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RL 2005/89/EG Artikel 1

Artikel 1 Anwendungsbereich

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses ,

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags ,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt war ein äußerst wichtiger Beitrag zur Schaffung des Elektrizitätsbinnenmarktes. Die Gewährleistung einer hohen Sicherheit der Elektrizitätsversorgung ist eine Grundvoraussetzung für das erfolgreiche Funktionieren des Binnenmarktes; nach der genannten Richtlinie können die Mitgliedstaaten den Elektrizitätsunternehmen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegen, unter anderem im Hinblick auf die Versorgungssicherheit. Diese gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen sollten so genau und präzise wie möglich definiert werden und sollten nicht zur Schaffung von Erzeugungskapazitäten in einem Umfang führen, der über das zur Verhinderung unzumutbarer Unterbrechungen der Elektrizitätsversorgung der Endverbraucher notwendige Maß hinausgeht.

(2) Die Nachfrage nach Elektrizität wird im Allgemeinen auf der Grundlage von Szenarien, die von den Übertragungsnetzbetreibern oder anderen hierfür befähigten Stellen auf Ersuchen eines Mitgliedstaats erstellt werden, mittelfristig prognostiziert.

(3) Ein wettbewerbsorientierter Elektrizitätsbinnenmarkt in der Europäischen Union erfordert transparente und diskriminierungsfreie Politiken für die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung, die mit den Erfordernissen eines solchen Marktes vereinbar ist. Das Fehlen einer entsprechenden Politik in einzelnen Mitgliedstaaten oder das Bestehen erheblicher Unterschiede zwischen den Politiken verschiedener Mitgliedstaaten würde Wettbewerbsverzerrungen nach sich ziehen. Die Festlegung klarer Rollen und Zuständigkeiten für die zuständigen Behörden und die Mitgliedstaaten selbst sowie für alle betroffenen Marktteilnehmer ist daher von wesentlicher Bedeutung, um die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten sowie gleichzeitig die Entstehung von Hindernissen für neue Marktteilnehmer, wie etwa Elektrizitätserzeugungs- oder Versorgungsunternehmen in einem Mitgliedstaat, die vor kurzem ihre Tätigkeit in diesem Mitgliedstaat aufgenommen haben und von Verzerrungen im Elektrizitätsbinnenmarkt sowie ernster Schwierigkeiten für Marktteilnehmer einschließlich Unternehmen mit geringen Marktanteilen wie etwa Erzeugungs- oder Versorgungsunternehmen mit einem sehr geringen Anteil am jeweiligen Gemeinschaftsmarkt zu verhindern.

(4) Die Entscheidung Nr. 1229/2003/EG des Europäischen Parlaments und des Rates legt eine Reihe von Leitlinien für die Gemeinschaftspolitik über die transeuropäischen Netze im Energiebereich fest. Die Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel enthält unter anderem allgemeine Grundsätze und detaillierte Vorschriften für das Engpassmanagement.

(5) Sofern es aus technischen Gründen erforderlich ist, ist bei der Förderung der Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energiequellen sicherzustellen, dass die damit verbundene Reservekapazität zur Erhaltung der Zuverlässigkeit und Sicherheit des Netzes zur Verfügung steht.

(6) Um den umweltpolitischen Verpflichtungen der Gemeinschaft nachzukommen und ihre Abhängigkeit von importierter Energie zu mindern, ist es wichtig, die Langzeitwirkungen der steigenden Elektrizitätsnachfrage zu berücksichtigen.

(7) Die Zusammenarbeit zwischen nationalen Übertragungssystembetreibern in Fragen der Netzsicherheit sowie bei der Festlegung von Übertragungskapazitäten, der Bereitstellung von Informationen und der Netzmodellierung ist von ausschlaggebender Bedeutung für die Entwicklung eines gut funktionierenden Binnenmarktes und könnte weiter verbessert werden. Mangelnde Koordinierung bei der Netzsicherheit beeinträchtigt die Entwicklung gleicher Wettbewerbsbedingungen.

(8) Der vorrangige Zweck der einschlägigen technischen Regeln und Empfehlungen, wie etwa derjenigen des Betriebshandbuchs der UCTE (Union for the Coordination of Transmission of Electricity), und ähnlicher Regeln und Empfehlungen, die von NORDEL, dem Baltic Grid Code und für die Systeme des Vereinigten Königreichs und Irlands entwickelt worden sind, besteht darin, den technischen Betrieb der zusammen geschalteten Netze zu unterstützen und somit dazu beizutragen, den notwendigen unterbrechungsfreien Betrieb des Netzes bei einem Systemausfall an einer oder mehreren Stellen im Netz aufrechtzuerhalten und die durch das Auffangen einer solchen Versorgungsunterbrechung entstehenden Kosten auf ein Minimum zu beschränken.

(9) Die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber sollten verpflichtet sein, in Bezug auf die Häufigkeit und Dauer von Versorgungsunterbrechungen hochwertige Dienstleistungen für den Endverbraucher zu erbringen.

(10) Etwaige Maßnahmen, mit denen gewährleistet werden soll, dass angemessene Erzeugungskapazitätsreserven vorgehalten werden, sollten marktorientiert und nicht diskriminierend sein; diese Maßnahmen könnten vertragliche Garantien und Vereinbarungen, kapazitätsbezogene Optionen oder kapazitätsbezogene Verpflichtungen einschließen. Diese Maßnahmen könnten auch durch andere nicht diskriminierende Instrumente wie Kapazitätszahlungen ergänzt werden.

(11) Um zu gewährleisten, dass angemessene Vorabinformationen zur Verfügung stehen, sollten die Mitgliedstaaten Maßnahmen veröffentlichen, die ergriffen werden, um ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei den tatsächlichen und potenziellen Investoren im Erzeugungssektor und bei den Elektrizitätsverbrauchern aufrechtzuerhalten.

(12) Unbeschadet der Artikel 86, 87 und 88 des Vertrags ist es wichtig, dass die Mitgliedstaaten einen klaren, angemessenen und stabilen Rahmen schaffen, der die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung erleichtert und zu Investitionen in Erzeugungskapazität und Bedarfssteuerungstechniken führt. Daneben ist es wichtig, dass geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung eines gesetzlichen Rahmens getroffen werden, der Anreize für Investitionen in neue Verbindungsleitungen insbesondere zwischen den Mitgliedstaaten schafft.

(13) Der Europäische Rat von Barcelona am 15. und 16. März 2002 hat einen Verbundgrad zwischen den Mitgliedstaaten vereinbart. Geringe Verbundgrade führen zu einer Fragmentierung des Marktes und behindern die Entwicklung des Wettbewerbs. Das Bestehen angemessener physikalischer Verbindungsleitungskapazität – unabhängig davon, ob sie grenzüberschreitend ist oder nicht – ist eine notwendige, aber nicht ausreichende Voraussetzung für die volle Entfaltung des Wettbewerbs. Im Interesse der Endverbraucher sollten die potenziellen Vorteile neuer Verbundvorhaben und die Kosten dieser Vorhaben in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.

(14) Es ist wichtig, die maximal vorhandenen Übertragungskapazitäten zu bestimmen, die ohne Verstoß gegen die Sicherheitsanforderungen des Netzbetriebs möglich sind; es ist auch wichtig, beim Verfahren der Kapazitätsberechnung und -zuteilung volle Transparenz zu gewährleisten. So könnte die bestehende Kapazität besser genutzt werden und es würden keine falschen Knappheitssignale an den Markt gesandt, was zur Verwirklichung eines voll wettbewerbsfähigen Binnenmarkts im Sinne der Richtlinie 2003/54/EG beitragen wird.

(15) Die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber bedürfen für ihre Investitionsentscheidungen sowie für die Wartung und Erneuerung der Netze eines sachgerechten und stabilen gesetzlichen Rahmens.

(16) Gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2003/54/EG müssen die Mitgliedstaaten die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung überwachen und einen Bericht darüber vorlegen. Dieser Bericht sollte die für die Versorgungssicherheit relevanten kurz-, mittel- und langfristigen Aspekte umfassen, einschließlich der Absicht der Übertragungsnetzbetreiber, in das Netz zu investieren. Bei der Erstellung dieses Berichts wird von den Mitgliedstaaten erwartet, dass sie sich auf Informationen und Beurteilungen stützen, die von den Übertragungsnetzbetreibern sowohl einzeln als auch kollektiv – auch auf europäischer Ebene – schon erstellt wurden.

(17) Die Mitgliedstaaten sollten die wirksame Durchführung dieser Richtlinie gewährleisten.

(18) Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich eine sichere Elektrizitätsversorgung auf der Grundlage eines fairen Wettbewerbs und die Schaffung eines voll funktionsfähigen Elektrizitätsbinnenmarkts, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkung der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus –

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: