumindest Anhaltspunkte dafür zu liefern, dass Frau A als Arbeitnehmerin und nicht nur im Rahmen ihrer Beteiligung an der Praxis und ihrer persönlichen Beziehung als Ehefrau des Beklagten tätig wurde und dass dies in einem zeitlichen Umfang geschah, der ausreicht, um die Erreichung des Schwellenwerts darzulegen. Das Landesarbeitsgericht hat jedenfalls nicht die Grenzen des tatrichterlichen Ermessensspielraums überschritten, wenn es zu dem Ergebnis gekommen ist, das Vorbringen der Klägerin sei insoweit auch als Bestreiten nicht ausreichend.
C. Die Kosten ihrer erfolglos bleibenden Revision fallen der Klägerin zur Last.
Fundstelle(n):
DB 2008 S. 2092 Nr. 38
GAAAC-80637
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein