Auslegung von öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen nach dem Empfängerhorizont
Leitsatz
Für die Auslegung eines Bescheides nach Maßgabe des objektiven Verständnishorizonts des Empfängers ist neben dem Tenor auf
den materiellen Regelungsgehalt einschließlich der Begründung des Bescheides abzustellen.
Wird ein im Jahr 2002 ergangener Bescheid, mit dem die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung vom aufgehoben wird,
damit begründet, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag im Kalenderjahr 2001 übersteigen, kann der Adressat
den Bescheid dahin gehend verstehen, dass die Behörde die Kindergeldfestsetzung ausschließlich für das Jahr 2001 aufheben
will.
Eine Bindungswirkung des Aufhebungsbescheides bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe kann in diesem Fall nicht angenommen
werden.
Aus der Tatsache, dass der Aufhebungsbescheid trotz des beim BVerfG anhängigen Verfahrens zur Frage der Berücksichtigung
der Arbeitnehmer-Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen der Grenzbetragsberechnung nicht mit einem Vorläufigkeitsvermerk nach
§ 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO versehen wurde, ergibt sich kein Vertrauenstatbestand, der die Berufung auf die eingetretene
Bestandskraft treuwidrig erscheinen ließe.
Die Änderung der Normauslegung in Bezug auf die Grenzbetragsberechnung durch die Entscheidung des BVerfG führt nicht zur
Durchbrechung der Bestandskraft eines Aufhebungsbescheids gemäß § 70 Abs. 4 EStG oder § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
Fundstelle(n): NAAAC-77957
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Finanzgericht Düsseldorf, Urteil v. 26.02.2008 - 14 K 336/06 Kg
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