Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bei auslaufendem Recht (hier: verfahrensrechtliche Rechtsgrundlage für die Erteilung von sog. Spontanauskünften, § 2 Abs. 2 EGAHiG i.d.F. vor dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2008 vom )
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, EGAHiG § 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Beteiligten streiten in einem Gesamtkomplex um die Zulässigkeit von Auskunftsersuchen bzw. Mitteilungen an verschiedene ausländische Finanzbehörden; Gegenstand des angefochtenen Urteils ist eine bisher nicht erteilte Mitteilung im steuerlichen Auskunftsaustausch (Spontanauskunft) an die finnische Steuerbehörde. Das streitgegenständliche Vorhaben war in einem Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung bereits Gegenstand des Senatsbeschlusses vom I B 87/05 (BFHE 212, 4, BStBl II 2006, 616).
Das Finanzgericht (FG) Köln hat das BZSt verurteilt, es zu unterlassen, der finnischen Steuerverwaltung Auskünfte gemäß der Mitteilung des FA —ohne Datum— über die Art und Höhe der Provisionszahlungen der Firma X, an die Klägerin zu erteilen (Urteil vom 2 K 2861/05).
Das BZSt beantragt unter Hinweis auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alternative 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Revision gegen das zuzulassen.
Die Klägerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde wird als unbegründet zurückgewiesen.
Das BZSt leitet eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) daraus ab, dass zwei Rechtsfragen klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig seien: „Kann die Weiterleitung von Spontanauskünften, die es dem Empfängerstaat ermöglichen sollen, in einer Parallelwertung zu § 160 AO den Empfängernachweis (d.h. wirtschaftlichen Empfänger) zu verlangen und ggf. bei verbleibenden Zweifeln ein steuerliches Abzugsverbot der entsprechenden Ausgaben bei einem im Empfängerstaat Steuerpflichtigen eingreifen zu lassen bzw. in einer Parallelwertung zu § 4 Abs. 4 EStG bzw. § 41 Abs. 2 AO ggf. den Ausgabenabzug dort einschränken zu können, auf § 2 Abs. 2 Nr. 1 EGAHiG gestützt werden, da auch in solchen Fällen eine Steuerverkürzung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 EGAHiG vorliegen kann? Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob solche Spontanauskünfte auf Art. 26 DBA-Finnland (sog. große Auskunftsklausel) gestützt werden können, da solche Informationen über die Ausgabenseite für die Durchführung des innerstaatlichen Rechts erforderlich im Sinne des Art. 26 DBA-Finnland sein können?”
Im angefochtenen Urteil hat das FG nicht entschieden, ob bei der finnischen Ertragsbesteuerung eine dem § 160 der Abgabenordnung (AO) entsprechende Vorschrift anzuwenden ist. Es hat vielmehr gemeint, die Voraussetzungen für eine Versagung des Betriebsausgabenabzugs wegen nicht ausreichender Empfängerbenennung seien jedenfalls nicht als erfüllt anzusehen. Auch wenn die Klägerin nicht wirtschaftlicher Empfänger der Provisionszahlungen sei, lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der wirtschaftliche Empfänger der Zahlungen einer Besteuerung in Finnland unterliege. Ein konkreter Bezugspunkt für eine Steuerfestsetzung in Finnland (z.B. mit Blick auf einen Rückfluss jedenfalls eines Teils der Provision zu der die Provision zahlenden Firma) sei nicht ersichtlich. Das FG hat damit auf der Grundlage seiner in einem Revisionsverfahren bindenden Sachverhaltsfeststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht entschieden, dass die Möglichkeit einer Einschränkung des Ausgabenabzugs im Zielstaat der Auskunft nicht unter § 2 Abs. 2 Nr. 1 des EG-Amtshilfe-Gesetzes (EGAHiG) bzw. unter Art. 26 Abs. 1 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie einiger anderer Steuern (DBA-Finnland) vom (BGBl II 1981, 1165, BStBl I 1982, 202) fällt. Es hat vielmehr entschieden, dass die beabsichtigte Auskunft nicht unter § 2 Abs. 2 Nr. 1 EGAHiG oder unter Art. 26 DBA-Finnland fällt, da eine Möglichkeit der Einschränkung des Ausgabenabzugs bei der die Provision zahlenden Firma nicht besteht. Damit lägen weder „tatsächliche Anhaltspunkte” vor, die „die Vermutung rechtfertigen”, dass Steuern in Finnland „verkürzt worden sind oder werden könnten” (zu § 2 Abs. 2 Nr. 1 EGAHiG), noch könne von einer „erforderlichen Auskunft” (zu Art. 26 Abs. 1 Satz 1 DBA-Finnland) ausgegangen werden, da „die ernstliche Möglichkeit” eines finnischen Besteuerungsrechts insoweit nicht bestehe. Wenn das BZSt mit der Beschwerde geltend macht, dass eine Einschränkung des Ausgabenabzugs in Finnland im Raum stehe, wird im Ergebnis ein Rechtsfehler des FG bei der Anwendung des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EGAHiG bzw. des Art. 26 Abs. 1 Satz 1 DBA-Finnland im konkreten Fall geltend gemacht. Dies reicht für die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht aus.
Die nach dem Ergehen des (BStBl I 2006, 489) möglicherweise sogar offenkundige (s. allgemein z.B. Senatsbeschluss vom I B 17/06, BFH/NV 2007, 52) grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist jedenfalls entfallen. Denn mit dem Jahressteuergesetz 2008 —JStG 2008— (BGBl I 2007, 3150, BStBl I 2008, 218; Inkrafttreten am Tag nach der Verkündung des Gesetzes, s. Art. 28 Abs. 1 JStG 2008, d.h. am ) ist § 2 Abs. 2 EGAHiG gerade mit Blick auf den Senatsbeschluss in BFHE 212, 4, BStBl II 2006, 616 neu gefasst worden (so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfs, BTDrucks 16/6290, S. 119). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 EGAHiG n.F. „... können (die Finanzbehörden) der zuständigen Finanzbehörde eines anderen Mitgliedstaates die in § 1 Abs. 2 bezeichneten Auskünfte ohne Ersuchen erteilen, die für die zutreffende Besteuerung eines Steuerpflichtigen im anderen Mitgliedstaat geeignet sein können”. Die in § 2 Abs. 2 Nrn. 1 bis 6 EGAHiG a.F. angeführten Voraussetzungen der Auskunftserteilung sind nun als Tatbestände des gebundenen Ermessens („Auskünfte sollen erteilt werden, wenn ...”) in § 2 Abs. 2 Satz 2 (Nrn. 1 bis 5) EGAHiG angeführt. Die Neufassung diene der „Ausschöpfung der durch die Amtshilfe-Richtlinie gegebenen rechtlichen Möglichkeiten” (BTDrucks 16/6290, S. 119); es wird eine Auskunftserteilung unabhängig von den bisher geltenden einschränkenden Tatbestandsvoraussetzungen ermöglicht. Die hier streitige Rechtssache betrifft damit im Entscheidungszeitpunkt über die Beschwerde auslaufendes Recht, und es ist nicht ersichtlich, dass die Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Auslegung des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EGAHiG a.F. noch für eine Vielzahl anhängiger Fälle entscheidungserheblich ist (s. insoweit allgemein Beschlüsse des , BFH/NV 1996, 138; vom VIII B 12/96, BFH/NV 1997, 347; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 35; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 59).
Fundstelle(n):
KÖSDI 2008 S. 15933 Nr. 3
JAAAC-75274