BGH Beschluss v. - VII ZB 62/07

Leitsatz

[1] Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist auch dann wirksam, wenn in dem Beschlussformular auf angeheftete Anlagen verwiesen wird, in denen die gepfändete Forderung bezeichnet ist. Die Anlagen als solche müssen nicht unterschrieben werden.

Gesetze: ZPO § 829; ZPO § 835

Instanzenzug: AG Crailsheim, M 1099/06 vom LG Ellwangen, 1 T 214/06 vom

Gründe

I.

1. Die Rechtsbeschwerdeführerin wendet sich als Drittschuldnerin gegen die Wirksamkeit eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, mit dem u.a. gegen sie gerichtete Ansprüche des Schuldners auf Rückübertragung sämtlicher Rechte aus einem bei der Drittschuldnerin zu 1 bestehenden Lebensversicherungsvertrag gepfändet wurden.

Das Amtsgericht erließ auf Antrag der Gläubigerin am den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. In dem Beschlussformular heißt es nach Bezeichnung der der Gläubigerin zustehenden Forderungen:

"Wegen und bis zur Höhe dieser Forderungen sowie der Zustellungskosten für diesen Beschluss werden die angeblichen gegenwärtigen, künftigen und bedingten Ansprüche gepfändet, die der Schuldner gegen

1. H.-M. Versicherungen ... (Drittschuldnerin zu 1)

2. U. K. ... (Drittschuldnerin zu 2)

auf

- siehe Anlage 1 u. 2 -

hat."

Das Beschlussformular ist auf der nächsten Seite an der vorgesehenen Stelle vom Rechtspfleger unterschrieben. Dem Beschlussformular sind mit Heftklammern die Anlagen 1 und 2 nachgeheftet, in denen die gepfändeten Forderungen bezeichnet sind.

2. Auf die Erinnerungen des Schuldners und der Beschwerdeführerin hat das Amtsgericht den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgehoben, weil der Wortlaut der Anlagen nicht durch die Unterschrift unter den Beschluss gedeckt sei. Das Landgericht hat auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin unter Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses die Erinnerungen zurückgewiesen. Es vertritt die Auffassung, die Anlagen 1 und 2 seien auch ohne ihre Unterzeichnung Bestandteil des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom . Sie seien von der Unterschrift des Rechtspflegers durch die eindeutige und klare Bezugnahme sowie die feste Verbindung der einheitlichen Urkunde gedeckt. Dem Bestimmtheitserfordernis sei dadurch Genüge getan.

3. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Drittschuldnerin zu 2 den Antrag auf Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Sie meint, der Beschluss sei unwirksam, weil der den Pfandgegenstand bestimmende Inhalt sich nur unter Zuhilfenahme einer nicht unterschriebenen Anlage ermitteln lasse. Eine Bezugnahme auf Anlagen sei aus Gründen der Rechts- und Verkehrssicherheit unzureichend. Die fest angehefteten Anlagen gehörten nicht zum eigentlichen Pfändungsbeschluss. Den Anforderungen an einen Pfändungsbeschluss werde nur dann Genüge getan, wenn die Anlagen als Einschalttext ausgestaltet und unterzeichnet seien. Auf diese Weise würde der Gefahr einer Verwechslung oder eines Austauschs der Anlagen hinreichend sicher begegnet.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. In einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss muss eine gepfändete Forderung so genau bezeichnet werden, dass ihre Identität unzweifelhaft feststeht (, BGHZ 172, 16 m.w.N.). Der Inhalt eines Beschlusses muss sich aus ihm selbst ergeben. Umstände außerhalb des eigentlichen Beschlusses dürfen nicht zur Auslegung herangezogen werden, weil das auf eine unzulässige Ergänzung des unvollständigen und deshalb unwirksamen Pfändungsakts hinausliefe. Es reicht deshalb nicht, wenn sich der Inhalt des Beschlusses erst aus Urkunden ergibt, die nicht Bestandteil des Beschlusses sind (, MDR 1980, 569, 570; Urteil vom - X ZR 39/83, BGHZ 93, 82, 83 f.).

2. Daraus folgt nicht, dass ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht in der Weise erlassen werden darf, dass ein Beschlussformular durch Anlagen ergänzt wird, die angeheftet sind. Maßgeblich ist allein, ob in Bezug genommene Urkunden Bestandteil des Beschlusses sind. Ist das der Fall, ist eine Bezugnahme grundsätzlich unbedenklich.

Durch die vom Willen des Rechtspflegers getragene Anheftung der Anlagen an den Beschluss wird eine körperliche Verbindung geschaffen, die ausreichend verdeutlicht, dass die Anlagen dessen Bestandteil sind. Die von der Beschwerde vertretene Auffassung, der eigentliche Beschluss könne nur das Formular sein, findet im Gesetz keine Stütze und wäre auch nicht durchführbar. Denn die Bezeichnung der Forderung kann weitaus mehr Raum einnehmen, als das für den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss verwendete Formular zur Verfügung stellt.

Dem Bestimmtheitsgebot ist bei einer solchen Verfahrensweise jedenfalls dann Genüge getan, wenn in den Anlagen die gepfändete Forderung bezeichnet ist und in der in dem Beschlussformular vorgesehenen Zeile für die Bezeichnung der gepfändeten Forderung auf sie verwiesen wird. Mit dieser Verweisung wird unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die gepfändete Forderung nicht an dieser Stelle, sondern in der Anlage beschrieben ist. Diese Verfahrensweise bietet im Rechtsverkehr eine ausreichende Sicherheit. Zweifel über den Inhalt des Beschlusses kann sie nicht verursachen. Weitere Angaben in der Verweisung, etwa eine grobe Umreißung der gepfändeten Forderung, sind grundsätzlich nicht notwendig.

Aus der von der Beschwerde herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu den Anforderungen an einen Beschluss zur Insolvenzeröffnung ergibt sich nichts anderes (, NJW-RR 2003, 842). Danach muss die Person des Schuldners aus dem Beschluss unmittelbar ersichtlich sein. Eine Bezugnahme auf die Akten oder andere Urkunden, die nicht Bestandteil des Beschlusses sind, ist unzulässig.

3. Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bedarf zu seiner Wirksamkeit der Unterschrift des Rechtspflegers (vgl. , BGHZ 137, 49, 51). Die Unterschrift bezweckt neben der Selbstkontrolle des entscheidenden Organs, nach außen erkennbar zu machen, dass die unterschriebene Fassung den Willen bei der Beschlussfassung zutreffend wiedergibt. Dadurch wird dem Rechtsverkehr eine hinreichende Gewähr für den Inhalt der getroffenen Entscheidung geboten (vgl. MünchKommZPO/Musielak, 3. Aufl., § 315 Rdn. 1).

Diesem Zweck wird eine Unterschrift des Rechtspflegers an der in einem Pfändungs- und Überweisungsbeschlussformular vorgesehenen Stelle gerecht, wenn das Formular ausreichend deutlich auf bestimmte Anlagen verweist und diese Anlagen nachgeheftet sind. Denn durch diese Unterschrift wird nicht nur die Kontrollfunktion gewahrt, sondern vor allem auch nach außen deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Anlagen von der Willensbildung des Rechtspflegers umfasst sind. Es ist entgegen der von Stöber vertretenen Auffassung (Forderungspfändung, 5. Aufl., Rdn. 515) nicht notwendig, dass die Anlagen als Einschalttext vor die Unterschrift des Rechtspflegers unter das Formular eingegliedert werden. Auch ist nicht zu fordern, dass der Rechtspfleger nachgeheftete Anlagen unterschreibt. Mit diesen zusätzlichen Unterschriften würde lediglich eine zusätzliche Beweiswirkung geschaffen.

Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, dass die Anlagen beim Anheften vertauscht oder hinterher ausgetauscht werden könnten. Diese Vorgänge vermögen die Wirksamkeit des gefassten Beschlusses nicht in Frage zu stellen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
NJW-RR 2008 S. 1164 Nr. 16
WM 2008 S. 929 Nr. 20
JAAAC-78148

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja