Klärungsbedürftigkeit bei behaupteter Rechtswidrigkeit des Steuerabzugsverfahrens des § 50a EStG
Gesetze: EStG § 50a, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Frage, ob ein Honorar für einen Auftritt als Musiker zu Recht der Abzugsbesteuerung nach § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterlegen hat und ob ein Freistellungsbescheid nach § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG zur Erstattung der einbehaltenen Steuer zu erteilen ist.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), der in den Niederlanden wohnt, war in den streitgegenständlichen Zeiträumen, dem IV. Quartal 1996, dem I. Quartal 1997 sowie dem III. Quartal 1998 unter der einzelunternehmerischen Firma . als Musiker, Arrangeur und Komponist tätig. Auf der Grundlage eines „Auftrittsvertrags” trat er im Zeitraum vom 14. bis entgeltlich als Bass-, Cello- und Flötensolist im Rahmen einer Konzertreihe in Deutschland auf. Bei der Zahlung der Vergütung wurde die darauf entfallende Einkommensteuer als Abzugsteuer gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG einbehalten; der Beklagte und Beschwerdegegner (das seinerzeitige Bundesamt für Finanzen —BfF— und nunmehrige Bundeszentralamt für Steuern —BZSt—) hat die am beantragte Erstattung der Abzugsteuer bzw. die Erteilung eines Freistellungsbescheids abgelehnt. Zu anderen aus Deutschland bezogenen und einer Abzugsteuer unterworfenen Vergütungen —für eine Tonträgerproduktion— hat das BfF zwischenzeitlich einen Freistellungsbescheid erteilt.
Die Klage, die sich gegen die abgelehnte Erstattung bzw. Freistellung richtete, blieb erfolglos ().
Der Kläger macht geltend, dass die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordere und dass ein Verfahrensfehler vorliege.
Er beantragt, die Revision gegen das Urteil des FG Köln 2 K 446/01 vom zuzulassen.
Das BZSt beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
II. Die Beschwerde ist unzulässig und war daher zu verwerfen. Der Kläger hat weder den von ihm angeführten Revisionszulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) noch den eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) innerhalb der Begründungsfrist in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt.
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH erfordert. Das ist der Fall, wenn im Einzelfall Veranlassung besteht, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (z.B. Senatsbeschluss vom I B 252/04, BFH/NV 2006, 67). Dazu ist erforderlich, dass eine konkrete Rechtsfrage formuliert wird und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingegangen wird, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung der Rechtssache abhängt.
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdeschrift nicht gerecht. Der Kläger hat dort lediglich angeführt, dass § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG gegen Europarecht verstoße und dazu auf eine Stellungnahme der Europäischen Kommission vom (zur Quellensteuerregelung in Deutschland, Az. 1999/4852), das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom in der Rechtssache C-345/04 „Centro Equestre da Lezíria Grande Lda.” (Internationales Steuerrecht —IStR— 2007, 212) und eine eigene Stellungnahme gegenüber dem zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung —in der die EuGH-Urteile in IStR 2007, 212 und auch vom Rs. C-290/04 „FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH” erörtert wurden und ein Verstoß gegen ein Diskriminierungsverbot geltend gemacht wurde— verwiesen. Mit einer solchen Begründung sind keine Rechtsfragen im oben beschriebenen Sinne dargelegt.
Soweit der Kläger demgegenüber nachfolgend in seinem Schriftsatz vom konkrete Rechtsfragen formuliert, kann dieses nach dem Ablauf der Begründungsfrist der Nichtzulassungsbeschwerde präsentierte Vorbringen nicht berücksichtigt werden (zum Ausschluss eines nachträglichen Vorbringens siehe z.B. , BFH/NV 2005, 1862). Im Übrigen würde es für die aufgeworfenen Rechtsfragen zum Steuerabzugsverfahren bei nicht gebietsansässigen Personen im Zeitpunkt der Entscheidung über diese Beschwerde (siehe insoweit , BFH/NV 2000, 552) angesichts der jüngsten Rechtsprechung des beschließenden Senats auch an einer Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen fehlen: Der Senat hat die Regelungen zum Steuerabzug seinem Grunde nach jedenfalls auch in den streitgegenständlichen Zeiträumen in 1996 bis 1998 unter Berücksichtigung der Maßgaben der EuGH-Rechtsprechung („Netto-Bemessungsgrundlage”) als rechtmäßig erachtet (, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst —DStRE— 2007, 1015, und I R 39/04, IStR 2007, 822; siehe auch , BFHE 216, 312, und vom I R 46/02, Zeitschrift für Steuern und Recht 2007, R 1004).
2. Soweit der Kläger geltend macht, sein Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) sei verletzt worden, da der beim FG eingegangene Schriftsatz (Hinweis auf die Empfangsbestätigung des Gerichts vom ) mit weiteren Darlegungen zu neuerer Rechtsprechung und Fachliteratur bei der Urteilsfindung nicht berücksichtigt worden sei, ist damit ein Verfahrensmangel des angefochtenen Urteils nicht dargelegt. So wird im angefochtenen Urteil der Gegenstand des Schriftsatzes des Klägers als klägerisches Vorbringen erwähnt (Blatt 7 des Urteilsabdrucks mit dem Hinweis auf das EuGH-Urteil in IStR 2006, 743 Tz. 15) und hat das FG bei der Entscheidung zur Frage der Rechtmäßigkeit der Abzugsteuer ausgeführt, dass der Anwendung der nationalen Normen europarechtliche Bedenken nicht entgegenstünden (Blatt 11, 14 des Urteilsabdrucks). Unabhängig davon muss ein Gericht das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nehmen und in seine Erwägungen einbeziehen, es muss in seinen schriftlichen Urteilsgründen aber nicht jeden vorgetragenen Gesichtspunkt ausdrücklich abhandeln (siehe z.B. , BFH/NV 2004, 1665). Damit konnte das FG insbesondere das EuGH-Urteil in IStR 2007, 212 unerörtert lassen, weil die Frage der Bemessungsgrundlage der Abzugsteuer nicht Gegenstand des Rechtsstreits war. Im Kern trägt der Kläger nur vor, dass sich das FG seinen Rechtsüberzeugungen nicht angeschlossen hat, was (allein) für die Zulassung einer Revision nicht ausreicht.
Fundstelle(n):
KÖSDI 2008 S. 15929 Nr. 3
TAAAC-72605