BFH Urteil v. - IV R 71/04

Aufwendungen für den Erwerb eines Grundstücks als Anschaffungskosten des Grund und Bodens und nicht als Aufwendungen auf den Geschäftswert (hier: bodenschatzhaltiges Grundstück zur Konkurrenzabwehr)

Leitsatz

Der Erwerb eines landwirtschaftlich genutzten bodenschatzhaltigen Grundstücks durch einen Zementwerkbetreiber in der Absicht, einen Konkurrenten auszuschalten, rechtfertigt es nicht, die Erwerbsaufwendungen nur insoweit als Anschaffungskosten des Grundstücks zu behandeln, als sie dem Wert des Grundstücks unter Berücksichtigung seiner nach der Anschaffung tatsächlich erfolgten landwirtschaftlichen Nutzung entsprechen. Die Erwerbsaufwendungen stellen nicht teilweise Aufwendungen auf den Geschäftswert dar.

Gesetze: EStG § 4 Abs. 4, EStG § 5 Abs. 2, EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1, EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Vermögensvergleich gemäß § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Klägerin betreibt ein Zementwerk in X. Hierzu benötigt sie kalkhaltige Gesteinsvorkommen. Üblicherweise erfolgt die Rohstoffbeschaffung dadurch, dass die Klägerin von den Landwirten der Umgebung Grundstücke kauft, die über die erforderlichen Gesteinsvorkommen verfügen. Zu Beginn des Streitjahrs (1996) hatte die Klägerin Vorratsgelände mit entsprechenden Gesteinsvorkommen für etwa 80 Jahre.

Der Zementmarkt der Region wird von vier dort ansässigen Zementwerken beherrscht. Im Frühjahr des Streitjahrs erfuhr die Klägerin, dass ein überregionaler Zementkonzern beabsichtige, die Firma Y-OHG, einen regionalen Mitbewerber der Klägerin, aufzukaufen, um in den regionalen Zementmarkt einzudringen. Da die Y-OHG nur über geringes Vorratsgelände verfügte, schien die Übernahme durch einen Konkurrenten nach Ansicht der Klägerin nur dann wahrscheinlich, wenn die Y-OHG bis zum Verkauf ausreichend Vorratsgelände erwarb. Durch Kaufvertrag vom erwarb die Z-GmbH, an der einer der Gesellschafter der Y-OHG beteiligt war, das Grundstück Gemarkung B mit einer Größe von 294 302 qm, das geeignete Gesteinsvorkommen besitzt (A-Grundstück).

Um den Ankauf des daneben gelegenen Grundstücks (C-Grundstück) durch die Y-OHG zu verhindern, erwarb die Klägerin dieses 287 067 qm große Grundstück durch Vertrag vom zum Kaufpreis von 5 800 000 DM (20,20 DM/qm). Die Erwerbsnebenkosten betrugen 337 153,50 DM. Insgesamt wendete die Klägerin also 6 137 153,50 DM auf. Der vorherige Versuch der Klägerin, das Grundstück zusammen mit zwei weiteren regionalen Zementwerksbetreibern zu erwerben, war gescheitert.

Das C-Grundstück war beim Erwerb durch die Klägerin verpachtet. Die Verkäufer (Eheleute C) behielten sich eine Rückpacht des Grundstücks für die Dauer von 15 Jahren vor. Der Klägerin war jedoch das Recht eingeräumt worden, den Pachtvertrag an Teilflächen mit einer Frist von 18 Monaten wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Das C-Grundstück enthält Gesteinsvorkommen, welche die Zementherstellung der Klägerin für weitere 14,9 Jahre gewährleisten würden.

Durch Vertrag vom erwarb Herr D, ein Gesellschafter der Y-OHG, eine neben dem C-Grundstück gelegene Fläche von 431 109 qm.

In ihrer Bilanz für 1996 aktivierte die Klägerin das C-Grundstück mit Anschaffungskosten in Höhe von lediglich 1 215 024 DM. Dieser Wert entsprach dem Betrag, den die Klägerin für ein nur landwirtschaftlich nutzbares Grundstück in dieser Lage und Größe für angemessen hielt. Den übrigen Kaufpreis in Höhe von 4 922 129,50 DM behandelte die Klägerin als sofort abzugsfähige Aufwendungen auf den eigenen Geschäftswert. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) folgte der Gewinnermittlung der Klägerin zunächst und stellte die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß fest.

Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer hingegen die Auffassung, die Zahlungen an die Eheleute C sowie die Erwerbsnebenkosten seien in vollem Umfang Anschaffungskosten des C-Grundstücks. Das FA schloss sich dieser Auffassung an und erließ einen geänderten Feststellungsbescheid, durch den die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb entsprechend höher festgestellt wurden.

Das FA wies den gegen den Änderungsbescheid eingelegten Einspruch als unbegründet zurück.

Die Klage hatte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 26 veröffentlichten Gründen ebenfalls keinen Erfolg. Die Klägerin habe den Kaufpreis und die Erwerbsnebenkosten allein dazu aufgewendet, um das Eigentum an dem Grundstück zu erwerben. Neben dem Grund und Boden habe die Klägerin —wie zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig sei— kein Wirtschaftsgut „Bodenschatz” erworben. Der Kaufpreis entfalle auch nicht teilweise auf den Geschäftswert der Klägerin. Zwar habe die Klägerin das Grundstück nur als „Abwehrgrundstück” und nicht als Abbaugrundstück erworben. Der Kaufpreis selbst sei jedoch in vollem Umfang für den Grund und Boden aufgewendet worden. Er entspreche dem Betrag, der im Streitjahr für Abbaugelände zu zahlen gewesen sei. Eine Teilwertabschreibung komme ebenfalls nicht in Betracht. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Wert des Grund und Bodens im Streitjahr unter die Anschaffungskosten gesunken sei oder dass es sich bei dem Erwerb um eine Fehlmaßnahme gehandelt habe.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahin zu ändern, dass bei der Feststellung des Gewinns aus Gewerbebetrieb weitere sofort abzugsfähige Betriebsausgaben in Höhe von 4 922 129,50 DM anerkannt werden.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Die Aufwendungen der Klägerin für den Erwerb des C-Grundstücks sind in voller Höhe Anschaffungskosten des Grund und Bodens, wie das Finanzgericht (FG) zutreffend entschieden hat. Hinsichtlich des strittigen Betrags von 4 922 129,50 DM kommt im Streitjahr auch weder eine Teilwertabschreibung noch aus anderen Gründen ein sofortiger Betriebsausgabenabzug in Betracht.

1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG ist Grund und Boden mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Statt der Anschaffungskosten kann der niedrigere Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG).

a) Der Begriff „Anschaffungskosten” ist im EStG nicht definiert. Nach § 255 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB). Anschaffungspreisminderungen sind abzusetzen (§ 255 Abs. 1 Satz 3 HGB). Mit diesem Inhalt ist der handelsrechtliche Anschaffungskostenbegriff des § 255 Abs. 1 HGB auch für das Einkommensteuerrecht maßgebend (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs —BFH— vom GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830, unter C.III.1.c dd der Gründe; , BFHE 178, 359, BStBl II 1995, 895, und vom IX R 39/97, BFHE 198, 74, BStBl II 2003, 569, jeweils m.w.N., ständige Rechtsprechung).

Für die Zuordnung von Aufwendungen zu den Anschaffungskosten ist insbesondere ihr Zweck maßgebend, also der zu dem Zeitpunkt, zu dem die Aufwendungen anfallen, mit ihnen angestrebte Erfolg und Zustand (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620; , BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101, und vom IV R 79/82, BFHE 141, 148, BStBl II 1984, 584). Ob Aufwendungen Anschaffungskosten für bestimmte Einzelwirtschaftsgüter (und damit nicht Anschaffungskosten für einen Geschäftswert) sind, bestimmt sich folglich in erster Linie nach der Zweckrichtung der Aufwendungen und nach dem erklärten Willen der Vertragsparteien (, BFHE 145, 194, BStBl II 1986, 176). Die Erklärungen der Vertragsparteien, insbesondere die im Einzelfall gewählte Bezeichnung für den Gegenstand des entgeltlichen Erwerbs, können bilanzsteuerrechtlich allerdings nur insoweit maßgeblich sein, als sie den objektiven Gegebenheiten entsprechen (vgl. , BFHE 134, 434, BStBl II 1982, 189, unter I.1. der Gründe).

b) Nach diesen Maßstäben ist die Auffassung des FG, die Klägerin habe den Kaufpreis und die Erwerbsnebenkosten in Höhe von insgesamt 6 137 153,50 DM allein dazu aufgewendet, um das Eigentum an dem C-Grundstück zu erwerben, auf der Grundlage der nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Nach dem vom FG festgestellten Inhalt des zwischen der Klägerin und den Eheleuten C geschlossenen Grundstückskaufvertrags vom entfiel der von der Klägerin zu zahlende Kaufpreis von 5 800 000 DM ausschließlich auf den verkauften Grund und Boden. Das FG konnte deshalb zu der plausiblen Wertung gelangen, die Klägerin habe den Kaufpreis und die Erwerbsnebenkosten ausschließlich für die Anschaffung des C-Grundstücks aufgewendet.

Die Auslegung von Verträgen und deren Würdigung obliegen dem FG als Tatsacheninstanz. Soweit das Ergebnis den gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—) entspricht und nicht gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ist es für den BFH als Revisionsgericht bindend (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), selbst wenn die vorgenommene Wertung nicht zwingend, sondern lediglich möglich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 1990, 442; vom XI R 6/98, BFHE 188, 415, BStBl II 1999, 735, und vom I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251; , BFH/NV 2003, 746). Das FG hat die festgestellten Tatsachen zu würdigen und unter die steuerlich anwendbaren Normen und Rechtsgrundsätze zu subsumieren. Diese Rechtsanwendung unterliegt hingegen der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1990, 442).

aa) Im Streitfall durfte das FG —insoweit in Übereinstimmung mit den Beteiligten— zunächst davon ausgehen, dass der Kaufpreis auch nicht teilweise zur Anschaffung des materiellen Wirtschaftsguts „Bodenschatz” gezahlt wurde. Die Eigenschaft eines selbständigen Wirtschaftsguts erlangt ein Bodenschatz erst, wenn mit seiner Aufschließung (z.B. durch Stellung eines Antrags auf Genehmigung) oder Verwertung (z.B. Veräußerung) begonnen wird (Beschluss des Großen Senats des , BStBl II 2007, 508, unter C.II.1.d der Gründe; , BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317, und vom IV R 51/05, BFH/NV 2006, 2064, m.w.N.). Danach macht ein Kaufvertrag über die Veräußerung von Grund und Boden darin enthaltene bodenschatzführende Schichten nicht zu einem gegenüber dem Grund und Boden selbständigen Wirtschaftsgut, wenn diese Schichten —wie im Streitfall— weder abgebaut noch einem anderen Nutzungs- und Funktionszusammenhang als der Grund und Boden im Übrigen zugeführt werden sollen (vgl. , BFHE 163, 126, BStBl II 1991, 346).

bb) Ohne Rechtsirrtum hat das FG den Kaufpreis und die Nebenkosten auch nicht teilweise als Aufwendungen auf den Geschäftswert der Klägerin behandelt.

Der Geschäftswert ist der Mehrwert, der einem gewerblichen Unternehmen über den Wert der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens hinaus innewohnt. Er ist seiner Natur nach der Ausdruck für die Gewinnchancen eines Unternehmens, soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind (BFH-Urteil in BFHE 145, 194, BStBl II 1986, 176, m.w.N.), sondern durch den Betrieb des eingeführten und fortlebenden Unternehmens im Ganzen gewährleistet erscheinen (, BFHE 85, 433, BStBl III 1966, 456, und in BFH/NV 1990, 442).

Zwar mag es sein, dass die Klägerin das C-Grundstück —wie vom FG festgestellt— nicht für den Abbau der dort lagernden kalkhaltigen Gesteinsvorkommen erworben hat, sondern weil sie den Erwerb des Grundstücks durch die Y-OHG und das Eindringen eines überregional tätigen Zementkonzerns in den regionalen Markt verhindern wollte. Dessen ungeachtet handelte es sich bei dem Kaufpreis und den Nebenkosten bürgerlich-rechtlich und damit grundsätzlich auch steuerrechtlich um einheitlich zu beurteilende Aufwendungen zum Erwerb des C-Grundstücks. Die Klägerin bezweckte, das Grundstück in die eigene Verfügungsmacht zu überführen. Der von ihr mit den fraglichen Aufwendungen angestrebte Erfolg und Zustand war der Erwerb des Eigentums an dem Grundstück. Denn hierdurch konnte die Klägerin den Erwerb des Grundstücks durch die Y-OHG und —nach ihrer Vorstellung— das Eindringen eines weiteren Konkurrenten in den für sie relevanten, regionalen Markt verhindern. Da die fraglichen Aufwendungen folglich in voller Höhe zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens gehörten, konnten sie entgegen der Auffassung der Klägerin auch weder teilweise einem weiteren Wirtschaftsgut „Geschäftswert” zugerechnet noch als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) abgezogen werden. Das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG kommt im Streitfall damit gar nicht erst zum Tragen.

c) Der vorliegende Fall ist des Weiteren nicht mit den von der Rechtsprechung des BFH anerkannten Fallgruppen vergleichbar, die die Klägerin zur Stützung ihrer Auffassung herangezogen hat.

aa) Abfindungen, die den Buchwert des Geschäftsanteils eines ausgeschiedenen Gesellschafters im Zeitpunkt seines Ausscheidens übersteigen, können nach der Rechtsprechung des BFH zwar unter bestimmten Voraussetzungen beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft ausnahmsweise nicht als Anschaffungskosten für einen Anteil an stillen Reserven und/oder am Geschäftswert der Personengesellschaft, sondern als sofort abziehbare Betriebsausgaben zu werten sein (vgl. BFH-Urteil in BFHE 141, 148, BStBl II 1984, 584). Mit derartigen Abfindungen sind die im Streitfall von der Klägerin geleisteten Zahlungen jedoch schon deshalb nicht vergleichbar, weil die Aufwendungen Anschaffungskosten für den Erwerb des Grund und Bodens waren. Zudem hat die Klägerin nach den tatsächlichen, mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat damit bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) für das C-Grundstück den Marktwert (Verkehrswert) für Grund und Boden, der kalkhaltige Gesteinsvorkommen enthält, gezahlt. Im Übrigen gehört auch ein für ein Wirtschaftsgut gezahlter „Überpreis” grundsätzlich zu den Anschaffungskosten (vgl. z.B. Schmidt/Glanegger, EStG, 26. Aufl., § 6 Rz 140 „Überpreise"; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rz B 48; s. auch , BFHE 86, 699, BStBl III 1966, 643; vom VIII R 37/99, BFH/NV 2000, 1342, und vom IV R 87/99, BFHE 197, 550, BStBl II 2002, 294).

bb) Die Behandlung von Abbruchkosten in der Rechtsprechung des BFH (vgl. grundlegend Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620) ist für den Streitfall ebenfalls unergiebig, weil durch die streitigen Aufwendungen ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut (Geschäftswert) nicht entstanden ist. Die Klägerin hat den Kaufpreis und die Nebenkosten nicht —wie von ihr geltend gemacht— teilweise für den Erwerb des Grund und Bodens und teilweise für den eigenen Geschäftswert aufgewendet. Wird —wie im Streitfall— nicht ein Unternehmen im Ganzen, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil, sondern lediglich ein einzelnes Wirtschaftsgut (Grundstück) erworben, erhält der Übernehmer grundsätzlich keinen Geschäftswert (vgl. , BFHE 88, 115, BStBl III 1967, 306, m.w.N.). Damit stellt sich hier auch nicht die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen etwaige Aufwendungen für den Geschäftswert —möglicherweise vergleichbar mit den Anschaffungskosten des erworbenen Gebäudes in Abbruchfällen— sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden können oder den Anschaffungskosten eines anderen Wirtschaftsguts zugerechnet werden müssen.

cc) Aus den vorgenannten Gründen sind die im Streitfall zu beurteilenden Aufwendungen auch nicht mit den Aufwendungen vergleichbar, die der Erwerber eines Unternehmens für den Geschäftswert des erworbenen Unternehmens zahlt, wenn er beabsichtigt, das erworbene Unternehmen sofort stillzulegen, und er dieser Absicht gemäß verfährt (vgl. dazu , BFHE 127, 180, BStBl II 1979, 369). Im Übrigen tätigte die Klägerin die hier zu beurteilenden Aufwendungen —anders als der Erwerber eines Unternehmens mit Stilllegungsabsicht— nicht, um das erworbene Wirtschaftsgut zu zerstören, sondern um es zur Konkurrenzabwehr und zur Erzielung von Pachtzinsen betrieblich zu nutzen.

dd) Letztlich ist auch der Auffassung der Klägerin nicht zu folgen, der Erwerb eines Wirtschaftsguts in der Absicht, einen Konkurrenten auszuschalten, rechtfertige es, die Erwerbsaufwendungen nur insoweit als Anschaffungskosten des betreffenden Wirtschaftsguts zu behandeln, als sie dem Wert dieses Wirtschaftsguts unter Berücksichtigung seiner nach der Anschaffung tatsächlich erfolgten Nutzung entsprechen. Denn zu den Anschaffungskosten gehören —wie oben bereits dargelegt wurde (vgl. unter II.1.a)— jedenfalls die Aufwendungen, die dazu bestimmt sind, die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das betreffende Wirtschaftsgut als solches zu erlangen. Eine (eingeschränkte) betriebliche Nutzbarkeit des Wirtschaftsguts nach dem Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht mag —bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen— eine Teilwertabschreibung rechtfertigen. Zu einer Herabsetzung der Anschaffungskosten als solcher führt sie hingegen nicht.

2. Ein Ansatz des C-Grundstücks mit einem die Anschaffungskosten unterschreitenden Teilwert gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG kommt im Streitfall jedoch ebenfalls nicht in Betracht.

a) Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Bei Wirtschaftsgütern, die nicht der Abnutzung unterliegen, besteht die Vermutung, dass sich ihr Teilwert mit den Anschaffungskosten deckt (z.B. , BFHE 136, 381, BStBl II 1982, 758, und in BFHE 197, 550, BStBl II 2002, 294, m.w.N.; , BFH/NV 1996, 211). Diese Vermutung kann widerlegt werden, z.B. dadurch, dass der Steuerpflichtige darlegt und nachweist, dass die Anschaffung eines bestimmten Wirtschaftsguts von Anfang an eine Fehlmaßnahme war, dass der Wert des betreffenden Wirtschaftsguts unter den seinerzeit zu aktivierenden Betrag gesunken oder dass das Wirtschaftsgut überhaupt nicht mehr vorhanden ist (vgl. , BFHE 121, 436, BStBl II 1977, 412). Als Fehlmaßnahme ist die Anschaffung eines Wirtschaftsguts des Anlagevermögens zu werten, wenn ihr wirtschaftlicher Nutzen bei objektiver Betrachtung deutlich hinter dem für den Erwerb oder die Herstellung getätigten Aufwand zurückbleibt und demgemäß dieser Aufwand so unwirtschaftlich war, dass er von einem gedachten Erwerber des gesamten Betriebs im Kaufpreis nicht honoriert würde (, BFHE 152, 221, BStBl II 1988, 488, und vom III R 151/86, BFHE 153, 566, BStBl II 1989, 269).

b) Im Streitfall hat die Klägerin die vorgenannte Teilwertvermutung nicht widerlegt. Die Klägerin hat insbesondere nicht nachgewiesen, dass es sich bei der Anschaffung des C-Grundstücks um eine Fehlmaßnahme handelte oder dass der Wert des Grundstücks zum hier maßgeblichen Bilanzstichtag () unter die Anschaffungskosten gesunken war.

Die Klägerin hat den erworbenen Grund und Boden —wie von ihr vorgesehen— zur Konkurrenzabwehr eingesetzt. Es ist von der Klägerin weder vorgetragen noch vom FG festgestellt worden, dass die mit dem Erwerb des Grundstücks verbundenen Erwartungen der Klägerin nicht eingetreten sind. Das Grundstück trug dazu bei, dass die Klägerin ihren gut rentierlichen Betrieb ohne den Eintritt eines überregionalen Konkurrenzunternehmens in ihren regionalen Markt fortführen konnte. Unter diesen Umständen ist es ohne Bedeutung, dass die Klägerin das Grundstück nach seiner Anschaffung —wie von vornherein beabsichtigt— zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtete. Denn es ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass im Regelfall der Kaufmann, der ein Grundstück in Kenntnis der Marktgegebenheiten erwirbt, den betrieblichen Nutzen des Erwerbs (hier: Konkurrenzabwehr, Verpachtung zur landwirtschaftlichen Nutzung) zu beurteilen vermag und deshalb nur soviel aufwendet, wie das Wirtschaftsgut für seinen Betrieb wert ist (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1996, 211). Auch ein gedachter Erwerber des gesamten Betriebs würde den wirtschaftlichen Nutzen des Grundstücks dementsprechend honorieren.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 347 Nr. 3
EStB 2008 S. 99 Nr. 3
NWB-Eilnachricht Nr. 18/2008 S. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 7/2008 S. 501
StuB-Bilanzreport Nr. 11/2008 S. 440
RAAAC-69458