Leitsatz
[1] Ein freigestelltes Personalratsmitglied hat einen Anspruch auf Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit nach § 48a BAT, wenn er ohne die Freistellung auf Grund seiner Arbeitsleistung einen Zusatzurlaubsanspruch erworben hätte.
Gesetze: BAT § 48a; BPersVG § 107
Instanzenzug: ArbG Berlin, 86 Ca 19722/05 vom LAG Berlin, 12 Sa 494/06 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger als freigestelltem Personalratsmitglied Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit nach § 48a BAT zusteht.
Der Kläger ist seit dem als Polizeiangestellter bei dem beklagten 2 Land beschäftigt. Kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit und auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarung findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. § 48a BAT lautet für den Bereich des Bundes und für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder auszugsweise wie folgt:
"§ 48a Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit, Schichtarbeit und Nachtarbeit.
(1) A. Für den Bereich des Bundes und für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder:
Der Angestellte, der ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt ist, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten (§ 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2) vorsieht, und dabei in einem Urlaubsjahr in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leistet, erhält Zusatzurlaub.
...
(2) Der Zusatzurlaub nach Absatz 1 beträgt bei einer entsprechenden Arbeitsleistung im Kalenderjahr
bei der Fünftagewoche|bei der Sechstagewoche an mindestens|im Urlaubsjahr
87 Arbeitstagen|104 Arbeitstagen|1 Arbeitstag
130 Arbeitstagen|156 Arbeitstagen|2 Arbeitstage
173 Arbeitstagen|208 Arbeitstagen|3 Arbeitstage
195 Arbeitstagen|234 Arbeitstagen|4 Arbeitstage
...
(9) Der Zusatzurlaub bemisst sich nach der bei demselben Arbeitgeber im vorangegangenen Kalenderjahr erbrachten Arbeitsleistung. ...
...
Protokollnotiz zu Absatz 2:
Bei anderweitiger Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit ist die Zahl der Tage der Arbeitsleistung entsprechend zu ermitteln."
Der Kläger ist seit 1994 als Personalratsmitglied freigestellt. Er leistet die Personalratsarbeit in der Fünf-Tage-Woche ohne Schichtdienst. Vor seiner Freistellung war er im Gefangenenbewachungsdienst im 12-Stunden-Wechselschichtdienst eingesetzt. Dabei arbeitete er in der 3,5-Tage-Woche 42 Stunden wöchentlich. In den Jahren 1991 bis 1994 leistete er an mindestens 94 und höchstens 118 Arbeitstagen Wechselschichtarbeit. Er erhielt in dieser Zeit jährlich zwei Tage Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit nach § 48a BAT. Für jeden Tag Zusatzurlaub wurde ihm eine Freischicht gewährt. Seit seiner Freistellung erhält er vom beklagten Land keinen Zusatzurlaub mehr. Die in der Gefangenenbewachung eingesetzten Polizeiangestellten arbeiten nach wie vor im 12-Stunden-Wechselschichtdienst in der 3,5-Tage-Woche und erhalten Zusatzurlaub nach § 48a BAT im Umfang von zwei Arbeitstagen, wenn sie an mindestens 91 Arbeitstagen Wechselschichtarbeit geleistet haben, und im Umfang von drei Arbeitstagen, wenn sie an mindestens 121 Arbeitstagen Wechselschichtarbeit geleistet haben.
Mit Schreiben vom machte der Kläger gegenüber dem beklagten Land ab dem Jahr 2005 Zusatzurlaub nach § 48a BAT im Umfang von vier Tagen jährlich geltend. Das beklagte Land lehnte die Urlaubsgewährung mit Schreiben vom ab.
Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass das beklagte Land verpflichtet sei, ihm für die Dauer seiner Freistellung als Personalratsmitglied vier Arbeitstage Zusatzurlaub pro Jahr zu gewähren. Später hat er den Anspruch auf die Gewährung von drei Tagen Zusatzurlaub pro Jahr ermäßigt. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit nach § 48a BAT stehe ihm auch während der Freistellung als Personalratsmitglied zu. Er sei im Hinblick auf seine Urlaubsansprüche so zu stellen, als wäre er nicht freigestellt. Wenn er weiterhin im Gefangenenbewachungsdienst im 12-Stunden-Wechselschichtdienst im Rahmen einer 3,5-Tage-Woche tätig wäre, stünden ihm wie in den Jahren 1991 bis 1994 bei einer Arbeitsleistung an mindestens 91 Arbeitstagen im Wechselschichtdienst zwei Tage Zusatzurlaub zu. Da er die Personalratsarbeit in der Fünf-Tage-Woche erbringe, sei der auf der 3,5-Tage-Woche basierende Zusatzurlaub von zwei Arbeitstagen auf die Fünf-Tage-Woche umzurechnen, weil der "Wert" einer Freistellung für einen Arbeitstag in der 3,5-Tagewoche höher sei als in einer Fünf-Tage-Woche. Daher ergebe sich ein Zusatzurlaubsanspruch von aufgerundet drei Tagen pro Jahr.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger für die Dauer der Freistellung als Mitglied des Personalrats Direktion Zentrale Aufgaben und, solange im Bereich der Gefangenenbewachung im 12-Stunden-Wechselschichtdienst an 3,5 Tagen pro Woche gearbeitet wird, gemäß § 48a BAT einen jährlichen Zusatzurlaub im Umfang von drei Arbeitstagen bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche beginnend mit dem Kalenderjahr 2005 zu gewähren.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - teilweise abgeändert und festgestellt, dass dem Kläger der begehrte Zusatzurlaub im Umfang von zwei Arbeitstagen jährlich zusteht. Mit der Revision begehrt das beklagte Land die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger begehrt mit der Anschlussrevision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Gründe
Die Revision des beklagten Landes und die Anschlussrevision des Klägers sind begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der begehrten Feststellung eines Anspruchs auf Zusatzurlaub im Umfang von zwei Urlaubstagen ab dem Urlaubsjahr 2007 zu Unrecht stattgegeben. Insoweit ist die Klage mangels des erforderlichen Feststellungsinteresses unzulässig. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob und in welchem Umfang dem Kläger für die Urlaubsjahre 2005 und 2006 ein Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 48a BAT zustand, dessen Gewährung das beklagte Land dem Kläger im Wege des Schadensersatzes schuldet. Dazu bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen seitens des Landesarbeitsgerichts. Der Rechtsstreit ist insoweit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
I. Die Klage ist hinsichtlich der begehrten Feststellung eines Zusatzurlaubsanspruchs von drei Arbeitstagen ab dem Kalenderjahr 2007 unzulässig, da der Kläger kein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung besitzt (§ 256 Abs. 1 ZPO).
1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststelllung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses geklagt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Eine Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann auf einzelne daraus entstehende Rechte, Pflichten oder Folgen begrenzt sein (st. Rspr., vgl. etwa - BAGE 117, 44 = AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 3, zu B I 1 der Gründe mwN). Das Feststellungsinteresse ist in der Regel zu verneinen, wenn der Kläger auf Leistung klagen könnte. Ausnahmsweise kann trotz der Möglichkeit der Leistungsklage ein Feststellungsinteresse bestehen, wenn durch die Feststellung der Streit insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann (st. Rspr., vgl. etwa - Rn. 13, AP TVG § 1 Tarifverträge: DRK Nr. 24 mwN). Dies gilt insbesondere, wenn eine Leistungsklage auf künftige Leistungen zu richten wäre ( - aaO). Eine Feststellungsklage kann dann ein geeignetes Mittel sein, um die Streitfrage für die Zukunft grundsätzlich zu klären ( - aaO; - 10 AZR 331/04 - BAGE 113, 265 = AP LPVG Berlin § 87 Nr. 6, zu II 1 der Gründe; - 1 AZR 458/99 -, zu A I der Gründe). Für die Feststellung künftiger Ansprüche besteht das erforderliche Feststellungsinteresse jedoch in der Regel nicht, wenn im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz die für den geltend gemachten Anspruch maßgeblichen anspruchsbegründenden Tatsachen noch nicht verwirklicht sind und ungewiss ist, ob der Anspruch zukünftig überhaupt entstehen kann. An der Feststellung eines künftigen ungewissen Rechtsverhältnisses besteht in der Regel kein rechtliches Interesse.
2. Nach diesen Grundsätzen ist die Klage unzulässig, soweit sie auf die Feststellung eines Zusatzurlaubsanspruchs ab dem Urlaubsjahr 2007 gerichtet ist. Der Anspruch auf Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit setzt - ebenso wie der Umfang eines etwaigen Anspruchs - nach § 48a Abs. 2 iVm. § 48a Abs. 9 BAT voraus, dass der Arbeitnehmer in dem dem Urlaubsjahr vorangegangenen Kalenderjahr an einer bestimmten Anzahl von Arbeitstagen tatsächlich Wechselschichtarbeit geleistet hat. Dabei wird jede Schicht berücksichtigt, in der der Angestellte tatsächlich unter den Voraussetzungen des § 48a Abs. 1 BAT gearbeitet hat, unabhängig davon, ob es sich um Frühschichten, Tagschichten, Spätschichten oder Nachtschichten handelt. Unberücksichtigt bleiben dienstplanmäßige freie Tage, Urlaubstage, Krankheitstage und andere Tage, an denen der Angestellte nicht oder nicht in Wechselschicht gearbeitet hat (vgl. Dassau/Wiesend-Rothbrust BAT 4. Aufl. § 48a Rn. 9). Der Kläger könnte daher für die Dauer seiner Freistellung als Personalratsmitglied nur dann einen Anspruch auf Zusatzurlaub wegen Wechselschichtarbeit erwerben, wenn er ohne die Freistellung in dem dem Urlaubsjahr vorangegangenen Kalenderjahr an einer bestimmten Anzahl von Arbeitstagen tatsächlich Wechselschichtarbeit geleistet hätte. Das wäre zB bei einer länger dauernden Arbeitsunfähigkeit nicht der Fall. Der geltend gemachte Zusatzurlaubsanspruch ab dem Urlaubsjahr 2007 hängt daher von Umständen ab, deren Eintritt oder Nichteintritt im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am noch nicht absehbar war. Zu diesem Zeitpunkt war deshalb ungewiss, ob und ggf. in welchem Umfang der Kläger ab dem Urlaubsjahr 2007 überhaupt einen Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 48a BAT würde erwerben können.
II. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob und ggf. in welchem Umfang dem Kläger für die Urlaubsjahre 2005 und 2006 ein Anspruch auf Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit zustand, der ihm vom beklagten Land nach Ablauf der Urlaubsjahre 2005 und 2006 im Wege des Schadensersatzes zu gewähren wäre. Dazu bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen seitens des Landesarbeitsgerichts.
1. Hinsichtlich der begehrten Feststellung eines Anspruchs auf Zusatzurlaub für die Urlaubsjahre 2005 und 2006 ist die Feststellungsklage zulässig, insbesondere besteht das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger insoweit eine Leistungsklage auf Gewährung von Zusatzurlaub erheben könnte. Es ist zu erwarten, dass der Streit zwischen den Parteien durch ein Feststellungsurteil endgültig beigelegt wird ( - ZTR 1995, 324, zu 4 der Gründe).
2. Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob und ggf. in welchem Umfang der Kläger für die Urlaubsjahre 2005 und 2006 einen Anspruch auf Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit erworben hat. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes steht dem Anspruch nicht entgegen, dass der Kläger seit dem Jahr 1994 als Personalratsmitglied freigestellt ist und er deshalb in den Jahren 2004 und 2005 keine Wechselschichtarbeit geleistet hat. Der Kläger ist während der Dauer der Freistellung wegen des in § 107 BPersVG normierten Benachteiligungsverbots hinsichtlich seiner Urlaubsansprüche so zu stellen wie er stünde, wenn er nicht freigestellt gewesen wäre, sondern gearbeitet hätte. In diesem Fall hätte er einen Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 48a BAT für die Urlaubsjahre 2005 und 2006 erworben, wenn er in den Jahren 2004 und 2005 an einer bestimmten Anzahl von Arbeitstagen tatsächlich Wechselschichtarbeit geleistet hätte, wobei der Umfang des Anspruchs nach § 48a Abs. 2 BAT von der Anzahl der Arbeitstage abhängt, an denen er in Wechselschicht gearbeitet hätte. Hierzu hat das Landesarbeitsgericht bislang keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Dies ist vom Landesarbeitsgericht nachzuholen.
a) Dem geltend gemachten Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 48a BAT steht nicht entgegen, dass der BAT mit Ablauf des außer Kraft getreten ist und durch den TVöD ersetzt wurde. Das beklagte Land gehörte bei Abschluss des TVöD der Tarifgemeinschaft der Länder nicht mehr an und ist deshalb an den TVöD nicht gebunden. Mangels einer den BAT ablösenden Vereinbarung gelten daher bei dem beklagten Land die Bestimmungen des BAT nach § 3 Abs. 3, § 4 Abs. 5 TVG weiter.
b) Nach § 48a Abs. 1 Unterabs. 1 BAT erhält der Angestellte, der ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt ist, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten (§ 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2 BAT) vorsieht, und dabei in einem Urlaubsjahr in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leistet, Zusatzurlaub. Die Höhe des Zusatzurlaubs richtet sich gemäß § 48a Abs. 2, Abs. 9 BAT nach der Zahl der Arbeitstage, an denen der Angestellte in dem dem Urlaubsjahr vorangegangenen Kalenderjahr Wechselschichtarbeit geleistet hat.
§ 48a Abs. 2 BAT bestimmt den Umfang des Zusatzurlaubs bei der Erbringung der Arbeitsleistung in der Fünf-Tage-Woche und in der Sechs-Tage-Woche. Bei einer anderweitigen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit ist nach der Protokollnotiz zu § 48a Abs. 2 BAT die Zahl der Tage der Arbeitsleistung entsprechend zu ermitteln. Danach ist in der 3,5-Tage-Woche für einen Tag Zusatzurlaub Wechselschichtarbeit an 61 Arbeitstagen erforderlich, für zwei Tage Zusatzurlaub muss der Angestellte an 91 Arbeitstagen Wechselschichtarbeit geleistet haben und für einen Zusatzurlaubsanspruch von drei Arbeitstagen ist eine Arbeitsleistung in Wechselschicht an mindestens 121 Arbeitstagen erforderlich.
c) Diese Voraussetzungen hat der Kläger für die Urlaubsjahre 2005 und 2006 nicht erfüllt, da er als freigestelltes Personalratsmitglied in den Kalenderjahren 2004 und 2005 keine Wechselschichtarbeit geleistet, sondern seine Personalratstätigkeit während der Normalarbeitszeit erbracht hat.
d) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger den Anspruch auf Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit nicht auf § 42 Abs. 2, § 43 Abs. 1 PersVG Berlin stützen kann. Diese Vorschriften regeln nur die Sicherung der Vergütung des Personalratsmitglieds. Etwaige Ansprüche auf Zusatzurlaub werden hiervon nicht erfasst.
Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 PersVG Berlin, der nach § 43 Abs. 1 Satz 6 PersVG Berlin für freigestellte Personalratsmitglieder entsprechend gilt, hat die Versäumnis von Arbeitszeit, die zur Durchführung der Aufgaben des Personalrats erforderlich ist, keine Minderung der Bezüge einschließlich Zulagen, Zuschlägen und sonstigen Entschädigungen zur Folge. Nach § 43 Abs. 1 Satz 7 PersVG Berlin sind Zulagen, Zuschläge sowie Entschädigungen in dem Umfang weiter zu gewähren, als wäre das Personalratsmitglied nicht freigestellt worden. Bei dem Anspruch auf Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit handelt es sich nicht um Arbeitsentgelt oder um Zulagen, Zuschläge oder Entschädigungen iSv. § 43 Abs. 1 Satz 7, § 42 Abs. 2 Satz 1 PersVG Berlin. Der Zusatzurlaub nach § 48a BAT dient zwar dem Ausgleich für die mit der Wechselschichtarbeit verbundenen besonderen Belastungen (vgl. hierzu etwa Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand August 2006 § 48a Rn. 1; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Dassau BAT Stand Juli 2002 § 48a Rn. 1). Der Zusatzurlaub ist jedoch keine "Entschädigung" iSv. § 42 Abs. 1 Satz 2, § 43 Abs. 1 Satz 7 PersVG Berlin.
e) Der Kläger könnte jedoch nach § 107 Satz 1 BPersVG für die Urlaubsjahre 2005 und 2006 einen Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 48a BAT erworben haben, den ihm das beklagte Land im Wege des Schadensersatzes zu gewähren hat. Dies hängt - ebenso wie der Umfang eines möglichen Anspruchs - davon ab, an wie vielen Arbeitstagen der Kläger in den Jahren 2004 und 2005 Wechselschichtarbeit geleistet hätte, wenn er nicht als Personalratsmitglied freigestellt gewesen wäre.
aa) Nach der auf der Grundlage von Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GG erlassenen Vorschrift des § 107 Satz 1 BPersVG dürfen Personen, die Aufgaben und Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnehmen, darin nicht behindert und wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden. § 107 BPersVG ist eine Schutzvorschrift, die für die Länder unmittelbar gilt ( 2 C 15.84 - DVBl. 1986, 148). Die auf Art. 75 GG beruhende Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist zwar im Zuge der Förderalismusreform durch die Aufhebung von Art. 75 GG durch Gesetz vom (BGBl. I S. 2034) mit Wirkung vom entfallen. Nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG gilt § 107 BPersVG jedoch bis zur Ersetzung durch eine landesrechtliche Regelung als Bundesrecht weiter. Da das beklagte Land bislang keine ersetzende Regelung erlassen hat, ist § 107 BPersVG für Mitglieder der Personalvertretungen bei dem beklagten Land nach wie vor unmittelbar anzuwenden.
bb) Das in § 107 BPersVG normierte Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot dient - ebenso wie die inhaltsgleiche für Mitglieder der Personalvertretungen des Bundes geltende Regelung in § 8 BPersVG - der inneren und äußeren Unabhängigkeit der Personalratsmitglieder. Es untersagt jede nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der geschützten Personen gegenüber anderen vergleichbaren Beschäftigten. Benachteiligung ist dabei jede Zurücksetzung oder Schlechterstellung, Begünstigung jede Besserstellung oder Vorteilsgewährung. Die Benachteiligung oder Begünstigung ist verboten, wenn sie im ursächlichen Zusammenhang mit der Wahrnehmung personalvertretungsrechtlicher Aufgaben und Befugnisse steht und nicht aus sachlichen Gründen erfolgt (vgl. etwa Altvater/Hamer/Ohnesorg/Peiseler BPersVG 5. Aufl. § 8 Rn. 13; Ilbertz/Widmaier BPersVG 10. Aufl. § 8 Rn. 9). Dabei genügt das objektive Vorliegen einer Begünstigung oder Benachteiligung des Funktionsträgers wegen seiner Amtstätigkeit. Auf eine Begünstigungs- oder Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (vgl. zu § 8 BPersVG: - AP BPersVG § 46 Nr. 26 = EzA BPersVG § 46 Nr. 3, zu I 1 der Gründe mwN). Das Benachteiligungsverbot bewirkt, dass ein freigestelltes Personalratsmitglied, dem ohne die Freistellung ein tariflicher Anspruch auf Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit zustünde, auch dann einen Anspruch auf Zusatzurlaub erwirbt, wenn er wegen seiner Freistellung den mit der Wechselschichtarbeit verbundenen Erschwernissen nicht ausgesetzt ist (vgl. zum Zusatzurlaub für Schichtarbeit und dem Benachteiligungsverbot nach § 78 BetrVG: -, zu II 2 der Gründe). Dies beruht auf dem Grundsatz, dass das Personalratsmitglied während der Freistellung so zu behandeln ist, als übe es seine bisherige arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit weiterhin aus. Es hat deshalb Anspruch auf alles, was ihm zur Abgeltung seiner Arbeitsleistung gewährt würde. Hierzu gehört bei einem Personalratsmitglied, das ohne die Freistellung Wechselschichtarbeit geleistet hätte, auch der Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit nach § 48a BAT (vgl. zum Zusatzurlaub nach § 6 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über den Urlaub der Bayerischen Beamten und Richter vom : 2 C 15.84 - DVBl. 1986, 148). Ein freigestelltes Personalratsmitglied ist auf Grund des Benachteiligungsverbots urlaubsrechtlich so zu behandeln, als wäre es nicht freigestellt ( - BAGE 102, 251 = AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 27 = EzA BetrVG 2001 § 38 Nr. 1, zu I 1 der Gründe).
cc) Danach stünde dem Kläger für die Urlaubsjahre 2005 und 2006 trotz der Freistellung als Personalratsmitglied ein Anspruch auf Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit zu, wenn er ohne die Freistellung auf Grund seiner Arbeitsleistung in den Jahren 2004 und 2005 nach § 48a BAT einen Anspruch hierauf erworben hätte. Das Landesarbeitsgericht hat bislang keine tatsächlichen Feststellungen zu der fiktiven Arbeitsleistung des Klägers in den Kalenderjahren 2004 und 2005 getroffen. Das Landesarbeitsgericht hat zwar das Vorbringen des beklagten Landes, wegen eines im Bereich der Gefangenenbewachung erfolgten Personalabbaus könne nicht angenommen werden, dass der Kläger in den Jahren 2004 und 2005 ohne die Freistellung noch in der Gefangenenbewachung eingesetzt gewesen wäre, zu Recht für unerheblich gehalten. Das beklagte Land hat nicht vorgetragen, dass der Kläger während seiner Freistellung von der Gefangenenbewachung in einen anderen Arbeitsbereich umgesetzt wurde. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch bislang keine Feststellungen dazu getroffen, an wie vielen Arbeitstagen der Kläger in den Jahren 2004 und 2005 im Gefangenenbewachungsdienst Wechselschichtarbeit geleistet hätte, wenn er nicht freigestellt gewesen wäre. Es hat seiner Entscheidung vielmehr die Arbeitsleistung des Klägers vor seiner Freistellung in den Kalenderjahren 1991 bis 1994 und den Umfang des Zusatzurlaubsanspruchs von Angestellten zugrunde gelegt, die gegenwärtig in der Gefangenenbewachung tätig sind. Darauf kommt es jedoch für den Zusatzurlaubsanspruch des Klägers für die Urlaubsjahre 2005 und 2006 nicht an. Aus dem Umfang der Arbeitsleistung des Klägers in den Jahren 1991 bis 1994 kann nicht geschlossen werden, dass der Kläger ohne seine Freistellung als Personalratsmitglied in den Jahren 2004 und 2005 in gleichem Umfang Wechselschichtarbeit geleistet hätte. Auch aus dem Anspruch anderer in der Gefangenenbewachung eingesetzter Arbeitnehmer auf Zusatzurlaub ergibt sich nicht, dass der Kläger in gleichem Umfang einen Zusatzurlaubsanspruch erworben hätte. Da der Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 48a BAT und dessen Umfang von der tatsächlichen Leistung von Wechselschichtarbeit an einer bestimmten Anzahl von Arbeitstagen in dem dem Urlaubsjahr vorangegangenen Kalenderjahr abhängt, entsteht ein solcher Anspruch zB dann nicht, wenn der Arbeitnehmer während des dem Urlaubsjahr vorangegangenen Kalenderjahres langfristig arbeitsunfähig erkrankt oder aus sonstigen Gründen an der Arbeitsleistung verhindert war. Deshalb ist auf Grund der konkreten Verhältnisse in der Person des Klägers und im Bereich der Gefangenenbewachung in den Kalenderjahren 2004 und 2005 zu ermitteln, ob und ggf. an wie vielen Arbeitstagen der Kläger in diesen Jahren Wechselschichtarbeit geleistet hätte, wenn er nicht als Personalratsmitglied freigestellt gewesen wäre. Dies ist vom Landesarbeitsgericht nachzuholen. Sollte die neue Berufungsverhandlung ergeben, dass der Kläger in den Jahren 2004 und 2005 - ebenso wie in der Zeit vor seiner Freistellung - jeweils an mindestens 91 und höchsten 118 Arbeitstagen Wechselschichtarbeit geleistet hätte, hätte er für die Urlaubsjahre 2005 und 2006 einen Anspruch auf Zusatzurlaub von je zwei Arbeitstagen erworben. Hätte der Kläger an mindestens 121 Arbeitstagen Wechselschichtarbeit geleistet, beliefe sich der Anspruch auf Zusatzurlaub auf jeweils drei Arbeitstage. Diesen Zusatzurlaub hätte das beklagte Land dem Kläger im Wege des Schadensersatzes zu gewähren, da der vom Kläger verlangte Zusatzurlaub in den Urlaubsjahren 2005 und 2006 nicht erteilt wurde.
dd) Sollte die neue Berufungsverhandlung ergeben, dass der Kläger auf Grund seiner fiktiven Arbeitsleistung in den Jahren 2004 und 2005 für die Urlaubsjahre 2005 und 2006 einen Anspruch auf Zusatzurlaub von jeweils zwei Arbeitstagen erworben hat - wovon er bislang selbst ausgeht -, führte der Umstand, dass er seine personalvertretungsrechtlichen Aufgaben nicht in der 3,5-Tage-Woche wahrnimmt, sondern in der Fünf-Tage-Woche, entgegen seiner Auffassung nicht dazu, dass ihm das beklagte Land für die Urlaubsjahre 2005 und 2006 jeweils drei Tage Zusatzurlaub schuldet. Die vom Kläger beanspruchte Umrechnung des Zusatzurlaubs auf die Fünf-Tage-Woche ergibt sich weder aus § 48 Abs. 4 BAT noch ist sie wegen des Benachteiligungsverbots in § 107 BPersVG geboten.
(1) Die Vorschriften des BAT sehen für den Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 48a BAT keine Erhöhung oder Ermäßigung vor, wenn die regelmäßige Arbeitszeit im Urlaubsjahr auf mehr oder weniger als fünf Tage pro Woche verteilt ist. Entsprechendes regelt § 48 Abs. 4 Unterabs. 2 und 3 BAT zwar für den Erholungsurlaub.
Der Zusatzurlaub nach § 48a BAT bleibt hierbei jedoch unberücksichtigt (§ 48 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 2, Unterabs. 3 BAT). § 48 Abs. 4 Unterabs. 3 BAT ist auch nicht nach § 48a Abs. 8 Satz 2 BAT auf den Anspruch des Klägers auf Zusatzurlaub anzuwenden. § 48a Abs. 8 BAT betrifft ausschließlich den Zusatzurlaubsanspruch nicht vollbeschäftigter Angestellter. Der Kläger ist jedoch vollbeschäftigter Angestellter.
(2) Die vom Kläger erstrebte Umrechnung des Zusatzurlaubsanspruchs ist auch nicht auf Grund des in § 107 BPersVG normierten Benachteiligungsverbots geboten.
Es trifft zwar zu, dass ein Tag Zusatzurlaub bei einer 3,5-Tage-Woche in Arbeitsstunden gerechnet mehr "wert" ist als bei einer Fünf-Tage-Woche, weil der Angestellte, der in der 3,5-Tage-Woche arbeitet, bei gleicher Wochenarbeitszeit an einem Arbeitstag länger arbeiten muss als ein in der Fünf-Tage-Woche tätiger Angestellter. Der Zusatzurlaub wird nach § 48a BAT jedoch in Arbeitstagen gewährt und nicht in Arbeitsstunden. Außerdem wird das unterschiedliche an einem Arbeitstag in der 3,5-Tage-Woche und in der Fünf-Tage-Woche zu leistende Arbeitsvolumen nach § 48a Abs. 2 BAT und der Protokollnotiz hierzu bereits bei der Bemessung des Umfangs des Zusatzurlaubs berücksichtigt. Ein Angestellter, der in der 3,5-Tage-Woche arbeitet, muss nur an mindestens 91 Arbeitstagen Wechselschichtarbeit leisten, um einen Zusatzurlaubsanspruch von zwei Arbeitstagen zu erwerben, wohingegen in der Fünf-Tage-Woche eine entsprechende Arbeitsleistung an mindestens 130 Arbeitstagen erforderlich ist. Die vom Kläger begehrte Umrechnung würde dazu führen, dass er so stünde wie ein Angestellter, der in der Fünf-Tage-Woche an mindestens 173 Arbeitstagen Wechselschichtarbeit geleistet hat. Damit würde er auf Grund seiner Personalratstätigkeit gegenüber anderen Arbeitnehmern eine Besserstellung erfahren, die nach § 107 BPersVG unzulässig ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2008 S. 721 Nr. 14
BB 2009 S. 495 Nr. 10
ZAAAC-74382
1Für die amtliche Sammlung: ja; Für die Fachpresse: nein