Zustellung auch bei fehlender Rücksendung des Empfangsbekenntnisses wirksam
Gesetze: FGO § 53 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2, VwZG § 5 Abs. 2, AO § 122 Abs. 2
Instanzenzug: ,F
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Die Unzulässigkeit der Beschwerde folgt —wenn man von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ausgeht (s. unter 1.b)— schon daraus, dass sie nicht innerhalb der in § 116 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgesehenen Zweimonatsfrist begründet worden ist. Diese Frist lief angesichts des nach der Überzeugung des Senats zutreffenden Tags der Zustellung () am , einem Mittwoch, ab.
a) Das Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde ausweislich der Akten am zur Post gegeben. Für die Zustellung wählte das FG den Weg der Übersendung durch ein gewerbliches Brief-Zustellunternehmen gegen Empfangsbekenntnis. Dem vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) abgegebenen Empfangsbekenntnis zufolge ging das Urteil beim FA am ein. Vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) befindet sich kein Empfangsbekenntnis in den Akten.
In seinem Schriftsatz vom , mit dem er die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat, hat der Prozessbevollmächtigte als Zustellungsdatum den angegeben.
In einem weiteren Schriftsatz vom hat der Prozessbevollmächtigte vorgetragen, er habe zwischenzeitlich festgestellt, dass das Urteil am nicht bei ihm, sondern bei dem beauftragten Zustellunternehmen eingegangen sei. Weiter heißt es: „Demnach Zustellung bei mir, unter Berücksichtigung des Wochenendes, Montag, .” Dem Schreiben war die Kopie eines Briefumschlages beigefügt, der einen Stempel des Zustellunternehmens mit dem Datum vom trägt.
b) Nach § 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 174 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann ein Schriftstück an Angehörige bestimmter Berufsgruppen, namentlich —wie im Streitfall— Steuerberater, gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden. Nach der zu § 5 Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes ergangenen Rechtsprechung ist eine Zustellung auch ohne Rücksendung des vollständig ausgefüllten Empfangsbekenntnisses wirksam, wenn der Empfänger das zuzustellende Schriftstück in Kenntnis der Zustellungsabsicht tatsächlich entgegengenommen hat (vgl. z.B. Entscheidungen des , BFH/NV 2006, 309, und vom II R 131/87, BFHE 159, 425, BStBl II 1990, 477, jeweils m.w.N.).
Im Streitfall besteht daran, dass der Prozessbevollmächtigte das erstinstanzliche Urteil in Kenntnis der Zustellungsabsicht erhalten hat, kein Zweifel. Da der Prozessbevollmächtigte das Empfangsbekenntnis nicht zurückgesandt hat, ist derjenige Tag als Zustellungstag anzusehen, an dem das Urteil nach dem normalen Verlauf der Dinge erstmals in seine Hände gelangt sein könnte (BFH-Entscheidungen in BFH/NV 2006, 309; vom X B 145/00, BFH/NV 2002, 212, und in BFHE 159, 425, BStBl II 1990, 477, jeweils m.w.N.; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 53 FGO Rz 16). Das war Freitag, der . Dieser Tag entspricht zum einen der in § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) enthaltenen Vermutung, als auch dem Tag, an dem das FA das Urteil erhalten hat. Auch wenn man als richtig unterstellt, dass der Prozessbevollmächtigte in seinem Schreiben vom das Datum des vom Zustellungsunternehmen auf dem Umschlag angebrachten Stempels mit dem Datum des Eingangs bei ihm selbst verwechselt hat, ist jedenfalls kein Grund ersichtlich, warum das Zustellunternehmen nicht in der Lage gewesen sein soll, den Brief mit dem Urteil dem Prozessbevollmächtigten —ebenso wie dem am selben Ort ansässigen FA— innerhalb eines Tages zu übermitteln. Die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zeigen, dass er selbst sich an den Tag der Zustellung nicht mehr erinnern kann. Bei dem von ihm in seinem Schriftsatz vom genannten Zustellungstag „” handelt es sich offensichtlich um eine Mutmaßung.
c) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) kommt nicht in Betracht. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist zwar in nachvollziehbarer Weise zu der Erkenntnis gelangt, dass Tag der Zustellung nicht der gewesen sei. Er konnte jedoch nicht davon ausgehen, dass die Begründungsfrist an dem von ihm gemutmaßten Tag der Zustellung, dem , beginnen werde.
2. Die Beschwerde ist darüber hinaus deswegen unzulässig, weil die Begründung den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht entspricht.
a) Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist nicht in zulässiger Weise dargetan.
Soweit erkennbar, misst die Klägerin der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung bei, ob zur Konkretisierung der beabsichtigten Investitionen Kontenblätter erforderlich sind oder ob die Aufschlüsselung in einer Liste, wie sie sie im Klageverfahren vorgelegt hat, ausreichend ist. Dabei übersieht sie, dass das FG die Klageabweisung nicht darauf gestützt hat, dass die Konkretisierung nicht auf Kontenblättern enthalten war, sondern darauf, dass eine Aufschlüsselung erstmalig im Klageverfahren vorgelegt wurde.
b) Auch ein Verfahrensmangel lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. Die Klägerin ist offenbar der Meinung, die vom FG verlangten Unterlagen seien für die Entscheidung nicht relevant gewesen. Die Frage, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um den Tatbestand einer Rechtsnorm (hier § 7g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes) zu erfüllen, gehört dem materiellen Recht an. Die Überprüfung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG ist jedoch —sofern wie im Streitfall objektiv willkürliche Rechtsanwendung ausscheidet— im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht möglich.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
ZAAAC-76501