Bundesministerium der Finanzen - IV C 1 - S 2000 07/0009

Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler u. a. und der Fraktion der FDP;
„Weitere Änderungen der Abgeltungsteuer”;
BT-Drucksache 16/8801 vom

Sehr geehrter Herr Präsident,

namens der Bundesregierung beantworte ich die o. g. Kleine Anfrage wie folgt

  1. „Plant die Bundesregierung weitere Änderungen an der Abgeltungsteuer, und wenn ja, wann, und welche?”

    Das Bundesministerium der Finanzen erarbeitet zurzeit einen Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2009. Dieser beinhaltet auch Überlegungen zur Bereinigung steuerrechtlicher Vorschriften im Bereich der Abgeltungsteuer und Anpassungen des Investmentsteuergesetzes an die Abgeltungsteuer.

  2.  „Plant die Bundesregierung insbesondere Änderungen bei der Besteuerung von Dachfonds und Fonds mit einem Investitionsschwerpunkt in Anlagezertifikaten?”

    Diskutiert wird eine Neuformulierung im Investmentsteuerrecht, mit der die Regelung der ausschüttungsgleichen Erträge präziser an die Neuregelung des § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Rahmen der Abgeltungsteuer angeglichen werden soll. Hierbei würden auch Einlösungs- und Veräußerungserlöse aus Risikozertifikaten in die ausschüttungsgleichen Erträge mit einbezogen. Änderungen bei der Besteuerung von Dachfonds sind nicht geplant.

  3. „Wann plant die Bundesregierung, über weitere Änderungen an der Abgeltungsteuer zu entscheiden?”

    Die Beschlussfassung des Bundeskabinetts zu dem Gesetzentwurf erfolgt voraussichtlich im Juni 2008.

  4.  „Sollen die Änderungen rückwirkend in Kraft gesetzt werden?”

    Dies ist nicht beabsichtigt.

  5. „Wann wird es Rechtssicherheit im Bereich der Abgeltungsteuer geben?”

    Die geltenden Regelungen zur Abgeltungsteuer geben dem Anleger Rechtssicherheit. Dass es nach einer Systemumstellung im Steuerrecht in Teilbereichen noch nachträglich gesetzgeberischen Regelungsbedarf gibt, ist einer komplexen Steuerreform – wie auch die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen – grundsätzlich immanent.

  6. „Hält die Bundesregierung an der Äußerung fest, „niemand sollte sich in Rechtssicherheit wiegen”?”

    Sinn der Abgeltungsteuer ist unter anderem die einheitliche Behandlung der unterschiedlichen Kapitalanlageformen, um ein Höchstmaß an steuerlicher Transparenz und Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu bieten. Sofern am Markt neuartige Kapitalanlageprodukte angeboten werden, deren Zweck allein in dem Ausnutzen etwaiger Steuerschlupflöcher liegt und damit eine einheitliche steuerliche Behandlung verhindern, wird die Bundesregierung auch weiterhin darum bemüht sein, die steuerlichen Sondervorteile solcher Gestaltungen für die Zukunft zu verhindern.

  7. „Wie hält sie diese Äußerung mit dem Prinzip des Vertrauensschutzes für vereinbar?”

    Da die Äußerungen im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Steuersparmodellen ergangen sind, hält die Bundesregierung sie damit vereinbar.

  8. „Inwieweit sieht die Bundesregierung Versuche, die Abgeltungsteuer zu umgehen?”

  9. „Inwieweit waren diese Versuche vorhersehbar und hätten bereits früher in die gesetzliche Regelungen einbezogen werden können?”

    Die Fragen 8 und 9 werden im Zusammenhang beantwortet.

    Da die Abgeltungsteuer erst ab Anwendung findet, kann sie naturgemäß noch nicht umgangen werden. Dass dem Anleger durch diese, von den übrigen Regelungen der Unternehmensteuerreform 2008 abweichenden zeitlichen Anwendungsregelung Zeit gegeben wurde, sich auf die Abgeltungsteuer einzustellen, um seine Investitionen in Kapitalmarktprodukt wohlüberlegt tätigen zu können, entspricht dem Willen des Gesetzgebers und auch der Bundesregierung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen.

  10. „Von welchen jährlichen Steuereinnahmen geht die Bundesregierung derzeit durch die Erhebung der Abgeltungsteuer aus?”

    Die Abgeltungsteuer war bislang noch nicht Gegenstand der Steuerschätzung. Im Rahmen der Reform der Unternehmensbesteuerung waren die Steuermindereinnahmen im Zusammenhang mit der Einführung einer Abgeltungsteuer mit 870 Mio. € in der vollen Jahreswirkung beziffert worden.

  11. „Wann soll der Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2009 vorgelegt werden?”

    Auf die Antworten zu Frage 1 und 3 wird verwiesen

  12. „Hält die Bundesregierung die Abgeltungsteuer in ihrer jetzigen Form für klar, verlässlich und international konkurrenzfähig, und wie begründet sie ihre Auffassung?”

    Die Bundesregierung hat hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit der Abgeltungsteuer bereits zur gleich lautenden Frage in der Kleinen Anfrage vom Stellung genommen (BT-Drucksache 16/4714 vom , Seite 3). An dieser Auffassung hat sich nichts geändert. Da die Regelungen zur Abgeltungsteuer eine einheitliche steuerliche Behandlung der unterschiedlichen Anlageformen beinhalten, sind sie eindeutig und klar. Außerdem hält die Bundesregierung die Abgeltungsteuer für verlässlich, weil sie von ihrer Notwendigkeit weiterhin überzeugt ist.

  13. „Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Einbeziehung von Veräußerungsgewinnen in die Abgeltungsteuer sich negativ auf die private Altersvorsorge auswirkt?”

    Die Bundesregierung bat im Hinblick auf das langfristige Sparen in Aktien bzw. Aktienfonds bereits zur gleich lautenden Frage der Fragesteller in der Kleinen Anfrage vom Stellung genommen (BT-Drucksache 16/4714 vom , Seite 6). Auch hier hält sie an ihrer bisherigen Meinung fest.

  14. „Trifft es zu, dass auch durch die Einbeziehung von Dividenden in die Abgeltungsteuer Aktionäre nach geltendem Recht weniger hoch belastet werden als nach dem ab geltendem Recht?”

    Es trifft zwar zu, dass bei einer bloßen Betrachtung der Ebene der Anteilseigner diese durch den Wegfall des Halbeinkünfteverfahrens stärker belastet werden. Jedoch ist eine isolierte Bewertung der Belastung auf der Anteilseignerebene ohne Berücksichtigung der Entlastung auf Unternehmensebene nicht sachgerecht. Selbstverständlich profitiert der Anteilseigner auch von den Entlastungen auf Unternehmensebene, etwa durch einen Substanzgewinn auf Unternehmensebene mit der Folge entsprechender Kursgewinne.

    Wirtschaftlich entscheidend ist die Gesamtbelastung auf Unternehmens- und Anteilseignerebene. Diese Gesamtbelastung wurde durch die Unternehmensteuerreform 2008 von ca. 53 % in der Spitze auf künftig ca. 48 % um knapp ein Zehntel gesenkt. Auch bei niedrigeren persönlichen Steuersätzen komm es zu einer fast durchgehend geringeren steuerlichen Gesamtbelastung.

  15. „Wie beurteilt die Bundesregierung die Regelungen zur Abgeltungsteuer im Hinblick auf die private Altersvorsorge?”

    Die Bundesregierung sieht keine Gefährdung der privaten Altersvorsorge durch die Abgeltungsteuer. Zwar führt die Einbeziehung der privaten Veräußerungserlöse in die Abgeltungsteuer zu einer höheren Besteuerung bei langfristigen Aktienanlagen und Investmentsparverträgen. Nicht jede langfristige Anlage dient aber der Altersvorsorge. Eine steuerliche Besserstellung ist nur für Anlageformen gerechtfertigt, die kraft ihrer Ausgestaltung ausschließlich der privaten Altersvorsorge dienen. Für die private Altersvorsorge stehen zertifizierte Altersvorsorgeverträge (Riester-Rente) und die Basisrentenverträge (Rürup-Rente) zur Verfügung. An deren Besteuerung hat sich nichts geändert.

    Außerdem werden Lebensversicherungen gefördert, die der Altersvorsorge dienen. Durch die Versicherungsunternehmen werden nach Einführung der Abgeltungsteuer zunächst generell 25 % Kapitalertragsteuer auf die in den Auszahlungen enthaltenen Erträge erhoben. Wenn die Auszahlung nach Vollendung des 60. Lebensjahres und zwölf Jahre nach Vertragsabschluss erfolgt, kann der Steuerpflichtige jedoch eine deutliche Reduzierung der Steuerlast im Rahmen der Veranlagung durch sein Finanzamt erreichen. Werden die Voraussetzungen bezüglich der Altersgrenze und der Vertragsdauer erfüllt, werden die Erträge nur zur Hälfte besteuert, d. h. effektiv kommt es damit zu einer Steuerlast in Höhe des halben persönlichen Steuersatzes.

Bundesministerium der Finanzen v. - IV C 1 - S 2000 07/0009

Fundstelle(n):
CAAAC-79306