Durch Straftaten verursachte Geld- bzw. Vermögensverluste als Betriebsausgabe
Leitsatz
Auch durch Straftaten verursachte Geld- bzw. Vermögensverluste (Diebstahl, Unterschlagung, Untreue oder Raub) können zu Betriebsausgaben führen. Bei diesen sog. Zwangsaufwendungen muss jedoch objektiv einwandfrei feststehen, dass das auslösende Moment für die in Frage stehende Minderung des Betriebsvermögens im betrieblichen und nicht im privaten Bereich liegt. Da in einem solchen Fall mehrere Ursachen für die Entstehung des Vermögensverlusts in Betracht kommen können und eine willentliche Beziehung des Steuerpflichtigen zur Wertabgabe typischerweise fehlt, bedarf deren objektiver, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb zur Abgrenzung von den nicht abziehbaren Kosten der privaten Lebensführung besonders sorgfältiger Prüfung.
Gesetze: EStG § 4 Abs. 4, EStG § 12 Nr. 1
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg. Die gerügte Abweichung des Urteils des Finanzgerichts (FG) von den behaupteten Divergenzentscheidungen des (BFH/NV 1997, 114) und vom VIII R 63/96 (BFHE 188, 358, BStBl II 1999, 466) liegt nicht vor.
1. Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen Abweichung setzt voraus, dass das FG einen abstrakten und entscheidungserheblichen Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem ebenso abstrakten und tragenden Rechtssatz in der Entscheidung eines anderen Gerichts divergiert. Dabei müssen das angefochtene Urteil und die (vorgebliche) Divergenzentscheidung des anderen Gerichts —hier: des BFH— dieselbe (identische) Rechtsfrage entschieden haben (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 48). Letzteres trifft im vorliegenden Streitfall nicht zu.
2. Der Kläger trägt vor, das FG führe aus, dass der (behauptete) Umtausch von Devisen keine für einen Makler typische Tätigkeit darstelle. Vielmehr sei ein solcher Devisenumtausch für die Tätigkeit eines Maklers wesensfremd, sodass die Art des Geschäfts keinen betrieblichen Zusammenhang aufweise. Es gehe somit von dem abstrakten Rechtssatz aus, branchenfremde Geschäfte könnten keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisen. Das FG stelle zudem den weiteren abstrakten Rechtssatz auf, lediglich Tätigkeiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen stünden, seien betrieblich veranlasst.
Nach der Rechtsprechung des BFH sei hingegen nicht per se der betriebliche Zusammenhang zu verneinen bzw. nur bei unmittelbarem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zu bejahen. Bei branchenuntypischen Geschäften sei vielmehr eine betriebliche Veranlassung dann anzunehmen, wenn das Geschäft nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Umständen objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sei, das Betriebskapital zu verstärken.
3. Die vom FG im angefochtenen Urteil entschiedene Rechtsfrage ist mit der vom BFH in den Urteilen in BFH/NV 1997, 114 und in BFHE 188, 358, BStBl II 1999, 466 beantworteten Rechtsfrage nicht identisch. In den den genannten BFH-Urteilen zugrunde liegenden Sachverhalten hatte der BFH die Frage zu beurteilen, unter welchen Voraussetzungen bei einem branchenuntypischen Termingeschäft eine betriebliche Veranlassung angenommen werden kann. Termingeschäfte werden willentlich getätigt. Im Streitfall hat der (behauptete) Vermögensverlust den Kläger hingegen unfreiwillig getroffen. Zwar können auch durch Straftaten verursachte Geld- bzw. Vermögensverluste (Diebstahl, Unterschlagung, Untreue oder —wie im Streitfall— Raub) zu Betriebsausgaben führen. Bei diesen sog. Zwangsaufwendungen muss jedoch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. Senatsurteil vom X R 48/03, BFH/NV 2006, 534) objektiv einwandfrei feststehen, dass das auslösende Moment für die in Frage stehende Minderung des Betriebsvermögens im betrieblichen und nicht im privaten Bereich liegt (, BFH/NV 1992, 449). Da in einem solchen Fall mehrere Ursachen für die Entstehung des Vermögensverlusts in Betracht kommen können und eine willentliche Beziehung des Steuerpflichtigen —anders als bei Termingeschäften— zur Wertabgabe typischerweise fehlt, bedarf deren objektiver, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb zur Abgrenzung von den nicht abziehbaren Kosten der privaten Lebensführung besonders sorgfältiger Prüfung (Senatsurteil in BFH/NV 2006, 534). Diese Rechtsprechungsgrundsätze liegen der Entscheidung des FG im Streitfall zugrunde.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 958 Nr. 6
NWB-Eilnachricht Nr. 32/2008 S. 7
KAAAC-76490