BFH Beschluss v. - X B 150/07

Darlegung einer Divergenz; Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 76

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) macht geltend, die Zulassung der Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlich. Er bringt vor, das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) weiche vom Beschluss des Großen Senats des (BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) und von zwei Entscheidungen des (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2007, 185) und 6 K 397/04 (nicht veröffentlicht) ab. Außerdem rügt der Kläger den Verfahrensmangel der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 76 Abs. 1 FGO).

1. Die behauptete Abweichung von dem Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 liegt nicht vor. Das FG hat seiner Entscheidung die Grundsätze des Beschlusses des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 zur sog. Drei-Objekt-Grenze zugrunde gelegt. Daher kann der beschließende Senat dahingestellt sein lassen, ob der Kläger in der Beschwerdebegründung —wie es den Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes entsprechen würde— abstrakte und die jeweiligen Entscheidungen tragende Rechtssätze aus den behaupteten Divergenzentscheidungen und dem angefochtenen Urteil herausgearbeitet hat.

a) Die sog. Drei-Objekt-Grenze besagt im Allgemeinen, dass kein gewerblicher Grundstückshandel i.S. des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes, sondern private Vermögensverwaltung vorliegt, sofern weniger als vier Objekte veräußert werden. Werden hingegen innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs —in der Regel fünf Jahre— zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert, kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden, weil die äußeren Umstände den Schluss zulassen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt. Zugleich kommt der Drei-Objekt-Grenze nur eine indizielle Bedeutung zu. Daraus folgt, dass es —obwohl es sich dabei um sehr gewichtige Indizien für oder gegen eine von Anfang an bestehende und u.U. auch nur bedingte Veräußerungsabsicht handelt— auf diese Indizienmerkmale dann nicht ankommt, wenn sich bereits aus anderen —ganz besonderen— Umständen zweifelsfrei eine von Anfang an bestehende oder aber fehlende Veräußerungsabsicht ergibt. Diese ganz besonderen Umstände müssen im Einzelfall allerdings derartig gewichtig erscheinen, dass einer im Grunde stets bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht keine Bedeutung zukommt.

b) Das FG hat sich in dem angefochtenen Urteil mit den vom Großen Senat des BFH herausgearbeiteten Grundsätzen ausdrücklich befasst und den Streitfall daran gemessen. Es hat das klägerische Vorbringen auch daraufhin geprüft, ob die Annahme solcher ganz besonderen Umstände gerechtfertigt ist, aus denen sich zweifelsfrei eine von Anfang an fehlende Veräußerungsabsicht ergibt, so dass der Drei-Objekt-Grenze keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Dass es diese besonderen Umstände im Gegensatz zu der Auffassung des Klägers verneint hat, stellt keine Abweichung des angefochtenen Urteils von den Grundsätzen des Großen Senats des BFH im Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 im Grundsätzlichen dar, und allein auf eine solche kann die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO gestützt werden (Senatsbeschluss vom X B 140/01, BFH/NV 2002, 1046).

2. Entsprechendes gilt für das Vorbringen des Klägers, das angefochtene Urteil weiche von den zwei Entscheidungen des FG Köln in EFG 2007, 185 und vom 6 K 397/04 ab.

a) Die beiden in gleichgelagerten Sachen ergangenen Urteile wenden ebenfalls die Grundsätze des Großen Senats des BFH im Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 an. Allerdings kommt das FG Köln aufgrund der von ihm zu beurteilenden Einzelfälle dazu, das Vorliegen von Umständen zu bejahen, die eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht ausschließen. Aus dieser Beurteilung der konkreten Einzelfälle kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht gefolgert werden, das angefochtene Urteil hätte die vom Kläger vorgebrachten Gründe für den Verkauf der Grundstücke gleichermaßen gewichten müssen. Auch insoweit kann es sich —wenn überhaupt— nicht um eine Abweichung im Grundsätzlichen, sondern nur in der Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalles handeln, die für sich gesehen keine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert.

b) Zudem macht der Kläger —anders als in den vom FG Köln entschiedenen Fällen— keine wirtschaftliche Zwangslage als Grund für seine Veräußerungen geltend, auf die allein das FG Köln seine Entscheidungen gestützt hat. Der dem Kläger nach seinem Vorbringen erteilte ärztliche Rat, sich zur Verbesserung seiner psychischen Verfassung von Grundstücken zu trennen, kann nicht dem von einer Bank ausgeübten Druck gleichgesetzt werden, durch einen Verkauf einiger Wohnungen die Zwangsversteigerung des gesamten Objekts zu vermeiden. Von daher unterscheidet sich der mit dem angefochtenen Urteil entschiedene Sachverhalt wesentlich von dem Sachverhalt der behaupteten Divergenzentscheidungen des FG Köln, so dass auch deshalb der Revisionszulassungsgrund der Divergenz verneint werden muss (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 53).

3. Die Rüge, das FG habe seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 76 Abs. 1 FGO), weil es Beweisanträge des Klägers zur Vernehmung von Zeugen über seine Depressionserkrankung übergangen habe, erfüllt nicht die Anforderungen an die Darlegung des behaupteten Verfahrensmangels.

Bei der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes handelt es sich um einen „verzichtbaren Mangel” i.S. von § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung. Deshalb muss der Beschwerdeführer vorbringen, dass die unterlassene Sachaufklärung bereits in der mündlichen Verhandlung gerügt worden ist oder —wenn dies nicht geschehen sein sollte— weshalb die Rüge dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen ist (Senatsbeschlüsse vom X B 156/04, BFH/NV 2005, 907; vom X B 145/04, BFH/NV 2005, 1494, und vom X B 24/05, BFH/NV 2005, 2222, vgl. auch Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 101, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Zwar behauptet der Kläger, er habe in der mündlichen Verhandlung vor dem FG auf das im Schriftsatz vom angeführte Beweisangebot hingewiesen und seine Ausführungen zu seiner Erkrankung und den dadurch bedingten Verkaufsentschluss ausdrücklich unter Beweis gestellt. Dieses Vorbringen wird jedoch durch die Niederschrift über die mündliche Verhandlung nicht bestätigt. Wird behauptet, ein angeblich gestellter Beweisantrag sei nicht protokolliert worden, muss mit der Nichtzulassungsbeschwerde vorgetragen werden, dass die Berichtigung des Protokolls beantragt worden ist (, BFH/NV 1997, 663; vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 94 Rz 9). Das hat der Kläger unterlassen. Der mit dem Zwang, die Nichtzulassungsbeschwerde zu begründen, bezweckte Entlastungseffekt verbietet es, dem Revisionsgericht die Klärung der Tatfrage aufzubürden, ob ein Beweisantrag gestellt wurde (, BFHE 166, 574, BStBl II 1992, 562), so dass eine Beweisaufnahme über die Frage ausscheidet, ob der vor dem FG fachkundig vertretene Kläger den Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung gestellt und seine Missachtung gerügt hat.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 959 Nr. 6
JAAAC-76486