BFH Beschluss v. - III S 20/07 (PKH)

Fristgerechte Übermittlung einer Rechtsmittelbegründungsschrift durch Telefax

Gesetze: FGO § 56, FGO § 120 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klage des Klägers, Revisionsklägers und Antragstellers (Kläger) gegen die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung blieb ohne Erfolg. Gegen das Urteil des Finanzgerichts, das die Revision zugelassen hat, legte der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwältin F und Rechtsanwalt H, Revision ein und beantragte die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Revisionsverfahren (Az. III R .). Unter dem beantragte der Kläger durch Rechtsanwältin F, die Frist zur Begründung der Revision um drei Wochen zu verlängern, da ihr Vater am verstorben sei. Unter dem teilte die Geschäftsstelle des Senats den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, die Frist sei bis zum verlängert worden.

Die Revisionsbegründung wurde von Rechtsanwältin F laut dem in dem Schriftsatz angegebenen Datum am verfasst. Die Unterschrift befindet sich auf dem zweiten Blatt des zweiseitigen Schriftsatzes. Der Schriftsatz wurde mittels Telefax an den Bundesfinanzhof (BFH) übermittelt. Das beim BFH eingegangene Telefax enthält als Absendedatum den und als Sendezeit 23:32 Uhr. Der vom Telefaxgerät des BFH ausgedruckte Eingangsvermerk weist als Datum den aus und gibt als Empfangszeit für das erste Blatt 00:00 Uhr und für das zweite Blatt 00:01 Uhr an. Mit dem am eingegangenen Schriftsatz vom legte der Kläger eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf einem § 117 Abs. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechenden Vordruck vor.

Auf den Hinweis der Vorsitzenden des Senats, die vollständige Begründung der Revision sei erst am 00:01 Uhr, somit verspätet, eingegangen, beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er sei davon ausgegangen, er könne die Begründung innerhalb der bis zum verlängerten Frist absenden. Die auf dem Fax-Sendebericht mit 23:32 Uhr angegebene Uhrzeit sei zwar unzutreffend, da die Stromzufuhr am Tag zuvor unterbrochen gewesen sei. Gleichwohl sei es nach ihrer, Rechtsanwältin F`s, Uhrzeit bei der Absendung des Faxes vor 24 Uhr gewesen. Der Tod ihres Vaters habe sie sehr durcheinander gebracht. Die Beisetzung habe am Wochenende der 35. Kalenderwoche stattgefunden. Erst danach sei sie in der Lage gewesen, die Revision zu begründen.

II. Der Antrag auf Gewährung von PKH wird abgelehnt.

1. Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO).

2. Es kann dahinstehen, ob die vom Kläger eingereichten Unterlagen ausreichen, um beurteilen zu können, ob er zur Aufbringung der Prozesskosten in der Lage ist. Denn bei der in dem vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bietet die Revision des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S. von § 114 Satz 1 ZPO.

a) Aus dem vom Empfangsgerät des BFH ausgedruckten Eingangsvermerk ergibt sich, dass die mittels Telefax übermittelte Revisionsbegründungsschrift erst am und damit erst nach Ablauf der bis zum verlängerten Begründungsfrist beim BFH eingegangen ist. Bei Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist die Revision unzulässig (z.B. , BFHE 204, 411, BStBl II 2004, 366). Entscheidend für die fristgerechte Übermittlung einer Rechtsmittelbegründungsschrift durch Telefax ist, dass nicht nur einzelne Seiten der Begründungsschrift, sondern auch das mit der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten versehene Schriftstück dem Empfangsgerät des BFH vor Fristablauf zugegangen sind. Denn dem BFH muss innerhalb der Begründungsfrist ein von der Unterschrift gedeckter Schriftsatz vorliegen, aus dem sich das Revisionsbegehren und die Revisionsgründe gemäß § 120 Abs. 3 FGO ergeben. Ausschlaggebend ist daher nicht die Absendung innerhalb der Begründungsfrist, sondern der Eingang in dem Empfangsgerät des , BFHE 193, 40, BStBl II 2001, 32). Da beide Seiten der Revisionsbegründungsschrift zweifelsfrei erst nach Fristablauf, und zwar die unterschriebene Seite um mindestens eine Minute verspätet, beim BFH eingegangen sind, wurde durch die Begründungsschrift vom die Frist nicht gewahrt.

b) Das Wiedereinsetzungsbegehren des Klägers ist unbegründet. Die Bevollmächtigte des Klägers war nicht ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Revisionsbegründungsfrist gehindert. Der von ihr angegebene Irrtum, für die Fristwahrung komme es auf die Absendung innerhalb der Frist an, kann sie —bei summarischer Prüfung— nicht entschuldigen. Denn Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe müssen, wenn sie ein Rechtsmittel einlegen, die Voraussetzungen und Anforderungen dafür kennen oder sich zumindest davon Kenntnis verschaffen (, BFH/NV 2004, 61). Wer einen fristgebundenen Schriftsatz mittels Telefax senden will, muss daher mit der Übermittlung so rechtzeitig beginnen, dass diese unter gewöhnlichen Umständen vor Fristablauf abgeschlossen werden kann (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 61). Nicht begründet ist auch der Hinweis der Prozessbevollmächtigten, wegen des Todes ihres Vaters und der Beisetzung habe sie die Revision nicht früher begründen können. Im Streitfall geht es nur um eine Fristversäumung um eine bis zwei Minuten. Es ist nicht erklärlich, weshalb die Prozessbevollmächtigte verhindert gewesen sein sollte, den fristgebundenen Schriftsatz zumindest nicht kurze Zeit vorher zu übermitteln. Der Kläger muss sich das Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (z.B. , BFH/NV 2005, 1574).

3. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.

Fundstelle(n):
XAAAC-71435