Bewertung der privaten Nutzungsentnahme eines betrieblichen Kfz; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bei ausgelaufenem Recht
Gesetze: EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6, EStG § 9, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Entgegen der Ansicht der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) zuzulassen.
a) „Grundsätzliche Bedeutung” kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 26, 32, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
Eine Rechtsfrage ist u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen.
Für den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist ferner anerkannt, dass eine ausgelaufenes Recht betreffende Rechtsfrage im Regelfall nicht mehr klärungsbedürftig ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom III B 67/03, BFH/NV 2004, 336, und vom IX B 19/02, BFH/NV 2003, 192, jeweils m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 35, m.w.N.).
b) Nach diesen Maßstäben ist die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob der Listenpreis auch im Falle eines gebraucht erworbenen Fahrzeugs eine geeignete Bemessungsgrundlage für die Bewertung der privaten Nutzungsentnahme eines betrieblichen Kfz nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei, mangels Klärungsbedürftigkeit nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie bereits vom BFH beantwortet wurde (, BFHE 195, 200, BStBl II 2001, 403; vom III R 59/98, BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273, sowie BFH-Beschlüsse vom IV B 134/01, BFH/NV 2003, 466; vom IV B 214/03, BFH/NV 2005, 1788, und vom X B 170/03, BFH/NV 2004, 1260). Auch macht die Tatsache, dass nach ständiger Rechtsprechung Nutzungsentnahmen regelmäßig mit den anteiligen Aufwendungen zu bewerten sind, die sog. 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nicht verfassungswidrig (, BFH/NV 2007, 416).
Gewichtige Einwände gegen diese Rechtsprechung in der Literatur und/oder in der Rechtsprechung der Instanzgerichte vermochten die Kläger nicht anzuführen.
c) Soweit die Kläger weiter geltend machen, es sei zu klären, ob und wie die betrieblich nachgewiesenen Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb unter Berücksichtigung des objektiven Nettoprinzips steuerlich zu berücksichtigen sind, ist auch diese Frage durch die Rechtsprechung geklärt.
Der BFH hat in dem Urteil in BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273 entschieden, die typisierende Ermittlung der privaten Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3 EStG sei auch dann nicht verfassungswidrig, wenn sie zur Folge habe, dass für das Kfz überhaupt keine Betriebsausgaben mehr berücksichtigt werden könnten, obwohl das Fahrzeug neben der privaten Nutzung auch betrieblich genutzt worden sei, weil die gesetzliche Typisierung insoweit nicht zwingend, sondern widerlegbar sei. Nach Satz 3 des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung könne der Nachweis eines gegenüber der Typisierung geringeren Privatanteils an den Aufwendungen durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273, unter II.4.c der Gründe). Der BFH hat außerdem in seinem Urteil vom XI R 55/01 (BFHE 199, 342, BStBl II 2002, 751) die in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG getroffene Typisierung für verfassungsgemäß gehalten (vgl. auch , nicht veröffentlicht —n.v.—).
d) Der Einwand der Kläger, die Ermittlung des pauschalen Nutzungswerts des Kfz nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in der für die Streitjahre 1999 und 2000 geltenden Fassung sowie der nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG habe dazu geführt, dass sich insbesondere auch die Aufwendungen des Klägers für seine Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nicht mehr steuermindernd ausgewirkt hätten, betrifft mittlerweile ausgelaufenes Recht. Durch das Gesetz zur Einführung einer Entfernungspauschale vom (BGBl I 2000, 1918, BStBl I 2001, 36) wurde mit dem neuen § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 EStG sichergestellt, dass im Rahmen einer Gewinnermittlung § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG (Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) auf die Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte entsprechend anzuwenden sind.
Der Frage, ob die seinerzeitige Regelung eine gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verstoßende Benachteiligung gegenüber Arbeitnehmern darstelle, die die Kosten ihrer Fahrten zur Arbeitsstelle auch ohne Führung eines Fahrtenbuches ungekürzt steuermindernd geltend machen konnten, kommt daher in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu. Die Kläger haben nicht dargetan, dass sich die als klärungsbedürftig aufgeworfene Rechtsfrage auch zukünftig noch bei einem nicht überschaubaren Personenkreis stellen wird.
2. Soweit die Kläger vortragen, das Urteil des Finanzgerichts (FG) beruhe auf Verfahrensmängeln, ist die Beschwerde unbegründet.
a) Das FG hat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Nach § 96 Abs. 2 FGO darf ein Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Darüber hinaus soll der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) die Beteiligten auch in rechtlicher Hinsicht vor Überraschungen schützen. Eine verfahrensfehlerhafte Überraschungsentscheidung ist danach gegeben, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und die richterliche Hinweispflicht i.S. des § 76 Abs. 2 FGO verlangen jedoch nicht, dass das Gericht die maßgeblichen Rechtsfragen mit den Beteiligten umfassend und in allen Einzelheiten erörtert. Das Gericht ist grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet (, BFHE 157, 72, BStBl II 1989, 741; BFH-Beschlüsse vom II B 69/03, BFH/NV 2004, 1666, und vom VIII B 294/03, BFH/NV 2005, 1832, jeweils m.w.N.). Auf nahe liegende rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte braucht es zumindest dann nicht ausdrücklich hinzuweisen, wenn die Beteiligten fachkundig vertreten sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 56/01, BFH/NV 2002, 947; vom XI B 4/02, BFH/NV 2003, 802, jeweils m.w.N.).
Das FG hat das von den Klägern vorgelegte Fahrtenbuch in Augenschein genommen und die Kläger hatten die Möglichkeit, hierzu Erklärungen abzugeben. Dass das Fahrtenbuch nach Auffassung des FA nicht den gesetzlichen und von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen entsprach (vgl. dazu , BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408, und vom VI R 87/04, BFHE 212, 546, BStBl II 2006, 625), war den Klägern bekannt. Sie waren, da selbst fachkundig bzw. fachkundig vertreten, somit in der Lage, das aus ihrer Sicht zur Widerlegung der Einwände des FA Notwendige vorzutragen. Das FG war nicht verpflichtet, den Klägern bereits in der mündlichen Verhandlung seine (vorläufige) rechtliche Beurteilung mitzuteilen.
b) Das Urteil beruht auch nicht auf einer Verletzung von § 104 FGO. Die Kläger tragen hierzu vor, das FG habe zwar die am für 10.30 Uhr angesetzte mündliche Verhandlung in dem Termin geschlossen, das Urteil sei aber erst nach Wiederaufruf der Sache um 16.30 Uhr verkündet worden. Für den Wiederaufruf und die Verkündung des Urteils hätte das FG nach § 104 Abs. 1 Satz 2 FGO verfahren müssen und einen Beschluss darüber fassen müssen, dass die Verkündung der Entscheidung nach Abarbeiten der in der Tagesordnung vorgesehenen Verfahren zum Ende des Sitzungstages stattfindet. Ein solcher Beschluss sei nicht ergangen und finde sich auch nicht in dem Protokoll.
Die Verkündung des Urteils am Ende des Sitzungstages ist noch als Verkündung „in dem Termin” i.S. des § 104 Abs. 1 Satz 1 FGO anzusehen (vgl. , n.v.; Gräber/von Groll, a.a.O., § 104 Rz 3; Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 104 Rz 22; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 104 FGO Rz 3). Das FG hat den Klägern zudem —nach ihrer eigenen Einlassung— noch in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass die Entscheidung am Nachmittag getroffen werde und über das Ergebnis telefonisch Erkundigung eingeholt werden könne. Die Kläger haben auch nicht substantiiert dargelegt, inwieweit das angegriffene Urteil darauf beruht, dass ein förmlicher Beschluss zur Bekanntgabe möglicherweise nicht erlassen wurde.
Soweit die Kläger schließlich nach der mündlichen Verhandlung mit ihrem am bei Gericht eingegangenen Schreiben Ergänzungen zu ihrem Sachvortrag vorgebracht und gegebenenfalls eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt haben, wird in dem Urteil hierzu dahingehend Stellung genommen, dass diese Argumente bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert worden seien und eine Wiedereröffnung nicht mehr möglich sei. Neu seien lediglich die Auszüge aus dem Fahrtenbuch 2001, die Einkommensteuer 2001 sei aber nicht Streitgegenstand des Verfahrens. Hierzu haben die Kläger in der Beschwerde auch nichts vorgetragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 562 Nr. 4
EAAAC-72594