Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b; BGB § 242; BGB § 271 Abs. 1; BGB § 311b Abs. 1 Satz 1; BGB § 311b Abs. 1 Satz 2; BGB § 323 Abs. 1; BGB § 543 Abs. 2 Satz 2; ZVG § 49 Abs. 3; ZVG § 90; ZVG § 107 Abs. 2; ZVG § 107 Abs. 3; ZVG § 118; ZVG § 144
Instanzenzug: AG Oldenburg, E4 C 4122/06 (IX) vom OLG Oldenburg, 6 U 213/06 vom
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einem Zuschlagsbeschluss.
Die Beklagten waren Gläubiger einer erstrangigen Grundschuld über 180.000 DM (92.032,54 €); Eigentümer des belasteten Grundstücks war der Lebensgefährte der Klägerin. Die Beklagten betrieben aus dieser Grundschuld die Zwangsversteigerung in das Grundstück, das einen vom Vollstreckungsgericht festgesetzten Verkehrswert von 45.000 € hatte. Am verpflichtete sich die Klägerin gegenüber den Beklagten zur Abgabe eines über dem Verkehrswert liegenden Gebots von 57.000 €. Von diesem Betrag sollte die Klägerin 32.000 € in einer Summe aufbringen, die restlichen 25.000 € hingegen in monatlichen - für die ersten zwei Jahre zinslosen - Raten von 200 € zahlen. Weitere Einzelheiten der Vereinbarung sind zwischen den Parteien streitig. Der Klägerin wurde das Grundstück am abredegemäß als Meistbietender gegen ein im Verteilungstermin zu entrichtendes Bargebot von 57.000 € zzgl. Zinsen zugeschlagen. Im Zwangsversteigerungstermin leistete die Klägerin eine Sicherheit in Höhe von 4.500 €; den Verteilungstermin bestimmte das Vollstreckungsgericht auf den .
Am setzten die Beklagten der Klägerin für die Zahlung des Betrages von 32.000 € - abzüglich geleisteter Sicherheit - eine Frist bis zum und erklärten, andernfalls "schon heute" von der Vereinbarung zurückzutreten. Mit anwaltlichem Schreiben vom setzten die Beklagten eine neue Frist bis zum ; eine Verlängerung dieser Frist auf den ist zwischen den Parteien ebenfalls streitig. Die Klägerin überwies am einen Betrag von 27.500 € per Blitzgiro an die Beklagten. Diese erklärten mit Schreiben vom , die "getroffenen Zahlungsvereinbarungen" zu kündigen und forderten die Klägerin zur Zahlung des restlichen Betrages nebst Zinsen auf.
Im Verteilungstermin am übertrug das Vollstreckungsgericht die Forderung gegen die Klägerin als Ersteherin in Höhe eines Kapitalbetrages von 24.200,38 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1.604,62 € auf die Beklagten als Berechtigte. Die Beklagten ließen sich in dieser Höhe eine vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses erteilen und leiteten die Zwangsvollstreckung gegen die Klägerin ein.
Das Amtsgericht hat der Vollstreckungsgegenklage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG zuständige Oberlandesgericht die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Gründe
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe den aus dem amtsgerichtlichen Zuschlagsbeschluss folgenden Anspruch der Beklagten nicht vollständig erfüllt, sondern lediglich 27.500 € zzgl. Sicherheitsleistung von 4.500 € gezahlt. Der Teilbetrag von 27.500 € sei gemäß § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig gewesen. Die Parteien hätten am eine von § 107 Abs. 2 ZVG abweichende Vereinbarung treffen wollen, wonach die 32.000 € vorab und an die Beklagten unmittelbar zu zahlen gewesen seien. Auf die zugleich eingeräumte Stundung der restlichen 25.000 € könne sich die Klägerin nicht mehr stützen, weil die Beklagten von dieser Vereinbarung mit Schreiben vom wirksam zurückgetreten seien. Das Rücktrittsrecht folge aus § 323 Abs. 1 BGB, nachdem die Klägerin die ihr zuvor bis zum gesetzte - angemessene - Zahlungsfrist habe verstreichen lassen. Eine Verlängerung dieser Frist bis zum 20. Oktober habe die Klägerin nicht bewiesen. Es sei auch nicht als widersprüchliches Verhalten der Beklagten anzusehen, wenn diese einerseits die verspätete Zahlung der Klägerin entgegengenommen, sich andererseits aber aus der Stundungsvereinbarung gelöst hätten. Denn es habe aus ihrer Sicht keine Veranlassung bestanden, die überfällige Teilzahlung abzulehnen, da für sie angesichts des zögerlichen Zahlungsverhaltens der Klägerin berechtigte Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der Klägerin bestanden hätten.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Die Parteien haben am eine Vereinbarung getroffen, die eine Ausbietungsgarantie zum Gegenstand hatte. Die Klägerin wollte das zur Versteigerung anstehende Grundstück für sich erwerben; den Beklagten lag daran, den Zuschlag zu einem Gebot zu erreichen, das den Verkehrswert des Grundstücks von 45.000 € überstieg. Die Klägerin verpflichtete sich im Hinblick darauf, einen Betrag von 57.000 € zu bieten; der Zuschlag ist auf Grundlage des von der Klägerin abgegebenen Gebotes in dieser Höhe erfolgt.
Die Ausbietungsgarantie hätte gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB der notariellen Beurkundung bedurft, denn sie beinhaltete die Verpflichtung, ein Grundstück - in der Zwangsversteigerung - zu erwerben (BGHZ 110, 319, 321; - ZIP 1992, 1538 unter 3., jeweils zu § 313 BGB a. F.). Die Nichtbeachtung der vorgeschriebenen Form erweist sich indes im Ergebnis als folgenlos. Der Formmangel ist in jedenfalls entsprechender Anwendung des § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt, nachdem die Klägerin das Eigentum originär durch Zuschlagsbeschluss gemäß § 90 ZVG erhalten hat (vgl. BGHZ 85, 245, 250 f. zu § 313 BGB a. F.). Zudem wären sowohl die Klägerin als auch die Beklagten nach § 242 BGB gehindert, sich auf eine etwaige Formnichtigkeit zu berufen. Beiden Parteien geht es allein darum, ob der noch ausstehende Betrag durch die Klägerin ratenweise beglichen werden kann, ohne dass sie die Ausbietungsgarantie und die dadurch veranlasste dingliche Rechtsverschiebung als solche in Frage stellen.
2. Mit Abgabe des den Beklagten versprochenen Gebots hatte die Klägerin ihre aus der Ausbietungsgarantie folgende Verpflichtung erfüllt. Ihre weitere Verpflichtung, den (verzinslichen) Betrag von 57.000 € zu entrichten, war gesetzliche Folge des Zuschlags (§ 49 Abs. 1 ZVG), ohne dass dazu eine gesonderte Vereinbarung zwischen den Parteien erforderlich war.
Das Bargebot ist vom Ersteher gemäß §§ 49 Abs. 3, 107 Abs. 2 und 3 ZVG unter Berücksichtigung der geleisteten Sicherheit (erst) im Verteilungstermin zu berichtigen, wobei die Zahlung an das Gericht und nicht an den dinglichen Gläubiger zu erfolgen hat. Es ist sodann Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, den Erlös aus der Zwangsversteigerung im Verteilungstermin an die Berechtigten auszukehren. Ist keine Verteilungsmasse vorhanden, weil der Ersteher die geschuldete Zahlung an das Gericht nicht erbracht hat, ist nach § 118 ZVG zu verfahren. Die Forderung gegen den Ersteher auf Zahlung des Bargebots, die bis dahin dem bisherigen Eigentümer des Grundstücks zustand, der durch den Zuschlag das Eigentum verloren hat (Surrogationsprinzip), wird durch Anordnung des Gerichts in entsprechender Höhe auf den oder die Berechtigten übertragen (vgl. Stöber, ZVG 18. Aufl. § 118 Rdn. 2.1 und 2.3).
3. Die Klägerin hat bereits in der Klagschrift geltend gemacht, vor Durchführung des Verteilungstermins hätten die Beklagten keinen fälligen Zahlungsanspruch gegen sie gehabt und insbesondere keine Zahlung an sich statt an das Vollstreckungsgericht verlangen können. Es sei keine Vereinbarung getroffen worden, durch die von den für das Zwangsversteigerungsverfahren geltenden gesetzlichen Bestimmungen abgewichen worden sei. Es habe weder ein Zahlungsziel vor dem gegeben, noch sei eine unmittelbare Zahlung an die Beklagten abgesprochen gewesen. Angesichts der wiederholten Zahlungsaufforderungen im September und Oktober 2005 sei sie allerdings um eine einvernehmliche Lösung bemüht gewesen, die sie auch deshalb angestrebt habe, weil § 144 ZVG eine unmittelbare Zahlung an den dinglichen Gläubiger erlaube, ohne aber entsprechende Verpflichtungen zu begründen.
4. Bei dieser Sachlage wäre es Sache der Beklagten gewesen, über die eigentliche Ausbietungsgarantie hinaus, die sich mit Abgabe des vereinbarten Gebots grundsätzlich erledigt hatte, eine Abrede mit der Klägerin substantiiert darzulegen, sie - entgegen § 107 Abs. 2 ZVG - als aus der Grundschuld berechtigte dingliche Gläubiger noch vor dem Verteilungstermin außergerichtlich zu befriedigen und einen ersten Teilbetrag von 32.000 € sofort an sie zu zahlen.
a) Dazu genügt es nicht, pauschal darauf zu verweisen "man" habe sich darauf geeinigt, einen Betrag in dieser Höhe "im Termin oder kurz danach" zu entrichten. Auch die Stundungsabrede, die als solche unstreitig ist, besagt nichts über eine vorgezogene Zahlungsverpflichtung der Klägerin. Der ratenweise Abtrag der restlichen 25.000 € wurde der Klägerin deshalb zugebilligt, weil diese im wirtschaftlichen Interesse der Beklagten die Abgabe eines Gebots in Aussicht stellte, das einen deutlich über dem Verkehrswert des Grundstücks liegenden Erlös versprach. Er lässt weder für sich allein noch im Gesamtzusammenhang den vom Berufungsgericht - noch dazu ohne nähere Begründung - gezogenen Schluss einer auf § 271 Abs. 1 BGB gestützten sofortigen Fälligkeit des Betrages über 32.000 € zu. Die in der Revisionsverhandlung erhobene Gegenrüge führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Vortrag zu einer abweichenden Zahlungsvereinbarung ist - wie dargelegt - unsubstantiiert und konnte schon deshalb keine Beweiserhebung veranlassen. Überdies liegt kein ordnungsgemäßer Beweisantritt vor, denn die Beklagten haben sich lediglich auf die Anhörung des Beklagten als Partei bezogen.
b) Damit fehlte es schon mangels Fälligkeit des geltend gemachten Anspruchs, die nicht vor dem eingetreten ist, an einer rechtlichen Grundlage für die Beklagten, sich von den getroffenen Vereinbarungen wieder zu lösen; sie konnten der Klägerin im September und Oktober 2005 keine wirksamen Zahlungsfristen setzen. Die Klägerin sollte ein hohes Gebot abgeben und den Zuschlag erhalten, dann aber auf den nach den gesetzlichen Bestimmungen über das Zwangsversteigerungsverfahren erst im Verteilungstermin zu überweisenden Anspruch eine Zahlung von lediglich 32.000 € (abzügl. Sicherheitsleistung) erbringen, während für die weiteren 25.000 € eine Teilzahlungsabrede getroffen wurde. Auf die vom Berufungsgericht durchgeführte Beweisaufnahme und die darauf beruhende Beweiswürdigung kommt es mithin nicht an.
5. Schon gar nicht stand den Beklagten das vom Berufungsgericht bejahte Rücktrittsrecht aus § 323 Abs. 1 BGB zu. Bei der von den Parteien vereinbarten sukzessiven Stundung, die der Klägerin einen ratenweisen Abtrag der geschuldeten 25.000 € erlaubte, handelt es sich um eine Teilzahlungsabrede, die allein durch Kündigung - mit Wirkung ex nunc - in Wegfall geraten konnte. Allein eine solche Kündigung haben die Beklagten mit Schreiben vom auch ausgesprochen, wobei das von der Revisionserwiderung in Bezug genommene frühere Schreiben vom durch den nachfolgenden Schriftverkehr überholt ist. Selbst wenn eine Fälligkeit der 32.000 € noch vor dem unterstellt wird, waren am nach dem Rechtsgedanken des § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB die Voraussetzungen für ein Kündigungsrecht entfallen, weil der zuvor angeforderte Betrag seitens der Klägerin gezahlt war. Auch aus diesem Grunde kann den Beklagten in ihrem rechtlichen Standpunkt nicht gefolgt werden.
III. Sie sind nach alledem nicht berechtigt, aus dem Zuschlagsbeschluss wegen des noch ausstehenden Betrages die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Sie sind ebenso gehindert, wegen der mittlerweile ab Januar 2006 fällig gewordenen monatlichen Teilbeträge zu vollstrecken, weil sie die Annahme von Raten ernsthaft und endgültig verweigert und den von der Klägerin übersandten Verrechnungscheck nicht eingelöst haben. Ihr Verhalten widerspricht Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sie einerseits von der Klägerin vereinbarungsgemäß angebotene Raten nicht akzeptieren, anderseits unter Hinweis auf bestehende Zahlungsrückstände im Wege der Zwangsvollstreckung gegen die Klägerin vorgehen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
WAAAC-72014
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein