Umsatzsteuerliche Behandlung von Klein- und Kleinstvermietungen im Bereich der Hochschulen
Jede Hochschule in Bayern ist gemäß Art. 4 Abs. 1 des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG) Körperschaft des öffentlichen Rechts. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts sind Universitäten nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG und § 2 Abs. 3 S. 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (BgA) steuerpflichtig.
Der Begriff „Betrieb gewerblicher Art” wird sowohl für Zwecke der Körperschaftsteuer als auch für Zwecke der Umsatzsteuer von § 4 KStG definiert. Unter die Begriffsdefinition fallen alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich.
Hiervon abzugrenzen ist der Bereich der hoheitlichen Tätigkeit (Forschung und Lehre) sowie die nicht steuerbare Vermögensverwaltung.
Die bloße Verwaltung eigenen Vermögens ist regelmäßig kein BgA. Sie kann jedoch einen gewerblichen Charakter erhalten, wenn sie eine Tätigkeit erfordert, die über das bei einer langfristigen Vermietung übliche Maß hinausgeht. Nach R 15.7 Abs. 2 EStR ist ein Gewerbebetrieb in der Regel gegeben bei der Vermietung von Ausstellungsräumen, Messeständen und bei der ständig wechselnden kurzfristigen Vermietung von Sälen, z.B. für Konzerte. Die ständig wechselnde Vermietung von Räumen sowie das Anbieten der verschiedenen Nebenleistungen wie Reinigung, Catering und wunschgemäße Ausstattung gehen über eine einfache Vermögensverwaltung hinaus. Es liegt vielmehr eine nachhaltige Betätigung vor, die auf das Ziel gerichtet ist, Einnahmen zu erzielen. Die Hochschulen treten hier in Konkurrenz zu anderen Anbietern von Räumen auf. Damit begründen die Hochschulen in der Regel einen BgA, wenn sie einzelne Gebäude- oder Campusteile stunden- oder tageweise an ständig wechselnde Personen vermieten.
Ein BgA liegt aber nur vor, sofern die Tätigkeit von einigem Gewicht ist. Diese wirtschaftliche Bedeutung ist gegeben, wenn der Jahresumsatz 30.678 € nachhaltig übersteigt (R 6 Abs. 5 S. 1 KStR 2006).
Die Grundsätze des , wonach auch kurzfristige Vermietungen der Vermögensverwaltung zugeordnet werden, können, sind nicht mehr anzuwenden.
Unter Umständen wird nach Rücksprache mit dem Finanzamt aus Vereinfachungsgründen von einer ertragsteuerlichen Erfassung des BgA abgesehen, wenn sich auf Dauer insgesamt nur ein Verlust ergibt. Die Unternehmereigenschaft im Sinne des UStG bleibt jedoch auch in diesen Fällen bestehen.
Die umsatzsteuerrechtliche Würdigung der Vermietung ist nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden (Abschn. 86 Abs. 4 UStR 2008):
Handelt es sich beispielsweise beim überlassenen Inventar nur um einfache Bestuhlung, liegt eine einheitliche Vermietungsleistung vor, die nach § 4 Nr. 12a UStG steuerfrei ist (Abschn. 76 Abs. 5 UStR 2008).
Ist die Überlassung von Inventar neben der Raumüberlassung nicht mehr von untergeordneter Bedeutung, kann ein gemischter Vertrag im Sinne von Abschn. 80 Abs. 1 UStR 2008 vorliegen. Bei einem gemischten Vertrag ist das Entgelt in einen auf die steuerfreie Grundstückvermietung und einen auf die steuerpflichtige Leistung anderer Art entfallenden Teil – erforderlichenfalls durch Schätzung – aufzuteilen.
Beispiel:Werden Räume mit Betriebsvorrichtungen (z.B. Bühne, spezielle Beleuchtungs- oder Lautsprecheranlagen und andere Einrichtungen mit Betriebsvorrichtungscharakter) überlassen, die für die vorgesehene Art der Nutzung regelmäßig benötigt werden, ist die Vermietungsleistung in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und in eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen.
Tritt die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks gegenüber anderen wesentlicheren Leistungen zurück und stellt das Vertragsverhältnis ein einheitliches, unteilbares Ganzes dar, liegt ein Vertrag besonderer Art im Sinne von Abschn. 81 Abs. 1 UStR 2008 vor. Bei einem Vertrag besonderer Art kommt die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12a UStG weder für die gesamte Leistung noch für einen Teil der Leistung in Betracht.
Beispiel:Vermietung eines Labors, Vermietung eines Rechenzentrums
Soweit die Raumüberlassung nach den o.g. Grundsätzen umsatzsteuerfrei ist, besteht für den BgA – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen – die Möglichkeit, nach § 9 UStG auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12a UStG zu verzichten.
Die Umsatzbesteuerung richtet sich nach den Umständen im konkreten Einzelfall. Es bleibt den einzelnen Hochschulen vorbehalten, zusammen mit ihrem zuständigen Finanzamt zu entscheiden, inwieweit die Klein- und Kleinstvermietungen nach den vorgenannten Kriterien einen BgA begründen und die Vermietungsumsätze steuerfrei oder steuerpflichtig sind.
Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 7100-60 34M
Fundstelle(n):
DStR 2008 S. 619 Nr. 13
WAAAC-71940