Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: EuRAG § 1; ZPO § 42; BRAO § 106; BRAO § 107 Abs. 1 Satz 1; BRAO § 107 Abs. 2 Satz 1
Instanzenzug: AGH Naumburg, 1 AGH 14/05 vom
Gründe
I.
Der Antragsteller war zunächst als europäischer Rechtsanwalt im Sinne des § 1 EuRAG zugelassen und begehrte die Zulassung zur deutschen Rechtsanwaltschaft. Mit Bescheid vom hat die Antragsgegnerin die Zulassung abgelehnt. Den vom Antragsteller gegen den ablehnenden Bescheid gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen dessen Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt, die Gegenstand des Verfahrens AnwZ (B) 64/06 ist.
Daneben hat der Antragsteller gegen den Bescheid vom beim Verwaltungsgericht M. "Klage wegen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft" erhoben. Mit Beschluss vom hat das Verwaltungsgericht M. festgestellt, dass der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben sei und den Rechtsstreit an den Anwaltsgerichtshof des Landes S. verwiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht des Landes S. zurückgewiesen. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Verfassungsbeschwerde ist vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden (NJW 2006, 3049). Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers in dem Verfahren AnwZ (B) 79/06.
Der Antragsteller begehrt außerdem die Zulassung zum Oberlandesgericht N. . Die Antragsgegnerin hat einen entsprechenden Antrag mit Bescheid vom abgelehnt. Dagegen hat der Antragsteller zunächst Klage vor dem Verwaltungsgericht M. erhoben. Mit Beschluss vom hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben sei und den Rechtsstreit an den Anwaltsgerichtshof des Landes S. verwiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht des Landes S. zurückgewiesen. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers in dem Verfahren AnwZ (B) 73/06.
Mit Schriftsatz vom hat der Antragsteller mitgeteilt, er halte an allen bisher gestellten Befangenheitsanträgen fest. Zudem hat er erklärt, er möchte zusätzlich RiBGH Dr. F. ablehnen und weitere neue Gründe gegen Rechtsanwältin Dr. H. vorbringen.
Mit inhaltlich gleichlautenden Schriftsätzen vom hatte der Antragsteller sämtliche Rechtsanwälte, die dem Senat als ehrenamtliche Richter angehören, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hatte er im Wesentlichen geltend gemacht, die Bundesrechtsanwaltskammer habe die abgelehnten Richter aufgrund "berufspolitischer und wirtschaftlicher Eigeninteressen der deutschen Rechtsanwälte" in die Vorschlagsliste für die zu berufenden anwaltlichen Beisitzer aufgenommen. Die abgelehnten Richter seien als Rechtsanwälte und damit "erwerbswirtschaftlich im finanziellen Eigeninteresse tätig" und würden zum Antragsteller "im deutschen Rechtsberatungsmarkt im direkten wettbewerbsrechtlichen Konkurrenzverhältnis" stehen.
Überdies hatte der Antragsteller mit weiterem Schriftsatz vom einen der als ehrenamtlichen Richter tätigen Rechtsanwälte wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil dieser an dem Senatsbeschluss vom (BGH - AnwZ (B) 74/02, NJW 2003, 3706) mitgewirkt und darin "unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt" und "Tatsachen fehlerhaft und willkürlich bewertet" sowie "die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in willkürlicher Weise offensichtlich unzutreffend wiedergegeben und bewusst und gewollt missachtet" habe.
Die abgelehnten Richter haben sich zu den Ablehnungsgesuchen dienstlich geäußert.
II.
1. Die im Schriftsatz vom enthaltenen Ablehnungsgesuche gegen die ehrenamtlichen Richter des Senats sind als unzulässig zu verwerfen.
a) Die Gesuche sind rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig, weil nach § 42 ZPO nur einzelne Richter, nicht aber das Gericht als solches oder ein ganzer Senat abgelehnt werden können (vgl. ; , NJW 1974, 55, 56 m.w.N.). Das gilt folgerichtig auch für die Ablehnung aller ehrenamtlichen Richter dieses Fachsenats.
Bei der Ablehnung eines Richters müssen ernsthafte Umstände angeführt werden, die die Befangenheit des einzelnen Richters aus Gründen rechtfertigen, die in persönlichen Beziehungen dieses Richters zu den Parteien oder zu der zur Verhandlung stehenden Streitsache liegen (vgl. RG JW 1935, 2894, 2895; BGH NJW 1974, 55, 56; BVerwG NJW 1997, 3327). Daran fehlt es bei den Ablehnungsgesuchen des Antragstellers. Sie geben sich zwar den Anschein, als sollten die einzelnen namentlich benannten Richter abgelehnt werden, richten sich jedoch der Sache nach gegen alle ehrenamtlichen Richter, die für den Senat ausgewählt worden sind oder ausgewählt werden könnten. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass der Antragsteller die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter allein daraus herleitet, dass diese aus einer Vorschlagsliste ausgewählt worden sind, in die sie zuvor von der Bundesrechtsanwaltskammer aus den Reihen der zugelassenen Rechtsanwälte aufgenommen worden waren. Dies entspricht jedoch der gesetzlichen Regelung. Der Anwaltssenat beim Bundesgerichtshof ist ein Fachsenat mit besonderer Besetzung und als solcher Teil des Bundesgerichtshofs. Die Besetzung des Senats ergibt sich aus § 106 BRAO, der die Mitwirkung anwaltlicher Beisitzer vorsieht. Für diese ist in § 107 Abs. 1 Satz 1 BRAO bestimmt, dass sie vom Bundesministerium der Justiz berufen werden, und zwar aus einer Vorschlagsliste, die nach § 107 Abs. 2 Satz 1 BRAO das Präsidium der Bundesrechtsanwaltskammer aufgrund von Vorschlägen der Rechtsanwaltskammern dem Bundesministerium der Justiz einreicht.
b) Auch in der Sache hätten die Ablehnungsanträge, wären sie zulässig, keinen Erfolg. Entgegen der Ansicht des Antragstellers bieten die Regelungen über die Zusammensetzung des Senats für Anwaltssachen beim Bundesgerichtshof eine hinreichende Gewähr für die Unparteilichkeit der Richter (BVerfG NJW 2006, 3049, 3050; Senat, Beschl. v. - AnwZ (B) 38/02 n.v.; vgl. auch BVerfGE 26, 186, 195 f.; BVerfGE 48, 300, 315 f. zu den früheren anwaltlichen Ehrengerichtshöfen).
Das Vorbringen des Antragstellers, der sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs beruft, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der erkennende Senat entscheidet in der Besetzung von vier Berufsrichtern und drei Rechtsanwälten als Beisitzern (§ 106 Abs. 2 BRAO). Er entscheidet als Beschwerdegericht in dem für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Verfahren (§ 42 Abs. 5, Abs. 6 BRAO) mit der absoluten Mehrheit der Stimmen (§ 196 Abs. 1 GVG) und ermittelt dabei als Tatsacheninstanz den Sachverhalt in eigener Verantwortung ( AnwZ (B) 36/02 n.v.; Beschl. v. - AnwZ (B) 48/03 n.v.). Damit unterscheidet sich das Rechtsbehelfsverfahren nach der Bundesrechtsanwaltsordnung in wesentlichen Punkten von dem Rechtsbehelfsverfahren, das der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung Wilson (, NJW 2006, 3697 Tz. 54 ff.) beanstandet hat.
2. Soweit dem Schriftsatz vom entnommen werden kann, dass eine Ablehnung auch insoweit erfolgen soll, als die beiden dort bezeichneten Richter an einer früheren Entscheidung mitgewirkt haben, sind die Ablehnungsgesuche jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen.
Ein Sonderfall, in dem die Mitwirkung an einem früheren Verfahren gegen den Antragsteller und an den damit verbundenen Ausführungen die Besorgnis der Befangenheit begründen könnte, liegt nicht vor. Die Vorbefassung als solche begründet - abgesehen von dem Ausschließungstatbestand in § 41 Nr. 6 ZPO - die Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich nicht (vgl. Kayser in Saenger, ZPO 2. Aufl. § 42 Rdn. 16). Anders verhält es sich lediglich beim Hinzutreten besonderer Umstände, die über die Tatsache bloßer Vorbefassung als solcher und die damit notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen sowie die übrigen genannten Aspekte hinausgehen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn Äußerungen in früheren Entscheidungen nach der Sachlage unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über den Antragsteller enthalten oder wenn ein Richter sich bei einer Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des Antragstellers geäußert hat (, NJW 2006, 2864).
Soweit die Befangenheitsanträge darauf gestützt werden, dass abgelehnte Richter an einer früheren, zum Nachteil des Antragstellers ergangenen Entscheidung mitgewirkt haben, bei der aus Sicht des Antragstellers der Sachverhalt unzutreffend dargestellt und die rechtliche Würdigung unrichtig sei, ist ein ausreichender Befangenheitsgrund ebenfalls nicht gegeben. Dass die Senatsmitglieder in Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags das Ergebnis der erhobenen Beweise und die aufgeworfenen Rechtsfragen im früheren Verfahren anders gewürdigt haben als der Antragsteller, begründet noch nicht ihre Befangenheit. Eine vermeintlich oder tatsächlich rechtsfehlerhafte vorangegangene Entscheidung rechtfertigt nicht die Besorgnis der Befangenheit.
3. Der Senat ist zu einer Entscheidung über diejenigen Ablehnungsgesuche, die unzulässig sind, in der Besetzung mit den abgelehnten Richtern befugt (vgl. BVerwG NJW 1988, 722 m.w.N.; ). Über die weiteren Ablehnungsgesuche entscheidet der Senat in der aus § 42 Abs. 6 Satz 2 BRAO in Verbindung mit § 45 ZPO analog (dazu Senat, BGHZ 46, 195, 198) folgenden Besetzung ohne die abgelehnten Mitglieder.
Fundstelle(n):
LAAAC-79796
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein