Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 265; StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4; StGB § 64; StGB § 64 Satz 1; StGB § 67 Abs. 2 nF
Instanzenzug: LG Frankfurt am Main
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung des sichergestellten Rauschgiftes (1.459 g Amphetaminsulfat und 4.707,4 g Marihuana) angeordnet. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechtes rügt. Sein Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte der Angeklagte am das sichergestellte Rauschgift aus den Niederlanden nach Deutschland ein. Er wurde in Frankfurt festgenommen. Das zum Verkauf bestimmte Rauschgift wollte er einem unbekannten Auftraggeber übergeben. Er wäre dafür in Geld oder Betäubungsmitteln zum Eigenkonsum im Gesamtwert von 2.000 € entlohnt worden.
Zur Begründung täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln führt der Tatrichter aus: "Obwohl der Angeklagte hier nur als Kurier tätig war, kann sein Tatbeitrag im Hinblick auf den Tatbestand des Handeltreibens nicht als reine Beihilfehandlung qualifiziert werden. Denn er versprach sich für seine selbständige Kuriertätigkeit, die auf den Umsatz von Haschisch und Amphetamin gerichtet war, eine Entlohnung" (UA S. 7).
Zutreffend weist der Generalbundesanwalt darauf hin, dass die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtlicher Überprüfung nicht standhält. Die Tätigkeit eines Kuriers, die sich in dem Transport des Rauschgifts erschöpft, ist als Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu werten (vgl. BGHSt 51, 219).
Dass der Angeklagte einen Kurierlohn erhalten sollte, reicht allein nicht aus, um täterschaftliches Handeltreiben zu begründen. Ohne Eigennutz des Angeklagten wäre eine Prüfung, ob die Transporttätigkeit als mittäterschaftliches Handeltreiben zu bewerten ist, von vornherein entbehrlich gewesen.
Der Senat schließt aus, dass im Fall einer erneuten Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen getroffen werden könnten und hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
Der Strafausspruch kann auch nach Änderung des Schuldspruchs bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, dass die Strafe auf der rechtsfehlerhaften Annahme täterschaftlichen Handeltreibens beruht. Das Landgericht hat die Strafe dem Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG entnommen und das tateinheitliche Delikt nicht strafschärfend gewürdigt.
2. Das Urteil kann keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist.
Die Feststellungen zu dem Drogenkonsum des Angeklagten, der eine erneute Therapie machen möchte, um endgültig von den Drogen loszukommen, drängte zu der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Der Angeklagte arbeitete als Drogenkurier, um seinen eigenen Drogenkonsum zu finanzieren, und führte auch bei der abgeurteilten Tat zusätzlich Drogen zum Eigenkonsum ein. Das Landgericht bezeichnet den Angeklagten, der im letzten halben Jahr durchgängig Zugangsmöglichkeit zu Haschisch und Amphetamin hatte, als drogenabhängig (UA S. 4).
Es liegt danach nahe, dass die abgeurteilte Tat auf einen Hang des Angeklagten zurückgeht, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen.
Die vom Landgericht unterlassene Prüfung erweist sich auch nicht deshalb als entbehrlich, weil nach § 64 Satz 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom (BGBl. I 1327) die Maßregel nicht mehr zwingend angeordnet werden muss. Denn das Gericht "soll" die Unterbringung anordnen, wenn die Voraussetzungen des § 64 StGB vorliegen. Lediglich in besonderen Ausnahmefällen darf es von der Unterbringungsanordnung absehen (vgl. ). Der neue Tatrichter wird gegebenenfalls auch § 67 Abs. 2 StGB nF zu beachten haben.
Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung eine geringere Strafe verhängt hätte.
Fundstelle(n):
BAAAC-71237
1Nachschlagewerk: nein