Aufbewahrung der Belege und Einzelaufzeichnungen von Betriebseinnahmen bei Einnahme-Überschussrechnung
Gesetze: EStG § 4 Abs. 3, AO § 147
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt.
1. Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, muss er substantiiert darauf eingehen, weshalb die Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage muss der Beschwerdeführer begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist.
2. Diesen Anforderungen genügt die Rüge des Klägers nicht. Er hat sinngemäß die Rechtsfrage aufgeworfen, ob die tägliche eigenhändige Aufzeichnung der Tageseinnahmen eines Lebensmitteleinzelhändlers, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt, den gesetzlichen Aufzeichnungspflichten bzw. dem konkreten Besteuerungszweck genügt. Die Ausführungen des Klägers zu diesem Punkt erschöpfen sich in Darlegungen darüber, dass die aufgeworfene Rechtsfrage für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen Bedeutung hat und deshalb ein über den Einzelfall hinausgehendes allgemeines Interesse daran besteht, aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtseinheitlichkeit und der Rechtsentwicklung eine höchstrichterliche Entscheidung des Streitfalls herbeizuführen. Dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) hätte eine Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) nicht zugestanden, wenn der Bundesfinanzhof (BFH) die Auffassung vertreten sollte, die täglichen eigenhändigen Aufzeichnungen der Kasseneinnahmen durch den Kläger seien ausreichend gewesen. Damit ist freilich die grundsätzliche Bedeutung der von ihm herausgestellten Frage nicht schlüssig dargelegt worden. Er hätte sich in der Beschwerdebegründungsschrift vielmehr auch —woran es fehlt— substantiiert mit der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur auseinandersetzen müssen.
3. Im Übrigen hat das Finanzgericht (FG) die Schätzungsbefugnis des FA dem Grunde nach zu Recht bejaht.
a) Der Kläger war im Rahmen der von ihm zulässigerweise nach § 4 Abs. 3 EStG vorgenommenen Gewinnermittlung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen verpflichtet. Auch die Überschussrechnung setzt voraus, dass die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen werden (, BFHE 188, 291, BStBl II 1999, 481; Schmidt/Heinicke, EStG, 26. Aufl., § 4 Rz 374 f.).
b) Einnahmen sind einzeln aufzuzeichnen (, BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 372). Dem Grundsatz nach gilt das auch für Bareinnahmen; die Tatsache der sofortigen Bezahlung der Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht einzeln festzuhalten. Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität (Vielzahl von einzelnen Geschäften mit geringem Wert, z.T. Centbeträge) besteht die Pflicht zur Einzelaufzeichnung jedoch nicht für Einzelhändler (und vergleichbare Berufsgruppen), die im Allgemeinen Waren an ihnen der Person nach unbekannte Kunden über den Ladentisch gegen Barzahlung verkaufen (Weber-Grellet, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz D 53). Folgerichtig ging das FG davon aus, dass dem Kläger eine Einzelaufzeichnungspflicht nicht zugemutet werden kann, weil er Waren geringen Werts an eine Vielzahl unbekannter Personen verkauft hat.
c) Allerdings sind auch Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, verpflichtet, die ihrer Gewinnermittlung zugrunde liegenden Belege aufzubewahren. Eine solche Aufbewahrungspflicht ergibt sich in der Regel aus § 147 AO, aber auch aus der den Steuerpflichtigen obliegenden Feststellungslast (Weber-Grellet, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz D 54). Zutreffend hat das FG darauf abgestellt, dass gerade in Fällen, in denen Steuerpflichtigen eine Einzelaufzeichnungspflicht nicht zugemutet werden kann, die Einnahmeermittlung —z.B. bei Einsatz von Registrierkassen durch Erstellung und Aufbewahrung der Kassenendsummenbons— nachvollziehbar dokumentiert und überprüfbar sein muss. Die (ggf. freiwillige und im eigenen Interesse liegende) Aufbewahrung aller Belege ist im Regelfall notwendige Voraussetzung für den Schluss, dass nicht nur die geltend gemachten Betriebsausgaben als durch den Betrieb veranlasst angesehen werden, sondern auch die Betriebseinnahmen vollständig erfasst sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 188, 291, BStBl II 1999, 481). Nur bei Vorlage geordneter und vollständiger Belege verdient eine Einnahmen-Überschußrechnung Vertrauen und kann für sich die Vermutung der Richtigkeit in Anspruch nehmen (BFH-Urteil in BFHE 188, 291, BStBl II 1999, 481).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BBK-Kurznachricht Nr. 20/2008 S. 1053
ZAAAC-72587