Leitsatz
[1] Zu Schadensersatzansprüchen eines ausländischen Künstlers (Dirigenten) gegen eine Gemeinde,
- weil diese ihm zur Anmietung einer Wohnung im Gemeindegebiet geraten habe, ohne zu berücksichtigen, dass diese Begründung eines Zweitwohnsitzes zu einer erhöhten Steuerbelastung führte,
- sowie wegen Verletzung der Pflicht zu korrektem Steuerabzug.
Gesetze: BGB § 276 a.F. Hb
Instanzenzug: LG Köln, 5 O 291/04 vom OLG Köln, 20 U 128/05 vom
Tatbestand
Der Kläger, ein amerikanischer Staatsangehöriger mit Hauptwohnsitz außerhalb Deutschlands, ist ein international tätiger Dirigent. Er war ab der Spielzeit 1989/90 bis 2002 zunächst als Chefdirigent der Oper, dann als Generalmusikdirektor und Chefdirigent des Gürzenich-Orchesters der beklagten Stadt Köln tätig.
Bei Abschluss der insoweit maßgeblichen Verträge vom , betreffend seine Tätigkeit als Chefdirigent der Oper für die Spielzeiten 1989/90 bis 1992/93, und vom , betreffend seine Tätigkeit als Generalmusikdirektor für die Zeit vom bis (zunächst) zum , war der Kläger nur beschränkt steuerpflichtig, weil er in Deutschland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. In beiden Verträgen war die Verpflichtung des Klägers zur Anwesenheit in Köln ausdrücklich auf einen Zeitraum von weniger als sechs Monaten im Jahr festgelegt. Der Kläger unterlag deshalb lediglich dem pauschalen Steuerabzug von 15 % auf seine inländischen Bruttoeinkünfte (§ 1 Abs. 4; §§ 49, 50a Abs. 4 EStG in der bis zum gültigen Fassung).
Ab November 1989 mietete der Kläger in Köln eine Wohnung, die er bis zum April 1998 innehatte. Dies hatte die - zunächst weder von ihm selbst noch von den Bediensteten der beklagten Stadt erkannte - Konsequenz, dass er nicht mehr der beschränkten Steuerpflicht unterlag, sondern aufgrund seiner (Zweit-)Wohnsitznahme in Deutschland unbeschränkt, das heißt mit allen steuerbaren Einkünften, in Höhe der tariflichen Einkommensteuer steuerpflichtig war. Die Beklagte führte in Verkennung der Sach- und Rechtslage jedoch weiterhin (lediglich) den Steuerabzug von 15 % an das Finanzamt ab.
Nach Aufdeckung des Sachverhalts wurde der Kläger vom Finanzamt auf Nachzahlung der rückständigen Steuern für die Jahre 1991 bis 1995 nebst Zinsen - Nachzahlungszinsen, Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung, Stundungszinsen - in erheblicher Höhe in Anspruch genommen.
Im Umfang dieser Steuernachteile und wegen seiner diesbezüglichen Steuerberatungs- und Rechtsverteidigungskosten verlangt der Kläger von der beklagten Stadt Schadensersatz. Er wirft ihr insoweit vor, ihn nicht rechtzeitig auf die steuerlichen Folgen einer Wohnungsanmietung in Deutschland hingewiesen zu haben. Der damalige Kulturdezernent habe ihn zudem gedrängt, eine Wohnung in Köln anzumieten, und ihm ausdrücklich erklärt, dass dies keine Folgen für seinen Status als Steuerausländer habe, solange er sich nicht länger als 180 Tage im Jahr in Köln aufhalte. Ferner habe die Beklagte einen zu geringen Steuerabzug vorgenommen, so dass er auch nicht über die Höhe der Steuerabzüge auf die steuerlichen Folgen der Anmietung seiner Wohnung aufmerksam geworden sei.
Seine Forderung hat er zuletzt auf 1.189.649,26 € nebst Zinsen beziffert und außerdem die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm allen weiteren Schaden einschließlich eventuellen weiteren Steuerschadens zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden sei oder entstehe, dass er rückwirkend von den Finanzbehörden in den Jahren 1991 bis 1998 als "Steuerinländer" behandelt worden sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 176.697,17 € nebst Zinsen zu zahlen, und die Feststellung getroffen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm allen weiteren Schaden einschließlich eventuellen weiteren Steuerschadens zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden sei oder entstehe, dass die Steuern für die Jahre 1991 bis 1995 erst verspätet, nämlich im Sommer 1998, festgesetzt worden seien. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Klageabweisung unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung bestätigt. Für beide Parteien hat es die Revision zugelassen.
Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 829.078,52 € nebst Zinsen und verfolgt seinen Feststellungsantrag in vollem Umfang weiter. Die Beklagte hat sich der Revision angeschlossen und begehrt die vollständige Abweisung des Zahlungsanspruchs.
Gründe
I. Die Revision des Klägers
Die Revision des Klägers ist zum großen Teil begründet. Sie führt, soweit sie Erfolg hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Auch in der Revisionsinstanz leitet der Kläger - wie schon in den Vorinstanzen - eine Schadensersatzpflicht der Beklagten in erster Linie daraus her, dass diese eine Aufklärungspflichtverletzung zu seinem Nachteil begangen habe. Auch wenn die Beklagte keine allgemeine steuerliche Beratung geschuldet habe, hätte sie den Kläger schon bei Abschluss des ersten Vertrages am , spätestens jedoch bei Vertragsbeginn am , davor warnen müssen, dauerhaft eine Wohnung in Köln (oder sonst in Deutschland) anzumieten, weil er anderenfalls nicht mehr der für Steuerausländer beschränkten Steuerpflicht von pauschal 15 % auf seine inländischen Brutto-Einkünfte unterläge (§ 1 Abs. 4, § 50a Abs. 4 EStG in der bis zum geltenden Fassung), sondern in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig würde. Ein solcher Hinweis sei erst recht aus Anlass des Abschlusses des Folgevertrages vom geboten gewesen, mit dem der Kläger zusätzlich das Amt des Generalmusikdirektors und Chefdirigenten des Gürzenich-Orchesters übernommen habe, spätestens auch hier aber bei Beginn der Vertragslaufzeit am .
Weiter beruft sich der Kläger darauf, dass im Zusammenhang mit der Anmietung der Wohnung sein Steuerstatus zur Sprache gekommen sei und der damalige Kulturdezernent ausdrücklich erklärt habe, die Anmietung sei unschädlich, solange sich der Kläger nicht länger als 180 Tage im Jahr in Köln aufhalte.
Diesen Angriffen kann der Erfolg nicht versagt werden.
2. Allerdings haben beide Vorinstanzen insbesondere aus dem Umstand, dass schon nach dem Ursprungsvertrag vom alle Vergütungen des Klägers den geltenden (sc. deutschen) steuerlichen Bestimmungen unterlagen, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Folgerung gezogen, dass die richtige Versteuerung seiner Einnahmen vor allem Sache des Klägers als des Steuerpflichtigen war und die Beklagte hinsichtlich der Steuerpflicht des bei Vertragsschluss von einer international tätigen Agentur unterstützten Klägers keine Beratungspflichten übernommen habe. Damit oblag es ihm auch, sich über die steuerlichen Folgen und seine steuerlichen Pflichten im Zusammenhang mit den im Ausland erzielten Einkünften zu informieren und gegebenenfalls beraten zu lassen. Die Verträge, die er mit der Beklagten geschlossen hatte, eröffneten ihm die steuerrechtliche Möglichkeit, seinen Status als Steuerausländer zu wahren. Steuerschädliche Maßnahmen, wie hier die Anmietung einer Wohnung in Köln, fielen daher grundsätzlich in seinen eigenen Risikobereich.
3. Die vom Kläger behauptete unrichtige Erklärung des Kulturdezernenten der Beklagten, durch die Anmietung der Wohnung ändere sich der Status des Klägers als Steuerausländer nicht, ist jedoch geeignet, eine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu begründen.
a) Auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung besteht bei jedem Vertragsverhältnis eine allgemeine Aufklärungspflicht hinsichtlich sämtlicher Umstände, die für den Vertragsschluss der anderen Partei erkennbar von wesentlicher Bedeutung sind und deren Mitteilung nach Treu und Glauben unter Rücksicht auf die Verkehrsauffassung erwartet werden kann (st. Rspr., vgl. z.B. = NJW 2003, 1811, 1812; Staudinger/Olzen, BGB [2005] § 241 Rn. 439, jeweils m.w.N.). Dies schließt erst recht die Verpflichtung ein, unrichtige Angaben gegenüber dem Vertragspartner zu unterlassen.
b) Zwar ist beiden Vorinstanzen darin zuzustimmen, dass nach dem Schutzzweck dieser Aufklärungspflichten ein Schadensersatzanspruch nur und erst dann begründet werden kann, wenn und soweit die erteilte Falschauskunft geeignet war, bei ihrem Empfänger eine "Verlässlichkeitsgrundlage" für darauf gestützte Dispositionen zu schaffen. Nach dem der revisionsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legenden Sachvortrag des Klägers war dies aber bei den behaupteten Erklärungen des Kulturdezernenten der Fall.
aa) Der Kulturdezernent hatte bei den Verhandlungen über die Berufung des Klägers nach Köln eine herausragende Rolle gespielt. Er hatte beide Verträge vom und vom auf Seiten der Stadt Köln mit unterzeichnet, die - was den Verhandlungsführern der Stadt Köln und insbesondere auch dem Dezernenten bewusst war - inhaltlich so abgefasst waren, dass der Kläger den Status eines Steuerausländers behielt. Der Kläger hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, der Kulturdezernent habe ihm im Zusammenhang mit der Anmietung der Wohnung ausdrücklich erklärt, dass die Wohnungsanmietung keine Folgen für diesen Status des Klägers habe, solange er sich nicht länger als 180 Tage im Jahr in Köln aufhalte. Wie der Kläger weiter behauptet hat, hatte der Kulturdezernent ihm im Vorfeld der Wohnungsanmietung sogar mehrfach erklärt, er sei sich dessen sicher.
bb) Bei dieser Sachlage lässt sich eine Haftung für die objektiv falsche Erklärung des Kulturdezernenten nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneinen, dieser sei für die Beurteilung der steuerlichen Rechtslage weder zuständig noch kompetent gewesen. Die Revision weist insoweit zu Recht darauf hin, dass der Kulturdezernent mit den behaupteten Erklärungen zum Ausdruck gebracht habe, dass er sich selbst für "kompetent" hielt. Darauf durfte sich der Kläger verlassen; der Kläger brauchte hier nicht klüger zu sein als der Kulturdezernent, sondern durfte annehmen, dass hinsichtlich dieser speziellen Frage, die bei (fast) allen Vertragsverhandlungen und Vertragsabschlüssen mit ausländischen Künstlern eine zentrale Rolle spielte, seitens des Kulturdezernats eine hinreichende Sachkunde vorhanden war.
cc) Die Abwägung zwischen dem Prinzip der Eigenverantwortlichkeit des Klägers für die steuerrechtliche Gestaltung auf der einen und der Zumutbarkeit der Haftung als Folge einer Pflichtverletzung der Beklagten auf der anderen Seite (vgl. dazu Staudinger/Olzen aaO Rn. 446) führt daher hier zu dem Ergebnis, dass eine zumindest auf Fahrlässigkeit beruhende Fehleinschätzung der steuerlichen Gegebenheiten durch den Kulturdezernten die vertragliche Risikoverteilung zu Lasten der Beklagten verschiebt und das steuerliche Risiko im Rahmen der Haftung für die Steuermehrbelastung auf die Beklagte verlagert.
Dies bedeutet, dass beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand eine Schadensersatzhaftung der Beklagten für die Steuermehrbelastung nicht verneint werden kann.
4. Vergeblich wendet sich der Kläger allerdings dagegen, dass das Berufungsgericht die bezüglich eines auf die Steuerschuld des Klägers von der mithaftenden Beklagten an das Finanzamt gezahlten Betrags von insgesamt 237.737 € erklärte Hilfsaufrechnung in voller Höhe, das heißt über den vom Kläger hingenommenen Betrag von 183.873,57 € hinaus, hat durchgreifen lassen.
Soweit die Revision geltend macht, in Höhe von 53.864,37 € stehe dem Kläger ein entsprechender Schadensersatzanspruch zu, weil die Beklagte unter Verletzung ihrer dienstvertraglichen Fürsorgepflicht den Kläger zu spät darüber informiert habe, dass seine inländischen Bruttoeinkünfte seit dem nach dem Jahressteuergesetz 1996 nicht etwa, wie zunächst angenommen, mit pauschal 30 % zu versteuern seien, sondern der normalen "Inländer-Lohnsteuer" unterlägen, kann sie damit nicht gehört werden.
Der Kläger hat seinen Schadensersatzanspruch zunächst auf Fürsorgepflichtverletzungen der Beklagten sowohl im Zusammenhang mit der Anmietung der Wohnung als auch im Zusammenhang mit den Änderungen des Steuerrechts durch das Jahressteuergesetz 1996 gestützt. Im Berufungsverfahren hat er auf den Hinweis- und Auflagenbeschluss des Berufungsgerichts vom klargestellt, dass er ausschließlich Ersatz des durch die Anmietung der Wohnung entstandenen Schadens verlange. Dementsprechend hat er nur noch die damit einhergehenden Pflichtverletzungen der Beklagten beanstandet. Hinsichtlich der Hilfsaufrechnung hat er ausschließlich geltend gemacht, eine am gegebene Zusage der Beklagten, ihm die Netto-Differenz aus der Änderung des pauschalen Steuerabzugs von 15 auf 30 % zu erstatten, sei dahin zu verstehen, dass sämtliche über den alten Steuersatz hinaus gehenden Nachzahlungsverpflichtungen von der Beklagten zu tragen seien. Dieser Argumentation ist das Berufungsgericht nicht gefolgt; vielmehr hat es - rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet - eine über die Erhöhung des pauschalen Steuerabzugs hinausgehende Zusicherung, weitere Steuernachteile jedweder Art zu erstatten, für nicht gegeben erachtet.
Da es der Revision verwehrt ist, tatsächliches, im Berufungsverfahren "fallen gelassenes" Vorbringen wieder aufzugreifen, ist sie bezüglich eines Betrags von 53.864,37 € zurückzuweisen.
6. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der Feststellungsantrag ebenfalls nur Erfolg haben kann, soweit es um den Steuerstatus des Beklagten in den Jahren 1991 bis 1995 geht.
II. Die Anschlussrevision der Beklagten
Auch die Anschlussrevision der Beklagten ist begründet.
Das Berufungsgericht bejaht eine Schadensersatzpflicht unter dem weiteren - von der zuvor erörterten Haftung für die Falschauskunft unabhängigen - Gesichtspunkt, dass die Beklagte den Kläger steuerlich falsch behandelt habe, indem sie auch nach Anmietung der Wohnung in den Jahren 1990 bis 1995 lediglich den nur für beschränkt steuerpflichtige Ausländer geltenden Pauschalabzug von 15 % vorgenommen und nicht die an sich geschuldete Steuer einbehalten und an das Finanzamt abgeführt habe. Die gegen die aus dieser Grundlage hergeleitete Haftung gerichteten Angriffe der Anschlussrevision haben Erfolg.
1. a) Zwar besteht die Pflicht des Arbeitgebers - hier der Beklagten -, die Lohnsteuer bei jeder Lohnzahlung einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen (§ 38 EStG), in erster Linie gegenüber dem Fiskus. Der Arbeitgeber ist jedoch auch dem Arbeitnehmer gegenüber zum korrekten Steuerabzug verpflichtet. Dies ist für das Arbeitsrecht anerkannt (BAG NJW 2004, 3588; NZA 1990, 309). Mit Recht hat das Berufungsgericht diesen Grundsatz auf das hier in Rede stehende Dienstverhältnis zwischen den Parteien übertragen. Für eine Differenzierung zwischen Arbeits- und Dienstverträgen, die auch das Steuerrecht nicht vornimmt, fehlt es an einem sachlichen Grund.
b) Unstreitig hat die Beklagte diese - ihr somit auch dem Kläger gegenüber obliegende - Pflicht zum korrekten Steuerabzug objektiv verletzt, indem sie lediglich 15 % bzw. (ab ) 30 % der Einkünfte pauschal als Steuer abgeführt hat. Dies war einmal deshalb unrichtig, weil der Kläger einen Wohnsitz in Deutschland hatte und damit unbeschränkt steuerpflichtig war, zum anderen ab 1996 auch deshalb, weil er im steuerlichen Sinne nicht selbständig tätig war.
c) Die Anschlussrevision räumt ein, dass das Berufungsgericht zu Recht eine objektive Pflichtverletzung der Beklagten bejaht hat, weil diese in dem fraglichen Zeitraum den Kläger als beschränkt steuerpflichtig angesehen und deshalb nur pauschal 15 % seiner Einkünfte als Steuer abgeführt hatte. Die Beklagte bestreitet jedoch ein Verschulden ihrer zuständigen Bediensteten als subjektive Tatbestandsvoraussetzung des Schadensersatzanspruchs. Damit kann sie indessen keinen Erfolg haben.
Den für den Steuerabzug zuständigen Bediensteten der Beklagten hätte vielmehr - wie das Berufungsgericht mit hinreichend tragfähiger, revisionsrechtlich nicht angreifbarer Begründung feststellt - bekannt gewesen sein müssen, dass der Kläger einen zweiten Wohnsitz in Köln begründet hatte. Daraus hätten sie die steuerrechtlichen Konsequenzen für die zutreffende Berechnung des Abzugs ziehen müssen. Für ein Mitverschulden des Klägers sieht der Senat keinen Ansatzpunkt; deswegen war auch das Berufungsgericht nicht gehalten, unter dem Gesichtspunkt der Nichtinformation oder der fehlerhaften Information der Beklagten durch den Kläger auf ein solches einzugehen.
2. a) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Belastung des Klägers mit den nachzuzahlenden Steuern selbst - im Unterschied zu der Haftung für die Falschauskunft des Kulturdezernenten - nicht vom Schutzzweck dieser Pflicht der Beklagten zum korrekten Steuerabzug umfasst wurde (vgl. in diesem Sinne bereits BAG BB 1958, 414). Denn die Steuernachzahlung war berechtigt. Der Kläger schuldete die Steuern tatsächlich, weil er aufgrund seines inländischen Wohnsitzes der unbeschränkten Steuerpflicht unterlag. Die Begründung dieses inländischen Wohnsitzes, die zur Steuermehrbelastung führte, fiel - wie bereits dargelegt - in den eigenen Risikobereich des Klägers. Deswegen kann der Kläger auch nicht geltend machen, er hätte bei Vornahme eines zutreffenden, 15 % deutlich übersteigenden Abzugs sich nach dessen Berechtigung erkundigt und bei Kenntniserlangung von der Steuerschädlichkeit der Wohnungsanmietung seinen inländischen Wohnsitz alsbald aufgegeben. Diese Konsequenz wäre allenfalls ein dem Kläger günstiger Reflex aus der zutreffenden Berechnung der Steuer gewesen; der Schutzbereich der insoweit wahrzunehmenden Pflichten der Beklagten wäre dadurch sachlich nicht erweitert worden. Bei der Schadenshöhe ist dementsprechend die den Kläger treffende Steuernachzahlung selbst aus dem Ersatzanspruch auszuklammern. Dieser ist vielmehr auf die sonstigen Nachteile begrenzt, die sich aus der verspäteten Anmeldung und Festsetzung der Steuer ergeben hatten.
b) Als ersatzfähige Schadenspositionen hat das Berufungsgericht daher die zu Lasten des Klägers aufgelaufenen Steuernachforderungszinsen (§ 233a AO), Stundungszinsen (§ 234 AO) und Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung (§ 237 AO) für berechtigt gehalten. Außerdem hat es zugunsten des Klägers Kreditzinsen, Steuerberatungskosten - wenn auch nur im Umfang von 15 % der vom Kläger angesetzten Höhe - und Rechtsberatungskosten berücksichtigt.
aa) Soweit die Anschlussrevision die vom Berufungsgericht vorgenommene Berechnung der Schadenshöhe in den Positionen "Kreditzinsen" und "Rechtsberatungskosten" angreift, ist ihr der Erfolg zu versagen. Die diesbezüglichen Feststellungen des Berufungsgerichts halten sich im Rahmen des dem Tatrichter durch § 287 ZPO eingeräumten erweiterten Beurteilungsspielraums. Verfahrensfehler sind dem Berufungsgericht - wie der Senat geprüft hat - dabei nicht unterlaufen; insbesondere ist kein entscheidungserhebliches Vorbringen der Beklagten übergangen worden. Von einer näheren Begründung sieht der Senat insoweit ab (§ 564 ZPO).
bb) Zu Recht jedoch beanstandet die Anschlussrevision, dass das Berufungsgericht die Grundsätze der "Vorteilsausgleichung" unzutreffend angewandt hat.
Wenn und soweit einem Steuerpflichtigen hinsichtlich der von ihm zu zahlenden Steuern ein ersatzfähiger "Verspätungsschaden" entsteht, so sind die ihm in demselben Zusammenhang erwachsenen Vermögensvorteile, insbesondere durch die Möglichkeit zur Nutzung eines zunächst nicht durch Steuerzahlungen oder -abzüge geminderten Vermögens, grundsätzlich im Wege der Vorteilsausgleichung nach § 249 BGB schadensmindernd zu berücksichtigen ( = WM 1991, 814 f zur Steuerberaterhaftung). Der Kläger hat nach seinem eigenen Vorbringen die Zahlungen der Beklagten dazu verwendet, in New York eine Wohnung zu erwerben, die er, wenn ihm nur die um die Steuerabzugsbeträge gekürzte Vergütung zur Verfügung gestanden hätte, nicht erworben hätte. Die mit diesem Erwerb verbundenen Nutzungsvorteile mindern entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Schaden des Klägers. Das Berufungsgericht verengt den Begriff der Kongruenz von Vor- und Nachteil, wenn es meint, insoweit könnten nur erzielte Habenzinsen oder ersparte Kreditzinsen veranschlagt werden (vgl. allgemein hierzu MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl., § 249 Rn. 265 ff). Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Schadensersatzanspruch des Käufers wegen Nichterfüllung des Kaufvertrags, auf die sich das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang berufen hat ( = BGHZ 136, 52 = NJW 1997, 2378; siehe auch Urteil vom - V ZR 51/05 = NJW 2006, 1582), lässt sich für die vorliegende Fallgestaltung nichts anderes entnehmen.
III. Ergebnis
1. Die Abweisung der Klage kann daher hinsichtlich der Steuernachzahlungen 1991 bis 1995 keinen Bestand haben. Gleiches gilt für die Abweisung der Steuerberatungskosten. Das Berufungsgericht hat insoweit lediglich diejenigen Kosten für ersatzfähig gehalten, die gerade dadurch erforderlich geworden waren, dass die Steuern erst verspätet festgesetzt wurden. Dies trifft zu, soweit es um den Haftungstatbestand der Verletzung der Pflicht zum korrekten Steuerabzug geht. In den Rahmen des anderen Haftungstatbestandes, der unrichtigen Auskunft des Kulturdezernenten, fallen jedoch auch diejenigen Steuerberatungskosten, die aufgewendet werden mussten, weil der Kläger unbeschränkt steuerpflichtig war und daher eine Steuerklärung über sein gesamtes Einkommen abgeben musste. Diese können insoweit einen ersatzfähigen Schaden darstellen.
Insoweit bedarf es weiterer tatrichterlicher Aufklärung über die im Einzelnen streitigen Äußerungen des Kulturdezernenten, insbesondere über deren Inhalt und Tragweite.
2. Soweit die Beklagte verurteilt worden ist, war das Berufungsurteil in vollem Umfang aufzuheben. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen darüber enthält, welche konkreten Nutzungsvorteile der Kläger erlangt hat und wie diese zu bewerten sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie den zuerkannten Betrag übersteigen.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass zwar der Ersatzpflichtige grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen einer Vorteilsausgleichung trägt, aber der Geschädigte gehalten ist, Angaben zu den zur Berechnung des Vorteils erforderlichen Umständen zu machen ( = NJW-RR 2002, 1280).
Fundstelle(n):
BFH/NV-Beilage 2008 S. 259 Nr. 3
HFR 2008 S. 870 Nr. 8
WM 2008 S. 993 Nr. 21
DAAAC-76449
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja