BVerwG Urteil v. - 9 A 22.06

Leitsatz

1. Mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses haben Planbetroffene das Vorhaben zu dulden, und zwar auch bei später eintretenden veränderten Umständen. Die Duldungspflicht erstreckt sich auch auf die Inanspruchnahme von Flächen, die der Anordnung naturschutz- oder waldrechtlicher Kompensationsmaßnahmen geschuldet ist.

2. Der Vorhabenträger kann sich aus einer ihm durch die landschaftspflegerische Begleitplanung auferlegten Verpflichtung, eine Kompensationsmaßnahme durchzuführen, nur im Wege einer Planänderung nach § 76 VwVfG lösen. Ein von ihm gegenüber dem Eigentümer der in Anspruch zu nehmenden Flächen erklärter Verzicht auf die Kompensationsmaßnahme bindet die Planfeststellungsbehörde nicht.

3. Ist ein Planfeststellungsbeschluss gegenüber einem Planbetroffenen bestandskräftig geworden, kann dieser die Änderungsplanfeststellung nur angreifen, wenn er durch deren Festsetzungen erstmals oder weitergehend als bisher betroffen wird (stRspr, z.B. Beschlüsse vom - BVerwG 9 B 13.05 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 189 S. 193 f. und vom - BVerwG 9 VR 3.04 - Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 13 S. 4).

4. Wird eine vom Vorhabenträger beantragte Planänderung nach Prüfung der materiell-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen abgelehnt, ergeht ihm gegenüber ein Zweitbescheid, der ihm den Weg zu einer gerichtlichen Überprüfung eröffnet, es sei denn, es liegt bereits ein sein Begehren verneinendes rechtskräftiges verwaltungsgerichtliches Urteil vor.

5. Ein die Planänderung ablehnender Zweitbescheid hindert die Planfeststellungsbehörde nicht, sich gegenüber jedem Planbetroffenen auf den Eintritt der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses zu berufen. Dies gilt auch dann, wenn der Vorhabenträger mit seinem Antrag nach § 76 VwVfG speziell das Ziel verfolgt hat, einen Planbetroffenen von der planfestgestellten Inanspruchnahme seines Eigentums freizustellen.

Gesetze: VwGO § 40 Abs. 1; VwGO § 42 Abs. 2; VwGO § 65 Abs. 2; GVG § 17 Abs. 2 Satz 1; VwVfG § 48; VwVfG § 49; VwVfG § 75 Abs. 2 Satz 1; VwVfG § 76; AEG a.F. § 18 Abs. 1; AEG a.F. § 20 Abs. 2 Satz 1; AEG a.F. § 22

Gründe

I

Der Kläger wendet sich gegen einen Planänderungsbeschluss vom , soweit das Eisenbahn-Bundesamt es darin abgelehnt hat, einen den Ausbau der Eisenbahnstrecke Hamburg-Berlin betreffenden Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ändern, dass darauf verzichtet wird, eine im Eigentum des Klägers stehende Fläche für eine naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme in Anspruch zu nehmen.

Der Planfeststellungsbeschluss, um dessen Änderung es geht, datiert vom und betrifft das inzwischen fertig gestellte Vorhaben "Beseitigung des Bahnübergangs Friedrichsruh in Bahn-km 259,785 und Neubau einer Straßenüberführung in Bahn-km 259,352" im Zuge des Ausbaus der Strecke Hamburg-Berlin für den ICE-Verkehr. Die durch das Vorhaben notwendig gewordene Verlegung der L 208 führte zur Inanspruchnahme von Waldflächen des Sachsenwaldes. Aus diesem Grunde sieht die landschaftspflegerische Begleitplanung als Ausgleichsmaßnahme A 4 auf dem klägerischen Flurstück ... Flur ... Gemarkung S. eine Ersatzaufforstung vor. Der Kläger hatte im Anhörungsverfahren gegen die Ausgleichsmaßnahme Einwendungen erhoben, die im Planfeststellungsbeschluss zurückgewiesen wurden.

Der Kläger ließ diesen Planfeststellungsbeschluss seinerzeit unanfechtbar werden, nachdem er in Verhandlungen mit der Beigeladenen am mit dieser zu einem Vertragsschluss über den Verkauf der für das Vorhaben benötigten Flächen gelangt war. Nicht umfasst war das Flurstück ... In einem der notariell beurkundeten Grundstückskaufverträge gab die Beigeladene dem Kläger gegenüber eine Erklärung des Inhalts ab, sie werde das Flurstück ... nicht als Ausgleichsfläche in Anspruch nehmen.

Am beantragte die Beigeladene beim Eisenbahn-Bundesamt verschiedene Planänderungen, darunter auch eine Änderung der Ausgleichsmaßnahme A 4. Die Ersatzaufforstung solle entfallen. Da im Umfeld des Vorhabens keine Flächen zur Verfügung stünden, auf denen sich der prinzipiell mögliche Ausgleich verwirklichen ließe, sei vorzusehen, den erforderlichen Ausgleich durch eine Ausgleichszahlung zu leisten. Der Kläger beteiligte sich am daraufhin eingeleiteten Anhörungsverfahren und machte geltend, die Beigeladene habe auf die Inanspruchnahme der Ausgleichsfläche verzichtet, weil sich sein Interesse am unveränderten Bestand seines Eigentums gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Ausgleichsfläche in diesem Fall durchsetze. Im Vertrauen auf eine verbindliche Zusage des Vorhabenträgers habe er den Planfeststellungsbeschluss nicht angefochten.

Unter Zulassung der beantragten Planänderung im Übrigen lehnte das Eisenbahn-Bundesamt mit Planänderungsbeschluss vom die Änderung der Ausgleichsmaßnahme A 4 ab und führte aus, die Maßnahme sei naturschutzrechtlich erforderlich und wegen ihrer besonderen Nähe zum Eingriffsort und ihrer Lage - umgeben von anderem Wald - naturschutzfachlich besonders geeignet. Andere Ausgleichsmaßnahmen seien geprüft worden, jedoch nicht mit gleicher oder besserer naturschutzfachlicher Wirkung herstellbar. Eine Ausgleichszahlung könne die Ausgleichsmaßnahme in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht ersetzen. Ob die Beigeladene dem Kläger eine Zusage gemacht habe, auf eine Inanspruchnahme des Flurstücks ... zu verzichten, könne dahinstehen, weil diese Zusage die Planfeststellungsbehörde nicht binden könne. Inhaltlich wende sich der Kläger mit seinem Begehren gegen die ursprüngliche Planfeststellung vom . Insoweit müsse er sich unabhängig von den Erwägungen, die gegenüber der Beigeladenen zur Ablehnung einer Änderung der Ausgleichsmaßnahme A 4 geführt hätten, den Einwendungsausschluss entgegenhalten lassen. Gelegenheit zu neuen Einwendungen sei bei einer Planänderung nur bei erstmaliger oder stärkerer Betroffenheit als bisher gegeben.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt: Durch den Verzicht der Beigeladenen auf die Inanspruchnahme der planfestgestellten Ausgleichsfläche sei die Erfüllung der Auflage unmöglich geworden und damit insgesamt, nicht nur im Verhältnis zwischen der Beigeladenen und dem Kläger, ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladene - wie sich nicht zuletzt aus § 76 VwVfG ergebe - auch nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses "Herr des Verfahrens" bleibe. Sie habe somit rechtsverbindlich die Verpflichtung eingehen können, ein Planänderungsverfahren zu betreiben, um die Aufhebung der Ausgleichsmaßnahme A 4 zu erwirken. Die von der Beigeladenen eingegangene Verpflichtung stelle ihm gegenüber eine materielle Rechtsposition dar, aus der sich seine Klagebefugnis ergebe. Insofern könne ihm aus der vorangegangenen Planfeststellung weder ein Einwendungsausschluss noch die Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses entgegengehalten werden. Die Beklagte habe die beantragte Planänderung auch nicht als unzulässig abgelehnt, sondern vielmehr das Planänderungsverfahren unter seiner Beteiligung durchgeführt und konstitutiv verfügt, die Ausgleichsmaßnahme A 4 sei herzustellen. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss sei somit als Zweitbescheid zu werten, der ihn - den Kläger - erneut mit dieser Ausgleichsmaßnahme belaste. Zudem sei eine Enteignung des Flurstücks ... auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses vom deshalb ausgeschlossen, weil im Grunderwerbsverzeichnis lediglich allgemein von einer "dinglichen Sicherung" gesprochen werde und damit dem Planfeststellungsbeschluss ein Mindestmaß an Bestimmtheit fehle. Schließlich stünden - wie von ihm vorgeschlagen - andere geeignete Flächen für eine Ersatzaufforstung zur Verfügung. Insbesondere sei das landwirtschaftlich genutzte Flurstück ... Flur ... Gemarkung S. ökologisch weniger hochwertig und daher besser zur Aufforstung geeignet als die planfestgestellte Ausgleichsfläche. Aus diesem Grunde sei nicht entscheidend darauf abzustellen, dass das Flurstück ... gegenüber dem Flurstück ... geringfügig kleiner sei, zumal insoweit eine Ausgleichszahlung festgesetzt werden könne.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, unter entsprechender Änderung des Planänderungsbeschlusses vom die Ausgleichsmaßnahme A 4 durch eine Ausgleichszahlung zu ersetzen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, unter entsprechender Änderung des Planänderungsbeschlusses vom anstelle der Ausgleichsmaßnahme A 4 das Flurstück ... der Flur ... Gemarkung N. bei B. als Ersatz vorzusehen,

höchst hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, unter entsprechender Änderung des Planänderungsbeschlusses vom anstelle der Ausgleichsmaßnahme A 4 das Flurstück ... der Flur ... Gemarkung S. als Ersatzmaßnahme festzustellen und - soweit diese Fläche statt der erforderlichen 23 985 m² lediglich eine Größe von 22 791 m² hat - eine Ausgleichszahlung festzusetzen,

höchsthöchst hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, unter entsprechender Änderung des Planänderungsbeschlusses vom anstelle der Ausgleichsmaßnahme A 4 anzuordnen, dass die Beigeladene die dauerhafte Umwandlung von Wald in die Nutzungsart Verkehrsfläche ohne die Inanspruchnahme des Flurstücks ... der Flur ... Gemarkung S. auszugleichen hat,

höchsthöchsthöchst hilfsweise,

die Vorhabenträgerin zu verpflichten, die dauerhafte Umwandlung von Wald in die Nutzungsart Verkehrsfläche gemäß Nr. 7.3.4 Neuanlage von Wald (A 4) des LBP ohne die Inanspruchnahme des Flurstücks ... der Flur ... Gemarkung S. auszugleichen.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen,

und machen geltend, die Klage sei mangels Klagebefugnis bereits unzulässig. Im Übrigen treten sie dem Klagevorbringen im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Begründung des angefochtenen Planänderungsbeschlusses entgegen.

II

Die Klage ist - mit Ausnahme des letzten Hilfsantrags - zulässig, aber unbegründet.

1. Die Klagebefugnis des Klägers ist nach § 42 Abs. 2 VwGO zu bejahen, soweit er mit seinen Anträgen ein gegen die Beklagte gerichtetes Verpflichtungsbegehren verfolgt.

Mit der Folge der Unzulässigkeit der Klage würde es an der Klagebefugnis nur dann fehlen, wenn der Kläger durch die Weigerung der Beklagten, die erstrebte Planänderung auszusprechen, offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise in seinen subjektiven Rechten verletzt sein kann (vgl. z.B. BVerwG 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115 <118> m.w.N.). Die Anforderungen an diese Sachentscheidungsvoraussetzung dürfen nicht überspannt werden (z.B. BVerwG 11 A 10.98 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 120 S. 56). Das führt hier dazu, den Kläger als klagebefugt anzusehen.

Der Kläger kann für sein Verpflichtungsbegehren zum einen Schutznormen anführen, die ihn in den Kreis der Berechtigten einbeziehen. Neben seinem Grundeigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) an dem streitbefangenen Flurstück, das trotz der enteignungsrechtlichen Vorwirkung (vgl. § 22 AEG) noch fortbesteht, könnte insbesondere das Abwägungsgebot (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG a.F.) zugunsten des Klägers als Grundlage für einen Anspruch auf Erlass der begehrten Planänderung oder zumindest für einen Anspruch auf Neubescheidung in Betracht kommen. Anders als Beklagte und Beigeladene meinen, erscheint die Anwendbarkeit der genannten Schutznormen zum anderen durch die Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses vom nicht von vornherein völlig ausgeschlossen. Immerhin kann der Kläger sich darauf berufen, dass die zuständige Behörde im Planänderungsverfahren, an dem er sich als Einwender beteiligt hat, hinsichtlich der streitigen Ausgleichsmaßnahme A 4 unstreitig in eine neue Sachprüfung eingetreten ist. Damit stellt sich die Frage, ob der angefochtene Planänderungsbeschluss als Zweitbescheid auszulegen ist und dadurch ggf. auch dem Kläger neue Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet worden sind.

2. Die Klageanträge, mit denen der Kläger eine Verpflichtung der Beklagten erstrebt, sind jedoch unbegründet. Der damit geltend gemachte Anspruch auf Planänderung oder auf Neubescheidung steht dem Kläger nicht zu. Der Kläger muss sich die Bestandskraft des unanfechtbaren Planfeststellungsbeschlusses vom entgegenhalten lassen, die derartige Ansprüche hier ausschließt, obwohl ein Planänderungsverfahren stattgefunden hat.

a) Mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses, der seine Einwendungen gegen die Inanspruchnahme des Flurstücks ... für die Ausgleichsmaßnahme A 4 abschlägig beschied, hatte der Kläger keine rechtliche Möglichkeit mehr, von der Planfeststellungsbehörde zu seinen Gunsten diesbezüglich noch eine Planänderung zu verlangen. Bestandskräftige Planfeststellungsbeschlüsse sind gemäß § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG mit einer besonderen Ausschlusswirkung ausgestattet. Sobald ein Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden ist, sind nach dieser Vorschrift Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Nutzung ausgeschlossen. Diese Ausschlusswirkung richtet sich gegen nachträgliche Unterlassungs- oder Änderungswünsche von durch das Vorhaben nachteilig Betroffenen. Die Planbetroffenen haben das Vorhaben nach Eintritt der Bestandskraft zu dulden, und zwar auch bei später eintretenden veränderten Umständen (so BVerwG 4 C 34-38.89 - BVerwGE 91, 17 <21>). Die Duldungspflicht erstreckt sich auch auf die Inanspruchnahme von Flächen für eine Bepflanzung, die - wie beim klägerischen Flurstück ... - der Anordnung naturschutz- oder waldrechtlicher Kompensationsmaßnahmen geschuldet ist. Die Inanspruchnahme derartiger Flächen wird vom Planfeststellungsvorbehalt des § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG a.F. mit umfasst, weil sie im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 AEG zur Ausführung des Vorhabens notwendig ist (vgl. BVerwG 11 VR 6.95 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 8 S. 32 f.).

b) Die vertragliche Übereinkunft, die der Kläger mit der Beigeladenen über die freihändige Veräußerung der für das Vorhaben benötigten Flächen erzielte, konnte an der Ausschlusswirkung der Planfeststellung nichts ändern, auch wenn die Beigeladene im Text eines Vertrages ausdrücklich und "zur Klarstellung" erklärte, das Flurstück ... für die Ausgleichsmaßnahme A 4 nicht in Anspruch zu nehmen. Der vom Kläger geltend gemachte Einwand, mit dieser Verzichtserklärung sei es der Beigeladenen unmöglich geworden, der Anordnung der Ausgleichsmaßnahme A 4 weiterhin Folge zu leisten, beruht auf einer rechtsirrigen Vorstellung über die Wirkungen der Planfeststellung.

Soweit ein eisenbahnrechtlicher Planfeststellungsbeschluss eine Bauerlaubnis enthält, mag man davon ausgehen, dass der Träger des Vorhabens - hier also die Beigeladene - insofern "Herr des Verfahrens" bleibt, als ihm nämlich die Möglichkeit verbleibt, von der Bauerlaubnis keinen Gebrauch zu machen. Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht; denn die Beigeladene wollte das planfestgestellte Vorhaben verwirklichen und lediglich eine ihr in diesem Zusammenhang auferlegte Leistungsverpflichtung nicht befolgen. Die Beigeladene unterlag insofern aber einer dem Staat geschuldeten "Planbefolgungspflicht", an deren Verbindlichkeit sich durch einen Verzicht, den sie gegenüber dem Kläger erklärte, nichts ändern konnte. Wie sie zutreffend erkannt hat, konnte sich die Beigeladene aus ihrer Verpflichtung, auf dem Flurstück ... eine Ersatzaufforstung vorzunehmen, nur im Wege einer Planänderung nach § 76 VwVfG lösen. Diese hat die Beigeladene dementsprechend mit dem Ziel beantragt, die Planfeststellungsbehörde zu einer Aufhebung der Ausgleichsmaßnahme A 4 zu bewegen.

Aus diesem Grunde geht auch der vom Kläger entwickelte Gedanke fehl, das Vorhaben sei nicht mehr realisierbar gewesen, nachdem die Beigeladene ihm gegenüber auf die Inanspruchnahme des Flurstücks ... verzichtet habe. Diese Verzichtserklärung bindet die Planfeststellungsbehörde nicht. Fehl geht auch die vom klägerischen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung geäußerte Auffassung, dieser Fall der "Unmöglichkeit" führe zur Anwendung der §§ 48, 49 VwVfG mit der Folge, dass der bestandskräftige Planfeststellungsbeschluss zu widerrufen oder zurückzunehmen sei. Das hier von der Beigeladenen beantragte Verfahren nach § 76 VwVfG diente allein dazu, noch in der Ausführungsphase Änderungen des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses zuzulassen (vgl. z.B. BVerwG 4 C 12.87 - BVerwGE 84, 31 <33 f.>). Eine Prüfung der Widerrufs- oder Rücknahmevoraussetzungen war von diesem Verfahren hier nicht umfasst. Die Beigeladene hat mit ihrem Antrag eine Rückführung auf den ursprünglichen, "vorplanerischen" Zustand nicht angestrebt (vgl. BVerwG 11 C 1.96 - BVerwGE 105, 6 <11>).

c) Der Antrag auf Planänderung ist jedoch - was die Ausgleichsmaßnahme A 4 angeht - ohne Erfolg geblieben, so dass der Kläger weiterhin verpflichtet blieb, auf seinem Eigentum die angeordnete Ersatzaufforstung zu dulden. Der Einwand des Klägers, die Anordnung könne ihn schon deswegen nicht zur Duldung verpflichten, weil die Ausgleichsmaßnahme A 4 nicht hinreichend bestimmt geregelt worden sei, überzeugt nicht. Wenn im Grunderwerbsverzeichnis von einer "dinglichen Sicherung" die Rede ist, kommt darin angesichts des im Sachenrecht geltenden numerus clausus hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Belastung des klägerischen Grundeigentums mit einer Dienstbarkeit angeordnet worden ist. Falls der Kläger demgegenüber eine Vollenteignung bevorzugen sollte, ist dem entgegenzuhalten, dass diese zur Verwirklichung des Enteignungszwecks in derartigen Fällen nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig wäre (vgl. BVerwG 11 A 4.96 - juris Rn. 22 und vom - BVerwG 4 A 28.95 - Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 7 S. 15 f.).

d) Der die Planänderung hinsichtlich der Ausgleichsmaßnahme A 4 ablehnende Verwaltungsakt eröffnet dem Kläger keine neuen Rechtschutzmöglichkeiten. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger in diesem Zusammenhang darauf, dass die Planfeststellungsbehörde auf den Antrag der Beigeladenen hin in eine neue Sachprüfung eingetreten sei, ob an der Anordnung dieser Ausgleichsmaßnahme festzuhalten sei, so dass ein Zweitbescheid vorliege.

Auszugehen ist davon, dass ein Änderungsplanfeststellungsbeschluss nur in dem Umfang angreifbar ist, in dem er eine eigene Regelung enthält. Soweit eine bereits erfolgte wirksame Anlagenzulassung durch Planfeststellung reicht, bedarf es keiner neuen Zulassungsentscheidung. Ist der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss gegenüber einem Planbetroffenen bestandskräftig geworden, so kann dieser die Änderungsplanfeststellung nur angreifen, wenn er durch deren Festsetzungen erstmals oder weitergehend als bisher betroffen wird. Das schließt es aus, dass Betroffene, die keinen Rechtsbehelf gegen den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss eingelegt haben, gegen einen Änderungsplanfeststellungsbeschluss noch klageweise vorgehen können, obwohl sie hierdurch weder erstmals noch weitergehend als bisher betroffen werden (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 9 B 13.05 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 189 S. 193 f. und vom - BVerwG 9 VR 3.04 - Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 13 S. 4). Der angefochtene Planänderungsbeschluss vom enthält keine Regelung, die den Kläger gegenüber dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss vom erstmals oder weitergehend als bisher belastet. Wenn es bei der Anordnung der Ausgleichsmaßnahme A 4 geblieben ist, hat die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Kläger in diesem Sinne keine ihn neu belastende Regelung getroffen.

Trotzdem könnte der Kläger die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, an der Ausgleichsmaßnahme A 4 festzuhalten, zumindest dann zur gerichtlichen Prüfung stellen, wenn ihm gegenüber insoweit ein ablehnender Zweitbescheid erlassen worden wäre. Dies macht der Kläger hier geltend; er kann damit jedoch nicht durchdringen, weil die Planfeststellungsbehörde sich ihm gegenüber erkennbar weiterhin auf die Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses vom berufen wollte. Dem angefochtenen Planänderungsbeschluss vom lässt sich Gegenteiliges nicht entnehmen.

Im Verfahren nach § 76 VwVfG greift die Planfeststellungsbehörde auf Antrag des Vorhabenträgers das bestandskräftig abgeschlossene Planfeststellungsverfahren teilweise wieder auf und beginnt - ausgehend vom Antragsgegenstand - eine neue Sachprüfung der materiell-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen. Wenn daraufhin - wie im vorliegenden Fall bezüglich der Ausgleichsmaßnahme A 4 - eine Planänderung abgelehnt wird, ist damit zugunsten des Vorhabenträgers erneut der Weg zu einer gerichtlichen Sachprüfung eröffnet, es sei denn, es liegt bereits ein sein Begehren verneinendes rechtskräftiges verwaltungsgerichtliches Urteil vor (vgl. BVerwG 5 B 104.03 - juris Rn. 8 unter Hinweis auf das BVerwG 9 C 285.86 - BVerwGE 78, 332 <340>). Der Eintritt in eine neue Sachprüfung - hier eine naturschutz- und waldrechtliche Abwägung - bedeutet aber nicht, dass in diesem Fall notwendig auch in Bezug auf Planbetroffene in diesem Umfange ein Zweitbescheid ergangen ist.

Die Beigeladene mag mit ihrem Antrag auf Planänderung speziell das Ziel verfolgt haben, den Kläger von der planfestgestellten Inanspruchnahme seines Eigentums freizustellen. Dies konnte die Planfeststellungsbehörde aber nicht dazu zwingen, auch ihm gegenüber eine neue - sei es auch ablehnende - Sachentscheidung zu treffen. Die gegenüber Planbetroffenen eingetretene Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses steht nicht mehr zur Disposition des Vorhabenträgers. Vielmehr behält die Planfeststellungsbehörde auch nach Einleitung des Verfahrens nach § 76 VwVfG unverändert die rechtliche Möglichkeit, sich gegenüber jedem Planbetroffenen auf den Eintritt der Bestandskraft zu berufen. Von dieser Möglichkeit hat das Eisenbahn-Bundesamt in dem Planänderungsbeschluss gegenüber dem Kläger Gebrauch gemacht.

Dort wird dem Kläger zwar auch das negative Ergebnis der naturschutz- und waldrechtlichen Abwägung entgegengehalten (S. 26), die auf Antrag der Beigeladenen stattgefunden hat (S. 22 - 25). Das Eisenbahn-Bundesamt vertritt aber "unabhängig von der vorstehenden inhaltlichen Diskussion, die zur Begründung der Ablehnung des entsprechenden Teils der Planänderung gegenüber der Vorhabenträgerin notwendig ist", ausdrücklich die Auffassung, dass eine "bestandskräftig abgeschlossene Behandlung von Rechtsbeeinträchtigungen" nicht dadurch wieder aufgerufen werde, dass die Beigeladene ihre Planung ändere (S. 26). Zwar mag es rechtlich verfehlt sein, wenn das Eisenbahn-Bundesamt dieses Ergebnis hier mit dem Eintritt des "Einwendungsausschlusses des § 20 Abs. 2 AEG" in Zusammenhang bringen will. Jedenfalls ist die ablehnende Entscheidung aber, soweit es den Kläger angeht, auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt worden. Nach dem - für den Kläger erkennbaren - Willen des Eisenbahn-Bundesamtes zielte dieses Vorgehen darauf ab, dem Kläger die Möglichkeit abzuschneiden, sich in einem von ihm angestrengten Klageverfahren darauf zu berufen, hinsichtlich der Ausgleichsmaßnahme A 4 sei ihm gegenüber ein Zweitbescheid erlassen worden, mit dem diese Maßnahme erneut konstitutiv festgesetzt worden ist. Zu einer solchen Eingrenzung der Wirkung des Zweitbescheides ist die Planfeststellungsbehörde im Hinblick auf die bestandskraftsichernde Funktion des § 76 VwVfG (vgl. hierzu BVerwG 9 B 13.05 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 189 S. 193 f.) auch befugt.

Ein Zweitbescheid ist demnach nur gegenüber der Beigeladenen ergangen. Diesen hat die Beigeladene nicht angefochten, so dass es dabei bleibt, dass das Eigentum des Klägers auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses vom für die Ausgleichsmaßnahme A 4 in Anspruch zu nehmen ist. Eine Überprüfung der Ersatzlandangebote, die seitens des Klägers unterbreitet worden sind, kommt nicht in Betracht. Die damit zusammenhängenden Fragen sind nicht entscheidungserheblich.

3. Der letzte Hilfsantrag beinhaltet ein selbständiges Klagebegehren, das der Kläger gegen die Beigeladene richten will. Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen worden, dass der Senat diesen Klageantrag nicht für sachdienlich hält (§ 86 Abs. 3 VwGO). Dem Kläger ist deswegen nahegelegt worden, seinen Antrag abweichend so zu formulieren, dass er eine Verpflichtung der Beklagten beinhaltet. Der Kläger hat diese Anregung zwar aufgegriffen und hat dementsprechend den vorletzten Hilfsantrag gestellt, zugleich aber darauf bestanden, den letzten Hilfsantrag unverändert so zu stellen, wie er im klägerischen Schriftsatz vom angekündigt worden war. Der Kläger hat dazu vorgetragen, da es sich um den Fall einer notwendigen Beiladung (§ 65 Abs. 2 VwGO) handele, habe der Senat auch die Befugnis, die Beigeladene antragsgemäß zu verurteilen, um so einen nachfolgenden Rechtsstreit vor einem Zivilgericht zu vermeiden. Dem folgt der Senat nicht. Der Klageantrag ist unzulässig.

Für den Klageantrag ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO nicht eröffnet, weil sich das damit verfolgte Begehren nur auf zivilrechtliche Bestimmungen stützen lässt. Eine erweiterte Prüfungskompetenz nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG besteht insoweit nicht; denn mit dem letzten Klageantrag macht der Kläger einen gegenüber seinen übrigen Klageanträgen selbständigen prozessualen Anspruch geltend. Dies wird schon dadurch dokumentiert, dass sich der letzte Klageantrag nicht gegen den Beklagten (vgl. § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO) richtet, sondern gegen die Beigeladene, die in diesem Prozess nicht als Partei, sondern als Dritte beteiligt ist und der gegenüber deshalb in der Sache auch kein Urteil ergehen kann.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie mit ihrem Antrag auf Klageabweisung ein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15 000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Fundstelle(n):
QAAAC-72470