Keine Pflicht des FG zur Befassung mit jedem tatsächlichen Vorbringen in den Entscheidungsgründen
Gesetze: FGO § 96 Abs. 2, FGO § 105 Abs. 2 Nr. 5, FGO § 115
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, wurde am gegründet. Sämtliche Geschäftsanteile hielt zunächst die Stadt X. Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb, die Entwicklung, die Erschließung, die Bebauung, die Veräußerung und die Verwaltung von bebauten und unbebauten Grundstücken.
Mit Vertrag vom erwarb die Klägerin von der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) ein mit mehreren Gebäuden bebautes ehemaliges Kasernengelände. In dem Kaufvertrag war vorgesehen, dass für die Verkehrsflächen von sieben Teilflächen, für die der beabsichtigte Nutzungszweck festgelegt wurde —u.a. als Volkshochschule—, bestimmte Abschläge auf den Kaufpreis gewährt werden.
Mit Vertrag vom vermietete die Klägerin eine Teilfläche des Grundstücks mit dem ehemaligen Kasernengebäude „F” ab dem auf die Dauer von zehn Jahren an die Stadt X zum Betrieb einer Volkshochschule. Die Volkshochschule ist ein Zweckbetrieb i.S. des § 68 der Abgabenordnung (AO). Nach Abschluss des Mietvertrages baute die Klägerin das Gebäude „F” um und aus. Nach Fertigstellung zog die Volkshochschule in das Gebäude ein und nutzte 87,62 % der Fläche. Die restlichen 12,38 % vermietete die Klägerin überwiegend unter Verzicht auf die Umsatzsteuerfreiheit der Vermietungsumsätze an mehrere andere Unternehmen und machte den entsprechenden Teil der Umsatzsteuern aus den Baurechnungen, insgesamt 99 966 DM, als Vorsteuerbeträge geltend.
Am veräußerte die Klägerin das Grundstück mit dem Gebäude „F” mit Übergang von Nutzungen und Lasten zum an die Stadt X und behandelte diese Veräußerung als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG). Die Stadt X überlässt das Gebäude seither der Volkshochschule unentgeltlich. Die Mietverträge mit den übrigen Mietern wurden fortgeführt.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) sah im Anschluss an eine Außenprüfung in der Veräußerung des Grundstücks mit dem Gebäude „F” einen steuerbaren, aber nach § 4 Abs. 9 Buchst. a UStG steuerbefreiten Umsatz und berichtigte mit geändertem Umsatzsteuerbescheid für 1999 (Streitjahr) vom den Vorsteuerabzug gemäß § 15a UStG in Höhe von . DM. Die rechnerische Ermittlung des Betrages ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, das FA habe zu Recht eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG vorgenommen. Die Vorsteuerberichtigung scheitere nicht an § 15a Abs. 6a UStG, weil im Streitfall keine Geschäftsveräußerung i.S. von § 1 Abs. 1a UStG vorliege; denn das Grundstück mit dem Gebäude „F” sei nicht als „ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb” i.S. von § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG anzusehen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig.
1. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
2. Im Streitfall hat die Klägerin keinen dieser Zulassungsgründe entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
a) Die Revision kann nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen werden.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung kommt einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu, wenn eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärbar sein (vgl. z.B. , BFHE 209, 105, BStBl II 2005, 714).
Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss er zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Des Weiteren muss er substantiiert darauf eingehen, weshalb die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit muss er außerdem begründen, in welchem Umfang, aus welchen Gründen und ggf. von welcher Seite die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist (vgl. z.B. , BFH/NV 2006, 1332, m.w.N.).
bb) Derartige Darlegungen enthält die Beschwerdeschrift nicht, wie die Klägerin selbst einräumt. Ihre Auffassung, diese Anforderungen ließen sich „hier nicht erfüllen”, trifft nicht zu.
Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, „ob die Körperschaft öffentlichen Rechts in ihrer Eigenschaft als Betreiberin eines Zweckbetriebes ihre Unternehmereigenschaft dadurch verliert, dass sie Eigentümerin des Grundstücks wird, das Grundlage des gesondert geführten Betriebes ist”.
Es fehlt zu dieser Frage jedes Eingehen auf die Rechtsprechung des BFH zur Unternehmereigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zu den Rechtsfolgen des Vorliegens eines Zweckbetriebs und zu den Voraussetzungen eines gesondert geführten Betriebs.
Im Übrigen hat das FG seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass das Grundstück mit dem Gebäude „F” kein „in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb” i.S. von § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG gewesen sei. Die davon zu unterscheidende Frage, ob das Grundstück i.S. von § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG an „einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen” veräußert wurde —worauf sich die von der Klägerin mit ihrer Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage bezieht—, hat das FG ausdrücklich offen gelassen (Urteil, S. 6). Die Klägerin hätte deshalb darlegen müssen, weshalb die von ihr als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage gleichwohl in dem von ihr angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden könnte. Auch daran fehlt es.
b) Die Revision kann auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. FGO wegen der von der Klägerin gerügten Abweichung der Vorentscheidung von dem (BFHE 210, 146, BStBl II 2007, 61) zugelassen werden.
Abgesehen davon, dass diese Rüge erstmals nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist von zwei Monaten nach der Zustellung des FG-Urteils (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) erhoben wurde und damit nicht mehr berücksichtigt werden kann (vgl. z.B. , BFH/NV 2005, 2033), hat die Klägerin die von ihr behauptete Abweichung nicht durch Gegenüberstellung von voneinander abweichenden Rechtssätzen in der Vorentscheidung und in dem BFH-Urteil dargelegt, wie dies zur Darlegung dieses Revisionszulassungsgrundes erforderlich ist (vgl. dazu z.B. , BFH/NV 2006, 1125, m.w.N.).
c) Die weitere Rüge der Klägerin, die Vorentscheidung stelle sich als „Überraschungsentscheidung dar”, hat ebenfalls keinen Erfolg.
Die Klägerin trägt hierzu innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist vor, sie habe ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem FG mehrfach darauf hingewiesen, „dass das hier betroffene Grundstück durchgängig separiert und eigenständig geführt” worden sei. Überdies sei die Zweckbestimmung bereits im Kaufvertrag mit der Bundesrepublik festgeschrieben worden. Hierauf sei das FG weder in der mündlichen Verhandlung noch in seiner Entscheidungsbegründung eingegangen.
Ausweislich des Tatbestandes der Vorentscheidung hat das FG diesen Vortrag der Klägerin zur Kenntnis genommen (vgl. Urteil S. 2 Abs. 2, 3 und S. 3 Abs. 5). Dass das FG in den Entscheidungsgründen nicht näher auf diese Gesichtspunkte eingegangen ist, bedeutet weder eine „Überraschungsentscheidung” noch einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Ein FG muss sich nicht mit jedem tatsächlichen Vorbringen und mit jeder rechtlichen Erwägung eines Beteiligten in den Entscheidungsgründen auseinandersetzen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 1997, 155; vom VIII R 47/99, BFH/NV 2001, 46).
Fundstelle(n):
SAAAC-75929