Oberfinanzdirektion Koblenz - S 2296b A - St 32 3

Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 EStG,
hier: Bewohner eines Heimes

Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen Bewohner eines Heimes die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 EStG beanspruchen können.

Unter Heimen versteht man Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime und andere gleichartige Einrichtungen. Auf die Begrifflichkeit kommt es für die Anwendung des § 35a EStG aber letztlich nicht an. Grundvoraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung ist vielmehr das Vorliegen eines eigenständigen und abgeschlossenen Haushalts. Ein Haushalt in einem Heim ist gegeben, wenn die Räumlichkeiten des Steuerpflichtigen von ihrer Ausstattung her für eine Haushaltsführung geeignet sind (Bad, Küche, Wohn- und Schlafbereich), individuell genutzt werden können (Abschließbarkeit) und eine eigene Wirtschaftsführung des Steuerpflichtigen nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird. Dies liegt vor, wenn der Steuerpflichtige ein Appartement bewohnt, nicht aber wenn es sich um ein Pflegezimmer ohne eigene Kochgelegenheit handelt. In diesem Fall sind die im Haushalt des Heimbewohners erbrachten und individuell abgerechneten Dienstleistungen (z.B. Reinigung des Appartements, Pflege- oder Handwerkerleistungen im Appartement) begünstigt (vgl. Rz. 12 des BStBl 2007 I S. 783). Für Pflege- und Betreuungsleistungen besteht die Besonderheit, dass die Haushalte des Steuerpflichtigen und der zu pflegenden/betreuenden Person auseinanderfallen können (§ 35a Abs. 2 Satz 1 HS 2 EStG).

Fraglich ist, welche Heimbereiche außerhalb des Appartements räumlich noch zum Haushalt gehören (z.B. Treppenhäuser, Gemeinschaftsräume, Parkanlage, Wäscherei, Restaurant, etc…) und wie die individuelle Abrechnung der Dienstleistungen zu erfolgen hat.

1. Räumliche Abgrenzung des Haushalts

Zur Haushaltsführung gehört auch das Bewirtschaften von Zubehörräumen und Außenanlagen. Die Grenzen des Haushalts i.S.d. § 35a EStG werden daher regelmäßig durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Auf die Eigentumsverhältnisse kommt es hierbei nicht an. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Steuerpflichtige den (ggf. gemeinschaftlichen) Besitz über diesen Bereich ausübt und für Dritte dieser Bereich nach der Verkehrsanschauung der Wohnanlage, in der der Steuerpflichtige seinen Haushalt betreibt, zuordenbar ist. So zählt beispielsweise auch die an ein Mietwohngrundstück angrenzende, im Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümer stehende Gartenanlage zum Haushalt der Bewohner. Unmaßgeblich ist, ob der Bewohner als Miteigentümer kraft eigenen Rechts oder als Mieter kraft abgeleiteten Rechts die Gartenanlage bewirtschaften darf

Für Heimbewohner zählen hiernach die Bereiche außerhalb ihrer Appartements nicht mehr zum Haushalt. Denn den Heimbewohnern fehlt es an einer Sachherrschaft über diese Bereiche. Diese sind vielmehr in den Geschäftsbetrieb des Heimbetreibers eingebettet. Dies gilt ungeachtet eines Zugangsrechts der Heimbewohner (z.B. Erlaubnis zur Betretung der Parkanlagen). Denn ein Besitzrecht, was zur Bewirtschaftung der Bereiche berechtigen und verpflichten würde, wird hierdurch nicht begründet. Fehlt es jedoch an der Sachherrschaft durch den Heimbewohner, so kann die Bewirtschaftung auch nicht seiner Haushaltsführung zugeschrieben werden. Auf die Frage, ob das ggf. weit verzweigte und womöglich unzusammenhängende Heimgrundstück nach der Verkehrsanschauung als Bestandteil einer Wohnanlage angesehen werden kann, kommt es demnach nicht mehr an.

2. Nachweis der individuellen Abrechnung

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung ist, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der begünstigten Leistungen nachweist (§ 35a Abs. 2 Satz 5 EStG). Wird die begünstigte Dienstleistung dem Heimbewohner gesondert in Rechnung gestellt und unbar beglichen, so ergeben sich keine Nachweisschwierigkeiten.

In der Regel schließen jedoch Heimbetreiber und Heimbewohner einen sog. Heimvertrag ab. Darin verpflichtet sich der Heimbetreiber für gewöhnlich zur Erbringung von Unterkunft, Verpflegung und Betreuung gegen Bezahlung eines Entgelts. Der Vertrag regelt sodann weiter, welche konkreten Dienstleistungen hierunter zu verstehen sind, ohne eine gesonderte Aufteilung des Entgelts vorzunehmen.

Dienstleistungen, die hiernach außerhalb des Appartements erbracht werden, sind nicht begünstigt i.S.d. § 35a EStG (z.B. Besetzung von Telefonzentrale und Pforte, Gartengestaltung, hauseigene Wäscherei). Gleiches gilt regelmäßig auch für Dienstleistungen, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des Appartements erbracht werden, da es für gewöhnlich an einem objektiven Aufteilungsmaßstab fehlen dürfte (z.B. Hausmeisterservice). Daneben enthält der Heimvertrag oftmals auch Angebote an Dienstleistungen, die im Bedarfsfalle im Haushalt des Heimbewohners abgerufen werden können, so z.B. einen medizinischen Not- und Pflegedienst. Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG begünstigt sind jedoch konkret erbrachte haushaltsnahe Dienstleistungen und nicht das bloße Recht auf Dienstleistung im Bedarfsfalle.

Für die hiernach im Gesamtentgelt enthaltenen begünstigten Dienstleistungen (z.B. Appartementreinigung) stellt sich die Frage der Nachweisführung. Gemäß Rz. 19 des BStBl 2007 I S. 783 kann auch der Heimbewohner die Steuerermäßigung nach § 35a EStG beanspruchen, wenn die von ihm zu zahlenden „Nebenkosten” Beträge umfassen, die für eine begünstigte Dienstleistung geschuldet werden und sein Anteil an den vom Heimbetreiber unbar gezahlten Aufwendungen entweder aus der Jahresabrechnung hervorgeht oder durch eine Bescheinigung des Heimbetreibers i.S.v. Rz. 18 des BStBl 2007 I S. 783 nachgewiesen wird. Unter dem Begriff „Nebenkosten” ist in diesem Zusammenhang das vom Heimbewohner zu zahlende Entgelt zu verstehen. D.h., wird die begünstigte Dienstleistung im Appartement durch einen externen Dienstleister erbracht, so bestehen keine Einwände, wenn der Heimbetreiber den ihm hieraus in Rechnung gestellten und von ihm unbar beglichenen Rechnungsbetrag nach objektiven Merkmalen individuell auf die Heimbewohner aufteilt und nach den Vorgaben der Rz. 18 des BStBl 2007 I S. 783 bescheinigt. Das gleiche gilt, wenn der Heimbetreiber sich zur Erfüllung der im Appartement erbrachten begünstigten Dienstleistungen eigenen Personals bedient.

Subsidiarität zu außergewöhnlichen Belastungen

Stehen hiernach die nach § 35a Abs. 2 EStG begünstigten Dienstleistungen dem Grunde und der Höhe nach fest, so kommt eine Berücksichtigung allerdings nur soweit in Betracht, wie diese Aufwendungen nicht vorrangig als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind (§ 35a Abs. 2 Satz 3 EStG). Hiernach wird insbesondere eine Kürzung der Aufwendungen um den nach § 33a Abs. 3 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden Höchstbetrag für Heimunterbringung erforderlich sein.

Oberfinanzdirektion Koblenz v. - S 2296b A - St 32 3

Fundstelle(n):
DB 2008 S. 1180 Nr. 22
SJ 2008 S. 15 Nr. 18
StBW 2008 S. 6 Nr. 9
VAAAC-75312