BGH Beschluss v. - IX ZB 20/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: InsO § 4; InsO § 6; InsO § 7; InsO § 21 Abs. 1 Satz 1; InsO § 21 Abs. 1 Satz 2; InsO § 21 Abs. 2 Satz 1; ZPO § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

Instanzenzug: AG Aachen 92 IN 9/07 vom LG Aachen 6 T 19/07 vom LG Aachen 6 T 23/07 vom LG Aachen 6 T 24/07 vom

Gründe

I.

Das Insolvenzgericht hat im Laufe des Eröffnungsverfahrens eine Reihe von Sicherungsmaßnahmen getroffen, unter anderem durch Beschluss vom eine Kontosperre angeordnet. Die hiergegen von der Schuldnerin erhobene sofortige Beschwerde hat das zurückgewiesen. Am ist über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Es ist nach Angaben des weiteren Beteiligten zu 3 masseunzulänglich. Mit ihrer am eingegangenen und mit Schriftsatz vom begründeten Rechtsbeschwerde begehrt die Schuldnerin die Aufhebung der Kontosperre.

II.

Die nach §§ 6, 7, 21 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil es der Schuldnerin an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens fehlt (vgl. BGHZ 158, 212, 216 f; HmbKomm-InsO/Schröder, 2. Aufl. § 21 Rn. 82).

1. Die nach § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 InsO angeordneten Sicherungsmaßnahmen haben sich mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erledigt. Eine ersetzende Sachentscheidung hierüber ist nicht mehr möglich. Die mit dem Hilfsantrag der Schuldnerin erstrebte Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung über die Kontosperre ist wegen der eingetretenen prozessualen Überholung durch die Verfahrenseröffnung ebenfalls ausgeschlossen.

Die Schuldnerin ist auch nicht zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag übergegangen. Ein solcher wäre allerdings ebenfalls unzulässig. Eine solche Rechtsschutzform ist weder in der Zivilprozessordnung noch in der Insolvenzordnung allgemein vorgesehen. Sie findet daher im Insolvenzverfahren nur statt, wenn eine tiefgreifende Grundrechtsverletzung zum Nachteil der Schuldnerin oder eine fortwirkende Beeinträchtigung, welche eine Sachentscheidung trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels ausnahmsweise erfordert, möglich erscheinen (vgl. BGHZ, aaO S. 216 f; , WM 2006, 2329, 2330; v. - IX ZB 271/04, ZIP 2007, 438 f). Solche Rechtsschutzgründe sind nach der Verfahrenseröffnung im Rechtsmittelverfahren nicht ersichtlich und werden von der Schuldnerin auch nicht geltend gemacht. Die Wirksamkeit der Verfahrenseröffnung wird von ihr nicht in Zweifel gezogen.

2. Bei dem besonders schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht der Freiheit der Person hält das Bundesverfassungsgericht ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Fortsetzungsfeststellungsantrag unabhängig davon für gegeben, ob die Gerichte bei typischem Ablauf des Verfahrens rechtzeitig eine Entscheidung treffen können (BVerfGE 104, 220, 234; vgl. auch , aaO S. 2330). Hierzu zählt die Anordnung einer Kontosperre, die allein in die Vermögenssphäre der Gesellschaft eingreift, nicht. Dies wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht geltend gemacht.

II.

Das Ersuchen des weiteren Beteiligten zu 3, ihm für den angekündigten Antrag, die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin zurückzuweisen, Prozesskostenhilfe zu gewähren, ist abzulehnen. Nach § 4 InsO in Verbindung mit §§ 114 ff ZPO kann im Rechtsmittelverfahren gegen Anordnungen nach §§ 21, 22 InsO aus dem Kreis der förmlich hinzugezogenen weiteren Beteiligten nur den Personen Prozesskostenhilfe gewährt werden, die in dem Verfahren eigene Rechte verfolgen können. Dies ergibt sich daraus, dass Prozesskostenhilfe im Ausgangspunkt nur der "Partei" gewährt werden kann (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieser Begriff ist allerdings weit auszulegen (vgl. Musielak/Fischer, ZPO 5. Aufl. § 114 Rn. 2; Zöller/Philippi, ZPO 26. Aufl. § 114 Rn. 6); es ist deshalb anerkannt, dass die Vorschrift auch Antragsteller, Antragsgegner sowie die Streithelfer der Parteien erfasst (vgl. Hk-ZPO/Pukall, 2. Aufl. § 114 Rn. 5; Musielak/Fischer, aaO Rn. 2; Zöller/Philippi, aaO Rn. 6). Der weitere Beteiligte zu 3 gehört im Streitfall als vorläufiger Insolvenzverwalter indes nicht zu diesem Personenkreis (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 4 Rn. 21 ff). Er kann Sicherungsmaßnahmen zwar anregen, aber nicht erzwingen. Ein eigenes Beschwerderecht räumt ihm die Insolvenzordnung weder gegen die Ablehnung angeregter noch gegen die Aufhebung einmal angeordneter Sicherungsmaßnahmen ein (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2 InsO; , ZInsO 2007, 34, 35; MünchKomm-InsO/Haarmeyer, aaO § 21 Rn. 41).

Fundstelle(n):
TAAAC-70781

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein