BGH Beschluss v. - 4 StR 36/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StGB § 21; StGB § 64 Satz 2

Instanzenzug: LG Detmold, vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.

Die Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Das Rechtsmittel hat jedoch insoweit Erfolg, als das Landgericht davon abgesehen hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen.

Nach den Feststellungen kam der Angeklagte im Alter von zwölf Jahren mit illegalen Drogen in Berührung. Nachdem er anfangs nur gelegentlich Haschisch geraucht hatte, konsumierte er später regelmäßig Cannabis und andere Drogen. Mitte des Jahres 2006 nahm er erstmals Heroin, das er sich alsbald auch spritzte. Im Zuge seiner Heroinabhängigkeit entfernte er sich immer mehr vom allgemeinen sozialen Leben und beging ab Herbst 2006 zur Finanzierung seiner Drogensucht auch Einbruchsdiebstähle. Sein gesamter Tagesablauf war schließlich darauf ausgerichtet, sich die erforderliche Tagesdosis Heroin zu verschaffen. Am Tattag litt der Angeklagte, der seit 24 Stunden kein Heroin konsumiert hatte, unter erheblichen Entzugserscheinungen. Da Versuche, sich Geld oder Betäubungsmittel bei Bekannten zu verschaffen, gescheitert waren, entschloss er sich, durch einen Raubüberfall auf eine Passantin Geld zu erbeuten, um hiervon Heroin kaufen zu können. Die Tat schlug letztlich fehl. Mit Blick auf die Entzugserscheinungen hat das Landgericht nicht auszuschließen vermocht, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Tat im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert war.

Auf Grund dieser rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen liegt - entgegen der Auffassung des Landgerichts - auf der Hand, dass die abgeurteilte Tat auf einen Hang des Angeklagten zurückgeht, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen (vgl. ). Ein Heilungserfolg, der die Maßregelanordnung entbehrlich machen könnte, ist angesichts des langjährigen Drogenkonsums und der bereits länger andauernden schweren Heroinsucht des Angeklagten auch nicht durch die Entgiftung während des Vollzugs der Untersuchungshaft eingetreten. Hiervon geht die Strafkammer ersichtlich selbst nicht aus, da sie eine "therapeutische Aufarbeitung der Drogenprobleme des Angeklagten" durchaus für erforderlich hält. Vor dem Hintergrund der erfolgreichen Entgiftung in der Haft und mit Blick auf das Alter des Angeklagten, der bislang noch keine therapeutische Maßnahme durchlaufen hat, dürfte auch eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht im Sinne des § 64 Satz 2 StGB bestehen.

Der Teilaufhebung steht nicht entgegen, dass § 64 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom (BGBl I 1327) von einer Muss- in eine Sollvorschrift umgestaltet worden ist. Dies macht die Prüfung des § 64 StGB durch den Tatrichter nicht entbehrlich. Dieser muss vielmehr das Ermessen tatsächlich ausüben und die Ermessensentscheidung für das Revisionsgericht nachprüfbar machen (vgl. ).

Die Frage nach der Anordnung der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB bedarf mithin unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) der Prüfung und Entscheidung durch ein neues Tatgericht. Der neue Tatrichter wird gegebenenfalls § 67 Abs. 2 StGB n.F. zu beachten haben.

Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.

Fundstelle(n):
NJW 2008 S. 2662 Nr. 36
KAAAC-75803

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