Schlüssige Darlegung der Sachaufklärungsrüge; Verletzung der prozessualen Fürsorgepflicht
Gesetze: FGO § 76, FGO § 115 Abs. 2, FGO § 116
Instanzenzug: , F
Gründe
Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen Erfolg.
1. Die von den Klägern erhobenen Rügen, das Finanzgericht (FG) habe gegen § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verstoßen, weil es die von ihnen gestellten Beweisanträge übergangen habe, genügen nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
a) Eine dahingehende schlüssige Rüge setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) voraus, dass der Beschwerdeführer substantiierte Angaben dazu macht, inwiefern das angefochtene Urteil des FG —ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts— auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre.
b) Daran fehlt es im Streitfall.
aa) Die Kläger haben u.a. beanstandet, dass das FG die von ihnen beantragte Vernehmung des Rechtsanwalts R als Zeugen nicht durchgeführt habe. Sie —die Kläger— hätten vor dem FG geltend gemacht, sie hätten im Zeitpunkt der Anschaffung der Objekte gar nicht die Absicht gehabt, die Grundstücke und Beteiligungen gewinnbringend zu verkaufen. Es sei vielmehr ihre Absicht gewesen, langfristig Mietüberschüsse aus den Objekten zu erzielen und damit ihren Lebensabend finanziell abzusichern. Zum Beweis dieses Vortrags hätten sie u.a. Rechtsanwalt R als Zeugen benannt. Dieser habe die Kläger seinerzeit im Rahmen der Konzeptionierung der Vorhaben wirtschaftlich und steuerlich beraten. R sei aus vielen Gesprächen mit den Klägern deren Ziel bekannt.
Hätte das FG den Zeugen Rechtsanwalt R vernommen, hätte dieser die in sein Wissen gestellten Tatsachen bestätigt. Er hätte bekundet, dass die Kläger bereits vor der Umsetzung des Konzepts nur die Absicht gehabt hätten, die in Rede stehenden Objekte langfristig zu vermieten und damit ihren Lebensabend finanziell abzusichern. Er hätte außerdem bekundet, dass die Kläger über keine Lebensversicherung verfügt hätten und sie bewusst die Tätigkeit in einen gewerblichen Bereich (X-GmbH & Co. KG) und in einen privaten Bereich getrennt hätten, um die bloße Vermögensverwaltung auch nach außen hin zu dokumentieren.
Entsprechendes gelte auch für ihr vom FG ebenfalls übergangenes Beweisangebot, den Zeugen Z zu vernehmen. Der Zeuge Z habe ebenso wie R bestätigen sollen, dass bei den Klägern im Zeitpunkt der Anschaffung der Objekte nicht die Absicht bestanden habe, diese im engen zeitlichen Zusammenhang wieder zu verkaufen.
bb) Die Kläger haben mit diesen —pauschal gehaltenen— Ausführungen nicht substantiiert darlegen können, dass die klageabweisende Entscheidung des FG bei einer Erhebung der von ihnen angebotenen Beweise auf der Grundlage des vom FG eingenommenen materiell-rechtlichen Standpunkts anders hätte ausfallen können.
In Übereinstimmung mit den in der ständigen Rechtsprechung des BFH entwickelten Grundsätzen (vgl. z.B. Beschlüsse vom IV B 119/97, BFH/NV 1998, 1475, und vom X B 185/03, BFH/NV 2005, 1060; Urteile vom X R 28/00, BFHE 200, 304, BStBl II 2003, 133; vom X R 74/99, BFHE 200, 380, BStBl II 2003, 245; vom III R 20/01, BFHE 200, 388, BStBl II 2003, 297; vom III R 10/01, BFHE 201, 515, BStBl II 2003, 510; vom XI R 34/99, BFH/NV 2001, 1545; vom X R 68/00, BFH/NV 2003, 891; vom III R 37/02, BFHE 207, 162, BStBl II 2004, 950; vom X R 51/03, BFH/NV 2005, 1532) ist das FG zu der Erkenntnis gelangt, dass eindeutige „objektive Anhaltspunkte, die geeignet wären, den sich aus der Veräußerung von mehr als drei Grundstücken in engem zeitlichen Zusammenhang mit deren Erwerb zu ziehenden Schluss zu widerlegen, dass bereits im Zeitpunkt der Anschaffung und der Bebauung eine zumindest bedingte Verkaufsabsicht bestanden hat”, nicht vorgelegen hätten. Soweit sich die Kläger in diesem Zusammenhang darauf berufen hätten, die veräußerten Objekte seien langfristig vermietet gewesen, seien sie damit schon deswegen nicht zu hören, weil die langfristige Vermietung eines gewerblichen Objekts nach ständiger, auch vom FG geteilter Rechtsprechung des BFH gerade kein Beweisanzeichen gegen eine von Anfang an bestehende Verkaufsabsicht sei (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 1532, m.w.N.). Ebenfalls nicht zu hören seien die Kläger damit, dass Ursache für die im Jahr 1989 getätigten Grundstücksverkäufe allein unvorhergesehene finanzielle Schwierigkeiten sowie gesundheitliche Probleme der Klägerin aufgrund schwerer Erkrankung gewesen seien. Denn nach wiederum ständiger und zutreffender Rechtsprechung des BFH seien die konkreten Anlässe und Beweggründe für die Grundstücksverkäufe in der Regel nicht geeignet, die aufgrund der Zahl der veräußerten Objekte und des zeitlichen Abstands der maßgebenden Tätigkeiten vermutete (bedingte) Veräußerungsabsicht bereits bei deren Anschaffung oder Bebauung auszuschließen (BFH-Urteil in BFHE 201, 515, BStBl II 2003, 510). Der Annahme einer zumindest bedingten Verkaufsabsicht der Kläger bereits bei Erwerb der später veräußerten Grundstücke stehe im Ergebnis auch nicht der Umstand entgegen, dass die veräußerten Objekte nach Angaben der Kläger jeweils langfristig finanziert gewesen seien. Zwar spreche die langfristige Finanzierung eines Objekts grundsätzlich für dessen Zuordnung zum Bereich der Vermögensverwaltung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 200, 388, BStBl II 2003, 297). Vor dem Hintergrund des erst kurz vor Veräußerung der Grundstücke in A, B, C und D erfolgten erstmaligen Erwerbs von Anteilen (Klägerin) bzw. Hinzuerwerbs von weiteren Anteilen (Kläger) an den jeweiligen Grundstücksgesellschaften sowie der weiteren von den Klägern auf dem Grundstücksmarkt entfalteten Tätigkeiten und ferner angesichts des Umstands, dass die langfristige Finanzierung der verkauften Objekte deren Veräußerung im Streitfall tatsächlich offensichtlich nicht behindert habe, vermöge der Senat in dieser langfristigen Finanzierung kein Indiz zu sehen, das gewichtig genug sei, die durch die Veräußerung von mehr als drei Objekten in engem zeitlichen Zusammenhang mit deren Erwerb begründete Annahme einer zumindest bedingten Verkaufsabsicht bereits bei Erwerb zu widerlegen.
Der Senat habe schließlich keine Veranlassung gesehen, den von den Klägern gestellten Beweisanträgen zu folgen. Soweit die Kläger die Anlässe und Beweggründe für die Grundstücksverkäufe sowie die Tatsachen unter Beweis gestellt hätten, dass die 1989 veräußerten vier Objekte langfristig vermietet und finanziert sowie attraktiv gelegen gewesen seien, habe es der Erhebung der insoweit angebotenen Beweise schon deshalb nicht bedurft, weil der Senat die diesbezüglichen Angaben der Kläger —ihre Richtigkeit unterstellt— als nicht entscheidungserheblich angesehen habe.
Auch soweit sich die Kläger zum Nachweis ihrer Behauptung, dass sie nicht die Absicht verfolgt hätten, die Grundstücke und/oder Beteiligungen gewinnbringend zu verkaufen, sondern es vielmehr ihre Absicht gewesen sei, langfristig Mietüberschüsse aus den veräußerten Objekten zu erzielen und damit ihren Lebensabend finanziell abzusichern, auf das Zeugnis des Rechtsanwalts R und des Z berufen und ihre Vernehmung als Partei begehrt hätten, sei der Senat nicht verpflichtet gewesen, die beantragten Vernehmungen durchzuführen. Denn die innere Einstellung der Kläger beim Erwerb der Objekte könne wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerer objektiver Merkmale ermittelt und beurteilt werden. Dies schließe eine unmittelbare Beweisführung durch eine Beteiligtenvernehmung oder durch Vernehmung von Zeugen, die ihre Kenntnis nur aus ihren Gesprächen mit den Steuerpflichtigen bezogen hätten, aus (vgl. BFH-Urteil in BFHE 207, 162, BStBl II 2004, 950). Der Senat habe schließlich auch davon absehen können, durch Vernehmung des Rechtsanwalts R Beweis über die Behauptung der Kläger zu erheben, dass ihre Tätigkeit als langfristig vermögensverwaltend angelegt gewesen sei und in den vier Grundstücksgesellschaften A, B, C und D habe verwirklicht werden sollen sowie dieses Konzept mit ihrem —der Kläger— steuerlichen Berater abgestimmt gewesen sei. Denn ob eine Tätigkeit oder ein Konzept als auf langfristige Vermögensverwaltung angelegt einzustufen sei, sei letztlich das Ergebnis einer Wertung und damit keine unmittelbar einer Beweiserhebung zugängliche Tatsache.
Mit diesen Ausführungen hat das FG im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BFH und ohne Verstoß gegen die Denkgesetze und allgemeinen Erfahrungssätze zum Ausdruck gebracht, dass die von den Klägern unter Beweis gestellten, nicht näher konkretisierten und pauschal gehaltenen Behauptungen, sie hätten im Zeitpunkt des Erwerbs und der Bebauung der in Rede stehenden Immobilien nicht die Absicht verfolgt, diese Objekte in absehbarer Zeit zu veräußern, sondern langfristig —zur Sicherung ihrer Altersvorsorge— durch Vermietung zu nutzen, nicht geeignet seien, das durch das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze und den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Erwerb und Bebauung der Objekte und deren Veräußerung begründete gewichtige Indiz für das schon anfängliche Vorhandensein einer zumindest bedingten Wiederverkaufsabsicht zu entkräften. Das FG ist folglich —ohne Rechtsirrtum und verfahrensfehlerfrei— von der fehlenden Entscheidungserheblichkeit der von den Klägern unter Beweis gestellten Behauptungen ausgegangen und hat im Übrigen zu Gunsten der Kläger als wahr unterstellen können, dass die Zeugen die (pauschalen) Angaben der Kläger bestätigen würden.
2. Aus denselben Erwägungen greift auch die weitere Verfahrensrüge nicht durch, das FG habe auch ohne entsprechenden Beweisantritt den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufklären müssen. Auch insoweit fehlt es an der gebotenen Darlegung, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (zu diesem Erfordernis vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 70, m.w.N.).
Im Übrigen lässt sich dem im ersten Rechtsgang erlassenen (BFH/NV 2006, 1247), mit dem die seinerzeitige erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen wurde, nicht (zwingend) entnehmen, dass vor einer abschließenden Entscheidung noch weitere Sachaufklärungsmaßnahmen erforderlich seien. Denn der IX. Senat des BFH hatte die Vorentscheidung allein mit der Erwägung aufgehoben, dass das FG die bislang unterlassene Gesamtwürdigung der Verhältnisse des Streitfalls nachholen müsse.
3. a) Nicht schlüssig erhoben haben die Kläger des Weiteren ihre (Verfahrens-)Rüge, das FG habe „gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens” bzw. gegen „das Verbot von Überraschungsentscheidungen” verstoßen, indem es sein Urteil in wesentlichen Teilen auf Aspekte gestützt habe, die im „vorher laufenden Rechtsstreit nie angesprochen” worden seien.
Die Kläger haben es insoweit bereits unterlassen mitzuteilen, welche Aspekte dies sein sollen.
b) Ferner beanstanden die Kläger, das FG habe seine prozessuale Fürsorgepflicht insoweit verletzt, als es die Kläger nicht darauf hingewiesen habe, dass es die angebotenen Beweise für unbeachtlich halte. Deshalb sei den Klägern die Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag genommen worden.
Insoweit haben die Kläger nicht —wie es geboten gewesen wäre— dargelegt, welche (konkreten) ergänzenden Ausführungen sie im Falle eines entsprechenden Hinweises noch gemacht hätten und dass diese geeignet gewesen wären, die Entscheidung des FG —auch unter Zugrundelegung dessen materiell-rechtlichen Standpunkts— zu beeinflussen.
4. Der von den Klägern gerügte Verstoß gegen die Denkgesetze führt nicht zur Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels. Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze stellen in der Regel materiell-rechtliche Fehler dar, und zwar auch dann, wenn sich diese Fehler nicht auf die rechtliche Subsumtion, sondern auf die Würdigung von Tatsachen erstrecken (vgl. die Nachweise aus der Rechtsprechung bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 83). Abgesehen davon vermag der angerufene Senat —wie schon angedeutet (oben 1.b bb, letzter Absatz)— nicht zu erkennen, dass das FG im Rahmen seiner Würdigung der Verhältnisse des Streitfalls gegen die Denkgesetze verstoßen haben sollte.
5. Eine Zulassung der Revision ist entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht schließlich auch nicht wegen eines schwerwiegenden Rechtsfehlers, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, zuzulassen. Das Vorliegen eines derart schwerwiegenden Fehlers nimmt der BFH in ständiger Rechtsprechung dann an, wenn die angefochtene FG-Entscheidung objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. , BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25). Ein Richterspruch ist allerdings nicht schon dann (objektiv) willkürlich, wenn er (offensichtlich) fehlerhaft ist (vgl. z.B. , BFH/NV 2003, 1059; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 68, m.w.N.). Es genügt auch nicht, dass das FG mit seiner Rechtsauffassung von der herrschenden Meinung abweicht. (Objektive) Willkür liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Rechtslage in krasser Weise verkannt wird.
Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Wie schon dargelegt (oben 1.b bb), hat das FG die in der Rechtsprechung des BFH zum gewerblichen Grundstückshandel entwickelten abstrakten Rechtsgrundsätze in rechtlich vertretbarer Weise im Streitfall angewendet.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1192 Nr. 7
SAAAC-80257