Leitsatz
[1] a) Ist das Gesamtvollstreckungsverfahren (Insolvenzverfahren) nicht eröffnet worden, hat der Sequester (vorläufige Insolvenzverwalter) einen materiell-rechtlichen Vergütungsanspruch gegen den Schuldner.
b) Im Falle der Nichteröffnung betrifft die Entscheidung über "die Kosten des Verfahrens" nicht die Vergütung und Auslagen des Sequesters (vorläufigen Insolvenzverwalters). Selbst dann, wenn ein Gläubigerantrag auf Eröffnung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens (Insolvenzverfahrens) aus in der Person des Antragstellers liegenden Gründen abgelehnt worden ist, können dem Antragsteller nicht durch besonderen Beschluss die durch das Sequestrationsverfahren (Eröffnungsverfahren) entstandenen Kosten auferlegt werden.
Gesetze: GesO § 21; InsO § 63; InsVV § 11; BGB § 1835; BGB § 1836; BGB § 1915; BGB § 1987; BGB § 2221
Instanzenzug: LG Schwerin 3 O 223/06 vom OLG Rostock 3 U 49/06 vom
Tatbestand
Das Land Mecklenburg-Vorpommern (fortan: Antragsteller) beantragte wegen einer Steuerforderung bei dem Amtsgericht Schwerin die Eröffnung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Beklagten. Das Amtsgericht ordnete die Sequestration des Vermögens der Beklagten an und bestellte den Kläger zum Sequester. Später wies das Amtsgericht den Eröffnungsantrag wegen örtlicher Unzuständigkeit ab; die Kosten des Verfahrens legte es dem Antragsteller auf.
Auf Antrag des Klägers setzte das Amtsgericht die von dem Antragsteller zu tragenden Kosten auf 20.758,73 DM fest. Auf dessen Beschwerde hin hob das Landgericht Schwerin diesen Beschluss auf und verwies die Sache an das Amtsgericht zurück. Nunmehr entschied das Amtsgericht, die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme derjenigen für die Sequestration seien vom Antragsteller zu tragen. Die hiergegen vom Kläger eingelegte sofortige Beschwerde verwarf das Landgericht als unzulässig, weil der Kläger durch die Kostenentscheidung nicht beschwert sei.
Dieser hat daraufhin die vorliegende Klage auf Zahlung von 10.613,77 € (dies entspricht 20.758,73 DM) erhoben. Er macht gegen die Beklagte als Inhaberin des verwalteten Vermögens einen Anspruch auf Ersatz der Sequesterkosten geltend. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter.
Gründe
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe einen materiell-rechtlichen Anspruch in entsprechender Anwendung der §§ 1835, 1836, 1987, 2221 BGB. Dieser Anspruch richte sich gegen den Schuldner als Inhaber des verwalteten Vermögens. Einen Anspruch gegen die Staatskasse, der den geltend gemachten ausschließen könnte, habe der Kläger nicht. Die Verpflichtung des Antragstellers, die Gerichtskosten zu tragen, umfasse nicht die Haftung für den Vergütungsanspruch des Klägers. Materiell-rechtlich sei die Haftung der Beklagten für die Vergütung des Klägers gerechtfertigt. Es sei richtig gewesen, den Gesamtvollstreckungsantrag bei dem Amtsgericht Schwerin zu stellen. Ausweislich des Handelsregisters habe die Beklagte in dem dortigen Bezirk ihren Sitz gehabt, und es habe auch ein Eröffnungsgrund vorgelegen.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage zulässig.
a) Insbesondere ist ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage gegeben.
aa) Der Kläger kann nicht darauf verwiesen werden, seine Vergütung und Auslagen gegen die Beklagte festsetzen zu lassen. Der Sequester kann das Festsetzungsverfahren nicht aus eigenem Recht betreiben (vgl. für den vorläufigen Insolvenzverwalter , n.v.; für den Konkursverwalter ferner OLG Frankfurt/Main ZIP 1992, 1564, 1565; Hess, Insolvenzrecht [2007] Anhang A § 11 InsVV Rn. 133; anders noch OLG Hamburg KTS 1977, 16). Denn insofern fehlt es an einer Kostengrundentscheidung. Bei dem durch die Zustellung des Eröffnungsantrags an den Schuldner in Gang gesetzten Sequestrationsverfahren stehen sich - nicht anders als im Konkurseröffnungsverfahren (vgl. , NJW 1961, 2016) und nunmehr im Insolvenzeröffnungsverfahren (vgl. hierzu BGHZ 149, 178, 181; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. vor §§ 2-10 Rn. 17) - nur der antragstellende Gläubiger und der Schuldner ähnlich wie die Parteien eines Zivilprozesses gegenüber; der Sequester ist nicht "Partei" (AG Köln NZI 2000, 384). Demgemäß regelt die Kostenentscheidung nur das Verhältnis der "Parteien" zueinander und - mittelbar - dasjenige zur Staatskasse. Die Kosten des Sequesters (vorläufigen Insolvenzverwalters) gehören nicht zu den "Kosten des Verfahrens". Dass die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht zu den nach § 50 Abs. 1 Satz 2 GKG (in der Fassung des Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom , BGBl. I, S. 2710) erstattungsfähigen Auslagen gehört, hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGHZ 157, 370, 374, 377; , NZI 2006, 239). Er hat seinerzeit auch darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Problem im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich erörtert worden ist, so dass nicht von einer planwidrigen Gesetzeslücke im Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz ausgegangen werden kann. Für die Vergütung des Sequesters kann nichts anderes gelten.
Gegenteiliges ergibt sich nicht aus § 54 Nr. 2 InsO, auf welchen sich die Revision beruft. Danach sind auch die Vergütungen und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters "Kosten des Insolvenzverfahrens". Abgesehen davon, dass diese Vorschrift auf den vorliegenden Fall noch nicht - zumindest nicht unmittelbar - anwendbar ist, betrifft sie nur den Fall, dass das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Dies ergibt sich eindeutig aus der Gesetzesgeschichte. § 54 InsO beruht auf § 63 RegE-InsO. Dieser enthielt zunächst einen zweiten Absatz, der lautete: "Die Kosten, die durch die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters entstanden sind, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Teil der Kosten des Verfahrens". § 63 Abs. 2 RegE-InsO wurde auf Vorschlag des Rechtsausschusses "zur redaktionellen Vereinfachung" in den Abs. 1 Nr. 2 einbezogen; eine inhaltliche Änderung bedeutete dies nicht (BT-Drucks. 12/7302, S. 161). In dieser Fassung wurde die Regelung als § 54 InsO Gesetz.
Dass die Kosten und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, falls es nicht zur Verfahrenseröffnung kommt, nicht gegen den antragstellenden Gläubiger festgesetzt werden können, wenn diesem allgemein "die Verfahrenskosten" auferlegt wurden, entspricht auch der herrschenden Meinung (OLG Celle NZI 2000, 226, 227; LG Stuttgart NZI 2004, 630 f; MünchKomm-InsO/
Hefermehl, aaO § 54 Rn. 13b; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 26 Rn. 32; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 14 Rn. 52; FK-InsO/Schmerbach, 4. Aufl. § 13 Rn. 58; Kübler/Prütting/Eickmann/Prasser, InsO § 11 InsVV Rn. 69; a.A. AG Hamburg ZInsO 2001, 1121, 1122; HmbKomm-InsO/Wehr, 2. Aufl. § 13 Rn. 90). Unter der Geltung der Konkursordnung/Gesamtvollstreckungsordnung war diese Ansicht in Bezug auf den Sequester ebenfalls vorherrschend (, NJW 1961, 2016; OLG Frankfurt/Main ZIP 1992, 1564; OLG Naumburg ZIP 1994, 398, 399; LG Wuppertal ZIP 1984, 734, 735; LG Köln KTS 1986, 360; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 106 Rn. 20; Eickmann, Vergütungsverordnung [1989] Anhang A Rn. 33).
bb) Der Kläger konnte im Insolvenzverfahren auch keine spezielle, seine Kosten betreffende Kostengrundentscheidung erwirken.
Allerdings tritt eine insbesondere in der Literatur im Vordringen begriffene Auffassung dafür ein, dass dem Gläubiger, der einen - aus in der eigenen Sphäre liegenden Gründen - unzulässigen oder unbegründeten Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt hat, durch besonderen, das Innenverhältnis regelnden Beschluss des Insolvenzgerichts aufgegeben werden kann, die Gebühren und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters zu tragen (AG Hamburg ZInsO 2001, 1121; Jaeger/Gerhardt, InsO § 22 Rn. 253 f; MünchKomm-InsO/Schmahl, aaO § 13 Rn. 171; Uhlenbruck, aaO § 26 Rn. 32; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 14 Rn. 53; Hess, aaO § 11 InsVV Rn. 132; Frind/A. Schmidt ZInsO 2002, 8, 12; ebenso bereits Kuhn/Uhlenbruck, aaO § 106 Rn. 24; vgl. auch Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV 4. Aufl. § 11 Rn. 81, die diese Lösung freilich nur als "vertretbar" bezeichnen).
Diese Ansicht ist indessen abzulehnen. Es mag wünschenswert sein, den Schuldner - der, wie noch zu zeigen sein wird (vgl. unten 2 e cc), die Vergütung und Auslagen des Sequesters (vorläufigen Insolvenzverwalters) tragen muss - nicht auf Dauer mit diesen durch einen unzulässigen oder unbegründeten Antrag ausgelösten Kosten zu belasten. Nach der derzeitigen Gesetzeslage gibt es jedoch für das Insolvenzgericht, das die Eröffnung des Verfahrens ablehnt, keine Möglichkeit, einen besonderen, die Kosten des vorläufigen Insolvenzverwalters regelnden Beschluss zu erlassen. Voraussetzung eines solchen Beschlusses wäre - wie bei jeder Kostengrundentscheidung - ein vorausgegangenes Verfahren, an dem alle beteiligt waren, die durch den Kostenbeschluss betroffen sind. Der vorläufige Verwalter ist aber - wie oben bereits ausgeführt - nicht "Partei" des Eröffnungsverfahrens. Zudem ist die Pflicht, die Kosten des Sequesters (vorläufigen Insolvenzverwalters) zu übernehmen, nicht Verfahrensgegenstand, und die Kosten des Sequesters (vorläufigen Insolvenzverwalters) gehören auch nicht zu den "Kosten des Verfahrens". Der besondere Beschluss würde sich entweder über § 50 GKG hinwegsetzen oder - ohne vorausgegangenes Erkenntnisverfahren - einen materiellrechtlichen Erstattungsanspruch titulieren.
b) Der Verhandlung und Entscheidung über die Klage steht ferner nicht der Einwand der Rechtskraft entgegen. Zwar hat das Amtsgericht in dem Beschluss, mit dem es den Antrag auf Verfahrenseröffnung wegen Unzuständigkeit abgewiesen hat, die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller auferlegt. Zu den Kosten des Verfahrens gehört jedoch die streitgegenständliche Vergütung des Klägers nicht (vgl. oben a aa).
2. Die Klage ist auch begründet. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Kläger einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Vergütung und Auslagenersatz zugesprochen. Dieser kann sich nur gegen die Beklagte als Inhaberin des verwalteten Vermögens richten und folgt aus §§ 1835, 1836, 1915, 1987, 2221 BGB analog.
a) Die Tätigkeit des Sequesters (vorläufigen Insolvenzverwalters) kann nicht unvergütet bleiben. Darüber besteht in Rechtsprechung und Schrifttum Einigkeit.
b) In der Gesamtvollstreckungsordnung ist nicht geregelt, wer für die Vergütung und Auslagen des Sequesters aufzukommen hat, wenn es nicht zur Eröffnung des Verfahrens kommt. Solche Lücken hat der Senat stets unter Heranziehung der Konkursordnung geschlossen; soweit deren Vorschriften schon bei der Schaffung der Gesamtvollstreckungsordnung im Jahr 1990 als reformbedürftig empfunden und gerade die zur Abhilfe bestimmten Vorschläge im Referentenentwurf einer Insolvenzordnung übernommen wurden, kann auch auf die dort vorgesehenen neuen Bestimmungen zurückgegriffen werden (BGHZ 135, 30, 34 f).
c) Unter dem Recht der Konkursordnung - und dementsprechend auch für die Gesamtvollstreckungsordnung - war die Zahlungspflicht für die Sequestervergütung im Falle der Nichteröffnung umstritten.
aa) Teilweise wurde die Ansicht vertreten, bei Rücknahme oder Abweisung des Antrags richte sich der Vergütungsanspruch unmittelbar gegen die Staatskasse (LG Frankfurt/Oder ZIP 1995, 485 f; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 106 KO Anm. 4). Andere gingen von einer subsidiären Ausfallhaftung der Staatskasse aus, falls das Verfahren wegen Massearmut nicht eröffnet wurde (LG Mosbach ZIP 1983, 710 f; LG Wuppertal ZIP 1984, 734 f; LG Kassel ZIP 1985, 176 f; LG Frankfurt/Main Rpfleger 1986, 496; LG Stuttgart ZIP 1995, 762, 763; LG Mainz NZI 1998, 131; LG Offenburg ZIP 1999, 244, 245; Kilger, 100 Jahre Konkursordnung 1977 S. 189, 215; Paulus EWiR 1995, 595 f).
bb) Wieder andere befürworteten, dem Gläubiger die Vergütung und Auslagen des Sequesters aufzuerlegen (Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO 4. Aufl. § 21 Rn. 77); dasselbe sollte gelten, wenn er seinen Antrag zurückgenommen hatte (LG Heilbronn KTS 1978, 188 f; LG Münster ZIP 1990, 807; DZWIR 1999, 423; Hess, KO 4. Aufl. § 106 Rn. 29; Hess/Binz/Wienberg, GesO 4. Aufl. § 21 Rn. 9; Uhlenbruck/Delhaes, Konkurs- und Vergleichsverfahren 5. Aufl. Rn. 358).
cc) Die wohl herrschende Auffassung ging dahin, der Sequester könne grundsätzlich nur Befriedigung aus dem Vermögen des Schuldners (der "Masse") suchen (OLG Frankfurt/Main ZIP 1992, 1564 f; LG Düsseldorf KTS 1957, 126 f; LG Köln KTS 1969, 124; 1986, 360, 361; LG Darmstadt ZIP 1981, 1360; 1998, 1198; LG Bückeburg NdsRpfl. 1987, 184; LG Gießen JurBüro 1987, 884 f; LG Frankenthal Rpfleger 1997, 38, 39; Jaeger/Weber, KO 8. Aufl. § 106 Rn. 14; Kuhn/Uhlenbruck, aaO § 106 Rn. 20b, 20d; Eickmann, Vergütungsverordnung Anhang A Rn. 23, 33; ders. ZIP 1982, 21 f; Graeber, Die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters gem. § 11 InsVV S. 41; Castendiek KTS 1978, 9, 16; Vallender InVo 1997, 4, 6; Grub EWiR 1998, 861 f).
Dieser Meinung neigte auch der Bundesgerichtshof zu. Wurde das Konkursverfahren zunächst eröffnet und dieser Beschluss sodann im Beschwerdeverfahren unter Zurückweisung des Gläubigerantrags aufgehoben, so entschied der Bundesgerichtshof, der Antragsteller habe zwar die Kosten des eigentlichen Eröffnungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens zu tragen, nicht aber auch dem Gemeinschuldner die Ausgaben für die Verwaltung der Konkursmasse zu erstatten (, NJW 1961, 2016 f). Diese gehörten nicht zu den gerichtlichen Kosten des Konkursverfahrens. Den Antragsteller damit zu belasten, sei auch deswegen nicht gerechtfertigt, weil die vom Gericht angeordnete Konkursverwaltung nicht nur dem Interesse des Antragstellers, sondern aller am Konkursverfahren beteiligten Gläubiger gedient habe. Wollte man bei einer Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses die gesamten Kosten des zunächst eröffneten gemeinschaftlichen Verfahrens dem antragstellenden Gläubiger zur Last legen, so wäre der Konkursantrag mit einem Risiko verbunden, das bei den oft hohen Kosten der Verwaltung der Konkursmasse keinem Gläubiger zugemutet werden könnte. Für die Vergütung des vorläufigen Vergleichsverwalters ging der Bundesgerichtshof ebenfalls von der Haftung des Schuldners aus; eine Ausfallhaftung der Staatskasse verneinte er (, NJW 1981, 1726, 1727).
d) Nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung hat sich der Streit fortgesetzt.
aa) Allerdings wird eine Haftung der Staatskasse wohl nicht mehr vertreten, seit der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass der Staat grundsätzlich nicht für den Ausfall haftet, wenn auf einen Eigenantrag des Schuldners, dem die Verfahrenskosten nicht gestundet wurden, das Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet wird und das Schuldnervermögen nicht ausreicht, um Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters zu decken (BGHZ 157, 370, 372 ff).
bb) Die Auffassung, der antragstellende Gläubiger müsse alle Kosten des Verfahrens, auch die Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, tragen, wenn der Eröffnungsantrag als unzulässig oder aus Gründen, die im Verantwortungsbereich des Gläubigers lägen, als unbegründet abgewiesen wird, ist zwar verbreitet. Es ist jedoch bereits im Vorstehenden (1 a bb) dargelegt worden dass sie einer gesetzlichen Grundlage entbehrt (Braun/Kind, InsO 3. Aufl. § 13 Rn. 13, der grundsätzlich ebenfalls für die Kostentragungspflicht des Antragstellers eintritt, nimmt denn auch die Vergütung und Auslagen des Sequesters ausdrücklich aus).
cc) Auch unter der Geltung der Insolvenzordnung herrschend ist die Ansicht, dass die Vergütung und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters - jedenfalls im Außenverhältnis - ausschließlich von dem Schuldner aufzubringen sind (OLG Celle NZI 2000, 226, 227 f; Nowak in MünchKomm-InsO, § 11 InsVV Rn. 22; Uhlenbruck, aaO § 13 Rn. 84, § 26 Rn. 32; Kübler/Prütting/Pape, InsO § 13 Rn. 132b, 133, § 26 Rn. 34 ff; Kübler/Prütting/Eickmann/Prasser, § 11 InsVV Rn. 66; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 14 Rn. 52; HK-InsO/Irschlinger, § 11 InsVV Rn. 12; FK-InsO/Schmerbach, aaO § 13 Rn. 57 ff; FK-InsO/Lorenz, aaO § 11 InsVV Rn. 32; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren 2. Aufl. Rn. 447 f; Mohrbutter EWiR 2000, 681, 682), und zwar auch nach Abweisung oder Rücknahme des Gläubigerantrags (LG Stuttgart NZI 2004, 630 f; MünchKomm-InsO/Hefermehl, aaO § 54 Rn. 14; MünchKomm-InsO/Nowak, aaO § 11 InsVV Rn. 22; Uhlenbruck, aaO § 13 Rn. 84; FK-InsO/Lorenz, aaO). Diese Auffassung liegt auch der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde (BGHZ 157, 370, 377).
e) Zutreffend - und zwar sowohl für die Insolvenzordnung als auch das frühere Recht - ist die zuletzt genannte Auffassung.
aa) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung (BGHZ 157, 370, 372 ff) fest, wonach in Fällen wie dem vorliegenden eine Primär- oder Ausfallhaftung des Staates grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Für eine Primärhaftung des Staates gibt es keine Grundlage, weil der Sequester - wie nunmehr auch der vorläufige Insolvenzverwalter - kein Geschäft des Staates besorgt, sondern im Interesse von Privatpersonen, nämlich der Gesamtheit der Gläubiger, tätig wird. Im Übrigen kann im vorliegenden Fall von einem Ausfall des Klägers nicht die Rede sein, solange die Möglichkeit besteht, dass er aus einem Titel, den er hier gerade erst erstreiten will, gegen die Beklagte erfolgreich vollstrecken kann.
Dass der Gläubiger den Schuldner durch die Einreichung eines Eröffnungsantrags bei einem unzuständigen Gericht schädigen kann, wenn nicht die Staatskasse für die Kosten des Sequesters eintritt, ist im Allgemeinen nicht zu befürchten. Das angegangene Gericht hat, bevor es Sicherungsmaßnahmen trifft, etwa einen Sequester bestellt, seine Zuständigkeit zu prüfen. Nur ausnahmsweise kann es unaufschiebbare Maßnahmen anordnen, solange die Prüfung noch andauert (, ZIP 2007, 878 ff).
bb) Ebenso wenig besteht Anlass, von der Rechtsprechung des Senats abzuweichen, wonach eine (verdrängende Außen-) Haftung des antragstellenden Gläubigers gegenüber dem Sequester (vorläufigen Insolvenzverwalter) nicht in Betracht kommt (oben 1 a aa).
cc) Es verbleibt deshalb nur die Haftung des Schuldners.
(1) Dass die Kosten des Sequesters (vorläufigen Insolvenzverwalters) stets vom Schuldner zu tragen sind, wenn das Verfahren nicht eröffnet worden ist, ist nur konsequent. Denn falls es zur Eröffnung kommt, stellen die Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 54 Nr. 2 InsO aus der Insolvenzmasse vorab zu befriedigende Massekosten dar.
(2) Der Gesetzgeber ist als selbstverständlich davon ausgegangen, der Schuldner müsse mit seinem Vermögen für die Vergütung einstehen.
Aus § 25 Abs. 2 Satz 1 InsO ergibt sich, dass der vorläufige Insolvenzverwalter mit Verfügungsbefugnis vor der Aufhebung seiner Bestellung seine Vergütung und Auslagen aus dem Vermögen des Schuldners entnehmen darf. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass dem vorläufigen Insolvenzverwalter ein materieller Anspruch entsprechend den Grundsätzen für die Vergütung eines "Vermögenspflegers" (§§ 1835, 1836, 1915, 1987, 2221 BGB) zusteht. Ob das Insolvenzgericht den so genannten schwachen vorläufigen Verwalter ermächtigen kann, vor Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen Barmittel aus dem Schuldnervermögen zur Deckung der entstandenen Kosten zurück zu behalten (so LG Duisburg ZIP 2001, 1020 f; Kübler/Prütting/Pape, aaO § 25 Rn. 6d; Keller, aaO Rn. 55; zur analogen Anwendung des § 25 Abs. 2 InsO vgl. ferner , NZI 2007, 338, 339), kann dahin stehen. Obgleich der lediglich "mitbestimmende" vorläufige Insolvenzverwalter, der nur mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattet worden ist (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO), oder der "schwache" vorläufige Insolvenzverwalter, den das Insolvenzgericht mit minderen Rechten und Pflichten versehen hat (§ 22 Abs. 2 InsO), das Vermögen des Schuldners nicht verwaltet haben, so haben sie doch die Verwaltung durch den Schuldner in einer ihren persönlichen Einsatz erfordernden Weise begleitet. Dafür billigt das Gesetz ebenfalls eine Vergütung und einen Auslagenersatz zu, und es spricht nichts dafür, dass im Außenverhältnis jemand anders als der Schuldner dafür aufkommen soll.
(3) Für den vom Konkursgericht oder Gesamtvollstreckungsgericht eingesetzten Sequester gilt nichts anderes. Anhaltspunkte dafür, dass die Insolvenzordnung hinsichtlich des Schuldners der Vergütung und Auslagen der im Eröffnungsverfahren tätig werdenden Amtsperson eine Änderung mit sich gebracht hat, sind nicht ersichtlich (MünchKomm-InsO/Hefermehl, aaO § 54 Rn. 13b). Da - wie oben ausgeführt - schon unter der Konkursordnung herrschende Meinung war, dass die Vergütung und die Auslagen des Sequesters ausschließlich von dem Gemeinschuldner aufzubringen sind, wäre eine ausdrückliche Stellungnahme des Gesetzgebers zu erwarten gewesen, wenn er davon hätte abrücken wollen.
Nach der amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf einer Insolvenzordnung sollte § 63 Abs. 2 RegE "sicher (-stellen), dass der vorläufige Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Verfahrens seine Vergütung aus der Insolvenzmasse erhält" (BT-Drucks. 12/2443, S. 126). Zur Rechtslage, wenn es nicht zu der Eröffnung kommt, äußerte sich die Begründung nicht. Auch das Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom , das die Stundungsregelung eingeführt hat, lässt nicht erkennen, dass die Haftung des Schuldners für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters als neu empfunden wurde.
dd) Der Schuldner, der mit seinem Vermögen im Außenverhältnis zu dem Sequester (vorläufigen Insolvenzverwalter) für dessen Vergütung und Auslagen aufkommen muss, kann im Innenverhältnis zu dem Antragsteller unter Umständen berechtigt sein, von diesem Schadensersatz zu verlangen (OLG Celle NZI 2000, 226, 227; LG Stuttgart NZI 2004, 630, 631; MünchKomm-InsO/Schmahl, aaO § 13 Rn. 171, § 14 Rn. 140 ff; Uhlenbruck, aaO § 14 Rn. 117; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 14 Rn. 54; FK-InsO/Schmerbach, aaO § 13 Rn. 59).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2008 S. 583 Nr. 9
WM 2008 S. 260 Nr. 6
ZIP 2008 S. 228 Nr. 5
EAAAC-69364
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja